Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108115/19/Fra/Ka VwSen108116/15/Fra/Ka

Linz, 23.07.2002

VwSen-108115/19/Fra/Ka VwSen-108116/15/Fra/Ka Linz, am 23. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der Frau MB, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. JP, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 23.1.2002, VerkR96-7722-2001-Sch, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.7.2002, zu Recht erkannt:

I. Hinsichtlich des Faktums 1 (§ 5 Abs.1 StVO 1960) wird der Berufung stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der gegen die Höhe der Strafe hinsichtlich des Faktums 2a (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960) eingebrachten Berufung wird keine Folge gegeben.

Der gegen die Höhe der Strafe hinsichtlich des Faktums 2b (§ 4 Abs.5 StVO 1960) eingebrachten Strafe wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 72 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt werden.

II. Zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 1 hat die Berufungswerberin keine Kostenbeiträge zu zahlen.

Zum Berufungsverfahren hinsichtlich des Faktums 2a hat die Berufungswerberin einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 21,80 Euro zu zahlen.

Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 2b entfällt für die Berufungswerberin die Verpflichtung zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe, ds 7,20 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) 1.) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 1.162,77 Euro (EFS 16 Tage), 2.) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 109 Euro (EFS 48 Stunden) und 3.) wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.b leg.cit. eine Gelstrafe von 109 Euro (EFS 48 Stunden) verhängt,

weil sie am 15.10.2001 um 18.50 Uhr den PKW, im Ortsgebiet Peretseck, Gemeinde St. Johann/W., auf der Frauscherecker Landesstraße von St. Johann/W. nach Frauscheck gelenkt hat und

1.) sich hierbei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat und

2.) es nach diesem von ihr verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden unterlassen hat,

a) das von ihr gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten,

b) die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl sie jener Person, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, ihre Anschrift nicht nachgewiesen hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bw bringt im Wesentlichen vor: Die Erstbehörde stelle fest, dass sie erst 400 m nach der Unfallstelle angehalten habe und von ihr aus keinerlei Anstalten gemacht wurden, sich mit dem Geschädigten bzw der nächsten Gendarmeriedienststelle ins Einvernehmen zu setzen. Zu diesem Vorwurf habe sie sich damit gerechtfertigt, dass sie an der Unfallstelle selbst Folgeunfälle befürchtet habe und deshalb zur nächsten Seitenstraße vorgefahren sei und dort angehalten habe. Dieses Verhalten zeige, dass es ihr nicht darum ging, sich ihrer Verantwortung zu entziehen, sondern sei damit glaubhaft gemacht, dass es ihr lediglich darauf ankam, das Fahrzeug von der Fahrbahn wegzubringen. Sollte in dieser Verhaltensweise das Tatbild einer Verwaltungsübertretung verwirklicht sein, so möge bei der Überprüfung der erstinstanzlichen Strafbemessung Berücksichtigung finden, dass diese Fahrbewegung die Unfallaufnahme mit dem Geschädigten nur minimal verzögert hat und sie völlig unbescholten sei; weiters habe sie dann an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt. Warum die belangte Behörde zu Punkt 2b dieselbe Strafe verhänge wie zu Punkt 2a werde nicht ausgeführt, obwohl die angewendete Strafnorm im Gegensatz zu § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 keine Strafuntergrenze habe und einen bedeutend geringeren Strafrahmen enthält.

In ihrer Stellungnahme vom 18.1.2002 im Lenkberechtigungsentzugsverfahren habe sie ausgeführt, dass der eingeschrittene Gendarmeriebeamte die Tatsache bestätigt, dass er eine Wodkaflasche gesehen habe, welche etwa zur Hälfte geleert war. Damit bestätige dieser Zeuge die Richtigkeit ihrer gleich nach dem Unfall gemachten Angaben, wonach sie diese Flasche mitgeführt habe. Bei lebensnaher Betrachtung werde man davon ausgehen müssen, dass es keinen Sinn habe, eine angebrochene Flasche in Geschenkpapier zu wickeln und herzuschenken. RI. D bestätigt als Zeuge, dass die Flasche etwa halb voll war, weswegen der von ihr stets behauptete Nachtrunk gesetzt wurde und die Alkoholisierung zum Testzeitpunkt aus dem Nachtrunk stamme. Auch einem weiteren Beweis hätte entsprechende Beachtung geschenkt werden müssen, nämlich dem Umstand, dass ihr Ex-Gatte schließlich vor der Gendarmerie bestätigt hat, dass sie vor dem Wegfahren völlig nüchtern gewesen sei. Wenn sie angegeben habe, diese Wodkaflasche etwa zur Hälfte ausgetrunken zu haben, so gehe damit naturgemäß eine gewisse Unsicherheit dahingehend einher, dass weder sie genau sagen kann, noch der Zeuge RI. D, ob diese Flasche nun tatsächlich genau zur Hälfte leer war, als er diese besichtigt hat. Wie in ihrer Stellungnahme vom 18.1.2002 ausgeführt, könnten dies auch knapp 300 ml gewesen sein. Der Zeuge spricht ohnehin davon, dass die Flasche "etwa" halb voll war. Da sie zum Lenk- bzw. Unfallszeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen sei und die Alkoholisierung zum Zeitpunkt der Durchführung des Alkotests aus dem bezeichneten Nachtrunk resultiere, stellt die Bw den Antrag, ihrer Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) hat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.7.2002.

I.3.1. Unstrittig ist, dass die Bw am 15.10.2001 um 18.50 Uhr den in Rede stehenden PKW an der im Straferkenntnis angeführten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit gelenkt hat, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hat, das von ihr gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten hat und auch nicht die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub verständigte, obwohl sie auch jener Person, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, ihre Anschrift nicht nachgewiesen hat. Die Bw geriet nach einer scharfen Linkskurve mit ihrem PKW rechts über den Fahrbahnrand hinaus auf das geschotterte Bankett. Sie verriss ihren PKW und kam ins Schleudern. Als sie ihren PKW wieder auf die Fahrbahn lenken wollte, stieß sie vorher gegen den rechts neben der Fahrbahn abgestellten PKW. Dieser wurde im linken hinteren Bereich beschädigt. Durch den Anprall wurde der PKW ca. 3 m nach vorne geschoben, worauf in der Folge auch der Gartenzaun des Anwesens St. Johann/W. Nr. 24, Eigentümerin: MS, auf eine Länge von ca. 10 m beschädigt wurde. Nach dem Anprall fuhr die BW noch einige 100 m weiter und stellte ihren PKW rechts in der Einmündung eines Güterweges ab.

Die oa. Feststellungen ergeben sich aus den unbedenklichen Angaben der Bw. Auch die Zeugin DS, bestätigte, dass sie sich im Hause aufgehalten hat, als sie das Kollisionsgeräusch hörte. Sie führte weiters aus, auch gesehen zu haben, dass ein PKW vom Unfallort wegfährt und sie diesem dann nachgefahren sei. Nach der Unfallstelle sei dann dieser PKW von ihr neben der Fahrbahn abgestellt vorgefunden worden. Ihr Lebensgefährte und sie haben dann die im PKW sitzende Lenkerin vorgefunden und zu ihnen nach Hause gebracht. Die Lenkerein sei deutlich unter Schock gestanden.

Unstrittig ist weiters, dass Herr RI. JD, GPK Aspach, im Anschluss die Bw aufgrund festgestellter Alkoholisierungssymptome zum GP Aspach verbrachte. Die am 15.10.2001 um 20.14 Uhr und um 20.15 Uhr durchgeführte Untersuchung der Atemluftalkoholgehalt mit dem Alkomaten Marke Dräger, Bauart Nr.7110, letzte Überprüfung am 6.8.2001, ergab einen Messwert von 1,32 mg/l AAG. Bereits bei dieser Untersuchung behauptete die Bw einen Nachtrunk.

I.3.2. Zum Faktum 1 (§ 5 Abs.1 StVO 1960) wurde erwogen:

Strittig ist, ob die Bw zum Lenk- bzw Unfallszeitpunkt bereits alkoholisiert war oder ob die Alkoholisierung zum Zeitpunkt der Durchführung des Alkotests aus dem von ihr behaupteten Nachtrunk resultiert. Der UVS ist nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Auffassung gelangt, dass die Bw den von ihr behaupteten Nachtrunk glaubhaft machen konnte.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss auf einen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit von sich aus hingewiesen werden. In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes muss derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols behaupten und beweisen. Die Forderung des VwGH hinsichtlich des Zeitpunktes der Behauptungs- und Beweispflicht eines Nachtrunkes ändert nichts daran, dass auch Nachtrunkangaben einer Beweiswürdigung zu unterziehen sind.

Dafür, dass die Bw tatsächlich nach dem Lenkzeitpunkt Alkohol konsumiert hat, spricht bereits die Erstverantwortung bei der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt. Bei ihrer Einvernahme vor dem GPK Asbach gab die Bw an, auf der Toilette im Hause der DS aus einer Flasche Wodka getrunken zu haben, die sie einer Bekannten als Geschenk mitbringen wollte. Sie trank deshalb, weil sie so aufgeregt war. Sie habe nicht gewusst, dass sie dies nicht durfte. Vor dem Unfall habe sie keinen Tropfen Alkohol getrunken, was auch ihr Exmann AB bestätigen könne, der sie unmittelbar vor dem Wegfahren noch gesehen und mit ihr gesprochen habe. Den Wodka nach dem Unfall habe sie auch nur deshalb getrunken, da sie nicht mehr aus und ein wusste. Sie wisse nun, dass sie nach dem Unfall keinen Alkohol hätte trinken dürfen und es tut ihr auch leid.

