Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107830/10/WEI/Ni

Linz, 22.03.2002

VwSen-107830/10/WEI/Ni Linz, am 22. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Strafberufung des T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Juni 2001, Zl. VerkR 96, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 20 Abs 2 StVO 1960 (BGBl Nr. 159/1960 idF BGBl I Nr. 145/1998) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf den Betrag von 255 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage herabgesetzt wird.

II. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens. Im Strafverfahren erster Instanz beträgt der Kostenbeitrag 25,50 Euro.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 Abs 1 und 2, 65 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 14.2.2001 um 15.25 Uhr den PKW, auf der Westautobahn A 1 in Fahrtrichtung S gelenkt, wobei Sie im Gemeindegebiet von S bei KM 236,814 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 56 km/h überschritten haben."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 20 Abs 2 StVO 1960 als übertretene Rechtsvorschrift und verhängte "gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO. 1960" (gemeint Strafrahmen des § 99 Abs 3 StVO 1960) eine Geldstrafe von S 5.000,-- (363,36 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 500,-- (36,34 Euro) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 27. Juni 2001 eigenhändig zugestellt wurde, richtet sich die am 11. Juli 2001 noch rechtzeitig in F aufgegebene Berufung, die am 13. Juli 2001 bei der belangten Behörde einlangte und mit der beantragt wird, die verhängte Strafe herabzusetzen.

In der Berufung wird die Geschwindigkeitsübertretung dem Grunde nach nicht, aber der Höhe nach bestritten. Der Bw bringt vor, dass sein Tachometer eine Geschwindigkeit von 180 km/h angezeigt hätte, weshalb die tatsächliche Geschwindigkeit nur ca. 175 km/h betragen hätte können. Möglicherweise wäre die Messung dadurch beeinträchtigt worden, dass er gerade einen LKW überholte.

Die Einkommensverhältnisse wären nicht richtig festgehalten worden. Der Bw hätte den amtshandelnden Beamten bekannt gegeben, zum Zeitpunkt der Anhaltung über kein Einkommen zu verfügen. Mit 1. Mai 2001 wäre er bei der Firma B in W mit einem Nettogehalt von S 10.000,-- angestellt worden. Außerdem wäre er vermögenslos und für 2 Kinder im Alter von 17 und 14 Jahren, die die AHS in V besuchen, sorgepflichtig.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat auf Grund der in der Berufung geäußerten Bedenken in Bezug auf die Exaktheit der Messung mit dem gegenständlichen Laser - Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät (Lasergerät LTI 20/20 TS/KM, Nr.4342) ergänzende Erhebungen durch die belangte Behörde durchführen lassen. Diese hat den Meldungsleger RI K von der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos, Außenstelle S, zum Anzeigesachverhalt bzw zu vorgegebenen Fragen einvernommen (vgl Niederschrift vom 30.10.2001) und eine Ablichtung des Messprotokolls beigeschafft. Der Eichschein vom 24. Oktober 2000 für das verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät ist aktenkundig und weist eine Nacheichfrist bis 31. Dezember 2003 aus. Die Kalibrierung wäre ordnungsgemäß durchgeführt worden, wobei der Meldungsleger auf die Aufzeichnungen im Messprotokoll verwies.

Nach den Angaben des Meldunglegers erfolgte die Messung durch das geöffnete Seitenfenster des Dienstfahrzeuges, das bei der Ausfahrt Parkplatz N bei Km 237.210 stand. Der Meldungsleger hatte ausreichend Zeit und ein freies Sichtfeld auf das Zielfahrzeug, auch wenn dieses auf dem linken Fahrstreifen gerade einen LKW überholte. Das Lasergerät wurde mit der Schulterstütze stabilisiert und als Zielpunkt visierte der Meldungsleger die Kennzeichentafel ca. 1 Sekunde lang an. Nach der Messung nahm der Lenker des Dienstfahrzeugs die Verfolgung auf und der Bw konnte beim nächsten Parkplatz angehalten werden. Der Bw hätte nur erklärt, nicht zu schnell gefahren zu sein. Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hätte er überhaupt keine Angaben gemacht.

