Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107973/9/Br/Rd

Linz, 20.12.2001

VwSen-107973/9/Br/Rd Linz, am 20. Dezember 2001

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, AZ. VerkR96-1-115-2001-Ga, vom 13. November 2001, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 19. Dezember 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird im Punkt 1.) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. Im Punkt 2.) wird die Ersatzfreiheitsstrafe auf sieben Tage ermäßigt, der Schuldspruch jedoch bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 29/2000 - AVG, iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000 - VStG;

II. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem o.a. Straferkenntnis zwei Geldstrafen [1.) 500 S und 2.) unter voller Ausschöpfung des außerordentlichen Strafmilderungsrechts 8.000 S] verhängt und nachfolgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

"1. Sie haben am 21.2.2001 gegen 21.55 Uhr als Fußgänger überraschend die Fahrbahn der Salzburger Straße in Linz, nächst dem Haus Nr. (Kreuzungsbereich mit der Prechtlerstraße), betreten, wodurch es einer auf der Salzburger Straße aus Richtung Kremplstraße kommenden in Richtung stadtauswärts fahrenden PKW-Lenkerin nicht mehr möglich war, rechtzeitig anzuhalten und es in der Folge zu einem Verkehrsunfall kam;

2. haben Sie in der Folge - im Zuge der Unfallserhebungen - im Untersuchungszimmer der Unfallabteilung des UKH Linz um 22.40 Uhr gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung der Atemluftprobe verweigert, obwohl vermutet werden konnte, dass Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden und in diesem Zustand vorher als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht haben (wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen)."

1.1. Die Behörde erster Instanz führte in ihrer Entscheidungsbegründung aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde der Bezirkshauptmannschaft Gmunden von der Bundespolizeidirektion Linz angezeigt.

Aus der Verkehrsunfallanzeige der Bundespolizeidirektion Linz, Verkehrsunfallkommando, vom 23.2.2001 geht hervor:

Am 21.2.2001 gegen 21.55 Uhr lenkte Frau G den PKW auf der Salzburger Straße in Linz, aus Richtung KrempIstraße kommend in Richtung stadtauswärts.

Zur selben Zeit beabsichtigten Sie als Fußgänger die Salzburger Straße nächst dem Haus Nr. , aus der Sicht der PKW-Lenkerin von rechts nach links, zu überqueren.

Sie betraten unmittelbar vor einem ordnungsgemäß stadtauswärts abgestellten LKW-Zug die Fahrbahn der Salzburger Straße, ohne auf eventuell ankommende Fahrzeuge zu achten. Sie tauchten somit plötzlich und unerwartet vor der am LKW-Zug vorbeifahrenden PKW-Lenkerin auf und hatte diese - offensichtlich - keine Möglichkeit, den Unfall zu verhindern. Sie wurden von der rechten Fahrzeugfront erfasst und über die Motorhaube gegen die Windschutzscheibe geschleudert. In der weiteren Folge fielen Sie durch das Bremsmanöver der PKW-Lenkerin auf die Fahrbahn.

Sie wurden in der Folge in das UKH. Linz gebracht.

Im Zuge der Unfallserhebungen ergab sich der Verdacht, dass Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden (die Alkoholisierung war laienhaft erkennbar).

Es wurden bei Ihnen deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung (starker Alkoholgeruch, gerötete Augen, undeutliche Aussprache) festgestellt. Sie waren zeitlich und örtlich orientiert. Aufgrund der festgestellten Alkoholisierungsmerkmale wurden Sie um 22.40 Uhr/21.2.2001 von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht im Untersuchungszimmer des UKH. Linz zur Durchführung der Atemluftprobe aufgefordert. Sie verweigerten die Atemluftprobe mit der Begründung, dass Sie zu Fuß unterwegs waren und kein Fahrzeug gelenkt haben.

Sie wurden über die Rechtsfolgen einer Verweigerung aufgeklärt, blieben aber bei der Verweigerung der Atemluftprobe.

Sie wurden am 1.3.2001 bei der Bundespolizeidirektion Linz, Unfallkommando, einvenommen und gaben wörtlich folgendes an:

"Ich befand mich am 21.2.2001 in L und hatte im Laufe des Nachmittags einige Halbe Bier konsumiert. Ich kann nicht mehr genau sagen, wieviel ich genau getrunken hatte, nach meiner Schätzung vier bis fünf. Durch diese alkoholischen Getränke war ich offensichtlich etwas alkoholisiert. Da ich jedoch zu Fuß unterwegs war, war dies auch egal. Anführen möchte ich auch noch, dass ich Schmerzmittel eingenommen hatte, weil ich am linken Fuß (Sprunggelenk) immer Schmerzen habe und daher auch eine Invalidenrente habe.

