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VwSen-107992/2/SR/Ri

Linz, 07.01.2002

VwSen-107992/2/SR/Ri Linz, am 7. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des F L, Qweg , P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 21. November 2001, Zl. VerkR96-3979-2001-BB/KB wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (im Folgenden: KFG), zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001- VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 08.08.2001 um ca. 08.56 Uhr den Lastkraftwagen, Kennzeichen R samt Anhänger, Kennzeichen R mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg in O, auf der B , Str.km. Fahrtrichtung R gelenkt und haben dabei wie festgestellt wurde, das Schaublatt der laufenden Woche sowie das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem Sie gefahren sind, nicht mitgeführt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG 1967 iVm § 102 Abs.1 3. Satz KFG. 1967, BGBl.Nr. 267, idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich gemäß §

ist, Ersatzfreiheitsstrafe

von

1.000,00 Schilling 24 Stunden 134 Abs.1 KFG. 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw 14,53 Eu angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.100,00 Schilling (entspricht 79,94 EU)."

2. Gegen dieses dem Bw am 26. November 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 30. November 2001 bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz - entgegen der Tatanlastung im Spruch - in der Begründung aus, dass der Bw entsprechend der Angaben des Meldungslegers die "Schaublätter der laufenden Woche" nicht vorweisen hätte können. In der Folge unterstellt die Behörde erster Instanz dem Bw wiederum, dass er gemäß § 102 Abs.1 3. Satz KFG "das Schaublatt der laufenden Woche" nicht mitgeführt habe.

Das Vorliegen des Tatvorwurfes begründet die Behörde erster Instanz weiters damit, dass der Bw sowohl vor dem einschreitenden Beamten als auch in der Rechtfertigung eingestanden habe, weder das erforderliche Schaublatt der vorangegangenen Woche noch eine Bestätigung mitgeführt zu haben.

Die Strafbemessung sei gemäß § 19 VStG erfolgt und die aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wären berücksichtigt worden. Es seien weder straferschwerende noch strafmildernde Umstände hervorgekommen. Als Strafnorm hat die Behörde erster Instanz § 134 Abs.1 KFG herangezogen.

2.2. Dagegen bringt der Bw u.a. vor, dass er an den Tagen vor der Fahrzeugkontrolle keinen Lastkraftwagen von mehr als 3,5 t gelenkt habe und deshalb auch keine Schaublätter vorweisen hätte können. Hätte das Kontrollorgan eine Bestätigung verlangt, dann wäre von ihm eine ausgestellt worden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG von einer Berufungsverhandlung absehen.

3.2. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat am 08.08.2001, um ca. 08.56 Uhr den Lastkraftwagen, Kennzeichen R samt Anhänger, Kennzeichen R mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg in O, auf der B , Strkm. in Richtung R gelenkt. Bei der durchgeführten Kontrolle konnte der Bw weder die Schaublätter für die laufende Woche noch das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen.

Der Bw hat keinen Nachweis darüber erbracht, dass er zur in Frage kommenden Zeit kein Fahrzeug im Sinne der gegenständlichen EG-Verordnung gelenkt hat.

3.3. Der angeführte Sachverhalt ist unbestritten.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß Art. 15 Abs.7 VO (EWG) Nr. 3821/85 idF VO (EG) Nr. 2135/98 muss der Fahrer den Kontrollbeamten auf Verlangen die Schaublätter für die laufende Woche, sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen.

Gemäß Art.1 Z3 VO (EWG) Nr. 3820/85 idaF ist unter Fahrer "jede Person, die das Fahrzeug, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenkt oder sich im Fahrzeug befindet, um es gegebenenfalls lenken zu können", zu verstehen.

§ 134 Abs.1 KFG:

Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30 000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

4.2. Die Behörde erster Instanz hat dem Bw vorgeworfen, nicht das "Schaublatt" der laufenden Woche mitgeführt zu haben. Sowohl § 102 Abs.1 3. Satz KFG als auch die o.a. EG-VO sprechen von "Schaublättern".

