Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108006/5/Ki/Ka

Linz, 06.02.2002

VwSen-108006/5/Ki/Ka Linz, am 6. Februar 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des MÜ, vom 9.8.2001, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 30.7.2001, VerkR96-2270-2001, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat mit Straferkenntnis vom 30.7.2001, VerkR96-2270-2001, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 31.3.2001 um 08.55 Uhr als Lenker des PKW auf der A 8 Innkreisautobahn im Gemeindegebiet von Peterskirchen in Fahrtrichtung Suben bei Km 52,150 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 57 km/h überschritten. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 3.800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 104 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 380 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

In der Begründung wurde ua ausgeführt, dass der Auskunft des Zulassungsbesitzers im vorliegenden Falle eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukomme, weil er sehr schlüssig geschildert habe, dass der Bw aufgrund seiner Ängste, den Führerschein zu verlieren, vorher nicht als Lenker in Erscheinung treten wollte. Es sei daher auszuschließen, dass ihn sein Vater zu Unrecht belasten würde.

I.2. Der Bw erhob gegen das Straferkenntnis am 9.8.2001 Berufung mit der Begründung, dass er das Auto nicht gelenkt habe.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 726 Euro (entspricht 9.989,98 S) übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Überdies wurde der Vater des Bw, Herr SÜ, bei der Bundespolizeidirektion Wien (Bezirkspolizeikommissariat Brigittenau) im Rechtshilfewege zeugenschaftlich einvernommen.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des LGK für Oberösterreich (Verkehrsabteilung-Außenstelle Ried/I.) vom 31.3.2001 zugrunde. Danach wurde mit einem Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser festgestellt, dass der Lenker des verfahrensgegenständlichen PKW´s, wie im Spruch des Straferkenntnisses vorgeworfen wurde, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 57 km/h überschritten hat. Eine Anhaltung des Fahrzeuges sei wegen der Verkehrslage nicht möglich gewesen.

Auf eine Anfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 hin langte bei der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. ein entsprechend ausgefülltes und von Herrn S Ül unterfertigtes Formblatt ein, auf welchem als Lenker Herr SA bezeichnet wurde. Weiters findet sich die Angabe, dass die geforderte Auskunft von Herrn ÜM erteilt werden könne.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 14.5.2001 erging an den Bw unter Vorhalt der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Am Entwurf dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. findet sich ein handschriftlicher Vermerk, wonach ein AM als Dolmetscher angerufen habe, wonach laut Auskunft des Vaters und Zulassungsbesitzers (SÜ) MÜ der Lenker gewesen sei. Dieser habe vorerst keine Auskunft erteilen wollen, weil er Angst um den Führerschein gehabt hätte.

Der Bw selbst erklärte mit Schreiben vom 17.5.2001, dass an dem Datum nicht er sondern sein Schwiegervater aus der Türkei das Fahrzeug gelenkt habe. Diese Rechtfertigung wurde auch als Begründung in der nunmehr vorliegenden Berufung angegeben.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Rahmen der Rechtshilfe durch die BPD Wien (Bezirkspolizeikommissariat Brigittenau) Herrn SÜ, den Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges und Vater des Bw, zeugenschaftlich einvernehmen lassen. Bei dieser Einvernahme am 29.1.2001 erklärte Herr SÜ, dass am 31.3.2001 um 08.55 Uhr sein Fahrzeug mit dem Kz.: auf der A 8, Innkreisautobahn vom Schwiegervater seines Sohnes Mehmet Ü., Herrn SA, geb. Datum unbek., wh. K, Türkei, gelenkt worden sei. Anlässlich der Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers, die sein Sohn ausgefüllt habe, dürfte er sich bei der Schreibweise des Namens seines Schwiegervaters geirrt haben. Soviel er wisse, habe er sich selbst als jene Person angegeben, die Auskunft erteilen könne, da ja er das Formular ausgefüllt habe. Er (SÜ) habe das Formular, weil er der deutschen Sprache in Schrift nicht mächtig sei, lediglich unterschrieben.

Sein Fahrzeug werde sowohl von ihm als auch von seinem Sohn, der auch den Zweitschlüssel habe, benützt. Er habe ihn auch gefragt, ob sein Schwiegervater, der in Österreich zu Besuch war, mit seinem Fahrzeug fahren dürfe.

Er könne sich auch noch daran erinnern, dass im Vorjahr ein Brief an seinen Sohn Mehmet von der Bezirkshauptmannschaft gekommen sei. Da sein Sohn auf Urlaub gewesen sei und er diesen Brief nicht lesen habe könne, habe er Herrn AM um Hilfe gefragt. Dieser habe dann auch mit der Bezirkshauptmannschaft telefoniert, da er dachte, dass es sich um eine Strafe handle. Den Wortlaut habe er nicht verstanden. Herr A habe nach dem Telefonat zu ihm gesagt, dass M Strafe bezahlen müsse.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Dazu wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass, wenn der Sachverhalt nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit geklärt werden kann, ein Freispruch zu erfolgen hat.

Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. stützt den Tatvorwurf gegen den Bw ausschließlich auf die Angaben des Vaters, welche jedoch lediglich telefonisch über einen Dolmetscher erfolgt sind.

Im Rahmen einer zeugenschaftlichen Einvernahme hat der Vater des Bw dann ausdrücklich erklärt, dass zur Vorfallszeit der Schwiegervater seines Sohnes das Fahrzeug gelenkt hat und er hat überdies erklärt, warum sein Sohn sich selbst als jene Person angegeben hat, die Auskunft erteilen könne.

Bei einer objektiven Betrachtungsweise erscheint die Aussage des Süat Ünal jedenfalls schlüssig und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehend. Jedenfalls ist dieser zeugenschaftlichen Befragung mehr Bedeutung beizumessen, als einer telefonischen Auskunft, welche überdies nicht vom Zeugen selbst sondern von einem Dolmetscher erteilt wurde. Der Bw selbst könnte sich zwar in jede Richtung verteidigten, er hat jedoch von Anfang an ebenfalls die Person seines Schwiegervaters ins Spiel gebracht. Nachdem auch keine Anhaltung des Fahrzeuglenkers durch die Gendarmeriebeamten erfolgt ist, steht sohin nach Aufnahme aller zur Verfügung stehenden Beweise in keiner Weise fest, wer tatsächlich das Fahrzeug gelenkt hat. In Anwendung des oben erwähnten Grundsatzes "in dubio pro reo" kann daher der dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf nicht als erwiesen angesehen werden.

Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 Euro (entspricht 2.476,85 Schilling) zu entrichten.

Mag. K i s c h

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