Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107946/7/Ki/Ka

Linz, 09.01.2002

VwSen-107946/7/Ki/Ka Linz, am 9. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der IW, vom 4.11.2001, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.7.2001, VerkR96-8440-2000-K, wegen Übertretungen der StVO 1960, des FSG 1997 und des KFG 1967, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 8.1.2002 durch sofortige Verkündung zu Recht erkannt:

I. Hinsichtlich Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Bezüglich der Fakten 2 und 3 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Geldstrafen hinsichtlich Faktum 2 mit 363,36 EUR (entspricht 5.000,00 ATS) und hinsichtlich Faktum 3 mit 36,34 EUR (entspricht 500,00 ATS) beziffert werden.

II. Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge, bezüglich der Fakten 2 und 3 hat die Berufungswerberin zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 79,94 EUR (entspricht 1.100,00 ATS), das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 6.7.2001, VerkR96-8440-2000-K, die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie habe am 19.7.2000 um 16.20 Uhr den PKW., Kz. , im Ortsgebiet von Enns auf der Bundesstraße Nr.1 bei Strkm. 168.867 in Richtung Zentrum gelenkt, wobei Sie

1.) bei der Kreuzung Bundesstraße 1 - Zufahrt zum ehemaligen Konsum das Fahrzeug bei rotem Licht als Zeichen für "Halt" nicht vor der Kreuzung angehalten hat.

2.) Weiters war sie bei dieser Fahrt nicht im Besitz einer von der Behörde ausgestellten Lenkberechtigung für die Klasse "B" und es

3.) war an dem von ihr gelenkten Kraftfahrzeug keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht.

Bezüglich Faktum 1 wurde gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (EFS 48 Stunden), bezüglich Faktum 2 gemäß § 37 Abs.1 FSG 1997 eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (EFS 5 Tage) und bezüglich Faktum 3 gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (EFS 24 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 700 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Verwaltungsübertretungen aufgrund einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 21.7.2000 zur Last gelegt werden. Die strafbaren Taten seien durch die in der Anzeige enthaltene Sachverhaltsdarstellung, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde keinen Anlass zu zweifeln hatte, erwiesen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden mit einem Einkommen von 15.000 S netto monatlich, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten geschätzt. Sonstige strafmildernde oder erschwerende Umstände seien nicht vorhanden. Die Strafe sei daher als tat- und schuldangemessen zu betrachten.

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis per Telefax am 4.11.2001 Berufung wegen Verjährung und Unrichtigkeit.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 726,00 EUR (entspricht 10.000,00 ATS) übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 8.1.2002. Bei dieser Verhandlung wurde der Meldungsleger BI Raimund Benda, als Zeuge einvernommen. Sowohl die Bw als auch die belangte Behörde sind ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen.

In der im Verfahrensakt aufliegenden Anzeige des LGK für Oö., Verkehrsabteilung, vom 21.7.2001, wurde vom Meldungsleger festgestellt, dass die Beschuldigte zur vorgeworfenen Tatzeit den bezeichneten PKW auf der B 1 von Asten in Richtung Enns gelenkt hat, wobei sie bei km 168,867 im Stadtgebiet Enns, Bezirk Linz-Land, Oö, trotz Rotlicht der Ampel in die Kreuzung eingefahren ist. Bei der anschließenden Anhaltung und Kontrolle des Fahrzeuges sei festgestellt worden, dass sie keine Lenkberechtigung besitzt und es wurde weiters festgestellt, dass am PKW die Begutachtungsplakette fehlte.

Bei seiner Einvernahme bestätigte der Meldungsleger, welcher sich an den Vorfall noch erinnern konnte, den in der Anzeige festgestellten Sachverhalt, er konnte sich jedoch nicht mehr erinnern, ob an der gegenständlichen Kreuzung allenfalls eine Haltelinie oder ein Schutzweg bzw eine Radfahrerüberfahrt ohne Haltelinie vorhanden war. Zum Vorfallszeitpunkt sind im verfahrensgegenständlichen Bereich Umbauarbeiten durchgeführt worden.

