Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107883/2/Le/La

Linz, 26.11.2001

VwSen-107883/2/Le/La Linz, am 26. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des G E S 14, 3 G, vertreten durch Herrn O P, pA Alois M GmbH, Internationale Transporte, K 3, 3 L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7.8.2001, Zl. VerkR96-1087-2000/Ah, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7.8.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 4 Abs.7a iVm § 101 Abs.1 lit.a und § 102 Abs.1 erster Satz Kraftfahrgesetz 1967 (im Folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 25.1.2000 gegen 21.28 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ME- und den Sattelanhänger mit dem Kennzeichen ME auf der A I aus Richtung W kommend bis auf Höhe Km 75,1 der A (Grenzübergang S/I) gelenkt, wobei er es verabsäumt hätte, sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, davon zu überzeugen, ob das Sattelkraftfahrzeug bezüglich der Beladung den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, weil im Zuge einer dort vorgenommenen Abwiegung festzustellen war, dass die Summe der Gesamtgewichte des in einem EU-Staat zugelassenen Sattelkraftfahrzeuges von 40 t durch die Beladung um 4.400 kg überschritten wurde.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 6.9.2001, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, dass die im Straferkenntnis auf Seite 4 unten ausgeführte Identität der auf dem Wiegeschein angeführten Gewichte mit den Gewichten aus den Zulassungsscheinen der beiden Fahrzeugeinheiten nicht nachvollzogen werden könne. Dazu wurde auf die beiden Zulassungsscheine verwiesen (die in Kopie beigelegt wurden). Die Kenntnis alle Prämissen für die technisch einwandfreie Funktion einer Brückenwaage gelte für den Betreiber einer Waage, nicht jedoch für den Fahrer eines Fahrzeuges, welches auf dieser Waage verwogen wird. Eine gesetzliche Vorschrift zur ausschließlichen Verwendung von digital erstellten Wiegescheinen anstelle von handschriftlich erstellten bestehe seines Wissens nach nicht. Bei allen Frachtaufträgen, die von der Beladestelle S in O im Auftrag der Firma L durchgeführt wurden, seien handschriftliche Wiegescheine verwendet worden. Bei stichprobenartiger Überprüfung der Gewichte beim Empfänger der Waage wären nie Abweichungen außerhalb der Toleranzgrenze festgestellt worden.

Nochmals werde auf die Tatsache verwiesen, dass eine zu geringe Angabe des Nettoladegewichtes auf den Wiegescheinen für alle Beteiligten wirtschaftliche Nachteile nach sich ziehen würde, da sowohl die Verrechnung der Ware als auch die Frachtabrechnung nach dem Gewicht der Wiegenote erfolge.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein vollständig ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Aus der dem Strafverfahren zugrundeliegenden Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 15.2.2000 geht hervor, dass der Berufungswerber zur Tatzeit seinen Sattelzug auf der A I aus Richtung W kommend bis zum Autobahngrenzübergang S gelenkt hat, wo er einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen wurde; im Zuge der Kontrolle wurde eine Verwiegung der Fahrzeugkombination durchgeführt, wobei das Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges 44.400 kg betragen habe.

Nach den Zulassungsscheinen betrug das zulässige Gesamtgewicht für das Zugfahrzeug 18.000 kg und jenes für den Sattelanhänger 32.640 kg.

Als Ladung wurde von der Gendarmerie Magnesiumoxid mit Transport von 4 St. K nach S/Deutschland festgestellt.

Laut Anzeige hätte der Fahrer (= der nunmehrige Berufungswerber) angegeben, dass laut Berechnung der Ladefirma das Ladegewicht 26.300 kg ergeben habe, weshalb er angenommen habe, dass das Gesamtgewicht im erlaubten Rahmen sei. Das Fahrzeug sei auch nach dem Beladen verwogen worden, doch habe sich der Wiegeablauf auf zwei Vorgänge erstreckt, weil es sich um eine zu kurze Waage gehandelt habe.

Die jeweiligen Eigengewichte der beiden Komponenten des Sattelzuges sowie der Wiegeschein wurden in der Anzeige nicht erwähnt.

4.3. Gemäß § 102 Abs.1 KFG darf ein Fahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; ...

§ 101 Abs.1 lit.a KFG bestimmt, dass die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs.2 und 5 nur zulässig ist, wenn das höchstzulässige Gesamtgewicht eines Kraftfahrzeuges durch die Beladung nicht überschritten wird.

Auf Grund der Bestimmung des § 4 Abs.7a KFG darf bei einem in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassenen Kraftwagen mit Anhänger die Summe der Gesamtgewichte 40.000 kg nicht überschreiten.

Dadurch, dass der Berufungswerber einen Kraftwagenzug lenkte, der 44.400 kg schwer war, hat er gegen diese Vorschriften verstoßen und somit den objektiven Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen erfüllt.