Dem Bw ist somit behördlicherseits eine Verpflichtung auferlegt worden, die sich auf keine gesetzliche Grundlage stützen kann. Mangels Vorlageverpflichtung eines "Wochenschaublattes" hat der Bw dieses Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Das gesollte Verhalten des Fahrers hat sich aber nicht nur auf das Mitführen der Schaublätter für die laufende Woche sondern auf das für den letzten Tag der vorangegangenen Woche an dem er gefahren ist, erstreckt. Führt der Fahrer nur eines der angeführten Schaublätter nicht mit, so handelt er tatbestandsmäßig.

Unbestritten ist, dass das vom Bw gelenkte Fahrzeug dem Art. 3 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 3821/85 idgF unterlag. Ausnahmefälle, die in den Art. 4 und 14 der VO (EG) Nr. 3820/85 angeführt sind, lassen sich dem Akt nicht entnehmen. Die Bestimmungen der VO (EG) Nr. 3821/85 idF VO (EG) Nr. 2135/98 finden Anwendung.

§ 102 Abs.1 dritter Satz KFG wird insoweit in seiner Geltung verdrängt (VwGH vom 21.4.1999, Zl. 98/03/0356; 23.2.2001, Zl. 99/02/0057).

In der oben angeführten Definition ist klargestellt, dass jede Person, somit auch der Unternehmer, wenn er ein Fahrzeug (im Anwendungsbereich der zitierten EG-VO) lenkt, als Fahrer anzusehen ist. Ihn trifft daher auch die Verpflichtung, die angeführten Schaublätter den Kontrollorganen auf deren Verlangen vorzulegen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Der Bw hat lediglich ausgeführt, dass ihn als Unternehmer die Verpflichtungen eines Fahrers nicht treffen würden, er jedoch über Verlangen eine Bestätigung ausgestellt und den Kontrollbeamten ausgefolgt hätte.

Die Verpflichtung des Fahrers besteht darin, die bezeichneten Schaublätter dem Kontrollbeamten auf Verlangen vorzulegen. Nur dann, wenn er der Vorlageverpflichtung nicht nachkommen kann, weil er nicht gefahren ist (Anwendungsbereich der EG-VO), ist er gehalten, zum Aufforderungszeitpunkt entsprechende Unterlagen vorzulegen. Im Regelfall wird es sich dabei um Bestätigungen seines Arbeitgebers handeln, die dieser vor Fahrtantritt ausgestellt und dem Fahrer ausgefolgt hat.

Fällt Unternehmer- und Fahrereigenschaft zusammen, kann sich je nach Lage des Falles und der Größe des Unternehmens ergeben, dass eine schlichte Bestätigung (zB. Der Unternehmer ist auch sein "einziger" Fahrer) nicht als ausreichend erachtet werden kann.

Hier hat der Fahrer (Unternehmer) zum Kontrollzeitpunkt weder ein Schaublatt mitgeführt noch eine Bestätigung vorgewiesen. Das Angebot des Bw, dass er über Aufforderung der Kontrollbeamten eine nachträgliche Bestätigung ausgestellt hätte, kann keiner Prüfung unterzogen werden, da es der Bw unterlassen hat, irgendwelche Beweise anzubieten, die das Vorbringen glaubhaft machen. Dem Bw ist auch mangelnde Mitwirkung vorzuwerfen. Nur er wäre in der Lage gewesen, die in seiner Sphäre gelegenen Unterlagen/Aufzeichnungen vorzulegen und einer Beurteilung zuzuführen.

Der Bw hat somit tatbestandsmäßig gehandelt.

Dennoch kann über den Bw keine Strafe verhängt werden.

Wie bereits oben dargestellt wird § 102 Abs.1 3. Satz von der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 verdrängt. Die verletzte Norm ist Art. 15 Abs.7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2135/98 vom 24. September 1998.

§ 134 Abs.1 KFG weist aber nur Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, Abl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, als Verwaltungsübertretung aus.

Die Verordnung (EG) Nr. 2135/98 vom 24. September 1998 trat am 10. Oktober 1998 in Kraft und hat den Art. 15 Abs.7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 geändert. Mangels Novellierung des § 134 Abs.1 KFG ist das tatbestandsmäßige Verhalten des Bw nicht mit Strafe bedroht.

Das Straferkenntnis war zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

5. Der Bw hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € (entspricht 2.476,85 Schilling) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Fehlende Strafnorm

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