Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107984/6/Le/La

Linz, 10.01.2002

VwSen-107984/6/Le/La Linz, am 10. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des S F, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H und Dr. T, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.4.2001, Zl. VerkR96-9612-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.1.2002 und öffentlicher Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.4.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 S (181,68 Euro - Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 96 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 28.3.1999 um 14.25 Uhr einen (näher bezeichneten) PKW auf der Westautobahn A 1 in Fahrtrichtung W gelenkt, wobei er im Gemeindegebiet von S bei Km. 237,900 entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindig-keit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 45 km/h überschritten habe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7.6.2001, mit der beantragt wird, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben, in eventu eine Ermahnung auszusprechen, in eventu eine niedrigere Strafe zu verhängen..

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass zum Tatzeitpunkt keine entsprechenden Vorschriftszeichen (Geschwindigkeitsbeschränkung) von 80 km/h angebracht gewesen wären und ein Aktenvermerk über den Zeitpunkt der erfolgten Anbringung fehle. Es mangle daher an der ordnungsgemäßen Kundmachung.

Weiters brachte er vor, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalls nicht notwendig gewesen wäre, weil die Bauarbeiten bereits abgeschlossen waren und deshalb kein Regelungsbedarf mehr bestanden habe.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 29.11.2001 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zufolge des Antrages des Berufungswerbers wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und am 9.1.2002 durchgeführt. An dieser nahm der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teil; die Erstbehörde hatte sich entschuldigt.

3.2. Als Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber fuhr am 28.3.1999 um 14.25 Uhr auf der A 1 Westautobahn in Fahrtrichtung W und wurde bei Strkm. 237,900 von der fix montierten Radarstation mit einer Fahrgeschwindigkeit von 125 km/h gemessen. Es wurde ihm in der Folge eine Geschwindigkeitsübertretung um 45 km/h angelastet, weil im dortigen Bereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h bestanden habe.

Der Berufungswerber bestritt dies und brachte vor, dass keine Verkehrszeichen angebracht gewesen wären.

Die Erstbehörde hat die Unterlagen betreffend die entsprechende Verordnung sowie Stellungnahmen der zuständigen Autobahnmeisterei eingeholt, woraus sich Folgendes ergab:

Die Autobahnmeisterei Oberwang stellte laut dem Schreiben an das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr vom 22.2.1999 am 20.2.1999 um 16.00 Uhr zur Verhinderung von Unfallgefahren durch Straßengebrechen (die im Einzelnen näher beschrieben waren) Geschwindigkeitsbeschränkungen für den Bereich der Richtungsfahrbahn W von Km 242,000 bis Km 237,500 auf.

Angemerkt werden muss, dass in diesem Schreiben nicht mitgeteilt wurde, in welchem Ausmaß Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgestellt worden waren.

Gleichzeitig wurde um Erlassung einer entsprechenden Verordnung gebeten.

Diese Verordnung wurde vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr am 5.3.1999 für den Bereich von Km 241,850 bis Km 237,500 erlassen und eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h verordnet.

In der Folge wurden offensichtlich Bauarbeiten zur Sanierung der Richtungsfahrbahn Salzburg-Wien in Auftrag gegeben; mit der Verordnung des Bundesministers vom 25.3.1999 wurde für den "Bauabschnitt B" Folgendes verordnet:

Zur Durchführung von Bauarbeiten (Erneuerung der Spurrinnenverfüllung) werden der Pannenstreifen und der erste Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn Salzburg-Wien der Westautobahn A 1 in der Zeit bis 30. April 1999 von Km 242,294 bis Km 233,550 gesperrt und unter anderem von Km 242,194 bis zum Baustellenende bei Km 233,550 die Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h beschränkt.

Ein Aktenvermerk über die Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen findet sich im vorliegenden Verwaltungsakt nicht. Im Schreiben der Autobahnmeisterei Oberwang vom 17.7.2000 an die Erstbehörde wurde dargelegt, dass im Bauabschnitt 2 die Sperre gemäß Regelplan E II/3 am 24.3.1999 um 6.30 Uhr in Kraft gesetzt und mit den Sanierungsarbeiten begonnen worden sei. Die Arbeiten wären am 9.4.1999 abgeschlossen und die Sperre aufgehoben worden.

Vom 26.3.1999 (18.00 Uhr) bis 6.4.1999 (8.00 Uhr) wären die Arbeiten gemäß Arbeitsablauf (es hätte die Bauabschnitte 1-4 gegeben, jeweils fräsen, reinigen, vorspritzen und Einbau) nach erfolgter Abfräsung unterbrochen und die Einengung bzw. Sperre des ersten Fahrstreifens entfernt worden (gemäß Beilage Aktenvermerk - arbeitstechnischer Ablauf).

Zur Vermeidung von Unfallgefahren wäre von Km 242,294 bis Km 233,550 gemäß Regelplan E II/3 die Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h belassen worden. Die erste Fahrspur wäre abgefräst worden und es hätte entlang der zweiten Fahrspur eine Vertiefung von rd. 4 cm bestanden im Zeitraum vom 26.3. bis 6.4.1999.

