Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108223/2/Le/Ni

Linz, 15.05.2002

VwSen-108223/2/Le/Ni Linz, am 15. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des F, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18.3.2002, Zl. VerkR-96, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben als der Ausspruch der Strafe aufgehoben und an deren Stelle eine E r m a h n u n g erteilt wird.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entfällt ebenso wie ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 21, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18.3.2002 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 23 Abs.2 erster Satz Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 4.7.2001 um 16.10 Uhr den Pkw, in L, außerhalb eines Parkplatzes nicht am Fahrbahnrand aufgestellt, obwohl sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergab.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 8.4.2002, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Straferkenntnis aufzuheben und eine Ermahnung zu erteilen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass er durch sein kurzfristiges Halten und Verbleiben im Pkw keine anderen Fahrzeuglenker oder sonstigen Straßenbenützer in irgend einer Weise gefährdet oder behindert hätte. Dies hätte die Erstbehörde bei Durchführung der beantragten Beweise festgestellt.

Er hätte lediglich auf das Ausparken eines weiteren Verkehrsteilnehmers gewartet, um sogleich in diesen Parkplatz einzufahren und seinen Zahnarzt aufsuchen zu können, da er bereits an akuten Schmerzen gelitten hätte. Schon aufgrund seines Verbleibens im Fahrzeug könne keine Verwaltungsübertretung vorliegen, zumal eine solche nicht einmal dann gegeben wäre, wenn jemand sein Fahrzeug vor einer Haus- oder Grundstückseinfahrt hält und so anderen Fahrzeuglenkern die Durchfahrt vorerst versperrt, diese jedoch dann frei gibt.

Im gegenständlichen Fall gehe es überdies nicht darum, sein Fahrzeug nicht am "Fahrbahnrand gehalten" zu haben, sondern darum, dass er hinter schräg parkenden Pkws für kurze Zeit sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht habe, wobei er im Fahrzeug verblieben sei. Es fehle daher an der iSd § 44a VStG gebotenen Konkretisierung des Tatvorwurfes.

Auch die Begründung des angefochtenen Bescheides sei nicht richtig, da er sein Fahrzeug nicht "in zweiter Spur" abgestellt hätte, zumal es sich bei dem Platz, an dem er sein Fahrzeug kurz angehalten hatte, keinesfalls um eine zweite Fahrspur gehandelt hätte.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht und auch eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Nach § 23 Abs.2 erster Satz StVO ist außerhalb von Parkplätzen ein Fahrzeug, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen.

Wie sich aus den von der Polizei angefertigten Fotos ergibt, handelt es sich bei der Straßenfläche, auf der der Berufungswerber gehalten hatte, um einen Teil der Fahrbahn. Diese ist im gegenständlichen Bereich verbreitert, um dort zwei, drei Fahrzeugen die Möglichkeit zu geben, zu bestimmten Zwecken zu halten. Es ist dort ein Halteverbot verordnet mit einer Zusatztafel für bestimmte Ausnahmen. An diese Halteverbotszone schließt ebenfalls parallel zum vorbeiführenden Fahrstreifen, eine Kurzparkzone an, die - mit Bodenmarkierungen versehen - ein schräges Abstellen zum Fahrbahnrand anordnet.

Aus den von der Polizei aufgenommenen Fotos ist weiters ersichtlich, dass in dieser Halteverbotszone keine Bodenmarkierungen angebracht sind. Von den Platzverhältnissen her kann hinter den in der Halteverbotszone abgestellten Fahrzeugen ein Pkw quer zu diesen Fahrzeugen und dementsprechend parallel zum Fahrbahnrand abgestellt werden, ohne dass dieser den Fließverkehr auf dem vorbeiführenden Fahrstreifen der Straße behindert.

4.3. Nach einer Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes besteht der Schutzzweck der Norm des § 23 Abs.2 StVO vor allem darin, eine Behinderung des Fließverkehrs, insbesonders das Auffahren auf abgestellte Fahrzeuge, hintan zu halten.

Diese eher zivilrechtliche Sicht dieser Bestimmung durch den OGH wird vom VwGH nicht geteilt: Vielmehr hat dieser in mehreren Entscheidungen klar und deutlich ausgesprochen, dass in zweiter Spur weder geparkt noch gehalten werden darf und zwar auch dann nicht, wenn das Abstellen des Fahrzeuges nicht verkehrsbehindernd wirken würde (siehe hiezu etwa VwGH vom 29.10.1982, 81/02/0039 u.a.)

Im vorliegenden Fall ist aus den polizeilichen Fotos zu erkennen, dass im Bereich der Halteverbotszone keine Bodenmarkierungen angebracht waren. Dennoch waren offensichtlich parallel zum rechten Gehsteigrand und schräg zum Fahrbahnrand (wie es an dieser Stelle nach dem Wissensstand des erkennenden Mitgliedes üblich ist) Fahrzeuge abgestellt; der Berufungswerber stellte sich quer hinter diesen auf, somit parallel zum Fahrbahnrand. Er blieb während dieses Abstellens im Fahrzeug sitzen.

Bei dieser Straßenstelle ist aufgrund des Fehlens von Bodenmarkierungen und des eher großzügigen Platzangebotes eine unklare Verkehrssituation:

Einerseits handelt es sich bei dieser Fläche, auf der der Berufungswerber sein Fahrzeug abgestellt hatte, um keinen "Parkplatz" (weil ein solcher mit dem Hinweiszeichen gemäß § 53 Abs.1 Z1a StVO gekennzeichnet sein müsste), und andererseits stand der Berufungswerber in einer Halteverbotszone, die am Rand der Fahrbahn, aber außerhalb der Fahrstreifen für den Durchzugsverkehr, lag. Dabei behinderte er den Durchzugsverkehr nicht; wenn eines der "verstellten" Autos hätte wegfahren wollen, so hätte diesem der Berufungswerber, weil im Fahrzeug sitzend, jederzeit Platz machen können.

Nach der klaren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 23 Abs.2 StVO hätte der Berufungswerber sein Fahrzeug an dieser Stelle nicht zum Halten oder Parken aufstellen dürfen.

4.4. Bei der Beurteilung der subjektiven Tatseite ist dem Berufungswerber daher zugute zu halten, dass es schon einer spitzfindigen Gesetzesauslegung und entsprechender Judikaturkenntnisse bedarf, um die objektive Tatbestandsmäßigkeit des gesetzten Verhaltens zu erkennen. Eine solche ist einem Autolenker, der in einer Alltagssituation an einen rechten Fahrbahnrand zufährt, um auf eine schon ersichtlich frei werdende Parklücke zu warten, oder um nicht während der Fahrt einen Telefonanruf entgegen nehmen zu müssen, nicht zuzumuten.

Deshalb ist das Verschulden des Berufungswerbers in dieser Situation als geringfügig anzusehen.

Da überdies keine nachteiligen Folgen der Übertretung bekannt geworden sind, konnte das Rechtsinstitut des § 21 VStG angewendet werden. Um den Berufungswerber jedoch vor weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten, erschien der Ausspruch einer Ermahnung (wie in der schriftlichen Berufung beantragt) erforderlich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe aufgehoben wurde, entfiel auch ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Halten in zweiter Spur.

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