4.4. Ob ihn an dieser objektiven Tatbegehung aber auch ein Verschulden trifft, ist nach den Maßstäben des § 5 Abs.1 VStG zu prüfen:

4.4.1. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber jedoch gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft. Dies aus folgenden Gründen:

4.4.2. Der Berufungswerber lenkte am Tattag ein Sattelkraftfahrzeug im Auftrag seiner Arbeitgeberin, der A M GmbH in L, zur Fa. S, Steirische Magnetindustrie GmbH in St. K, wo das Fahrzeug beladen wurde und von wo er dann mit der Ladung nach Deutschland fuhr.

Aus dem Wiegeschein, der schon mit dem Einspruch gegen die Strafverfügung vorgelegt worden war, geht hervor, dass der Sattelzug sowohl leer als auch beladen verwogen wurde, und zwar jeweils in zwei Teilverwiegungen: Zuerst das Sattelzugfahrzeug und sodann der Sattelanhänger.

Bei der Leerverwiegung wurde beim Sattelzugfahrzeug ein Gewicht von 8.640 kg festgestellt und beim Sattelanhänger eines von 4.000 kg; bei der Verwiegung des beladenen Sattelzugfahrzeuges wurde ein Gewicht von 13.540 kg festgestellt und bei jener des Sattelanhängers ein Gewicht von 25.400 kg. Das ergibt ein Ladegewicht von 4.900 kg + 21.400 kg, somit ein Ladegewicht von 26.300 kg bzw. ein Gesamtgewicht von 38.940 kg.

Aus den vom Berufungswerber weiters vorgelegten Kopien der Zulassungsscheine ergibt sich für das Sattelkraftfahrzeug ein Eigengewicht von 6.800 kg und ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 18.000 kg, hinsichtlich des Sattelanhängers ein Eigengewicht von 4.640 kg und ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 38.640 kg.

Daraus folgt, dass die Feststellung der Erstbehörde in der Begründung ihres Straferkenntnisses, es widerspreche den allgemeinen Lebenserfahrungen massiv, dass die vom Zeugen B (= die Person, die die Verwiegung vorgenommen und den Wiegeschein ausgestellt hat) eingetragenen Gewichtsangaben im Wiegeschein mit dem tatsächlich erlaubten Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges nach erfolgter Abwiegung auf das Kilogramm exakt idente Gewicht ergeben habe, unzutreffend ist! Während das tatsächliche Gesamtgewicht des Sattelzuges laut Wiegeschein mit 38.940 kg gewogen wurde, beträgt das höchstzulässige Gesamtgewicht laut Zulassungsschein 50.640 kg abzüglich der zulässigen Sattellast von 9.000 kg, ergibt sohin 41.640 kg.

Diese Zahlen decken sich im Gegensatz zur Annahme der Erstbehörde offensichtlich nicht mit den Angaben auf dem Wiegeschein. Auf dem Wiegeschein finden sich vielmehr Angaben, die für den Berufungswerber als Kraftfahrer eines Sattelkraftfahrzeuges plausibel erschienen, weshalb er keine weiteren Überprüfungspflichten hinsichtlich der Ladung hatte. Immerhin fuhr er schon seit längerer Zeit zu dieser Beladestelle und hatten die Beladungen in gewichtsmäßiger Hinsicht bisher keinen Anlass für Beanstandungen gegeben.

Es ist dem Fahrer eines Sattelkraftfahrzeuges im Gütertransportverkehr nicht möglich und daher auch nicht zuzumuten, dass er Messergebnisse von firmeninternen Brückenwaagen anzweifelt, noch dazu, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um einen häufigen Beladeort handelte, bei dem es bisher keine Probleme gegeben hatte. Überdies war das Ausmaß der Überladung in Anbetracht der Motorleistung des Sattelkraftfahrzeuges von 280 KW für den Berufungswerber nicht zwingend auffällig, weshalb er auch von daher keine Veranlassung hatte, anderswo auf eine Brückenwaage zu fahren, um das Gesamtgewicht seines Sattelkraftfahrzeuges zu überprüfen.

4.4.3. Plausibel ist auch sein Hinweis darauf, dass die Verrechnung der Ware und auch die Frachtabrechnung nach dem Gewicht der Wiegenote erfolgt, weshalb eine zu geringe Gewichtsangabe für alle Beteiligten wirtschaftliche Nachteile hätte. Es kann dem Betreiber einer Waage daher auch nicht unterstellt werden, absichtlich Wiegescheine mit zu geringen Ladegewichten auszustellen.

4.4.4. Wie im gegenständlichen Fall die unterschiedlichen Gewichtsfeststellungen bei der Beladefirma und bei der Gendarmerie zustande gekommen sind, wird wohl nie zu klären sein. Allerdings steht fest, dass den Berufungswerber auf Grund der aufgezeigten Umstände kein Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung trifft, weil es ihm unter den geschilderten Umständen eben nicht zumutbar war, das Gewicht seines Sattelkraftfahrzeuges auf einer weiteren Waage zu prüfen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Zumutbarkeit der Überprüfung des Ladegewichts; LKW

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