Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108258/2/Le/Ni

Linz, 13.06.2002

VwSen-108258/2/Le/Ni Linz, am 13. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der Frau E vertreten durch Rechtsanwalt gegen die Höhe der im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4.4.2002, Zl. VerkR96-261, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafe zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 17,40 Euro zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 16, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungs-strafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4.4.2002 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 87 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 23.4.2002, mit der beantragt wird, die verhängte Geldstrafe von 87 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden nach freiem Ermessen auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen.

Zur Begründung führte die Berufungswerberin aus, dass die belangte Behörde auf Grund ihres Geständnisses die in der Strafverfügung verhängte Strafe reduziert hätte, jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe in der gleichen Höhe belassen habe. Es hätte jedoch auch die Ersatzfreiheitsstrafe reduziert werden müssen.

Darüber hinaus wäre von der belangten Behörde die Unbescholtenheit nicht als mildernd bewertet worden.

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten habe aufgrund einer weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung der Berufungswerberin, begangen am 6.10.2001 im gleichen Ausmaß (33 km/h) die Strafe mit 72 Euro festgesetzt. Die Geschwindigkeitsübertretung wäre in diesem Fall bei einer Beschränkung auf 80 km/h begangen worden, im gegenständlichen Fall bei einer von 100 km/h. Es liege hier daher eine Ungleichbehandlung vor.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Nach § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung (VwGH 28.11.1966, 1846/65), die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH Verst Sen 25.3.1980 Slg 10077A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht.

Die Erstbehörde hatte die Strafe für die von der nunmehrigen Berufungswerberin begangene Verwaltungsübertretung in der Strafverfügung vom 8.1.2002 mit 109 Euro und einer Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden festgesetzt.

Im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis hat sie die Geldstrafe auf 87 Euro reduziert. Sie hat dabei auf ein Einkommen in Höhe von 1.700,95 DM monatlich sowie auf die Sorgepflicht für ein Kind Bedacht genommen; straferschwerend wurden keine Umstände berücksichtigt, strafmildernd wurde das Geständnis gewertet.

Die Erstbehörde hat somit im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) die subjektiven Umstände des § 19 Abs.2 VStG berücksichtigt und hat demgemäß die ursprünglich in der Strafverfügung verhängte Geldstrafe um ca. 25 % reduziert.

Eine Bestrafung in diesem Ausmaß entspricht nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenats dem Unrechts- und Schuldgehalt dieser Tat, wobei folgende Umstände zu berücksichtigen sind:

Bei der Beurteilung der Strafbemessung durch die Berufungsbehörde hat der Unabhängige Verwaltungssenat auch erst während des Berufungsverfahrens eingetretene oder bekannt gewordene Umstände wahrzunehmen. Demnach ist zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten ist, sondern vielmehr sogar eine einschlägige Vorstrafe aufzuweisen hat. Sie hat in ihrer Berufung selbst die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 15.3.2002 (die also zeitlich vor dem gegenständlichen Straferkenntnis erlassen wurde) vorgelegt, mit der sie wegen einer am 6.10.2001 (zeitlich also vor der gegenständlichen Tat) begangenen Geschwindigkeitsübertretung (ebenfalls um 33 km/h) bestraft worden war.

Wenngleich die Erstbehörde eine Unbescholtenheit als mildernd hätte werten müssen, kann eine solche nunmehr nach Kenntnis der einschlägigen Vorstrafe nicht mehr angenommen werden.

Zur behaupteten Ungleichbehandlung (gegenüber der Bestrafung durch die BH Amstetten) ist darauf hinzuweisen, dass es keinen für ganz Österreich verbindlichen einheitlichen "Strafenkatalog" oder dergleichen gibt, der für die einzelnen Geschwindigkeitsübertretungen einheitliche Strafen vorsehen würde (ein solcher würde der gesetzlichen Bestimmung des § 19 VStG widersprechen!), sodass ein Vergleich mit von anderen Behörden verhängten Strafen nicht zielführend ist. Es gibt kein Recht auf ziffernmäßig einheitliche Strafen, weshalb die Berufungswerberin durch die Verhängung von Strafen in verschiedener Höhe durch verschiedene Behörden in keinem Recht verletzt wurde.

Vielmehr sind die Strafen im Einzelfall nach den Grundsätzen des § 19 VStG individuell festzusetzen. Dabei sind subjektive und objektive Besonderheiten des Falles zu berücksichtigen:

In Anbetracht der (aus einer Reihe von früheren Berufungsverfahren betreffend Geschwindigkeitsübertretungen auf diesem Autobahnteilstück) bekannten Verkehrsdichte auf diesem Autobahnabschnitt, der neuralgischen Punkte durch die Zu- und Abfahrten nach L, A und der Autobahnraststätte, war die Verhängung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h erforderlich, um die Unfallzahlen zu senken. Gerade weil hier die Gefahr von Unfällen so besonders virulent ist, wirkt sich die Nichteinhaltung der verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung besonders nachteilig auf die Verkehrssicherheit im tatgegenständlichen Bereich aus. Eine Überschreitung des Tempolimits um 33 km/h erhöht die Unfallgefahr hier enorm, sodass eine höhere Bestrafung erforderlich ist, um die Gefährdung des geschützten Rechtsgutes, nämlich der Verkehrssicherheit, in diesem Bereich entsprechend berücksichtigen zu können.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 33 km/h nicht mehr bloß fahrlässig begangen werden kann:

Als Autolenker hat man immer wieder die Fahrgeschwindigkeit zu kontrollieren, insbesonders dann, wenn eine Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet ist, und man hat diese erforderlichenfalls auch immer wieder zu korrigieren. Das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit fällt einem verantwortungsbewussten Autolenker auch subjektiv auf und zwar erfahrungsgemäß bereits ab 10 bis 20 km/h. Ein Überschreiten der erlaubten Geschwindigkeit um 33 km/h musste der Berufungswerberin daher schon längst aufgefallen sein. Dadurch, dass sie das Tempo dennoch nicht reduziert hat, hat sie aber nicht mehr fahrlässig, sondern schon vorsätzlich gehandelt, was bei der Strafbemessung wiederum (straferhöhend) zu berücksichtigen war.

In Anbetracht all dieser Umstände ist daher festzustellen, dass die verhängte Geldstrafe ihrer Höhe nach tat- und schuldangemessen ist.

4.3. Was nun die Ersatzfreiheitsstrafe betrifft, die von der Erstbehörde in der Strafverfügung mit 48 Stunden festgesetzt und im Straferkenntnis trotz Herabsetzung der Geldstrafe nicht reduziert worden war, ist Folgendes festzuhalten:

Nach § 16 Abs.2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

In § 99 Abs. 3 Einleitungssatz StVO ist eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen vorgesehen.

Die Erstbehörde hatte daher die Ersatzfreiheitsstrafe im Rahmen von 0 Stunden bis 2 Wochen festzusetzen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Verwaltungsstrafrecht die für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe festzusetzende Arreststrafe nicht nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen (siehe hiezu etwa VwGH vom 25.1.1988, 87/10/0055). Dem Gesetz lässt sich nicht entnehmen, dass innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzarreststrafe bestehen müsse (VwGH vom 10.3.1987, 86/18/0206).

Die Berufungsbehörde ist berechtigt, die Geldstrafe mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse und die Sorgepflicht des Täters sowohl herabzusetzen, ohne die Ersatzarreststrafe niedriger zu bemessen, als auch die primäre Geldstrafe und die subsidiäre Arreststrafe in einem Verhältnis festzusetzen, welches nicht einer aus dem Verhältnis der Höchststrafsätze errechneten Schlüsselzahl entspricht (siehe VwGH vom 11.5.1990, 90/18/0022; 13.9.1991, 91/18/0093, 0094).

Die Erstbehörde hatte im ordentlichen Verfahren ebenfalls dieses Recht, die Geldstrafe (im Vergleich zur Strafverfügung) herabzusetzen, ohne die Ersatzfreiheitsstrafe zu reduzieren. Dies ergibt sich daraus, dass sie bei der Festsetzung der Strafen in der Strafverfügung die subjektiven Kriterien des § 19 Abs.2 VStG noch nicht berücksichtigen konnte, weil diese erst im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 44 VStG) hervorgekommen sind.

Die Erstbehörde hat im vorliegenden Fall die Ersatzfreiheitsstrafe, ebenso wie die verhängte Geldstrafe, im unteren Bereich des Strafrahmens festgesetzt und diese Strafbemessung auch begründet. Es besteht daher kein Rechtsanspruch der Berufungswerberin und keine Veranlassung der Berufungsbehörde, die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 87 Euro verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 17,40 Euro.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung:

Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe; Vergleich mit anderen Behörden