Was ich in den Abendstunden genau machte, kann ich nicht mehr sagen. Ich weiß auch von einem Unfall nichts mehr. Ich erinnere mich erst wieder im Krankenhaus, dass nach der Einlieferung Polizisten zu mir kamen. Angeblich wurde ich befragt, was ich an alkoholischen Getränken konsumiert hatte. Weiters wurde ich zu einem Alkotest aufgefordert, den ich jedoch deshalb nicht machte, weil ich als Fußgänger unterwegs war. Es ist für mich unverständlich, dass ich als Fußgänger einen Alkotest machen sollte.

Bezüglich des Unfalles kann ich nichts anführen, weil ich mich darin in keiner Weise erinnern kann. Ich weiß auch nicht, wo bzw. zu welcher Zeit der Unfall genau war. Da ich, wie angeführt am linken Fuß eine Behinderung habe (Sprunggelenk ist steif), passiert es öfters, dass ich beim Gehen plötzlich einige schnellere Schritte mache. Daher kann es auch sein, dass ich beim Überqueren der Straße rasch auf die Fahrspur der Fahrzeuglenkerin gelangte. Dies kann ich jedoch nur vermuten, weil ich mich an nichts erinnern kann.

Bezüglich der Erinnerung möchte ich anführen, dass ich vermutlich auch aufgrund der Alkoholisierung nicht mehr alles weiß. Es ist auch möglich, dass ich aufgrund des Unfalles derart geschockt war, sodass ich nichts mehr mitbekommen hatte.

Da ich nicht mehr angeben kann und auch keine Einzelheiten weiß, kann ich auch bezüglich des Verschuldens nichts anführen.

Bei dem Unfall erlitt ich schwere Verletzungen (Brüche am linken Fuß), Prellungen und eine leichte Gehirnerschütterung. Ich befinde mich derzeit stationär im UKH. L.

Ich war zur Unfallszeit eher dunkel bekleidet. Wie die Witterung und die Sichtverhältnisse an der Unfallstelle waren, kann ich nicht sagen."

Die Unfallsgegnerin, Frau G, wurde bereits am 24.2.2001 bei der Bundespolizeidirektion L, Unfallkommando, zum Unfallshergang befragt und gab an, dass sie "den PKW am 21.2.2001 gegen 21.55 Uhr mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 40 km/h auf der Salzburger Straße in Richtung stadtauswärts gelenkt hat. Auf der Salzburger Straße waren rechtsseitig Fahrzeuge ordnungsgemäß abgestellt. Sie fuhr entlang dieser Fahrzeuge mit einem seitlichen Abstand von ca. 1 1/2 bis 2 m. Kurz vor dem Haus Salzburger Straße bzw. auf Höhe der Einmündung der Prechtlerstraße war rechts ein LKW-Zug ordnungsgemäß und auch mit dem Abblendlicht beleuchtet in Fahrtrichtung stadtauswärts abgestellt. Sie fuhr an diesem Fahrzeug mit dem angeführten Abstand vorbei. Unmittelbar bevor sie das Fahrzeug passiert hatte, sah sie plötzlich vor dem Führerhaus auf ihrer Fahrspur eine Person laufen. Als sie diese Person auftauchen sah, leitete sie sofort eine Vollbremsung ein. Da sie jedoch zu dem Zeitpunkt, als diese Person von rechts auftauchte, höchstens eine Fahrzeuglänge entfernt war, kam sie nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand. Der Fußgänger wurde von der rechten PKW-Front erfasst und über die Motorhaube gegen die Windschutzscheibe geschleudert.

G gab weiters an, dass Sie auf der Unfallsstelle ansprechbar waren, Sie haben über Befragen Ihren Namen mit "F" angegeben. Über Befragen gaben Sie auch an, dass nichts passiert sei. Nach dem Eintreffen eines Rettungsfahrzeuges wurden Sie in das UKH. L eingeliefert.

Wie G ergänzend angibt, trifft sie am Verkehrsunfall keine Schuld. Der Fußgänger trat überraschend und für sie nicht ersichtlich auf die Fahrbahn, es war unmöglich, den Unfall zu verhindern. Auch die Unfallsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass sie den Verdacht hatte, dass der Fußgänger alkoholisiert ist; dies fiel während des Gespräches auf.

