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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108084/9/Br/Ni

Linz, 03.04.2002

VwSen-108084/9/Br/Ni Linz, am 3. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer (Vorsitzender Dr. Langeder, Beisitzer Dr. Weiß, Berichter Dr. Bleier) über die Berufung der Frau P vertreten durch Rechtsanwälte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 30. Jänner 2002, Zl. VerkR96, nach der am 12. März 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 1.300 Euro ermäßigt wird. Der Schuldspruch und die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch inhaltlich bestätigt.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 130 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51e Abs.1 VStG

zu II: § 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem Straferkenntnis vom 30. Jänner 2002, Zl. VerkR96 über die Berufungswerberin eine auf § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 gestützte Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt, weil sie sich am 29.12.2001 um 07.30 Uhr auf dem Gendarmerieposten S nach dem Lenken ihres Pkw's, trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, da ihre Atemluft deutlich nach Alkohol gerochen habe, ihr Gang schwankend, ihre Sprache verändert und ihre Augenbindehäute deutlich gerötet gewesen wären.

Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die Angaben der Zeugen bzw. Meldungsleger.

Obwohl lediglich von einem Monatseinkommen in der Höhe von 9.000 S ausgegangen wurde, erachtete die Behörde erster Instanz die Geldstrafe in Höhe 1.500 Euro dem Schuld- und Unrechtsgehalt angemessen.

2. Die Berufungswerberin bestreitet in der fristgerecht durch ihre Rechtsvertreter erhobenen Berufung das ihr zur Last gelegte Verhalten, indem sie nachfolgendes ausführt:

"Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sei als Voraussetzung für die Überprüfung der Atemluft eines Verkehrsteilnehmers bzw. eines potentiellen Verkehrsteilnehmers als Voraussetzung normiert, dass dieser ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb zu nehmen versucht.

Sie habe weder ein Fahrzeug gelenkt noch in Betrieb genommen noch diesbezügliche Versuche unternommen.

Sie habe seinerzeit bei Erscheinen der Gendarmeriebeamten erklärt, dass sie nicht fahren würde. Sie habe sich in weiterer Folge lediglich zu ihrem Fahrzeug begeben, wobei seitens der einschreitenden Gendarmeriebeamten sofort das Fahrzeug mit dem Gendarmeriefahrzeug verstellt worden sei und ein Wegfahren von vornherein völlig unmöglich gewesen wäre. Sie habe auch keine Handlungen gesetzt, die als Inbetriebnahme bzw. versuchte Inbetriebnahme zu werten wären.

Als Beweis beantrage sie einerseits ihre Einvernahme und die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens. Gleichzeitig wurde noch der Antrag auf Übersendung des gegenständlichen Strafaktes im Rechtshilfeweg zur Einsichtnahme durch die ausgewiesenen Verteidiger an das Marktgemeindeamt K gestellt. "

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3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und dessen auszugsweise Verlesung anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12. März 2002. Anlässlich dieser Berufungsverhandlung wurden die einschreitenden Gendarmeriebeamten als Zeugen einvernommen. Die Berufungswerberin erschien trotz der ihr persönlich zugestellten und ausdrücklich von ihrem Rechtsvertreter beantragten Vernehmung zum Beweis ihrer Verantwortung unentschuldigt zur Berufungsverhandlung nicht.

An der Berufungsverhandlung nahm kein Vertreter der Behörde erster Instanz teil.

4. Die Berufungswerberin befand sich bis knapp vor dem o.a. Zeitpunkt als Gast im sogenannten "Marktbeisl" in S. Wegen des Anrufes einer unbekannten Frau bei der Funkleitzentrale der Gendarmerie schritten die Meldungsleger dort vorerst gegen 07.00 Uhr wegen der Missachtung der Bestimmungen über die Sperrzeit ein und wiesen die dort anwesenden Gäste an - darunter die Berufungswerberin als einzige Frau - das Lokal mit Hinweis auf die Sperrstundenverordnung zu verlassen. Die durch frühere Amtshandlungen wegen Alkolenkens bereits bekannte Berufungswerberin war zu diesem Zeitpunkt bereits sichtlich alkoholisiert. Sie wurde aus diesem Grund vom Zeugen RevInsp. K angewiesen, nicht mehr mit dem vor dem Marktbeisl abgestellten Fahrzeug wegzufahren.

Die Gendarmeriebeamten entfernten sich sodann vom Marktbeisl und fuhren eine Runde von etwa zehn Minuten, ehe sie wieder zum Marktbeisl zwecks Überprüfung der von ihnen ausgesprochenen Anordnung zurückkehrten. Im Zuge der Annäherung bemerkten sie, dass gerade ein Fahrzeug im Begriffe war in Richtung Gehsteig auf die B 122 auszufahren. Sie konnten in der Folge die Berufungswerberin als Lenkerin dieses Fahrzeuges erkennen und versperrten ihr durch Querstellen des Funkwagens die Ausfahrt. Das Fahrzeug wurde zu diesem Zeitpunkt ca. einen bis zwei Meter weit auf einer öffentlichen Verkehrsfläche - nämlich dem Stellplatz vor dem Marktbeisl, der eine Ausfahrt von zwei Seiten auf die B 122 ermöglicht - bewegt.