Seitens der Berufungsbehörde bestehen keine Bedenken, die glaubwürdigen Angaben des Meldungslegers der Entscheidung zugrunde zu legen. Die Beschuldigte selbst hat den Vorfall zwar als unrichtig bezeichnet, jedoch weder in der Berufung selbst noch in einem sonstigen Stadium des Verfahrens konkrete Angaben dahingehend gemacht, welche die Angaben des Meldungslegers widerlegen würden.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

I.5.1. Faktum 1:

Gemäß § 38 Abs.5 StVO 1960 gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z10a an den im Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

Gemäß § 38 Abs.1 StVO 1960 ist anzuhalten:

a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie;

b) wenn ein Schutzweg oder eine Radfahrerüberfahrt ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der ersten Querungshilfe (Schutzweg, Radfahrerüberfahrt) aus der Sicht des ankommenden Verkehrs;

c) wenn eine Kreuzung ohne Schutzweg und ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der Kreuzung,

d) ansonsten vor dem Lichtzeichen.

Der Bw wird vorgeworfen, sie habe ihr Fahrzeug bei rotem Licht als Zeichen für "Halt" nicht vor der Kreuzung angehalten. Dieser Vorwurf entspricht dem Tatbestand des § 38 Abs.1 lit.c StVO 1960.

Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Erkenntnis vom 8.5.1987, 85/18/0257, ausgesprochen, dass ein Fahrzeuglenker, der trotz roten Lichtes in die Kreuzung einfährt, das Gebot des § 38 Abs.5 StVO missachtet, gleichgültig an welcher der drei gemäß § 38 Abs.1 lit.a bis c StVO in Betracht kommenden Stellen er anzuhalten gehabt hätte. Es bedarf aus diesem Grund in einem derartigen Fall im Spruch des Straferkenntnisses im Rahmen des Tatvorwurfes nicht der Ausführung jener Stelle, an welcher der Fahrzeuglenker richtigerweise anzuhalten gehabt hätte. In diesem Erkenntnis wurde jedoch auch ausgesprochen, dass es nicht ausgeschlossen ist, den Tatvorwurf auf das Nichtanhalten vor einer der im § 38 Abs.1 StVO näher bezeichneten Stellen zu beschränken. In diesem Falle wäre dem Fahrzeuglenker jedoch eine Verletzung des § 38 Abs.1 StVO unter Anführung der in Betracht kommenden litera zur Last zu legen. Im vorliegenden Straferkenntnis wurde nicht vorgeworfen, dass die Bw in die Kreuzung eingefahren ist, sondern konkret, dass sie ihr Fahrzeug vor der Kreuzung nicht angehalten hat. Für diesen konkreten Tatvorwurf, welcher im Sinne des obzitierten Erkenntnisses des VwGH literamäßig zu konkretisieren gewesen wäre, fehlt jedoch insoferne ein Nachweis dahingehend, ob nicht allenfalls vor der Kreuzung eine Haltelinie (lit.a) oder ein Schutzweg bzw eine Radfahrerüberfahrt (lit.b) angebracht war. Wenn, wie im vorliegenden Falle, der Tatvorwurf nicht pauschal auf das Einfahren in die Kreuzung abgestellt, sondern dieser auf eine der im § 38 Abs.1 StVO bezeichneten Stellen beschränkt wird, so muss jedenfalls Berücksichtigung finden, ob nicht allenfalls eine Haltelinie oder ein Schutzweg bzw eine Radfahrerüberfahrt vorhanden waren, zumal nur dann, wenn dies nicht der Fall ist, der Tatvorwurf des Nichtanhaltens vor der Kreuzung (lit.c) zulässig ist. Nachdem sich über die konkrete Situation an der gegenständlichen Kreuzung zur Tatzeit keinerlei Aussagen in der Anzeige vom 21.7.2000 finden und der Meldungsleger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung keine diesbezügliche Aussage machen konnte, kann der konkrete Tatvorwurf nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit als erwiesen angesehen werden. In Anbetracht der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung war es der Berufungsbehörde diesbezüglich verwehrt, eine entsprechende Konkretisierung des Tatvorwurfes vorzunehmen. Aus diesem Grunde war bezüglich Faktum 1 der Berufung Folge zu geben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