Der Exmann der Bw gab beim GPK Aspach am 15.10.2001 an, er habe am 15.10.2001 gegen 18.40 Uhr mit der Bw gesprochen, als sie mit ihrem PKW weggefahren ist. Er kenne die Bw seit 17 Jahren und habe beim oa Wegfahren keinerlei Alkoholisierungssymptome festgestellt. Er habe keinen Alkohol in ihrer Atemluft gerochen und sie habe auch ganz normal gesprochen. Er glaube der Bw, wenn sie sagt, dass sie aus Schock nach dem Unfall den Alkohol getrunken hat, da sie auf außergewöhnliche Situationen sehr sensibel und nervös reagiert.

Die Nachtrunkbehauptungen wurden mit Stellungnahmen vom 7.12.2001 und vom 18.1.2002 näher konkretisiert. In ihrer Stellungnahme vom 7.12.2001 führt die Bw unter Bezugnahme auf die Zeugenaussage der DS vom 21.11.2001 aus, es sei ohne weiteres möglich, dass die Zeugin Alkoholgeruch festgestellt habe, als sie zu ihrem abgestellten Fahrzeug gekommen ist und sie das Autofenster geöffnet habe. Dies deshalb, weil sie vor dem Eintreffen von Frau S aus der von ihr mitgeführten Wodkaflasche getrunken habe und ein derartiges Getränk naturgemäß eine "Fahne" bewirke. Sie sei für zwei Minuten im Fahrzeug gesessen, als Frau S und ein Mann zu ihr gekommen sind. Dies sei auch gar nicht anders möglich, wenn Frau S sich im Hausinneren befand, als sie das Kollisionsgeräusch gehört und dann gesehen habe, wie sie von der Kollisionsstelle weggefahren ist. Frau S habe aus dem Haus gehen müssen, den PKW starten und wegfahren müssen, wogegen sie nach der Kollision mit ihrem PKW in wenigen Sekunden den späteren Abstellort erreicht habe. Dann habe sie im Hause von Frau S auf dem WC nochmals aus der Wodkaflasche getrunken. Diese Flasche habe auch der Gendarmeriebeamte gesehen. In ihrer Stellungnahme vom 18.1.2002 bringt die Bw vor, dass Herr RI. D, welcher von der belangten Behörde zeugenschaftlich einvernommen wurde, die Richtigkeit ihrer gleich nach dem Unfall gemachten Angaben, wonach sie diese Wodkaflasche mitgeführt habe, bestätigt. In ihrer Vorstellung vom 9.11.2001 habe sie davon gesprochen, aus dieser Flasche "rund" die Hälfte getrunken zu haben. Diese Cirkaangabe resultiert daraus, dass sie - ebenso wie der als Zeuge vernommene Gendarmeriebeamte - nicht mehr ganz genau wisse, ob die Flasche mehr oder etwas weniger zur Hälfte geleert war.

Bei der Berufungsverhandlung führte die Zeugin S aus, dass, als sie beim Fahrzeug der Bw, welches diese vom Unfallsort noch ca. 800 m bis 1 km weitergelenkt hat, ankam, Alkoholgeruch aus dem Wageninneren wahrgenommen habe. Darauf, ob sich am Beifahrersitz eine Handtasche befand, habe sie nicht geachtet, weil sie über das Verhalten der Bw so empört gewesen sei. Sie habe dann mit Herrn Z, dem Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges, die Bw in ihr Haus gebracht, wo sich diese auch auf der Toilette aufgehalten habe.

Der Zeuge RI. D, GPK Aspach, sagte bei der Berufungsverhandlung aus, die Bw gefragt zu haben, wie sie sich den hohen Alkoholisierungsgrad erklären könne. Sie habe zur Antwort gegeben, Wodka getrunken zu haben und dabei eine Wodka-Flasche aus der Handtasche gezogen. Die Bw habe dezidiert gesagt, die halbe Flasche getrunken zu haben. Auf seine Frage an die Bw, wann sie diesen Alkohol konsumiert hätte, sagte sie bei der Aufnahme der Niederschrift, den Wodka nach dem Unfall konsumiert zu haben.

