Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108164/2/Fra/Ka

Linz, 15.04.2002

VwSen-108164/2/Fra/Ka Linz, am 15. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn Mag. IA, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 4.12.2001, VerkR96-4210-1-2001 Sö, betreffend Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 24 Stunden) verhängt, weil er als die vom Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kz.: namhaft gemachte Auskunftsperson der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. auf ihr schriftliches Verlangen vom 23.4.2001 nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt hat, wer das oa Kraftfahrzeug am 17.2.2001 um 17.35 Uhr gelenkt hat, da er eine neuerliche Auskunftsperson bekannt gab und diese Beantwortung nicht den Erfordernissen des § 103 Abs.2 KFG 1967 entspricht. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 726 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde nachstehenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt festgestellt:

Aufgrund einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos Oö. vom 6.3.2001 ist der Lenker des KFZ, Kz.: verdächtig, am 17.2.2001 um 17.35 Uhr auf der A9 bei Strkm.10,600 Fahrtrichtung Liezen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 39 km/h überschritten und dadurch eine Übertretung der StVO begangen zu haben.

Aufgrund einer Halterauskunft des Kraftfahr-Bundesamtes vom 22.3.2001 ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges Herr TP Deutschland.

Die belangte Behörde forderte mit Lenkererhebung vom 5.4.2001, AZ.: VerkR96-4210-2001/Le/Sö, den Zulassungsbesitzer auf, mitzuteilen, wer das oa Kraftfahrzeug zum oa Zeitpunkt an der oa Örtlichkeit gelenkt hat. Dieser Lenkererhebung war für die Rückantwort ein Beiblatt angeschlossen. Der Zulassungsbesitzer wurde ersucht, dieses auszufüllen und der Behörde zurückzusenden. Das Beiblatt lautet (auszugsweise) wie folgt: "Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt von ......................... gelenkt." Als Alternative kann die Rubrik "Ich kann die verlangte Auskunft nicht erteilen. Die Auskunftspflicht trifft .........." angekreuzt werden.

Der Zulassungsbesitzer hat beide Rubriken angekreuzt und sinngemäß die Auskunft erteilt, dass er das genannte Fahrzeug am 17.2.2001 an Herrn IA veräußert habe und dieser die verlangte Auskunft erteilen könne.

Mit Lenkererhebung vom 23.4.2001, AZ.: VerkR96-4210-2001/Le/Sö, forderte die belangte Behörde den Bw als die vom Zulassungsbesitzer des oa Kraftfahrzeuges namhaft gemachte Auskunftsperson gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 auf, mitzuteilen, wer das oa Kraftfahrzeug zur oa Zeit an der oa Örtlichkeit gelenkt hat. Für die Rückantwort wurde wiederum ein Beiblatt angeschlossen. Der Bw wurde ersucht, dieses auszufüllen und an die Behörde zurückzusenden. Auf dem Beiblatt sind wiederum zwei Beantwortungsoptionen eingeräumt. Der Auskunftspflichtige hatte wieder einerseits die Möglichkeit, bekannt zu geben, wer der Lenker des Kraftfahrzeuges war und als weitere Möglichkeit, die Feststellung, dass er die verlangte Auskunft nicht erteilen könne sowie die Namhaftmachung einer Person, welche die Auskunftspflicht trifft. Der Bw hat von der letzteren Möglichkeit Gebrauch gemacht und als Auskunftspflichtigen Herrn Mag. Dr. HA, geb. 23.10.1932, wh. in Neusitzstraße 102, 8044 Graz angegeben.

4. Dieser Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 103 Abs.2 2. Halbsatz KFG 1967 kann der Zulassungsbesitzer (nur) für den Fall, dass er die Auskunft über den Lenker nicht erteilen kann, eine Auskunftsperson namhaft machen, diese trifft dann die Auskunftspflicht, gleich dem Zulassungsbesitzer. Die Bekanntgabe der Auskunftsperson hat den gleichen Anforderungen zu entsprechen, wie die Auskunft selbst. Liegt eine Übergabe des Kraftfahrzeuges an die vom Zulassungsbesitzer nach Name und Anschrift genannte Person vor - was die Behörde allenfalls gemäß § 103 Abs.2 2. Satz, letzter Halbsatz KFG 1967 zu überprüfen hat - so treffen den Zulassungsbesitzer hinsichtlich des weiteren Verhaltens dieser Person keine weiteren Auskunftspflichten, mag diese Person eine richtige oder falsche Auskunft erteilen oder eine solche verweigern. Das Gleiche gilt auch für eine von der ersten Person allenfalls genannte weitere Person, sofern eine Übergabe der Gewahrsame am Kraftfahrzeug an diese weitere Person feststeht (vgl. Grundtner, KFG, Entscheidung 86 zu § 103 Abs.2 KFG 1967). Mit dem letzten Satz wurde in der Literatur angenommen, der benannte Auskunftspflichtige könne einen weiteren Auskunftspflichtigen namhaft machen (Grundtner, KFG, Anmerkung 22 und Entscheidung 56 zu § 103). Dem ist jedoch die jüngere Rechtsprechung entgegenzuhalten (vgl. VwGH vom 28.1.2000, Zl.98/02/0256-5). In diesem Erkenntnis hat der VwGH ausgeführt, § 103 Abs.2 KFG 1967 schließe das Zustandekommen einer "Auskunftspersonenkette" aus, weil es nicht im Belieben des vom Zulassungsbesitzer als Auskunftspflichtiger Benannten stehe, eine weitere Person namhaft zu machen. Schon der Wortlaut der Gesetzesstelle spreche für diese Auslegung. Das Gesetz eröffnet dem vom Zulassungsbesitzer benannten Auskunftspflichtigen nicht die Möglichkeit, seinerseits wieder einen weiteren Auskunftspflichtigen anzugeben. Vielmehr sei dieser verpflichtet, den tatsächlichen Lenker der Behörde bekannt zu geben. Nach dem eindeutigen Gesetzestext sei es ausschließlich dem Zulassungsbesitzer gestattet, eine auf § 103 Abs. 2 KFG 1967 gestützte behördliche Anfrage durch Benennung eines Auskunftspflichtigen zu beantworten.

Im Grunde der oa Judikatur hat somit der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt.

Die Frage ist, ob der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand auch zu verantworten hat. Dies ist im Ergebnis zu verneinen: Bei der gegenständlichen Übertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 2. Satz VStG, bei dem der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es ist Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.

Der Bw bringt nun in seinem Rechtsmittel ua vor, dass eine genauere Spezifizierung, wer das angeführte KFZ zum gegenständlichen Zeitpunkt gelenkt hat, seitens der belangten Behörde nicht ausschließlich gefordert gewesen sei, zumal in solchen Fällen üblicherweise auch ein anderes Norm-Formular zur Anwendung gelange, welches nur die Wahlmöglichkeit zwischen der Bekanntgabe, welche andere Person das Fahrzeug tatsächlich gelenkt bzw ob man das Fahrzeug selbst gelenkt habe, vorsehe. Da er sich an die von der Behörde durch expliziten Hinweis auf Verwendung des zitierten Formulares vorgeschlagenen Möglichkeiten zur Auskunftserteilung genau gehalten habe, habe er die Möglichkeit einer selbständigen und nach seiner Meinung auch aussichtslosen Nachforschung nicht erwogen, da er der Auffassung gewesen sei, eine Auskunft erteilt zu haben, welche den Anforderungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 genüge.

Der Oö. Verwaltungssenat pflichtet dieser Argumentation im Ergebnis bei. Wenn nämlich die belangte Behörde dem Auskunftspflichtigen ein Formular zur Verfügung stellt und ausdrücklich ersucht, bei der Beantwortung dieses Formular zu verwenden, welches ua eine aufgrund der oa Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zulässige Beantwortungsoption einräumt, kann den Bw, welcher diese Option auch in Anspruch nimmt, daraus kein Verschulden treffen. Etwas anderes wäre es, wenn man der oa Judikatur des VwGH nicht folgen würde, sondern der Meinung Grundtners, der die Auffassung vertritt, dass auch der Auskunftspflichtige einen weiteren Auskunftspflichtigen benennen darf und die Anzahl der Auskunftspflichtigen nicht limitiert sei, folge. Bei Zutreffen dieser Auffassung hätte aber die Behörde die Angaben des Bw betreffend den weiteren Auskunftspflichtigen zu überprüfen gehabt und ihm allenfalls erst in der Folge den Tatbestand anlasten dürfen. Entsprechende Ermittlungsschritte hat die belangte Behörde jedoch nicht gesetzt.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass dem Bw der spruchgemäße Tatbestand in subjektiver Hinsicht nicht anzulasten ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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