Der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht L hat mit Benachrichtigung vom 3.4.2001 mitgeteilt, dass die Anzeigen gegen F und gegen G gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt wurden.

Mit Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24.4.2001 wurde Ihnen die im Spruch des gegenständlichen Bescheides angeführten Verwaltungsübertretungen angelastet, Sie wurden zur Bezirkshauptmannschaft Gmunden vorgeladen.

Anlässlich Ihrer Einvernahme bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 1.6.2001 haben Sie nunmehr angegeben, dass "Sie sich an den Unfallshergang nicht erinnern können. Ihre Erinnerung setzt erst wieder ein, als im Krankenhaus L Polizisten eintrafen. Sie wissen jedoch nicht, dass Sie zur Durchführung einer Atemluftprobe aufgefordert wurden. Der Grund dafür dürften die beim Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen sein. Da Sie sich an fasst nichts mehr erinnern können, auch nicht an die Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe, bestreiten Sie die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen."

Das Ermittlungsverfahren wurde durch die Einvernahme des Meldungslegers (Grl. H) und des Arztes Dr. D ergänzt, die vorangeführten Personen wurden im Wege der Bundespolizeidirektion Linz als Zeugen vernommen.

Grl. H gab am 23.7.2001, als Zeuge vernommen an, dass "Sie zum besagten Zeitpunkt im Untersuchungszimmer des UKH. L aufgrund der festgestellten Alkoholisierungssymptome zur Durchführung der Atemluftprobe aufgefordert wurden. Es wurde das Einvernehmen mit dem behandelnden Arzt hergestellt, dieser gab sein Einverständnis zur Durchführung der Atemluftprobe, nachdem in medizinischer bzw. gesundheitlicher Hinsicht keine Bedenken bestanden. Sie befanden sich in zeitlich und örtlich orientiertem Zustand. Sie wurden mehrmals und unmissverständlich zur Durchführung der Atemluftprobe aufgefordert, diese Aufforderung wurde - nach den Angaben des Zeugen - von Ihnen auch zweifelsfrei verstanden und waren Sie sich, nachdem Sie über die Konsequenzen einer Verweigerung aufgeklärt wurden, darüber auch voll bewusst".

Dr. L gab am 6.9.2001 bei der Bundespolizeidirektion Linz, als Zeuge vernommen, an, dass "er zum besagten Zeitpunkt Ihre Behandlung durchgeführt hat. Laut Aufnahmebefund haben Sie ihm gegenüber angegeben, dass Sie vor dem Verkehrsunfall ca. 5 bis 7 Halbe Bier konsumiert haben. Ihre Sprache war dabei lallend. Aus dem klinischen Befund geht keineswegs hervor, dass Sie eine Schädel-Hirn-Verletzung im Sinne einer Gehirnerschütterung erlitten haben. Da keine derartige Verletzung diagnostiziert wurde, befinden sich im Befund auch keine Angaben zu Ihrer zeitlichen und örtlichen Orientierung. Eine entsprechende Desorientierung wäre aber im Befund sicherlich vermerkt worden. Abschließend gab er an, dass aus medizinischer Sicht keine Bedenken hinsichtlich der Durchführung der Atemluftprobe bestanden."

Nach Kenntnis des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens (Aussage der Zeugen Grl. H und Dr. L) haben Sie Ihre bisherigen Rechtfertigungsangaben aufrecht gehalten, wonach Sie sich weder an den Verkehrsunfall noch an eine Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe erinnern können.

Ergänzend führten Sie nunmehr an, dass im gegenständlichen Verfahren nicht geprüft wurde, ob Sie den Verkehrsunfall tatsächlich verschuldet haben. Es wäre auch denkbar, dass die Unfallsbeteiligte zu schnell gefahren ist.

Ihre Rechtfertigungsangaben waren jedoch nicht geeignet, eine Änderung des im Spruch angeführten Sachverhaltes zu bewirken, vielmehr stellen Ihre Rechtfertigungsangaben vor der Behörde, wonach Sie sich an eine im UKH. Linz/Behandlungszimmer ergangene Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe nicht erinnern können, zweifelsfrei eine Schutzbehauptung dar.