Die Amtssachverständige kam in ihrer gutachtlichen Stellungnahme unstrittig und schlüssig zum Ergebnis, dass eine Nachtrunkmenge von 300 ml Wodka - dies würde in etwa einer halben 0,7 l Wodkaflasche bzw rund 7 1/2 großen Stamperl entsprechen - mit dem Messwert von 1,32 mg Atem-Alkoholkonzentration korreliert. Würde man bei der Berechnung und der Heranziehung der Widmarkformel davon ausgehen, dass im vorliegenden Fall 300 ml des Wodkas der Marke Eristoff mit 37,5 Vol.% konsumiert wurden, würde diese Alkoholmenge bei einer 55 kg schweren weiblichen Person (wie dies im Akt angegeben ist) eine maximale Blutalkoholkonzentration von 2,73 Promille bewirken können. Diese 2,73 Promille aus dem Nachtrunk würde in etwa den Messwert von 2,64 Promille BAK bzw 1,32 mg/l AAK erklären.

Zusammenfassend stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, dass die Bw ihr Fahrzeug mit hoher Wahrscheinlichkeit im alkoholbeeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Ein Indiz dafür ist der Umstand, dass sie von der Fahrbahn abgekommen ist, mit einem abgestellten Fahrzeug kollidiert ist und noch einige 100 m weitergefahren ist. Die Ursache des zum Stillstandkommen ihres Fahrzeuges war möglicherweise ein Reifen- bzw Felgenschaden, der es ihr unmöglich gemacht hat, weiter zu fahren.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens liefern jedoch keine für ein Strafverfahren ausreichende und sichere Anhaltspunkte für die Schlussfolgerung, dass die Bw bei dieser Fahrt tatsächlich einen Alkoholisierungsgrad von 1,32 mg/l AAK aufgewiesen hat. Der Forderung des VwGH auf eine ehestmögliche Behauptungs- und Konkretisierungspflicht bezüglich eines Nachtrunkes wurde im Gegenständlichen nachgekommen. Naturgemäß kann im Nachhinein nicht genau festgestellt werden, welche Menge Alkohol konsumiert wurde, zumal die Wodkaflasche nicht sichergestellt wurde. Es kann auch nicht mehr bewiesen werden, ob dieser dem Wodka teilweise bereits im Auto nach dem zum Stillstandkommen ihres Fahrzeuges und welche Menge sie auf der Toilette von Frau S konsumiert hat. Da Frau S erst einige Minuten beim Fahrzeug der Bw in der Endlage eingetroffen ist, ist es durchaus möglich, dass die Bw bereits im Auto Alkohol konsumiert hat. Die Anforderungen an die Beweispflicht eines Nachtrunkes darf nicht überspannt werden. Die Bw hat immerhin sofort bei der Einvernahme vor der Gendarmerie, ohne dass sie die Möglichkeit gehabt hätte, sich mit dem Vertreter zu beraten, die Nachtrunkbehauptung aufgestellt, wobei dem Umstand, dass sie tatsächlich eine halbleere Wodkaflasche bei sich hatte, eine wesentliche Bedeutung zukommt. Da die oa Nachtrunkmenge im Wesentlichen mit dem unstrittigen Alkomatmesswert korreliert, kann auch nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, ob und welchen Alkoholisierungsgrad die Bw zur Lenkzeit aufgewiesen hat, weshalb nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" entschieden wurde.

I.3.3. Zu den Fakten 2 (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960) und 3 (§ 4 Abs.5 StVO 1960):

Der Vertreter der Bw hat hinsichtlich dieser beiden Fakten bei der Berufungsverhandlung sein Rechtsmittel auf das Strafausmaß eingeschränkt. Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass die Bw ein monatliches Einkommen von 726 Euro bezieht, vermögenslos sowie für niemanden sorgepflichtig ist. Sie hat zutreffend die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw als strafmildernd gewertet. Ergänzend fügt der Oö. Verwaltungssenat hinzu, dass im Verfahren keine als erschwerend zu wertenden Umstände hervorgekommen sind. Was das Faktum 2a anlangt, ist festzustellen, dass der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 5 % ausgeschöpft wurde. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes ist diesbezüglich nicht zu konstatieren. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist auch aus präventiven Gründen nicht zu vertreten.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO 1960 sieht Geldstrafen von 36 Euro bis 2.180 Euro vor. Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 sieht Geldstrafen von bis zu 726 Euro vor. Dennoch verhängte die belangte Behörde ohne Begründung eine gleich hohe Strafe. Da nicht zu erkennen ist, dass das Delikt des § 4 Abs.5 StVO 1960 einen wesentlich höheren Unrechts- und Schuldgehalt als das Delikt des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 aufweisen würde, war die Strafe entsprechend dem geringeren Strafrahmen tat- und schuldangemessen zu reduzieren.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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