Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-108215/9/Fra/Ka

Linz, 21.06.2002

VwSen-108215/9/Fra/Ka Linz, am 21. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn HB, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. MB, gegen die Fakten 1 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) und 4 (§ 102 Abs.3 5. Satz KFG 1967) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15.3.2002, Zl. VerkR96-6338-2001, wegen Übertretungen der StVO 1960, des KFG 1967 und des FSG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung iVm einem Lokalaugenschein am 18.6.2002, zu Recht erkannt:

I. Hinsichtlich des Faktums 1 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird insofern bestätigt.

Hinsichtlich des Faktums 4 (§ 102 Abs.3 5. Satz KFG 1967) wird der Berufung stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird insofern behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums 1) einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 24,60 Euro zu zahlen. Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 4) entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG

zu II: §§ 64 Abs.1 und 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1) wegen Übertretung des § 52 lit.a. Zif.10a StV0 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a.leg.cit. eine Geldstrafe von 123 Euro (EFS 40 Stunden), 2) wegen Übertretung des § 14 Abs.1 Zif.1 FSG gemäß § 37 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (EFS 12 Stunden), 3) wegen Übertretung des § 102 Abs.5 lit.b. KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 21 Euro (EFS 8 Stunden) und 4) wegen Übertretung des § 102 Abs.3 5.Satz KFG 1967 gemäß § 134 Abs.3b leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er

am 1. Oktober 2001 gegen 16.16 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der Mattseer Landesstraße Richtung Jeging gelenkt hat, wobei er

1) im Ortsgebiet Schweiber auf Höhe km 7,525 der Mattseer Landesstraße die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h (durch Vorschriftszeichen "60 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit" gekennzeichnet) abzüglich der Verkehrsfehler-grenze um 41 km/h überschritten hat,

2) am 1. Oktober 2001 gegen 16.25 Uhr im Ortsgebiet Mattighofen auf Höhe des dortigen Volksschulparkplatzes im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle festzustellen war, dass er auf dieser Fahrt für das von ihm gelenkte KFZ den vorgeschriebenen Führerschein nicht mitführte, weil er diesen trotz Aufforderung durch ein Straßenaufsichtsorgan zur Überprüfung nicht aushändigte,

3) als Lenker auf dieser Fahrt den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht mitführte, weil er diesen trotz Aufforderung durch ein Straßenaufsichtsorgan zur Überprüfung nicht aushändigte,

4) im Zuge der Anhaltung festgestellt werden konnte, dass er noch während der Fahrt als Lenker telefonierte ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Kostenbeitrag in Höhe 10 % der verhängten Strafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Der Bw bringt im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde den maßgebenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe. Die belangte Behörde stütze sich ausschließlich auf die Angaben in der Anzeige bzw auf die Angaben des Meldungslegers, ohne dies auf ihre inhaltliche Richtigkeit auch nur ansatzweise zu überprüfen. Er könne sich die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht erklären, zumal er hinter einem Postbus nachgefahren sei. Es sei keineswegs nachvollziehbar und dem Meldungsleger zuzubilligen, dass dieser eine Messung vornimmt, sodann die am Display angezeigte Geschwindigkeit abliest, in weiterer Folge das Kennzeichen vom Fahrzeug abliest und so dann über Funk weitergibt und gleichzeitig noch mehrere vor Häusern spielende Kinder beobachtet. Er bestreite auch die ordnungsgemäße Kundmachung der angeführten Geschwindigkeitsbeschränkung. Es sei keineswegs gesichert, dass die Entfernung zum Zeitpunkt der Messung 94 m betragen habe. Er habe auch nicht während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung telefoniert.

Der Bw beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Straferkenntnisses an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu die verhängte Strafe in eine mildere umwandeln oder ganz nachsehen.

I.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Juni 2002 erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960):

Die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist nach dem Ergebnis der vom Oö. Verwaltungssenat durchgeführten Beweisaufnahme erwiesen:

Der Oö. Verwaltungssenat folgt den Aussagen des bei der Berufungsverhandlung als Zeuge einvernommenen Meldungslegers, Herrn RI. H, GP.