Wenn Sie nunmehr anlässlich Ihrer Einvernahmen bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 1.6.2001 und am 9.10.2001 angeben, sich an nichts (weder an den Verkehrsunfall, noch an die Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe) erinnern zu können, so müssen Ihnen Ihre eigenen Angaben anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme am 1.3.2001 bei der Bundespolizeidirektion Linz, Vabt.-Unfallkommando, entgegengehalten werden.

Ich erinnere mich erst wieder im Krankenhaus, dass nach der Einlieferung Polizisten zu mir kamen. .... Weiters wurde ich zu einem Alkotest aufgefordert, den ich jedoch deshalb nicht machte, weil ich als Fußgänger unterwegs war. Es ist für mich unverständlich, dass ich als Fußgänger einen Alkotest machen sollte. ... Bezüglich der Erinnerung möchte ich anführen, dass ich vermutlich auch aufgrund der Alkoholisierung nicht mehr alles weiß. Es ist auch möglich, dass ich aufgrund des Unfalles derart geschockt war, dass ich nichts mehr mitbekommen hatte. Da ich nicht mehr angeben kann und auch keine Einzelheiten weiß, kann ich auch bezüglich des Verschuldens nichts anführen."

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als erkennende Behörde schenkt Ihnen dahingehend Glauben, dass Sie sich unmittelbar nach dem Verkehrsunfall, also auch während der Amtshandlung im UKH. Linz an den Unfallshergang selbst nicht mehr erinnern konnten. Ob dafür die von Ihnen selbst zugegebene Alkoholisierung oder andere Umstände ausschlaggebend waren, war nicht zu prüfen und betrifft auch nicht die angelasteten Verwaltungsübertretungen.

Ihre Rechtfertigungsangaben - hinsichtlich der Aufforderung zur Durchführung bzw. der Verweigerung der Atemluftprobe - sind durch die Aussagen der Zeugen GrI. H vom 23.7.2001 und Dr. L vom 6.9.2001 widerlegt.

Beide Zeugen gaben übereinstimmend an, dass Sie zum Zeitpunkt der Amtshandlung zeitlich und örtlich orientiert waren, ein normaler Gesprächsablauf möglich war, Sie daher die an Sie ergangene Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe zweifelsfrei verstanden haben.

Sie haben die Atemluftprobe auch mit dem Hinweis abgelehnt, dass Sie "als Fußgänger unterwegs waren und es für Sie unverständlich ist, dass Sie als Fußgänger eine Atemluftprobe machen sollten".

Hinsichtlich Ihres Verhaltens unmittelbar vor dem Verkehrsunfall wird der Unfallsgegnerin, Frau G, Glauben geschenkt, wonach Sie unmittelbar vor der Unfallsgegnerin die Fahrbahn der Salzburger Straße betreten haben und es nicht mehr möglich war, dass Fahrzeug rechtzeitig anzuhalten bzw. einen Verkehrsunfall zu verhindern.

Dass ein Verschulden der Unfallsgegnerin nicht vorliegt, ist auch dadurch bewiesen, dass das beim Bezirksgericht Linz anhängige Gerichtsverfahren gemäß § 90 StPO zurückgelegt wurde, obwohl Sie beim Verkehrsunfall verletzt wurden. Mangels eines Verschuldens der PKW-Lenkerin wurde ein Verfahren nicht eingeleitet.

Somit ist auch zweifelsfrei erwiesen, dass das Alleinverschulden am Verkehrsunfall nur Sie treffen kann (das beim Bezirksgericht Linz gegen Sie anhängige Gerichtsverfahren wurde deshalb zurückgelegt, weil andere Personen nicht verletzt wurden).

Ein ergänzendes Ermittlungsverfahren bzw. eine weitere Begründung des gegenständlichen Bescheides können - unter Hinweis auf die vorstehend angeführten Ausführungen - unterbleiben.

Die strafbaren Tatbestände sind einwandfrei erwiesen, es wird auf die nachstehend angeführten gesetzlichen Bestimmungen verwiesen.

Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000,00 ATS (= 726,73 EUR), im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, oder als Fußgänger gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt.

Gemäß § 76 Abs. 1 StVO 1960 haben Fußgänger auf Gehsteigen oder Gehwegen zu gehen; sie dürfen nicht überraschend die Fahrbahn betreten.

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 16.000,00 ATS (= 1.162,77 EUR) bis 80.000,00 ATS (= 5.813,83 EUR), im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5/2 Ziff. 2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 20 VStG 1991 kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Bei der Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 und 2 VStG., i.d.F. BGBI.Nr 117/1978, bzw. i.d.d.g.F., entsprechend berücksichtigt.