Die Einsichtnahme in den Regelplan ergab Folgendes:

Im Regelplan E II/3 war für den Bereich von Km 242,294 bis Km 233,550 eine Sperre des Pannenstreifens und der ersten Fahrspur vorgesehen sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h.

In einem weiteren "Aktenvermerk über Absperrungsmaßnahmen" (ohne Datum und Unterschrift) wurde für den Zeitraum vom 26.3.1999, 18.00 Uhr bis 6.4.1999, 8.00 Uhr für den Bereich von Km 242,294 bis Km 233,500 eine 80 km/h-Beschränkung im Abfräsungsbereich festgehalten.

In dem bereits erwähnten "arbeitstechnischen Ablauf" für "Bauabschnitt 1 - 4" (Beilage zum erwähnten Schreiben der Autobahnmeisterei Oberwang an die Erstbehörde vom 17.7.2000) sind lediglich für den Zeitraum von 24.3.1999 bis 26.3.1999 Fräsarbeiten und Reinigung eingetragen. Für den Zeitraum vom 26.3.1999 bis 6.4.1999 sind keinerlei Arbeiten ausgewiesen; erst von 6.4.1999 bis 28.4.1999 sind weitere Arbeiten dargestellt.

Die Einsichtnahme in das aufgenommene Radarfoto ergab folgende Situation am Tatort:

Der Berufungswerber fuhr mit seinem PKW am ersten Fahrstreifen. Die Randlinien der Autobahn sowie die Leitlinie sind deutlich erkennbar, sie reflektieren, als ob sie neu aufgebracht worden wären. Es ist keinerlei Sperre des ersten Fahrstreifens oder des Pannenstreifens ersichtlich, sondern zeigt dieses Foto eine ganz normale Autobahn ohne jede Einschränkung.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 726,72 EUR (entspricht 10.000 ATS) nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Es steht fest, dass die zuständige Behörde, nämlich der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr für den gegenständlichen Autobahnabschnitt eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h verordnet hat.

Nach § 44 Abs.1 StVO sind die im § 43 bezeichneten Verordnungen ... durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten.

Ein solcher Aktenvermerk fehlt im vorgelegten Verwaltungsakt; es ist lediglich ein "Aktenvermerk über Absperrungsmaßnahmen" enthalten, der eine Tabelle enthält, aber weder Datum noch Unterschrift des Amtsorganes.

Wenngleich es Indizien auf die Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen gibt, fehlt damit doch ein vom Gesetz geforderter Hinweis auf die erfolgte Kundmachung.

4.3. Weite Zweifel an der Existenz der Verkehrszeichen, mit denen die Geschwindigkeitsbeschränkung kundgemacht worden sein sollen, ergeben sich weiters daraus, dass laut Regelplan E II/3, der für die gegenständliche Baustelle zur Autobahnsanierung (Erneuerung der Spurrinnenverfüllung, Richtungsfahrbahn Wien) erstellt worden war, für den Bereich von Km 242,294 bis Km 233,550 eine Sperre des Pannenstreifens und der ersten Fahrspur vorsah. Tatsächlich ist auf dem Radarfoto, das bei Km 237,900 aufgenommen wurde, keinerlei Sperre des Pannenstreifens oder des ersten Fahrstreifens zu erkennen und auch keinerlei Arbeiten. Die Bodenmarkierungen, nämlich beide Randlinien sowie die Leitlinie, leuchten auf dem Radarfoto so markant hervor, als ob sie frisch aufgebracht worden wären. Fräsarbeiten zwischen den Bodenmarkierungen sind an sich nicht üblich, weshalb davon ausgegangen werden muss, dass Fräsarbeiten in diesem Bereich offensichtlich nicht durchgeführt wurden und auch keine Baustellenabsperrung und keine Sperre des Pannenstreifens und des ersten Fahrstreifens bestanden haben. Der Berufungswerber benützte laut Radarfoto eindeutig den ersten Fahrstreifen.

Aus dem "arbeitstechnischen Ablauf" der Fa. Teerag-Asdag geht denn auch nur hervor, dass im Zeitraum vom 24.3.1999 bis 26.3.1999 Fräsarbeiten und Reinigungsarbeiten durchgeführt wurden und die nächsten Arbeiten erst wieder am 6.4.1999 begonnen wurden (die letztlich bis 28.4.1999 dauerten). Für die Zeit vom 26.3.1999 bis 6.4.1999 sind keine Nachweise über durchgeführte Arbeiten vorgelegt worden.

4.4. Aus all diesen Gründen ist die Verantwortung des Berufungswerbers, dass zur Tatzeit im fraglichen Straßenabschnitt keine Geschwindigkeitsbeschränkung bestanden hat, nicht zu widerlegen. Es wäre durchaus denkbar, dass Bauarbeiter der ausführenden Baufirma eigenmächtig allfällige Verkehrszeichen entfernt haben oder dass die Verkehrszeichen mit der Geschwindigkeitsbeschränkung erst entsprechend dem Baufortschritt aufgestellt wurden und zum Tatzeitpunkt daher im fraglichen Bereich noch gar nicht aufgestellt waren.

Damit aber konnte der Sachverhalt nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit erwiesen werden, weshalb im Zweifel spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung (zumindest teilweise) Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 Euro (entspricht  2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Für die Richtigkeit

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