Sie wurde in der Folge zu einer Atemluftuntersuchung aufgefordert, welcher sie vorerst durch Mitfahren auf den Gendarmerieposten nachzukommen schien. Als schließlich der Alkomat einsatzbereit war, verweigerte sie, ohne konkrete Angabe von Gründen mit dem bloßen Hinweis den Alkotest nicht machen zu wollen und trotz der in diesem Zusammenhang erfolgten Aufklärung über die Rechtsfolgen einer Verweigerung seitens der Meldungsleger, diese Untersuchung.

Diese Feststellungen gründen in den glaubwürdig und schlüssig dargelegten Angaben der Meldungsleger anlässlich der Berufungsverhandlung. Die Zeugen legten detailliert und den Denkgesetzen folgend die damalige Situation dar. An der Lenkeigenschaft der Berufungswerberin, wenngleich diese ihr Fahrzeug (nur wenige Meter auf einer für jedermann benützbaren Verkehrsfläche lenkte), und ihrer Absicht, auf der B 122 die Fahrt fortzusetzen, kann demnach ebenso wenig ein Zweifel bestehen, wie an der nachfolgenden klaren Verweigerungsabsicht der Berufungswerberin. Sie selbst nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil und ließ sich auch im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens inhaltlich nicht ein. Anzumerken ist die bloß formelhafte Durchführung dieses Verfahrens, welches sich neben der inhaltlich sehr knapp gehaltenen Anzeige auf bloß eine einzeilige Niederschrift der Berufungswerberin beim Gemeindeamt K beschränkte.

Aber auch das Berufungsvorbringen blieb inhaltlich auf eine bloße Bestreitung der Lenkeigenschaft beschränkt. Damit vermochte die Bwin den klaren und glaubhaft vorgetragenen Schilderungen des Sachverhaltes durch die Gendarmeriebeamten in der Berufungsverhandlung, wo diese die in der Anzeige nur knapp dargestellten Fakten umfassend dargelegten und erläuterten, nicht mit Erfolg entgegentreten.

Die im Ergebnis bestreitende Verantwortung muss demnach als bloße Zweck- und Schutzbehauptung qualifiziert werden.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs.1 zweiter Satz StVO 1960 solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen. Maßgeblich sind somit nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benützbarkeit der Verkehrsfläche (vgl. Swoboda, ZVR 1994, Seite 6, letzter Absatz und Gaisbauer, ebendort, mit Hinweis auf ZVR 1993/84). Es kommt auch nicht darauf an, ob die Straße ganz oder teilweise im Privateigentum steht, maßgeblich ist vielmehr, dass die Straße von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (VwGH 11.7.2000, 98/03/0165, mit Hinweis auf VwGH 26.1.2001, 2001/02/0008, VwGH 23.3.1999, 98/02/0343, u.v.a.).

5.2. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt, zu untersuchen.

Der in dieser Bestimmung genannte Verdacht des Lenkens muss in sachlich nachvollziehbarer Weise begründet sein (vgl. dazu Messiner, StVO, 10. Auflage, Seite 210, E169 mit Judikaturhinweisen). An einem begründeten Verdacht kann im gegenständlichen Fall, wie oben schon ausgeführt, nicht gezweifelt werden. Diese Beurteilung ergibt sich insbesondere aus der Sicht der Meldungsleger auf Grund ihrer eigenen unmittelbaren Eindrücke, die sie von der Berufungswerberin gewinnen konnten.

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Da der Berufungswerberin der Milderungsgrund der Unbescholtenheit wegen einer als straferschwerend zu wertenden einschlägigen Vormerkung und noch sonstiger die StVO und das KFG betreffende Verstöße, nicht mehr zu Gute kommt, kann mit der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe in der Höhe von 1.162 Euro das Auslangen nicht mehr gefunden werden. Dennoch war angesichts der im Rahmen der Berufungsverhandlung belegten ungünstigen Einkommenssituation sowie angesichts der für zwei mj. Kinder bestehenden Sorgepflichten die von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Geldstrafe zu ermäßigen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war jedoch wegen des doch gravierenden Unrechtsgehaltes und der offenkundig mangelhaften Verbundenheit der Berufungswerberin mit den durch die StVO gesetzlich geschützten Interessen aus spezialpräventiven Erwägungen zu bestätigen.

Die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) wäre lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig. Mangels Einsichtigkeit hinsichtlich der Verweigerung und wegen mehrerer sonstiger Delikte war die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes nicht in Betracht zu ziehen. Ebenso wenig liegen mangels eines bloß geringen Verschuldensgrades hinsichtlich der Verweigerung die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

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