Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108058/22/Br/Wü

Linz, 14.03.2005

VwSen-108058/22/Br/Wü Linz, am 14. März 2005

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W O, vertreten durch Dr. J P, Rechtsanwalt, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 17. Jänner 2002, Zl: VerkR96-9054-2001-RO, nach Aufhebung des h. Berufungsbescheides vom 19. März 2002 durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß dessen Erkenntnis vom 25.1.2005, Zl. 2002/02/0142-5, zu Recht:

  1. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben und die Geldstrafe wird mit 872 Euro bestätigt; die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf zehn Tage ermäßigt.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden in Abrundung mit
87,20 Euro bestätigt. Für das Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§16 Abs.2, 19, 24 und 51e Abs.1 VStG

zu II: § 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine auf § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO gestützte Geldstrafe in Höhe von 872,07 Euro und für den im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von dreizehn Tagen verhängt und folgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

"Sie lenkten am 1. 12. 2001 um 05.07 Uhr den Pkw, im Gemeindegebiet von 5280 Braunau am Inn, auf der Palmstraße, in Richtung Mühlengasse, bis vor das Haus M, und haben sich hiebei aufgrund des bei Ihnen gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 0,60 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden."

Die Behörde erster Instanz erblickte das zur Last gelegte Tatverhalten durch Messung mit einem zugelassenen und geeichtem Messgerät (Alkomat) als erwiesen.

1.1. In Berücksichtigung des Verkehrsfehlers wurde mit dem h. Erkenntnis vom 19.3.2002 von einem Atemalkoholgehalt von weniger als 0,6 mg/l ausgegangen und als Strafnorm § 99 Abs.1b StVO 1960 herangezogen.

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit der fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung nachfolgenden Inhaltes:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17.1.2002, VerkR96-9054-2001-Ro, erhebe ich binnen offener Frist

BERUFUNG

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Da der in Verwendung gestandene Alkomat als Messgerät den Bestimmungen des MEG unterliegt, ist der Beweis der erfolgten fristgerechten und erfolgreichen Eichung durch Urkundenbeweis zu führen, nämlich durch Einholung des Eichscheines bzw. einer eichamtlichen Bestätigung des BEV, ein Verweis auf einen Eichstempel am Gerät reicht nicht aus.

Diesbezüglich ist das erstbehördliche Ermittlungsverfahren ergänzungsbedürftig geblieben.

Ich habe nicht bestritten, vor der gegenständlichen Fahrt Alkohol konsumiert zu haben, dies aber zwischen 20.00 Uhr und etwa 05.00 Uhr der gegenständlichen Nacht, also über eine Zeitspanne von rund sieben Stunden hindurch in einem Ausmaß, welches nicht annähernd geeignet ist, einen Atemluftalkoholgehalt von 0,6 mg/l zu bewirken, ich war bei dieser Fahrt nicht alkoholbeeinträchtigt.

Vor Fahrtantritt habe ich das genannte scharfe Zuckerl in den Mund genommen, vom Gendarmeriebeamten wurde ich nicht gefragt, ob ich etwas lutsche, diesem sei lediglich nicht aufgefallen, wie er als Zeuge ausführt, dass ich ein Zuckerl im Mund hatte, was aber nicht geeignet ist, einer Beweiswürdigung dahingehend zugrundegelegt zu werden, dass entgegen meiner Behauptung festgestellt werden kann, dass ich das Zuckerl der Marke "fishermans friends" innerhalb einer viertel Stunde vor Testbeginn nicht genossen habe.

Ich habe nicht gewußt, dass man das nicht tun soll, hierüber wurde nicht gesprochen, von "sonstigen Substanzen" war keine Rede und wäre eine diesbezügliche Belehrung auch realitätsfremd und nicht klar definiert.

Ich gehe daher davon aus, dass das Meßergebnis durch jene Substanzen, welche sich durch das Lutschen des Zuckerls auf den Mund- und Rachenschleimhäuten befanden, zu meinen Ungunsten beeinflußt wurde; die Bedienungsanleitung wurde demnach nicht eingehalten, weswegen ein verwertbares Meßergebnis nur dann angenommen werden könnte, wenn - wie ich bereits beantragt habe - ein technisches Amtssachverständigengutachten zum Ergebnis kommt, dass der Genuß dieses Zuckerls nicht geeignet war, das Meßergebnis zu meinen Ungunsten zu beeinflussen.

Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass selbst ein Hundertstel Milligramm pro Liter, welcher aus dem Genuß dieses Zuckerls resultiert, weitreichende Folgen auf das Lenkberechtigungsentzugsverfahren (vier Wochen statt drei Monate) hat und im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren eine andere, für mich günstigere Strafnorm zur Anwendung käme.

Ein Wert von 0,6 mg/l AAG ist schon deshalb nicht der Bestrafung zugrundezulegen, weil im Sinne des Punktes H. Z. 1 lit.a die Eichfehlergrenzen für den Bereich zwischen 0 und 2 mg/l plus/minus 5 % vom Meßwert betragen, nicht jedoch weniger als plus/minus 0,02 mg/l (Zulassung des BEV vom 27.06.1990, ZI. 41 483/90, veröffentlicht im Amtsblatt für das Eichwesen Nr. 6/1990).

Diese Verkehrsfehlergrenze gilt für alle in Österreich zur Eichung zugelassenen Bauarten von Atemalkohol-Meßgeräten.

Beweis: beiliegendes Schreiben des BEV vom 05.06.1998, GZ 3904/98 sowie Schreiben des BEV an den Präsidenten und Senatsvorsitzenden des UVS Salzburg im damaligen Verfahren UVS-3/11.480/6-2000 vom 19.07.2000;

Die Frage der Notwendigkeit der Berücksichtigung der sogenannten Eich- bzw. Verkehrsfehlergrenzen ist eine Sach- und keine Rechtsfrage, welche mittels Sachverständigen zu lösen ist, das BEV muß im gegebenen Zusammenhang als Zulassungsbehörde auch als Sachverständiger angesehen werden.

Spricht das BEV somit in den Zulassungsbestimmungen aus, dass die 5 %-ige Verkehrsfehlergrenze berücksichtigt werden muß, so entspricht die Berücksichtigung dieses Umstandes nicht nur der einfachgesetzlichen Bestimmung des § 25 Abs. 2 VStG, sondern würde deren Nichtbeachtung zu einer Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein fair trial iSd Art. 6 Abs.3 lit.d EMRK bedeuten, zumal diese Bestimmung den Zeugen- und Sachverständigenbeweis umfaßt.

Vor kurzem hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil festgestellt, dass der in Rede stehende Alkomat im Gegensatz zu jenem der Marke Dräger, welcher auch in der BRD eingesetzt wird, lediglich über einziges Meßsystem verfügt, welches nicht ausschließt, dass Fremdsubstanzen auf das Ergebnis nehmen. Diesem Urteil lag ein Meßergebnis von 0,96 mg/l AAG zugrunde, was laut Urteil einem Blutalkoholgehalt von sage und schreiben 0,71 bis 3,5 Promille gleichkommen kann.

Vor kurzem konnte mein Rechtsvertreter als Verteidiger eines Angeklagten in einem Strafprozeß im Zuge des Berufungsverfahrens vor dem OLG Linz, in welchem der Sachverständigenbeweis ergänzt wurde, mittels medizinischem Gutachten nachweisen, dass im damaligen Fall ein Umrechnungsfaktor zwischen Atemluft- und Blutalkoholgehalt von
1: 1735 und nicht wie üblicherweise angenommen von 1: 2000 vorlag, was dazu geführt hat, dass das Erreichen der 0,8 Promille-Grenze nicht erwiesen werden konnte (§ 81 Z. 2 iVm
§ 88 Abs. 4 StGB).

Es ist daher nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit davon auszugehen, dass mit diesem Alkomaten ein verwertbares Meßergebnis erzielt wurde.

Beweis: meßtechnisches Amtssachverständigengutachten, weitere Beweise vorbehalten;

Die von der Erstbehörde geschätzten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse werden akzeptiert.

Ich stelle daher höflich den

ANTRAG,

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17.01.2002 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

M, am 24.01.2002 W O"

2.1. Zu dem nach Ergehen des die h. auf die Beweiswürdigung gestützte Entscheidung als rechtswidrig feststellenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ergänzend gewährten Parteiengehörs, führt der Berufungswerber folgendes aus:

"Zum Schreiben des UVS des Landes Oberösterreich vom 07.03.2005 teile ich mit, dass bereits im ersten Rechtsgang eine mündliche Verhandlung vor dem Tribunal durchgeführt wurde, weswegen auf eine weitere Verhandlung verzichtet wird. Es werden keine weiteren Beweisanträge gestellt, die beantragten Beweise wurden aufgenommen, das eingeholte messtechnische Sachverständigengutachten belegt die Richtigkeit des Standpunktes des Berufungswerbers; bei der Frage der Notwendigkeit der Berücksichtigung der Eichfehlergrenze handelt es sich um keine Rechts- sondern um eine Sachfrage, welche unter Zuhilfenahme eines Sachverständigenbeweises zu lösen ist, das Übergehen des eingeholten Sachverständigengutachtens im Rahmen der Entscheidung über mein Rechtsmittel bedeutet eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs.1 und Abs.3 lit. d EMRK; letztere Bestimmung ist nicht nur auf den Zeugenbeweis, sondern auch auf den Sachverständigenbeweis anzuwenden (vgl. dazu etwa die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR im Fall C R vom 02.09.2004, Beschwerdenummer 76.718/01, S. 9).

Im Gegensatz zur Nichtigkeitsbeschwerde nur Wahrung des Gesetzes nach § 33 Abs.2 StPO greift die vom Bundesminister erhobene Amtsbeschwerde nach Art. 131 Abs.1 Z. 2
B-VG zum Nachteil des Beschuldigten in die Rechtskraft des UVS-Erkenntnisses ein, wie das gegenständliche Verfahren augenscheinlich zeigt. Die aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ergehende Entscheidung des OGH hat lediglich feststellenden Charakter, wenn die Rechtsverletzung den Beschuldigten begünstigt (vgl. etwa ÖIM-Newsletter 2004/4, 204f.).

Das Erkenntnis des UVS des Landes Oberösterreich vom 19.03.2002 wurde meinem Verteidiger nachweislich am 03.04.2002 zugestellt, der zuständige Bundesminister hat erst am 19.06.2002, also rund 11 Wochen nach Zustellung, Beschwerde erhoben, weswegen gegen den Passus ,"sonst mit dem Zeitpunkt, zu dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat" in § 26 Abs.2 VwGG massive verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip bestehen, zumal ein in einem Verwaltungsstrafverfahren Beschuldigter sich auf das Bestehen einer für ihn allenfalls positiven Entscheidung der UVS nicht verlassen kann und befürchten muss, dass selbst nach langer Zeit nach Zustellung der zweitinstanzlichen Entscheidung eine Amtsbeschwerde eingebracht wird, welche diesen wiederum schlechter stellen kann, wie das Verfahren W Z (vgl. die oben zitierte Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 02.09.2004) gezeigt hat, in diesem Fall hat der Bundesminister ein Jahr nach Zustellung des UVS-Erkenntnisses eine Amtsbeschwerde beim VwGH eingebracht.

Nach Ansicht des Beschuldigten müsste die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über eine Amtsbeschwerde ohne Wirkung auf den Beschuldigten sein (§ 292 vorletzter Satz StPO).

In der nun vorliegenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erblicke ich aus diesem Grund auch einen Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius.

Die Rechtsmittelanträge bleiben aufrecht, wie schon im ersten Rechtsgang werden die von der Erstbehörde geschätzten persönlichen Verhältnisse akzeptiert."

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhob ursprünglich im Rahmen der Berufungsverhandlung Beweis durch Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes.

