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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108057/2/Ga/Km

Linz, 31.01.2002

VwSen-108057/2/Ga/Km Linz, am 31. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn W M in D gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20. Dezember 2001, VerkR96-7522-2001, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat 91,57 € (entspricht 1.260 öS) zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64f Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 20. Dezember 2001 wurde dem Berufungswerber angelastet, er sei schuldig, er habe am 18. November 2001 gegen 12.35 Uhr im Gemeindegebiet H in Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A 8, aus Richtung W-West kommend, in Fahrtrichtung P, einen durch das Kennzeichen bestimmten Pkw gelenkt und dabei auf Höhe von Strkm. 41,080 die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich (um 70 km/h) überschritten.

Dadurch habe er § 20 Abs.2 StVO verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 457,84 € (entspricht 6.300 öS) kostenpflichtig verhängt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, das Verschulden zufolge Irrtums über Tatumstände bestreitende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:

Strittig im Berufungsfall ist allein die subjektive Tatseite. Hiezu macht der Be-

rufungswerber geltend, er sei bei der inkriminierten Fahrt davon ausgegangen, dass er sich, als er den Wagen auf über 200 km/h beschleunigt habe, bereits wieder auf bundesdeutschem Staatsgebiet befinde. Aufgrund dieses Irrtums sei vorsätzliches Handeln ausgeschlossen, weshalb ihm kein Schuldvorwurf gemacht werden könne. Auch hätte er noch vor der Beschleunigung versucht, sich bei seinen beiden Mitfah-

rerinnen (die er zum Zeugenbeweis namhaft machte) zu vergewissern, dass er sich wieder auf deutschem Staatsgebiet befände.

Dieser so begründete Einwand eines "Tatbildirrtums" vermag jedoch die Beru-

fung nicht zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, da die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Bei der hier vorliegenden Übertretung des § 20 Abs.2 StVO handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG. Bei einem solchen Delikt besteht von vornherein die Vermutung des Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von ihm in der Weise widerlegt werden kann, dass er sein mangelndes Verschulden glaubhaft macht (vgl. VwGH 21.4.1997, 96/17/0097, mit Vorjudikatur; uva).

Aus dem Wesen des Tatbildirrtums als "Negation des Vorsatzes" folgt, dass bei einem Tatbildirrtum eine Bestrafung wegen eines Vorsatzdeliktes in keinem Fall in Betracht kommt. Bei einem Tatbildirrtum hinsichtlich eines Fahrlässigkeitsdeliktes ist der Täter aber dann strafbar, wenn der Tatbildirrtum auf Fahrlässigkeit beruht (vgl. Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB 3.A 119).

Folgt man dem Vorbringen des Berufungswerbers, so lag der Irrtum nicht in einer falschen Vorstellung von der auf österreichischen Autobahnen für Pkw generell erlaubten Höchstgeschwindigkeit, sondern in der falschen Vorstellung des Staatsgebietes, sodass er sich nicht mehr im österreichischen Ausland wähnte.

Ob dem Berufungswerber mit seinen Ausführungen die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG gelungen ist, hängt davon ab, ob der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht. Fahrlässiges Verhalten setzt das Außerachtlassen zumutbarer Sorgfalt voraus. Für das Ausmaß der objektiven Sorgfaltspflicht ist auf einen einsichtigen und besonnenen Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters - der sich in der konkreten Situation des Täters befindet - abzustellen.

Dabei ist für diesen Fall in Würdigung des gesamten Vorbringens in Betracht zu ziehen, dass sich der Berufungswerber sehr wohl der im Vergleich zu den Gege-

benheiten in seinem Heimatstaat unterschiedlichen Geschwindigkeitsvorschriften in Österreich, somit der hier geltenden generellen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h für Kraftfahrzeuge auf Autobahnen (§ 20 Abs.2 StVO) bewusst gewesen ist.

Ausgehend davon aber wäre von ihm als Lenker eines zumal leistungsstarken (ua. für das Reisen über längere Autobahnstrecken in oberen Geschwindigkeitsbereichen durchaus konzipierten und geeigneten) Pkw zu erwarten gewesen, dass er sich persönlich noch vor Fahrtantritt (und auch für die Rückreise nach Deutschland) über den Verlauf der von ihm auserkorenen Autobahnroute sorgfältig informiert, u.zw. mit einem solchen Maß an Aufmerksamkeit und Genauigkeit, welches für die verlässliche örtliche Orientierung im Verkehrsgeschehen über die Staatsgrenze hinweg vorauszusetzen und ihm auch zumutbar ist.

Die Tatörtlichkeit befand sich im Gemeindegebiet H, noch rund 40 km entfernt vom Grenzübertritt in S, gewissermaßen noch tief im Land Oberösterreich. Dass in dieser Situation der Berufungswerber, wie er angibt, sich noch vor der Beschleu-

nigung veranlasst sah, durch Befragung seiner Mitfahrerinnen sich Gewissheit über das Staatsgebiet zu verschaffen, bestärkt das Tribunal in der Schlussfolgerung, dass der Berufungswerber die objektiv gebotene und zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Die Vernehmung der beiden namhaft gemachten Zeuginnen war nicht durchzu-

führen; eine weitere Klärung der subjektiven Tatseite hätte dadurch nicht herbeigeführt werden können.

Im Ergebnis ist die belangte Behörde zu Recht vom (Fahrlässigkeits-)Verschul-

den bei der Verwirklichung des Tatbildes einer Übertretung des § 20 Abs.2 StVO ausgegangen. Der Schuldspruch war daher zu bestätigen.

Gleiches gilt für den Strafausspruch: Die im angefochtenen Straferkenntnis an Hand der Kriterien des § 19 VStG begründet dargestellte Strafbemessung ist der Berufungswerber konkret nicht angegangen. Diesbezügliche Ermessensfehler waren weder offenkundig noch sonst vom Tribunal aufzugreifen.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden. Bei diesem Ver-

fahrensergebnis war dem Berufungswerber der Beitrag zum Tribunalverfahren in der gesetzlichen Höhe (20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € (entspricht  2.476,85 öS) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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