Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107967/2/Le/Km

Linz, 21.01.2002

VwSen-107967/2/Le/Km Linz, am 21. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der Frau H F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.11.2001, VerkR96-10726-2001, mit dem eine Strafverfügung berichtigt worden war, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
  2. Der Antrag, die Strafverfügung vom 27.9.2001 gemäß § 52a VStG aufzuheben, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 62 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.11.2001 wurde die Strafverfügung der selben Behörde vom 27.9.2001, VerkR96-10726-2001, dahingehend berichtigt, als die in der Strafverfügung unrichtig angeführte "gefahrene Geschwindigkeit von 28 km/h" richtigerweise "58 km/h gefahrene Geschwindigkeit" zu lauten hat.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 19.11.2001, mit der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass, ihrem Antrage folgend, die Strafverfügung vom 27.9.2001 gemäß § 52a VStG (iVm § 58 AVG) aufgehoben werde.

Dies hat die Berufungswerberin damit begründet, dass sie durch die von ihr nicht angefochtene Strafverfügung in keiner Weise beschwert gewesen wäre, zumal nach dem Spruch die von ihr gefahrene Geschwindigkeit innerhalb der erlaubten Höchstgeschwindigkeit war. Mangels Beschwernis wäre ihr die Möglichkeit genommen worden, dagegen Einspruch zu erheben.

Die Berichtigung von Schreib- und Rechenfehlern in Bescheiden sei nur vor Rechtskraft derselben denkbar.

Der Behörde hätte bereits anlässlich der Ausfertigung der Strafverfügung die Mangelhaftigkeit auffallen müssen und sie hätte diese bei gehöriger Aufmerksamkeit noch berichtigen können.

Der nunmehrige Schluss, dass die gefahrene Geschwindigkeit richtig mit 58 km/h anzuführen gewesen wäre, sei unzulässig, weil dies ein Aliud darstelle.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat diese Berufung mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsakt zur Entscheidung an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt.

Da bereits aus dem Akt hervorgeht, dass die Entscheidung aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da im zugrunde liegenden Verfahren eine 726,00 EUR (entspricht 9.989,98 ATS) nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und es sich überdies um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt, durch Einzelmitglied zu entscheiden.

4.2.1. Die nunmehrige Berufungswerberin wurde mit der Strafverfügung vom 27.9.2001, VerkR96-10726-2001, wegen einer Geschwindigkeitsübertretung mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.200 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) bestraft. Die maßgebliche Passage im Tatvorwurf lautete:

"30 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit

28 km/h gefahrene Geschwindigkeit".

Infolge Nichterhebung eines Einspruches wurde diese Strafverfügung rechtskräftig.

4.2.2. Außerhalb der Einspruchsfrist beantragte die nunmehrige Berufungswerberin die amtswegige Aufhebung dieser Strafverfügung unter Anwendung des § 52a VStG mit der Begründung, dass die festgestellte Fahrgeschwindigkeit innerhalb der erlaubten Höchstgeschwindigkeit lag.

Über diesen Antrag hat die Erstbehörde noch nicht entschieden.

4.2.3. Offensichtlich durch diesen Antrag erkannte die Erstbehörde aber den Fehler im Tatvorwurf der Strafverfügung und erließ den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12.11.2001, mit dem die rechtskräftige Strafverfügung geändert wurde. Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Berufung bekämpft.

4.2.4. Gegenstand des Berufungsverfahrens kann daher im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs.4 AVG ausschließlich dieser Berichtigungsbescheid sein; die Strafverfügung selbst oder der Antrag auf Anwendung des § 52a VStG sind dagegen nicht "Sache" dieses Berufungsverfahrens.

Der entsprechende Antrag musste daher als unzulässig zurückgewiesen werden.

Da aus der Berufung aber erkennbar war, dass sie sich gegen den Berichtigungsbescheid richtet und diesen als unzulässig ansieht, war der Berichtigungsbescheid einer inhaltlichen Überprüfung zuzuführen.

4.3. § 62 Abs.4 AVG bestimmt, dass Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden die Behörde jederzeit von Amts wegen berichtigen kann.

Eine solche Berichtigung ist jederzeit, daher auch nach Rechtskraft des berichtigten Bescheides zulässig.

Im vorliegenden Fall liegt zweifelsfrei ein offenbarer Fehler in der Strafverfügung vor, weil der Vorwurf, eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben und die ziffernmäßige Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit nicht übereinstimmen. Die vorgeworfene Fahrgeschwindigkeit von 28 km/h liegt unterhalb der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h, was wiederum keine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit.a Z.10a StVO darstellt.

Auch wenn dieser Tatvorwurf auf einem offenbaren Schreibfehler beruht, ist die Berichtigung dieses Fehlers dennoch nicht zulässig: Sie stellt nämlich eine nachträgliche Änderung am Inhalt dieser Strafverfügung dar (siehe dazu VwGH vom 6.12.1990, 89/04/0010, 0237; VwGH vom 21.6.1990, Slg. 13.233 u.a.).

Beim Tatvorwurf der Geschwindigkeitsübertretung stellt die Angabe, wie schnell der Beschuldigte gefahren ist oder um welche Km/h-Zahl er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit übertreten hat, das wohl wichtigste Sachverhaltselement dar: Dadurch wird sowohl der Tatvorwurf selbst als auch die Höhe der zu verhängenden Strafe bestimmt. Diesem Sachverhaltselement muss die Behörde daher ihr besonderes Augenmerk schenken.

Wenn sie in einer Strafverfügung, bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h, eine Tatumschreibung "28 km/h gefahrene Geschwindigkeit" aufnimmt, so wirft sie dem Beschuldigten eine nicht begangene Verwaltungsübertretung vor. (In einem Bereich, wo eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h verordnet ist, darf sehr wohl 28 km/h gefahren werden).

Durch die Berichtigung würde plötzlich aus einem ursprünglich vorgehaltenen vorschriftsmäßigen Verhalten eine Verwaltungsübertretung.

In einem vergleichbaren Fall hat der Verwaltungsgerichtshof (siehe Erkenntnis vom 9.4.1987, 87/02/0039) es als unzulässig festgestellt, im Berufungsbescheid den Tatvorwurf, das "Rotlicht" nicht beachtet zu haben, auf den Tatvorwurf, das "Gelblicht" nicht beachtet zu haben, zu berichtigen.

Der vorliegende Fall ist noch krasser, weil erst durch die Berichtigung ein Vorwurf einer begangenen Verwaltungsübertretung entstanden ist.

Damit aber hat der Berichtigungsbescheid eine unzulässige inhaltliche Änderung der ursprünglichen Strafverfügung bewirkt, weshalb der Berichtigungsbescheid aufzuheben war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 EUR (entspricht  2.476,85 ATS) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung:

Angabe der Geschwindigkeit in der Strafverfügung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung kann nicht berücksichtigt werden iSd § 62 Abs.4 AVG.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum