Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108226/2/Bi/Stu

Linz, 30.07.2002

VwSen-108226/2/Bi/Stu Linz, am 30. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn T S, K, W, vertreten durch den Sachwalter F W, W, S, vom 17. April 2002, gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 18. März 2002, VerkR96-4971-2000, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als Punkt 2) im Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 181,50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 80 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 18,15 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 20 VStG,

zu II.: § 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 36 lit.a iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 2) §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.1 und 3 Z1 FSG Geldstrafen von 1) 36 Euro (15 Stunden EFS) und 2) 218,02 Euro (90 Stunden EFS) verhängt, weil er am 25. August 2000 gegen 18.20 Uhr im Ortsgebiet W auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere der M L 525 in Fahrtrichtung St. bis auf Höhe des Hauses F, das Kraftrad mit dem Kennzeichen gelenkt habe,

1) obwohl das oben angeführte Kraftrad, das nicht als Motorrad zugelassen gewesen sei, eine Geschwindigkeit von 79 km/h zu erreichen in der Lage gewesen sei und

2) er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt, gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 25,40 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Sachwalter im Namen des Beschuldigten (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, § 2 Pkt.14 KFG sei durch den Beitritt Österreichs zur EU außer Kraft gesetzt worden. Danach sei es nicht möglich, ein Kleinkraftrad der Klasse L1 mit weniger als 50 ccm als Motorrad zu genehmigen. Es sei daher auch kein Führerschein der Klasse A gemäß § 2 Z1 FSG erforderlich gewesen. Dass mit dem Kleinkraftrad der Klasse L1 die Geschwindigkeit von 45 km/h überschritten werden konnte und dieses damit nicht der in der Typen-genehmigung angegebenen Bauartgeschwindigkeit entsprochen habe, stehe außer Frage. Die Strafe im Punkt 1 nach § 36 lit.a KFG werde anerkannt.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass bei einer Fahrzeugkontrolle am 25. August 2000 um 18.20 Uhr im Ortsgebiet W, F, vom Meldungsleger AbtInsp F und BI H, beide GP W, festgestellt wurde, dass mit dem vom Bw in Richtung St. gelenkten und als Motorfahrrad zugelassenen Kraftrad auf dem geeichten Rollenprüfstand, Scooto-Roll-Test, NOVA SA, GeräteNr. 103/99, eine Geschwindigkeit von mindestens 79 km/h (unter Abzug einer Toleranz von 4 km/h) erreicht werden konnte. Der Bw war im Besitz eines Mopedausweises und gab an, er habe nicht gewusst, dass mit dem Kraftrad eine so hohe Geschwindigkeit erreicht werden könne. Er habe es auch nicht technisch verändert, sondern in diesem Zustand bei einem namentlich genannten Unternehmen gekauft.

In seinem Gutachten vom 3. April 2001, BauME-010000/4274-2000-Hag, legte der kfztechnische Amtssachverständige Ing. H dar, beim angeführten Test sei keine Höchstgeschwindigkeit im Sinne des KFG festgestellt, sondern eine Geschwindig-keitsmessung mit einem geeichten und vom zuständigen Bundesministerium für geeignet erklärten Messgerät durchgeführt worden. Toleranzen würden dabei insofern eingehalten, als bis zu einer abgelesenen Geschwindigkeit von 60 km/h keine Beanstandung erfolge. Ab einer abgelesenen Geschwindigkeit von 70 km/h sei aber selbst unter Berücksichtigung der Serienstreuung der Fertigung und einer entsprechenden Prüfstandtoleranz von 20 % von Manipulation auszugehen. Das Kennzeichen sei deshalb abzunehmen gewesen, weil bei einem Fahrzeug, das für eine Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h gebaut sei, bei Geschwindigkeiten über 66 km/h (Anzeigewert 70 km/h) nicht mehr die erforderliche Betriebs- und Verkehrs-sicherheit aufweise.

Mit 7. März 2001 wurde seitens des Bezirksgerichtes P, SW 119/00, Herr Franz W als Sachwalter für den Bw, ua für Angelegenheiten der Vertretung vor Ämtern und Behörden, bestellt.

Dieser ersuchte um Verfahrenseinstellung, zumal die angeführte Geschwindigkeit tatsächlich vom Bw nie gefahren worden sei, außerdem um Absehen von einer Bestrafung wegen Fahrens ohne Führerschein, weil für Motorfahrräder bis 50 ccm kein Führerschein benötigt werde.

In seinem ergänzenden Gutachten von 25. Jänner 2002, BauME-010000/4525-2001-Hag, verwies Ing. H darauf, dass nach der Richtlinie 95/1 EG ein Mofa eine Bauartgeschwindigkeit von max. 45 km/h nicht überschreiten dürfe. Entsprechend § 2 Pkt.14 KFG sei in Mofa definiert als Kraftrad mit einem Hubraum von max. 50 ccm und einer Bauartgeschwindigkeit von max. 45 km/h. Das ggst Kraftrad wäre daher als Motorrad zuzulassen bzw zu genehmigen - daher wäre dafür auch eine Lenkberechtigung der Klasse A erforderlich.