Der nunmehrigen Entscheidung liegt der in der Berufungsverhandlung vom 12.3.2002 festgestellte Sachverhalt zu Grunde, wobei nunmehr - in Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes - vom angezeigten Wert des Atemluftmessgerätes auszugehen ist.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde ferner Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des Meldungslegers RevInsp. E und des Berufungswerbers als Beschuldigten. Wegen des Hinweises auf Inhalte der zur Atemluftmessung ergangenen deutschen Rechtsprechung wurde ein Urteil des VG München, Zl. M6b K00.3083, beigeschafft und durch Ausfolgung einer Kopie auch an die Behörde erster Instanz mit dem ebenfalls beigeschafften Gutachten von
Prof. D. J W und die darin getroffenen Feststellungen über "die beweissichere Atemluftprobe", veröffentlicht in DAR (Deutsches Autorecht) 1/2000 verlesen und einer ausführlichen Erörterung durch den Amtssachverständigen, T Ing. M A unterzogen. Zur Frage der Verkehrsfehlergrenze wurde angesichts dem in den Medien bekannt gemachten Urteil des VG München die vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (im Folgenden kurz BEV genannt) an das BMfI gerichtete Stellungnahme eingeholt und mit dem Sachverständigen erörtert. Beigeschafft und verlesen wurde ferner eine Bestätigung des BEV die belegt, dass für den hier einsatzrelevanten Zeitraum geeicht war.

An der Berufungsverhandlung nahm auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil.

Im Zuge des nunmehr fortzusetzenden Verfahrens verzichtete der Berufungswerber auf die Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme. Eine solche konnte angesichts der unstrittigen Faktenlage auch inhaltlich unterbleiben. Angesichts der durch die zu diesem Verfahren ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist vom unstrittig angezeigten Messwert auszugehen, wobei der messtechnische Hintergrund im Rahmen der Erlassung des Ersatzbescheides dahingestellt zu bleiben hat.

4. Zum Sachverhalt erwog der Oö. Verwaltungssenat:

Unbestritten lenkte der Berufungswerber am 1.12. 2001 um 05.07 Uhr im Stadtgebiet von Braunau am Inn einen Pkw. Die vom Meldungsleger RevInsp. E im Zuge einer routinemäßigen Anhaltung um 05.26 und 05.27 Uhr mit dem ordnungsgemäß geeichten Alkomaten der Marke Siemens vorgenommene Atemluftuntersuchung erbrachte ein jeweils angezeigtes Messergebnis von 0,61 mg/l und 0,60 mg/l. Auf die damals eingewendeten Tatsachen hinsichtlich einer möglichen Querbeeinflussung des Messergebnis durch Fremdsubstanzen ist hier nicht mehr einzugehen.

Der im aufgehobenen Berufungsbescheid im beweiswürdigend zu Gunsten des Berufungswerbers berücksichtigte Eichfehler ist angesichts der vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsmeinung nicht zu berücksichtigen.

Ursprünglich wurde auf Grund der zur Frage des sich in einer technischen Größe und eichrechtlich bestimmenden Verkehrsfehlers den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Amtssachverständigen Ing. A gefolgt und zu Gunsten des Berufungswerber von einer den Grenzwert nicht erreichenden Beweislage ausgegangen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht sich hier abermals zur Feststellung veranlasst, dass er im Rahmen seiner zu diesem Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme von einem Beweis der Grenzwertüberschreitung nicht ausgehen kann. Davon geht offenbar auch der in die Beweiswürdigung nicht eingreifende Verwaltungsgerichtshof nicht aus. Der hier der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legende "angezeigte Wert" ist unstrittig und ist daher als Tatbestandselement der strafsatzbegründenden Norm des § 99 Abs.1a StVO 1960 zu subsumieren. Anzumerken ist aber, dass im Gesetz "vom Alkoholgehalt der Atemluft" die Rede ist und dieser Wert als empirischer Faktor der Beweiswürdigung eröffnet ist. Der angezeigte Wert des Alkomaten bleibt empirisch und objektiv betrachtet mit dem Verkehrsfehler behaftet und indiziert die vom Sachverständigen umschriebene Grauzone.

5. Rechtlich war nunmehr zu erwägen:

§ 5 Abs.1 Z1 StVO lautet:

"Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von
0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt."

Nach § 5 Abs.3 leg.cit. ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt (Alkomat).

§ 99 Abs.1a StVO 1960 lautet:

"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis
4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt."

5.1. Laut dem hier behebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist der Verkehrsfehler als Rechts- und nicht als Tatsachenfrage und damit der freien Beweiswürdigung der tribunalsförmig erkennenden Tatsacheninstanz entzogen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht im Ergebnis von der Verpflichtung des Betroffenen aus, sich in derartigen "Grenzwertfällen" durch eine Blutabnahme "frei beweisen zu können bzw. müssen" (Hinweis auf VwGH 29.8 2003, 2003/02/0033, sowie das darauf bezugnehmende Erkenntnis vom 4.6.2004, ZI. 2004/02/0073). Nur dadurch könne einem grenzwertigen Messergebnis auf der Sachebene entgegen getreten werden.

Gerade weil der Proband die Möglichkeit habe, bei vermuteten "Messungenauigkeiten" (Hinweis auf VwGH 10.9.2004, ZI. 2001/02/0235) eine Blutabnahme zu veranlassen (vgl. § 5 Abs.8 Z2 StVO) und damit den Gegenbeweis zum gemessenen Atemluftalkoholgehalt zu erbringen, sei auch aus Rechtsschutzüberlegungen kein Anlass für einen "Abzug des Fehlers" erforderlich.

Offen bleiben jedoch die im Rahmen des Beschwerdeverfahrens von h. in der Gegenschrift noch verdeutlichten Argumente, wonach es mit einem "fairen Verfahren" im Sinne der EMRK unvereinbar sei, einerseits eine an sich nur schwer in Form eines "Freibeweises" beizuschaffende Blutuntersuchung auf einen Beschuldigten überzuwälzen, weil damit im Ergebnis eine Bindung an eine starre Beweisregel einhergehe (Hinweis auf Steindl/Neuninger/Missliwetz/Kreuzer/Ellinger, der Alkomat aus der Sicht des Gerichtsmediziners ZVR 1991, 289, mit Hinweis auf VfGH v. 1.3.1991, G 274/90 u.a.). Insbesondere offen bleibt angesichts dieser Beurteilung der sich aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof ableitende Grundsatz, dass nicht der Beschuldigte seine Unschuld sondern die Behörde die zur Last gelegte Tat zu beweisen hat (Hinweis auf VfSlg 11195/1986).

Durchaus problematisch scheint daher der nun in qualifizierterem Umfang zu fällende Schuldspruch, weil damit der bereits seit drei Jahren auf seinen "milderen Schuldspruch" vertrauende Berufungswerber, nunmehr auf einem und höheren Unwertgehalt und jedenfalls mit einer höheren Strafe belastet und der Vertrauensschutz in die Rechtskraft durchbrochen wird. In diesem Zusammenhang verweist der Berufungswerber nach h. Auffassung zutreffend auf OGH v. 27.5.2004, OGH 12 Os 26/04). Darnach darf unter Hinweis auf Art. 4 (1) 7.ZP EMRK niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden (Hinwies auf F F/A v. 29.5.2001 (= NL 2001, 112 = ÖJZ 2001, 657); W.F./A v. 30.5.2002 (= NL 2002, 105 = ÖJZ 2003, 476); Sailer/A v. 6.6.2002 (= NL 2002, 105 u. VfGH Erkenntnis v. 5.12.1996, G 9/96, VfSlg. 14.696).

Mit dem hier in Umsetzung des VwGH-Erkenntnisses zum Nachteil des Berufungswerbers auszusprechenden Schuldspruches wird die ursprüngliche Rechtskraft durchbrochen bzw. wird der Berufungswerber neuerlich gerichtsförmig belangt.

5.1.1. Abschließend sieht sich die Berufungsbehörde hier zur Feststellung veranlasst, dass nach dessen Auffassung die in den Straf- und Administrativfolgen sehr entscheidende Grenzwertüberschreitung "empirisch und objektiv betrachtet" eines Sachbeweises bedarf, welcher hier jedoch nicht als erbracht gelten kann. Letzteres unter Hinweis auf den nicht dem Selbstzweck dienenden eichrechtlich festgelegten Verkehrsfehler einerseits und des hier - aus welchen Gründen auch immer - unterbliebenen "Gegenbeweises" andererseits.

Daher wird abermals, wie bereits im behobenen Bescheid und ausführlich dazu noch in den erstatteten Gegenschriften mit Sachargumenten, aufgezeigt, dass unter Hinweis auf die sich aus Art.6 Abs.3 lit.d EMRK ableitenden Verfahrensgarantien der nun auszudehnende Schuldspruch sachlich problematisch erscheint. Er kann nämlich nicht auf die freie Würdigung dieses Sachbeweises durch das zur Tatsachenkognition berufe Tribunal gestützt gelten.

Vielmehr basiert er auf eine rechtlich definierte Vorgabe (Beweisregel) des nicht Beweis erhebenden Höchstgerichtes, der zur Folge es für "eine Berücksichtigung des Verkehrsfehlers keine gesetzliche Grundlage gebe" (Hinweis auf VwGH 10.9.2004, 2001/02/0235).

Darin vertritt das Höchstgericht aber keineswegs den Standpunkt, dass der anzeigte Wert vom tatsächlichen Wert nicht abweichen würde.

Weil es jedoch dem Beschuldigten freigestanden wäre, die Veranlassung einer Blutabnahme zu verlangen und damit den Gegenbeweis zum gemessenen Atemluftalkoholgehalt zu erbringen, er dies jedoch unterließ, habe er als von Alkohol beeinträchtigt zu gelten (!) ([hier im Umfang von 0,6 mg/l oder mehr - § 99 Abs.1a StVO] - Hinweis auf VwGH 13.6.1990, 90/03/0129).

Der Verwaltungsgerichthof schweigt aber zu der im h. Erkenntnis aufgezeigten Problematik zum Gleichheits- und Sachlichkeitsmaßstab der objektiven Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit an einer solchen Beweisführung im Einzelfall.

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Da nunmehr auf Grund des dem Verfahrensergebnis zu Grunde zu legenden Alkoholisierungsgrad der Strafrahmen von 872 Euro bis 4.360 Euro reicht, vermag der hier verhängten Mindestgeldstrafe nicht entgegen getreten werden. Die Ersatzfreiheitsstrafe war jedoch angesichts der sich hier überlang gestaltenden Verfahrensdauer auf das gesetzliche Mindestausmaß zu reduzieren.

Zur Strafreduzierung auf das Mindestmaß ist auf die Judikatur des EGMR, wonach eine unangemessen lange Verfahrensdauer einen geringeren Verschuldensgrad iSd § 34 Abs.2 StGB indiziert zu verweisen (siehe EB zur RV zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996, 33 Blg. Nr. 20. GP; zum Zeitfaktor ausführlich in ZVR Okt. 2002, S 339, mit Hinweis auf VfGH 5.12.2001, B 4/01 und dort des EGMR 13.7.1983, Z und S, EuGRZ 1983, 482; 29.5.1986, Deumeland, EuGRZ 1988, 20; 29.3.1989, Bock, A/150; 24.10.1989, H. gg. Frankreich, EuGRZ 1987, 301).

Mit Blick darauf scheint die nunmehr verhängte Strafe angemessen und dem Strafzweck, insbesondere dem Gedanken der Prävention, welcher logisch besehen nicht gänzlich losgelöst zum Tatzeitpunkt zu sehen ist, sachgerecht.

Abschließend sei festgestellt, dass die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig wäre. Mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kommt die Anwendung dieses Rechtsinstitutes nicht in Betracht. Ebenso wenig ist hier im anzunehmenden Wissen um eine mögliche Alkoholbeeinträchtigung von keinem geringen Verschuldensgrad und ebenfalls können im alkoholisiertem Lenken keine bloß unbedeutenden Tatfolgen angenommen werden.

Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG liegen somit nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung

wurde abgelehnt; VfGH vom 13.06.2005, Zl.: B 530/05-3.

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 14.07.2007, Zl.: 2005/02/0203-7

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