I.5.2. Fakten 2 und 3:

Gemäß § 37 Abs.1 FSG in der zur Zeit der Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geltenden Fassung begeht, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 37 Abs.3 Z1 leg.cit. ist für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen den Bestimmungen des § 1 Abs.3 eine Mindeststrafe von 5.000 S zu verhängen.

Gemäß § 1 Abs.3 Führerscheingesetz ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG in der zur Zeit der Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geltenden Fassung begeht, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 36 lit.e KFG dürfen Kraftfahrzeuge grundsätzlich nur verwendet werden, wenn bei den der wiederkehrenden Begutachtung (§ 57a) unterliegenden zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs.1b fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs.5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.

Das Ermittlungsverfahren, insbesondere die mündliche Berufungsverhandlung, hat ergeben, dass die der Bw diesbezüglich zur Last gelegten Sachverhalte in objektiver Hinsicht verwirklicht wurden. Auch was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so sind keine Umstände hervorgekommen, welche die Bw entlasten würden. Das bloße Vorbringen der Unrichtigkeit des Strafvorwurfes stellt demnach nach Auffassung der Berufungsbehörde eine bloße Schutzbehauptung dar, der Strafvorwurf wurde zu Recht erhoben.

Was die Argumentation der Bw hinsichtlich Verjährung anbelangt, so ist damit ebenfalls nichts zu gewinnen.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Diese Frist beträgt gemäß § 32 Abs.2 leg.cit. sechs Monate.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Laut dem vorliegenden Verfahrensakt wurde noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land an die Beschuldigte eine Aufforderung zur Rechtfertigung, welche sämtliche wesentliche Sachverhaltselemente umfasste, erlassen. Diese Aufforderung wurde noch am 9.1.2001 (innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist) abgesandt. Auch wenn die Beschuldigte möglicherweise von dieser Aufforderung keine Kenntnis erlangt hat, so gilt dadurch doch im Sinne des § 32 Abs.2 VStG die Verfolgungsverjährungsfrist als gewahrt. Eine Verfolgungsverjährung, aber auch eine Strafbarkeitsverjährung im Sinne des § 31 Abs.3 VStG, können daher nicht festgestellt werden.

Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so wurde hinsichtlich Faktum 2 die Mindestgeldstrafe und hinsichtlich Faktum 3 in Anbetracht des vorgesehenen Strafrahmens eine äußerst geringe Geldstrafe festgesetzt. Wenn auch entgegen der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit festgestellt wird, erscheinen die verhängten Strafen durchaus angemessen. Insbesondere aus spezialpräventiven, aber auch aus generalpräventiven Gründen erscheint eine Herabsetzung nicht als vertretbar. Die von der Erstbehörde geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden von der Bw nicht bestritten und stehen dem festgelegten Strafausmaß nicht entgegen.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Bw hinsichtlich der Fakten 2 und 3 weder hinsichtlich des Schuldspruches noch hinsichtlich der Strafbemessung in ihren Rechten verletzt wurden, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 Euro (entspricht 2.476,85 Schilling) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

Beschlagwortung:

Literamäßige Konkretisierung hinsichtlich § 38 Abs.1 StVO 1960 grundsätzlich nicht erforderlich aber zulässig. Wenn aber literamäßige Konkretisierung vorgenommen wird, sind die Kriterien des § 44a VStG zu beachten.

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