Der Sachwalter widersprach diesem Gutachten insofern, als für ein Kleinkraftrad der Klasse L1 laut EU 92/61 keine Lenkberechtigung der Klasse A notwendig sei. Es sei nicht möglich, ein Kleinkraftrad der Klasse L1 mit weniger als 50 ccm im Wege einer Typen- oder Einzelgenehmigung als Motorrad genehmigen zu lassen.

Daraufhin erging das im Punkt 2) angefochtene Straferkenntnis; dieses ist in seinem

Punkt 1) in Rechtskraft erwachsen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den - hier nicht zutreffenden - Fällen des Abs.5 (Kfz mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h; Motorfahrräder, die den Bestimmungen des KFG 1967 unterliegen, vierrädrige Leichtkfz und Invalidenkfz), nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kfz fällt.

Gemäß § 2 Abs.1 KFG 1967 idF der 19. KFG-Novelle BGBl.I Nr. 103/1997 gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als Z14 Motorfahrrad ein Kraftrad mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 ccm hat (Kleinkraftrad iSd Richtlinie 92/61/EWG), Z15 Motorrad ein nicht unter Z14 fallendes einspuriges Kraftrad; dieser Bezeichnung entspricht die Bezeichnung "Kraftrad" iSd Richtlinie 92/61/EWG.

Gemäß § 2 Abs.1 Z1 FSG darf die Lenkberechtigung nur für folgende Klassen und Unterklassen von Kfz gemäß § 2 KFG 1967 erteilt werden: Klasse A: a) Motorräder und Motorräder mit Beiwagen. Die Vorstufe A beschränkt die Lenkberechtigung für die Klasse A auf das Lenken von Leichtmotorrädern.

Die bisherige Gruppe AK (Kleinmotorräder bis 50 ccm, Höchstleistung 5 kW) ist mit Inkrafttreten der Richtlinie des Rates 91/439/EWG weggefallen, weil die Einschrän-kung der Lenkberechtigung auf AK mit der Richtlinie nicht vereinbar ist. Die bisherigen "Kleinmotorräder" fallen nun unter die Lenkberechtigung der Klasse A.

Im gegenständlichen Fall war das vom Bw gelenkte Kraftfahrzeug zweifelsohne nicht mehr als Motorfahrrad anzusehen, weil eben die Bauartgeschwindigkeit über 45 km/h lag, sondern war gemäß § 2 Abs.1 Z15 KFG 1967 als Motorrad anzusehen, für dessen Lenken auf Straßen mit öffentlichem Verkehr eine gültige Lenkberechtigung der Klasse A erforderlich ist.

Dass der Bw die mit dem Kraftfahrzeug technisch mögliche Höchstgeschwindigkeit tatsächlich nicht eingehalten hat, steht fest, ist aber für die Beurteilung des Tatvorwurfs irrelevant, weil dieser Umstand an der rechtlichen Qualifikation des Kraftfahrzeuges als Motorrad nichts zu ändern vermag.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zur Auffassung, dass der Bw den ihm im Punkt 2) zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal es sich bei dieser Bestimmung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt und der Bw nicht glaubhaft machen konnte, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen gemäß §§ 37 Abs.3 Z1 iVm Abs.1 FSG von 363 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe bzw im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die vom Bw angegebenen finanziellen Verhältnisse zugrundegelegt (Einkommen 465,98 Euro monatlich, kein Vermögen, Sorgepflichten für ein Kind), seine bisherige verwaltungs-strafrechtliche Unbescholtenheit zugrundegelegt und unter Anwendung des § 20 VStG die Mindeststrafe erheblich unterschritten hat, jedoch nicht bis zur Hälfte des Strafrahmens, was damit begründet wurde, dass die Unbescholtenheit als einziger Milderungsgrund nicht "erheblich" im Sinn des § 20 VStG zu sehen sei.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist im gegenständlichen Fall außer dem genannten Milderungsgrund auch der des § 34 Abs.1 Z1 StGB (laut Beschluss des BG P vom 31. Jänner 2001) anzunehmen, wobei diesbezüglich von einem erheblichen Überwiegen gegenüber dem Fehlen jeglicher erschwerender Umstände auszugehen ist. Auf dieser Grundlage war die Verhängung der Mindeststrafe im Sinne des § 20 VStG durchaus noch gerechtfertigt, zumal auch der Eindruck besteht, dass der Bw von der Begehung gleichartiger Übertretungen Abstand genommen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz sowie den Entfall eines 20%igen Kostenersatzes im Rechtsmittelverfahren ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Voraussetzungen des § 20 VStG bei Milderungsgrund gemäß

§ 34 Abs. 1 Z 1 StGB (Sachwalter) und Unbescholtenheit gegeben.

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 18.02.2005, Zl.: 2002/02/0227-7

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