Dieser führte bei der Berufungsverhandlung aus, das Beschuldigtenfahrzeug im abfließenden Verkehr gemessen zu haben. Sein Standort sei bei der Hauseinfahrt des Hauses Nr.8 im Ortsgebiet Schweiber bei Strkm.7,619 gewesen. Die Messung sei auf Höhe des Strkm.7,525, sohin in einer Entfernung von 94 m erfolgt. Das Fahrzeug sei im Kennzeichenbereich des Heckes anvisiert worden. Es sei zu keiner Fehlmessung gekommen. Das Kennzeichen des Beschuldigtenfahrzeuges und die Farbe dieses Fahrzeuges habe er sich beim Vorbeifahren gemerkt und anschließend notiert. Während der Messung haben sich mehrere Kinder vor den Häusern unmittelbar neben der Straße aufgehalten. Die nach den Verwendungsbestimmungen notwendigen Kontrollen habe er durchgeführt und in das Messprotokoll eingetragen. Im Anschluss habe er die Kollegen in Mattighofen verständigt, wo es zu einer Anhaltung des Bw gekommen ist.

Beweiswürdigend ist festzustellen, dass die Aussagen des Meldungslegers schlüssig und nachvollziehbar waren. Der Meldungsleger stand bei seinen Aussagen unter Wahrheitspflicht, bei deren Verletzung er mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte, während sich der Bw aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Position nach Opportunität verantworten kann, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Es ist davon auszugehen, dass das Messgerät im Sinne der Verwendungsbestimmungen bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen entsprechend eingesetzt wurde. Beim Meldungsleger handelt es sich um einen Exekutivbeamten, also um eine Person, bei der eine umfassende Vertrautheit mit der Funktion, der Bedienung sowie mit den messtechnischen Eigenschaften des Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes vorauszusetzen ist. Aufgrund der Erfahrung und des Ausbildungsstandes des Gendarmeriebeamten muss erwartet werden, dass er das Gerät entsprechend der Bedienungsanleitung verwendet hat. Der Nachweis für die ordnungsgemäße Inbetriebnahme, nämlich das Messprotokoll, wurde bei der Verhandlung vorgelegt. Es wurde auch beachtet, dass, wenn Messergebnisse die Grundlage für die Ahndung von Übertretungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen bilden, die Verkehrsfehlergrenzen des Laser-VKGM zu berücksichtigen sind. Diese betragen +/- 3 km/h bei Messwerten bis 100 km/h und +/- 3 % bei Messwerten über 100 km/h. Dies wurde auch berücksichtigt und vom Messwert der entsprechende Wert abgezogen.

Das verwendete Geschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS/KM-E ist zugelassen für eine Messstrecke von 30 m bis 500 m und eine Geschwindigkeit von 10 km/h bis 250 km/h (entsprechend der Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, Zl. 43427/92 vom 17.12.1992 und Zl.43427/92/1 vom 14.3.1994).

Das Gerät war auch - wie sich aus dem vorgelegten Eichschein ergibt - zur Tatzeit ordnungsgemäß geeicht.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich im Verfahren keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass dem Meldungsleger bei der Handhabung des Gerätes Bedienungsfehler unterlaufen sind. Es haben sich auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Gerät mangelhaft funktioniert hätte.

Die Messung ist daher beweiskräftig. Der Bw hat daher - da es ihm nicht gelungen ist, die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 2. Satz VStG zu entkräften - die Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Ergänzend wird festgestellt, dass der Oö. Verwaltungssenat auch eine Verordnung betreffend die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung eingeholt hat und festzustellen ist, dass der vom Bw behauptete Kundmachungsmangel nicht vorliegt.

Die Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung ist nicht zu konstatieren. Eine Herabsetzung der Strafe war aufgrund der eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung und des daraus resultierenden hohen Gefährdungspotentiales, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Umstand, dass sich neben der Fahrbahn spielende Kinder aufhielten, nicht vertretbar.

Zum Faktum 4 (§ 102 Ab.3 5. Satz KFG 1967):

Der Meldungsleger führte aus, dass der Bw im Zuge der Anhaltung telefoniert hat. Der Bw behauptete bei der Berufungsverhandlung, dass er erst nach dem Stillstand des Fahrzeuges und Abstellen des Motors einen Anruf bekommen habe. Was unter "im Zuge der Anhaltung" verstanden wird, konnte bei der Berufungsverhandlung nicht aufgeklärt werden. Der Oö. Verwaltungssenat konnte sich daher kein für ein Verwaltungsstrafverfahren ausreichendes Bild darüber machen, ob sich der Sachverhalt tatsächlich so zugetragen hat, wie dies unter Punkt 4 des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt ist, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" entschieden wurde.

Der Bw hat bei der Berufungsverhandlung klargestellt, die Fakten 2 und 3 nicht anzufechten. Diese sind daher rechtskräftig und vollstreckbar. Eine Berufungsentscheidung entfällt diesbezüglich.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r