3. Mit Schreiben vom 17. Jänner 2002 hat der Oö. Verwaltungssenat dem Bw Ablichtungen der Anzeige vom 14. Februar 2001, Zl. 247, des Eichscheines, des Messprotokolls sowie der Niederschrift vom 30. Oktober 2001 dem Meldungsleger übermittelt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen eingeräumt. Bis dato hat der Bw keinen Schriftsatz eingebracht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die wesentliche Überschreitung der nach § 20 Abs 2 StVO 1960 auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wurde nicht bestritten. Der Bw vermeint nur ca. 175 km/h anstatt der laut Anzeige nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze zurechenbaren 186 km/h (gemessen: 192 km/h) gefahren zu sein. Zu den für die Zuverlässigkeit der Messung vom Meldungsleger gemachten Angaben hat der Bw nicht mehr Stellung genommen. Nach der Aktenlage und den ergänzenden Angaben des Meldungslegers sind keine Umstände hervorgekommen, die an der Richtigkeit der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung zweifeln lassen. Die Reichweite von Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgeräten beträgt 500 m und die Ansprechzeit lediglich 0,3 Sekunden. Die gegenständliche Messstrecke von ca. 396 m ermöglichte demnach eine einwandfreie Messung. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die Anzeigedaten zutreffend sind. Die Darstellung des Bw zur angeblich eingehaltenen Geschwindigkeit von etwa 180 km/h laut Tachometeranzeige konnte nicht durch Tatsachen objektiviert werden.

4.2. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem geschätzten monatlichen Einkommen von ATS 15.000,--, keinem relevanten Vermögen und Sorgepflichten für 2 Kinder aus. Diesen Annahmen ist der Bw im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegen getreten, weshalb sie auch für den Oö. Verwaltungssenat maßgebend waren. Mit der schlichten Behauptung, bei der Firma B mit dem geringen Nettogehalt von ATS 10.000,-- angestellt zu sein, hat der Bw seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren zur Feststellung der persönlichen Verhältnisse nicht genügt.

Mildernd wertete die belangte Behörde die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung.

Das gegebene Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 56 km/h stellt nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates für sich allein noch keinen besonderen Erschwerungsgrund iSd § 33 StGB iVm § 19 VStG dar. Denn eine beträchtliche Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit ist ohnehin beim Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung allgemein zu berücksichtigen (vgl § 19 Abs 1 VStG und § 19 Abs 2 VStG iVm § 32 Abs 3 StGB). Allerdings ist eine Geschwindigkeit von über 180 km/h nicht mehr bloß fahrlässig, sondern wohl nur durch bewusstes Beschleunigen erzielbar.

Im Übrigen berücksichtigte die belangte Behörde im gegenständlichen Fall aber nicht, dass nach der Anzeige nur geringes Verkehrsaufkommen, sonnige Witterungs- und trockene Fahrbahnverhältnisse in Betracht kamen. Diese sehr günstigen Verkehrs- und Witterungsverhältnisse sind zwar ebenfalls noch keine besonderen Milderungsgründe iSd § 34 StGB, vermindern aber in objektiver Hinsicht die ansonsten mit einer so hohen Geschwindigkeitsüberschreitung verbundene typische Gefahrensituation so erheblich, dass der Unwert des Täterverhaltens doch im Vergleich zum gedachten Normalfall deutlich geringer erscheint und daher relativiert werden muss. Er entspricht unter den gegebenen Umständen eben nicht dem Ausmaß der festgestellten Überschreitung.

Nach Abwägung der aufgezeigten Strafzumessungsfaktoren und unter Berücksichtigung der von der belangten Behörde angenommenen persönlichen Verhältnisse erachtet der erkennende Verwaltungssenat die verhängte Strafe als überhöht. Dem Unrechts- und Schuldgehalt angemessen und bei den angenommenen ungünstigen persönlichen Verhältnissen (eher geringes Nettoeinkommen von ATS 15.000,-- bei Sorgepflichten für 2 jugendliche Kinder in Ausbildung) in spezialpräventiver Hinsicht noch ausreichend erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat eine Geldstrafe in Höhe von 255,00 Euro bzw 3.508,88 ATS, die immerhin noch rund 35 % des angewendeten Strafrahmens nach § 99 Abs 3 StVO 1960 entspricht. Die Ersatzfreiheitsstrafe konnte vergleichsweise etwas höher mit 4 Tagen festgesetzt werden, weil es dabei nicht mehr auf die ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Bw ankam.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 65 VStG im Berufungsverfahren die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Der Kostenbeitrag im erstinstanzlichen Verfahren verminderte sich gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf 25,50 Euro (10% der Geldstrafe).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß