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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107954/2/SR/Ri

Linz, 21.11.2001

VwSen-107954/2/SR/Ri Linz, am 21. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des L R, Sstraße, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land, Zl.: VerkR96-6235-2000 vom 22. Oktober 2001 wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO), zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung gegen die Spruchpunkte 1 und 2 wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bezüglich Spruchpunkt 1 vollinhaltlich und zu Spruchpunkt 2 mit der Maßgabe bestätigt, dass dieser nach der Anführung "...um 45 km/h überschritten" zu lauten hat: "...und bei Km mit einer Geschwindigkeit von 109 km/h fuhren und haben somit die durch Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 60 km/h um 49 km/h überschritten".
  2. Der Berufung gegen die Strafe wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Geldstrafe zu Spruchpunkt 1 mit 5.000,00 Schilling (entspricht  363,36 Euro), im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen und zu Spruchpunkt 2 mit 3.000,00 Schilling (entspricht  218,02 Euro), im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen festgesetzt wird.

  3. Der Strafausspruch zu Spruchpunkt 3 wird behoben und der Schuldvorwurf, wie ausgeführt, ergänzend unter Spruchpunkt 2 aufgenommen.
  4. Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers zum Verfahren der Behörde erster Instanz reduziert sich zu den Spruchpunkten 1 und 2 auf insgesamt 800,00 Schilling (entspricht  58,14 Euro). Zu Spruchteil II hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2000 - VStG.

zu III.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 11.08.2001 um 21.55 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen W auf der A Wautobahn im Gemeindegebiet von S in Fahrtrichtung S gelenkt, wobei Sie

  1. bei km. die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 65 km/h überschritten,
  2. bei km. mit einer Geschwindigkeit von 125 km/h fuhren und haben somit die durch Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 80 km/h um 45 km/h überschritten,
  3. bei km. mit einer Geschwindigkeit von 109 km/h fuhren und haben somit die durch Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 60 km/h um 49 km/h überschritten

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

  1. § 20 Abs.2 StVO iVm. § 99 Abs.3a StVO 1960
  2. § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960
  3. § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Daher wird über Sie folgende Strafe verhängt:

  1. ATS 6.000,-- gem. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960; Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage
  2. ATS 4.000,-- gem. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage
  3. ATS 4.000,-- gem. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu entrichten:

ATS 1.400,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 15.400,00 öS (entspricht 1.119,16 €)."

2. Gegen dieses dem Bw am 29. Oktober 2001 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 31. Oktober 2001 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass der Bw der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht widersprochen habe, der Sachverhalt schlüssig dargestellt sei und es daher keiner weiteren Beweiserhebung bedurft hätte. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden. Mildernd wäre die Unbescholtenheit und erschwerend der Unrechtsgehalt der Taten gewertet worden.

2.2. Der Bw bringt dagegen vor, dass er gegen die Strafhöhe und die Anzahl der Strafen Berufung erheben würde. Ihm wäre unverständlich, warum drei Strafen verhängt worden wären und er nicht bereits bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 150, 160 oder 170 km/h angehalten worden sei. Bei der Fahrt hätte er niemanden gefährdet, behindert oder verletzt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt und die Berufungsschrift vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darin Einsicht gehalten. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat entsprechend der Tatanlastungen den gegenständlichen Pkw gelenkt. Die Nachfahrstrecke zum Zwecke der Messung betrug ca. 4 km, Beginn der Messung war bei Autobahnkilometer und die Anhaltung erfolgte auf der A, Richtung S, bei Autobahnkilometer. Zum Tatzeitpunkt herrschte geringes Verkehrsaufkommen und die Fahrbahn war trocken.

Der Bw weist eine einschlägige Verwaltungsstrafe auf, das monatliche Einkommen beträgt ca. 18.000 Schilling und die sonstigen Verpflichtungen betragen 17.000 Schilling (für ein Kind, Wohnung und Kredit).

3.2. Die Geschwindigkeitsübertretungen sind unbestritten und die deutliche Geschwindigkeitsüberschreitung lässt nur auf ein äußerst geringes Verkehrsaufkommen schließen. Wäre, wie in der Anzeige dargestellt, von einem "normalen Verkehr" auszugehen gewesen, dann hätten die angeführten Höchstgeschwindigkeiten - vor allem im Baustellenbereich - nicht gefahren werden können. Auch ist nur so verständlich, dass die einschreitenden Beamten nicht schon früher eine Anhaltung vorgenommen haben. Es wäre nicht nachvollziehbar, dass die Beamten bei normalem Verkehr über zumindest 4 km Nachfahrt eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung und die daraus resultierende Gefährdung der anderen Straßenbenützer zugelassen hätten.

4. In der Sache selbst hat der Öö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. § 20 Abs.2 StVO:

Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

§ 52 lit a Z 10a StVO: "Geschwindigkeitsbeschränkung (Erlaubte Höchstgeschwindigkeit)"

Dieses Zeichen zeigt an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Ob und in welcher Entfernung es vor schienengleichen Eisenbahnübergängen anzubringen ist, ergibt sich aus den eisenbahnrechtlichen Vorschriften.

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

4.2. Wie unstrittig feststeht, hat der Bw mehrmals die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten.

Betreffend der in den Spruchpunkten 2 und 3 dargestellten Geschwindigkeitsübertretungen ist von einem fortgesetzten Delikt auszugehen, da die Tathandlungen eine zeitliche, örtliche und sachliche Einheit darstellen, von einem Gesamtvorsatz (Gesamtkonzept) getragen sind und es sich um die Verletzung derselben Verwaltungsvorschrift gehandelt hat (VwGH vom 25.10.1989, 89/03/0145). Auch wenn hier zwei verschiedene Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnungen (gestaffelte Geschwindigkeitsbeschränkungen) zu beachten waren, werden nicht verschiedene Taten im Sinne des § 22 VStG begangen. Im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang, die gleiche Begehungsform und die Ähnlichkeit der äußeren Tatbestände ist Deliktseinheit anzunehmen (vergleiche VwGH 3.7.1979, 754/79, ÖJZ 1980, 360; auch Messiner, Straßenverkehrsordnung in der Fassung der 20. StVO-Novelle, 10. Auflage, Wien 1999, § 20, E. 392). Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise auch bei einer steten Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zwischen zwei Orten mit zwei "Unterbrechungen" durch Bremsmanöver ein fortgesetztes Delikt angenommen (vergleiche VwGH vom 11.11.1987, Zl. 86/03/0237). Ein fortgesetztes Delikt würde nicht vorliegen, wenn dabei verschiedene Vorschriften verletzt würden (VwGH vom 10.4.1991, Zl. 91/03/0003).

Da der Bw entgegen der Ansicht der Behörde erster Instanz durch die unmittelbar aufeinanderfolgende Missachtung verschiedener Geschwindigkeitsbeschränkungs-verordnungen nicht mehrere Delikte begangen hat, war der Strafausspruch zu Spruchpunkt 3 zu beheben und der Spruchpunkt 2 entsprechend zu ergänzen.

Die Überschreitung der auf der Autobahn zulässigen Geschwindigkeit von 130 km/h (Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses) sowie die ursprüngliche und die mittlerweile ergänzte Tatanlastung des Spruchpunktes 2 beinhalten zwei verschiedene Delikte, die jeweils gesondert zu bestrafen sind.

4.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Das von der Behörde erster Instanz festgesetzte Strafausmaß erweist sich als teilweise überhöht. Entgegen der Aktenlage hat die Behörde erster Instanz "vermutlich (die Begründung lässt keinen anderen Schluss zu)" das in der Anzeige ausgeführte normale Verkehrsaufkommen der Beurteilung zugrunde gelegt. Entsprechend den Feststellungen und der Beweiswürdigung war davon nicht auszugehen und das Verschulden bei der Strafbemessung geringer zu werten. Aus Gründen der Generalprävention bedarf es der nunmehr verhängten Strafen um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zu halten. Die spruchgemäß festgesetzte Strafe trägt darüber hinaus dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Darüber hinaus sind die verhängten Strafen tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw (unter Heranziehung der im Ermittlungsverfahren dargestellten Situation) angepasst. Von einem nur geringfügigen Verschulden war nicht auszugehen, da durch das Verhalten des Bw genau jener Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erfüllt wurde, welcher in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt wurde. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

5. Der Kostenausspruch war spruchgemäß zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: fortgesetztes Delikt

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