Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108157/7/Sch/Rd

Linz, 29.04.2002

VwSen-108157/7/Sch/Rd Linz, am 29. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des I vom 13. März 2002, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 21. Februar 2002, III-S-7.479/01, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 23. April 2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des 2. Faktums (§ 11 Abs.2 StVO 1960) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt.

Hinsichtlich des 1. Faktums (§ 52 Z10a StVO 1960) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass im Spruch des Straferkenntnisses die Wortfolge "um 50 km/h" zu entfallen hat.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz einen Beitrag von 30 Euro, ds 10% der verhängten Geldstrafe, zu leisten. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 21. Februar 2002, III-S-7.479/01, über Herrn I, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 1) § 52 Z10a StVO 1960 und 2) § 11 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 400 Euro und 2) 100 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) fünf Tagen und 2) einem Tag verhängt, weil er am 25. August 2001 um 13.40 Uhr in Wels, Linzer Autobahn A 25, zwischen Kilometer 16,000 und 11,000 in Fahrtrichtung Linz als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen die durch Vorschriftszeichen bestimmte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 50 km/h überschritten habe, wobei die Überschreitung durch Nachfahrt (Nachfahrt mit dem Dienstmotorrad in gleichbleibendem Abstand) festgestellt worden sei (relevanter Wert 140 km/h). Weiters habe er den Fahrstreifen zweimalig gewechselt, ohne diesen Fahrstreifenwechsel entsprechend angezeigt zu haben.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 50 Euro verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung:

Gemäß § 11 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.

Demgegenüber hat die Erstbehörde den Vorwurf wie folgt formuliert: "Weiters haben Sie den Fahrstreifen zweimalig gewechselt, ohne diesen Fahrstreifenwechsel entsprechend anzuzeigen".

Nach Ansicht der Berufungsbehörde beschreibt das Wort "entsprechend" nicht hinreichend das von dieser gesetzlichen Bestimmung verlangte Verhalten eines Fahrzeuglenkers.

Unbeschadet dessen erscheint auch die örtliche Tatortkonkretisierung nicht ausreichend, zumal sich die Fahrstreifenwechsel innerhalb einer Fahrtstrecke von immerhin 5 km zugetragen haben sollen (vgl. § 44a Z1 VStG bzw die hiezu ergangene einschlägige Judikatur des VwGH, insbesondere das richtungsweisende Erkenntnis vom 3. Oktober 1985, Slg. 11894A).

Zudem gebietet das Kumulationsprinzip des § 22 Abs.1 VStG bei Vorliegen von zwei Übertretungen die Verhängung von zwei Verwaltungsstrafen; auch dieser Vorschrift wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses in dem Punkt nicht gerecht. Das Verwaltungsstrafverfahren war daher diesbezüglich einzustellen.

Im Gegensatz dazu konnte der Berufung im Hinblick auf die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung kein Erfolg beschieden sein. Der Meldungsleger hat glaubwürdig angegeben, über eine längere Strecke in gleichbleibendem Abstand mit dem von ihm gelenkten Dienstmotorrad hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers nachgefahren zu sein. Dabei habe er vom Tacho des Motorrades eine Fahrgeschwindigkeit von 150 km/h abgelesen. Ausgehend davon, dass eine derartige Nachfahrt naturgemäß nicht eine solche exakte Möglichkeit zur Feststellung einer Fahrgeschwindigkeit bietet, wie etwa eine Messung mittels Radar- bzw Lasergerät, so sind entsprechende Feststellungen aber grundsätzlich ebenso ein taugliches Beweismittel. Die Erstbehörde hat von dem abgelesenen Wert einen Abzug von 10 km/h vorgenommen, womit nach Ansicht der Berufungsbehörde solche allfälligen Ungenauigkeiten hinreichend berücksichtigt wurden. Es sind jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte dafür zu Tage getreten, dass das vom Meldungsleger verwendete Dienstmotorrad gravierende bzw über das übliche Ausmaß hinausgehende Tachoabweichungen aufgewiesen haben könnte. Auf die Eichung des Tachometers des Dienstfahrzeuges kommt es bei derartigen Geschwindigkeitsfeststellungen nicht an (VwGH 24.6.1983, 83/02/0035).

Der Berufungswerber hat zudem bei der Amtshandlung eine eingehaltene Fahrgeschwindigkeit von 120 bis 130 km/h eingestanden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jemand eine Verwaltungsübertretung zugibt, wenn auch in einem etwas geringeren Ausmaß, wenn er sie überhaupt nicht begangen haben will.

Die vom Berufungswerber vorgelegte Bestätigung einer Kfz-Werkstätte des Inhalts, dass in der Kalenderwoche 35 des Jahres 2001 "wegen Leistungsmangel in unserer Werkstatt vorgefahren" worden sei, vermag nichts an der Beurteilung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes zu ändern. Jedenfalls kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug nicht in der Lage gewesen wäre, eine Fahrgeschwindigkeit von 140 km/h zu erreichen.

Die Änderung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses erfolgt zur Beseitigung einer textlichen Widersprüchlichkeit; das Ausmaß der Geschwindigkeitsübertretung bildet zudem kein Tatbestandsmerkmal (VwGH 21.10.1992, 92/02/0140).

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten, insbesondere dann, wenn sie ein beträchtliches Ausmaß erreichen, stellen häufig nicht nur eine abstrakte, sondern schon eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Solche Delikte können daher nicht mit geringen Geldstrafen abgetan werden.

Im vorliegenden Fall wurde die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 40 km/h überschritten, also schon in einem gravierenden Ausmaß.

Dem Berufungswerber war aber der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute zu halten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. September 1997, 97/03/0128, ausgesprochen hat, ist bei einem unbescholtenen Fahrzeuglenker mit durchschnittlichen Einkommensverhältnissen eine Geldstrafe von 6.500 S (nunmehr 472,37 Euro) trotz einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von nahezu 100 % des Erlaubten überhöht. Im Lichte dieser Judikatur erschien es der Berufungsbehörde geboten, im vorliegenden Fall eine in dieser Hinsicht entsprechende Herabsetzung der Geldstrafe durchzuführen.

Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wurde nicht entgegengetreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt werden konnten. Sie werden ihm die Bezahlung der Geldstrafe ohne weiteres ermöglichen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

S c h ö n

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