Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108241/10/Fra/Ka

Linz, 22.07.2002

VwSen-108241/10/Fra/Ka Linz, am 22. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn MB, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 05.03.2002, VerkR96-3991-2000-Br, wegen Übertretung des § 102 Abs.3 KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.07.2002 iVm einem Lokalaugenschein, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 102 Abs.3 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.3b leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er am 21.11.2000 als Lenker des PKW´s auf der Gaisbacher Straße bei Strkm.0,800 im Ortschaftsbereich von Obergaisbach, Gemeinde Wartberg/Aist, Fahrtrichtung ortsauswärts, während der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung telefoniert hat, indem er ein Mobiltelefon (Handy) mit der rechten Hand an das rechte Ohr hielt.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

3. Der Bw behauptet, er habe zur Tatzeit während der Autofahrt nicht telefoniert. Zu dieser Zeit sei sein Handy, das er in einem Ablagefach seines KFZ aufbewahrt hatte, nicht eingeschaltet gewesen. Er habe das Handy auch dem Gendarmeriebeamten gezeigt. Er könne sich nicht vorstellen, dass jemand, der sein Fahrzeug mit ca. 50 km/h bewegt, den im entgegenkommenden Fahrzeug (auch ca. 50 km/h) sitzenden Lenker, bei einer Vorbeibeweggeschwindigkeit von ca. 100 km/h und getönten Scheiben, so genau beurteilen könne, was der Lenker in seiner rechten Hand halte. Es sei ihm auch rätselhaft, wie jemand, der sich an seiner linken Seite vorbeibewege (ca. 100 km/h) sehen könne, was sich an seinem rechten Ohr befinde oder nicht dort befinde. Da er sich mit dem Rechtsstaat identifiziere, sehe er nicht ein, für eine Verwaltungsübertretung bestraft zu werden, die er nicht begangen habe. Der Bw stellt den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie eines Lokalaugenscheines. Er beantragt seiner Berufung stattzugeben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.07.2002 iVm einem Lokalaugenschein. Der Bw wurde gebeten, sein Fahrzeug an der Tatörtlichkeit ortsauswärts zu lenken und sein Handy mit der rechten Hand an das rechte Ohr zu halten. Der Unterfertigte fuhr im Fahrzeug des Meldungslegers (ML) am Beifahrersitz mit. Sowohl der ML als auch der Bw hatten ein Handy mit. Es wurde vereinbart, dass man sich ca. bei der Tatörtlichkeit im Begegnungsverkehr trifft. Im Begegnungsverkehr konnte sowohl vom ML als auch vom Unterfertigten eindeutig festgestellt werden, dass der Bw ein Handy an sein rechtes Ohr hielt. Diese Vorgangsweise wurde insofern wiederholt, als der ML gebeten wurde, sein Fahrzeug an der Tatörtlichkeit ortsauswärts zu lenken und ein Handy an sein rechtes Ohr zu halten. Der Unterfertigte fuhr im Fahrzeug des Bw mit. Auch hier konnte vom Unterfertigten eindeutig festgestellt werden, dass der ML ein Handy an sein rechtes Ohr hielt. Auch der Bw gestand zu, dass er diese Wahrnehmung unmittelbar bei der Vorbeifahrt machen konnte. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass es möglich ist, im Begegnungsverkehr sowohl von der Fahrerseite als auch von der Beifahrerseite aus wahrzunehmen, dass ein entgegenkommender Lenker einen Gegenstand an sein rechtes Ohr hält, dies jedoch unter der Prämisse, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit nicht höher als 50 km/h beträgt und dass man bewusst auf diesen Umstand achtet, wobei noch auf das Kriterium des Sonnenstandes zu achten ist. Zur Vorfallszeit kann davon ausgegangen werden, dass die Sonne aus der Sicht des ML linksseitig von hinten schien.

Der Oö. Verwaltungssenat konnte jedoch nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon überzeugt werden, dass der ML eine Wahrnehmung dahingehend machte, ob der Bw tatsächlich ein Handy an sein rechtes Ohr hielt. Der ML räumte nämlich bei der Berufungsverhandlung ein, es könnte sich durchaus auch um einen anderen Gegenstand (Diktaphon oä) gehandelt haben. Für die Version des Bw sprechen auch folgende Umstände: Der Bw hat sich glaubhaft bemüht, einen Gesprächsnachweis beim Netzbetreiber zum Beweis dafür, dass er nicht telefoniert hat, zu erhalten. Ein derartiger Gesprächsnachweis wurde ihm jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen verweigert. Dem Oö. Verwaltungssenat ist auch aus anderen Verfahren bekannt, dass ein Passivgesprächsnachweis nur über richterlichen Beschluss erhältlich ist. Derartige Bemühungen würde wohl kein Beschuldigter auf sich nehmen, wenn er nicht davon überzeugt wäre, nicht telefoniert zu haben.

Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bleiben daher Zweifel darüber, ob der Bw tatsächlich bei der gegenständlichen Fahrt ein Mobiltelefon an das rechte Ohr gehalten hat, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" zu entscheiden war.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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