Im gegenständlichen Fall wurde hinsichtlich der Bestrafung wegen Übertretung nach § 99 Abs.1 lit. b i.V.m. § 5/2 Ziff. 2 StVO 1960 von der außerordentlichen Milderung im Sinne des VStG 1991 Gebrauch gemacht und die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt, weil Sie, wie bereits angeführt, als Fußgänger gegen die vorangeführte Bestimmung verstoßen haben; die ha. aufscheinende Vormerkung wegen Übertretung nach § 5/1 StVO 1960 wurde dabei nicht als erschwerend gewertet.

Die Vorschreibung der Strafverfahrenskosten gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch protokollarisches Anbringen eingebrachten Berufung entgegen. Inhaltlich wird jedoch lediglich pauschal in Abrede gestellt, die Fahrbahn plötzlich betreten zu haben. Seines Wissens habe er sich, als er angefahren wurde, 1,70 m neben dem abgestellten Lkw befunden. Die Lenkerin hätte ihn daher früher sehen müssen. Aus diesem Grund treffe ihn kein Verschulden am Unfall. Ebenfalls habe aus diesem Grund keine Verpflichtung für eine Atemluftuntersuchung bestanden.

3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des Verfahrensaktes im Rahmen der mit Blick auf Art. 6 EMRK durchzuführenden Berufungsverhandlung, sowie durch Einvernahme der Zeugen GrInsp. H und Frau G und des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz konnte über entsprechende Mitteilung an der Berufungsverhandlung nicht teilnehmen.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber versuchte an der oben angeführten Örtlichkeit die Fahrbahn als Fußgänger zu überqueren. Er stieg vorher auf der Beifahrerseite eines am genannten Straßenzug abgestellten Sattelkraftfahrzeuges aus, um sich zu einem gegenüberliegenden Würstelstand zu begeben. Der Berufungswerber ist gehbehindert, sodass davon ausgegangen werden kann, dass seine Fortbewegung als Fußgänger eher überdurchschnittlich langsam gewesen sein dürfte. Er wollte die Fahrbahn etwa 1,5 m vor der Stirnseite des Sattelkraftfahrzeuges überqueren. Als er etwa fünf Meter in Richtung Straßenmitte zurückgelegt hatte, wurde er vom Pkw der Zeugin P aus einer Ausgangsgeschwindigkeit von angeblich 40 km/h angefahren und erheblich verletzt. Offenbar wurde er von der Zeugin aus hier nicht zu untersuchenden Gründen übersehen oder nicht rechtzeitig wahrgenommen. Die gegen die Zeugin eingeleitete strafrechtliche Untersuchung wurde von der Staatsanwaltschaft L am 26.3.2001, Zl. (AN) gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt.

Der Berufungswerber machte im Rahmen der Berufungsverhandlung ein nur sehr geringes Einkommen glaubhaft.

4.1.1. Diese Feststellungen lassen sich aus den Aussagen des Berufungswerbers in weitgehender Deckung mit der Zeugin P gut nachvollziehen. Die Angaben stehen auch mit den polizeilichen Erhebungen im Einklang. Wegen offenbar fehlender Unfallspuren auf der Fahrbahn sind die Schilderungen des Berufungswerbers schließlich auch nicht widerlegbar. Daraus folgt aber, dass gemäß der schlüssigen Angaben des Berufungswerbers und der Zeugin von einem plötzlichen Betreten der Fahrbahn wohl kaum die Rede sein kann. Immerhin hatte der Berufungswerber unter der Annahme einer Fahrzeugbreite von 2,5 m und einem Abstand zum rechten Fahrbahnrand von 0,5 m, die Fahrbahn zum Zeitpunkt des Unfalls bereits im Bereich von fünf Metern überquert. Andererseits ergibt sich daraus aber auch, dass die Pkw-Lenkerin den Berufungswerber vom Zeitpunkt des Hervortretens von der Frontseite des Sattelkraftfahrzeuges theoretisch nur wenige Sekunden wahrnehmen konnte, sodass sich daraus klar ergibt, dass aus einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 40 km/h die Kollision nicht vermeidbar gewesen sein dürfte. Dies wird insbesondere dadurch erhellt, dass unter der Grundlegung einer starken Bremsung mit 7,5 m/sek2 Bremsverzögerung und der Annahme einer Reaktionszeit von einer Sekunde, sowie einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden, der Anhalteweg knapp mehr als 20 m beträgt (Berechnung mit Analyzer Pro 4 - Unfallrekonstruktionsprogramm). Es ist auch gut nachvollziehbar, dass innerhalb dieser Distanz der Berufungswerber erst aus dem toten Blickwinkel des Lkw´s hervortrat und noch zwei Meter über die Fahrzeugbreite hinausgelangte, ehe er vom Pkw, welcher laut Angabe der Zeugin noch abgebremst werden konnte, erfasst wurde.

Der Berufungswerber wurde anschließend ins Krankenhaus eingeliefert und dort wegen der selbst vom Berufungswerber unbestrittenen Alkoholisierungssymptome zur Atemluftuntersuchung aufgefordert. Dabei legte der Meldungsleger glaubhaft dar, dass er den Berufungswerber über die Pflicht zur Atemluftuntersuchung belehrte. Unbestritten wurde diese in offenbar irriger Rechtsauffassung verweigert.

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 76 Abs.1 StVO zweiter Halbsatz, dürfen Fußgänger die Fahrbahn nicht überraschend betreten.

Die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "überraschend" wurde hier seitens der Behörde erster Instanz mit Blick auf den Regelungszweck des § 76 Abs.1 StVO (s. VwGH 29.5.1998, 95/02/0438) angenommen, was jedoch im Ergebnis des Berufungsverfahrens keine Bestätigung finden kann, wenngleich durch das Verhalten des Berufungswerbers der Unfall ursächlich herbeigeführt wurde (vgl. h. Erk. v. 29.12.1998, VwSen-105976/2/Ga/Km).

Die dem Berufungswerber offenbar unterlaufene Fehleinschätzung bzw. der allfällige Aufmerksamkeitsfehler beim Betreten der Fahrlinie der Berufungswerberin nach Abschreiten einer gesamten Lkw-Breite, vermag nicht dem Wortlaut der oa. Bestimmung zuwider gewertet werden.

5.2. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

  1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
  2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Mit dem oa Verhalten hat der Berufungswerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und zu verantworten. Sämtliche Voraussetzungen für die Aufforderung zum Alkotest lagen hier vor (als Fußgänger ursächliche Beteiligung an einem Verkehrsunfall und Vorliegen von Alkoholsymptomen). Entgegen der offenbar irrigen Rechtsauffassung kommt es auf die Verschuldensfrage nicht an (siehe auch h. Erk v. 6.3.2002, VwSen -107328/7/Ki).

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 16.000 S bis 80.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Wenn hier der Berufungswerber die Fahrprüfung noch zu einer Zeit ablegte als eine Pflicht zur Atemluftuntersuchung für unfallbeteiligte Fußgänger noch nicht gesetzlich normiert war, kann er sich trotzdem mit Blick auf die eindeutige Belehrung des Meldungslegers auf eine Unkenntnis der Rechtslage nicht mit Erfolg berufen. Ein unverschuldeter Tatbild- oder Verbots- bzw. Rechtsirrtum kann ihm somit nicht zu Gute gehalten werden.

Auch die Anwendung des § 21 VStG (Absehen von einer Bestrafung) kann wegen der Bedeutung der Tatfolgen - Behinderung der Wahrheitsfindung nach einem Verkehrsunfall (vgl. Messiner, StVO-Kommentar, 9. Auflage, S178 E12, sowie 1580BlgStenProtXVIIIGP) - nicht Gebrauch gemacht werden.

Aus den angeführten Gründen erwies sich daher die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet, weshalb sie diesbezüglich im Punkt 2.) abzuweisen war.

Da in zutreffender Weise durch die volle Ausschöpfung des a.o. Milderungsrechtes die gesetzliche Mindeststrafe noch halbiert wurde, können hier weitere Begründungen zur Festsetzung der Geldstrafe unterbleiben. Gleiches gilt jedoch auch für die Ersatzfreiheitsstrafe, sodass auch diese auf das mögliche Mindestausmaß zu reduzieren war.

5.2.1. Der Berufung kam somit hinsichtlich beider Spruchpunkte zumindest in Teilen Berechtigung zu, sodass aus diesem Grunde Kosten für das Berufungsverfahren zu entfallen hatten.

Gesondert wird an dieser Stelle der Berufungswerber auch noch auf die Möglichkeit eines Ratenzahlungsgesuches hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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