Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108260/9/BR/Rd

Linz, 17.06.2002

 

VwSen-108260/9/BR/Rd Linz, am 17. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P, vertreten durch Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8. April 2002, AZ.: VerkR96-1161-2002-Ro, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 11. Juni 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der erstinstanzliche Tatvorwurf bei unverändertem Text der Atemluftalkohol-
    gehalt auf "0,5985 mg/l" abzuändern ist. Die Geldstrafe wird auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf vierzehn Tage ermäßigt; als Strafnorm gelangt § 99 Abs.1b StVO 1960 zur Anwendung.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 100 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51e Abs.1 VStG

zu II: § 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine auf § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO 1960 gestützte Geldstrafe in Höhe von 1.162 Euro und für den Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von siebzehn Tagen verhängt, weil er am 10.02.2002 um 03.10 Uhr den Pkw, im Gemeindegebiet von Mauerkirchen, auf der Biburgerstraße, auf Höhe des Hauses Biburg Nr. , in Fahrtrichtung Biburg lenkte und sich hierbei aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 0,63 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

1.1. Hiezu führte die Erstbehörde begründend Nachfolgendes aus:

"Die Ihnen umseits zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos 5230 Mattighofen vom 10.02.2002 festgestellt und als erwiesen anzusehen.

Mit ha. Schreiben vom 14.02.2002, VerkR96-1161-2002-Ro, wurde Ihnen die ggst. Übertretung zur Last gelegt und wurden Sie aufgefordert, sich binnen 8 Tagen ab Zustellung (Hinterlegung) des ggst. Schreibens oder schriftlich bis zu diesem Zeitpunkt zu rechtfertigen, sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntzugeben.

Über Ihre rechtsfreundliche Vertretung erstatteten Sie mit Schreiben vom 01.03.2002 eine Rechtfertigung, in der Sie anführen, dass ggst. der Alkomat der Marke Siemens in Verwendung gestanden wäre, dessen Beweissicherheit schwer in Frage stünde, wie den von Ihnen beigelegten Medienausschnitten zu entnehmen wäre.

Das bayrische Verwaltungsgericht München hätte im Urteil vom 30.04.2001 ausgeführt, dass das Gericht schon allein wegen der Bauart des von den österreichischen Behörde verwendeten Atemalkoholtestgerätes nicht von einer richtigen Messung ausginge.

Nach dem Gutachten zur Prüfung der Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse wird die Messung der Atemluftalkoholkonzentration unter Verwendung zweier unterschiedlicher Messsysteme empfohlen, welche eine unterschiedliche analytische Spezifität aufwiesen, sodass der Einfluss von Fremdsubstanzen damit ausgeschlossen werden könne.

Die Zulassung besitze in der BRD lediglich das Atemluftalkoholanalysegerät der Herstellerfirma Dräger.

Diese Ausführungen werden in der Stellungnahme vom 05.04.2002 im Wesentlichen wiederholt.

Aus den genannten Gründen stellten Sie den Antrag, die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn möge das ggst. Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Hierüber hat die Behörde wie folgt erwogen:

Der ggst. in Verwendung gestandene Alkomat der Marke Siemens M 52052/A 1 5, Geräte Nr. W 395, letzte amtliche Überprüfung am 18.01.2002, war zum Zeitpunkt des Einsatzes am 10.02.2002 laut Mitteilung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 13.03.2002 geeicht. Die Eichung erfolgte durch einen Beamten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen am 25.01.2001 und endet die gesetzliche Nacheichfrist somit am 31.12.2003.

Die eichamtliche Bestätigung ist somit erbracht und wurde Ihnen auch zur Kenntnisnahme übermittelt.

Weiters wurde über den Gendarmerieposten Mattighofen das Überprüfungs- bzw. Kalibrierungsprotokoll des ggst. in Verwendung gestandenen Alkomaten eingeholt und ergab dieses, welches Ihnen ebenfalls zur Kenntnis gebracht wurde, dass der zum damaligen Zeitpunkt im Einsatz gestandene Alkomat ordnungsgemäß überprüft bzw. kalibriert war.

Überdies hat ein Urteil eines bayrischen Verwaltungsgerichtshofes auf die Rechtsprechung im Gebiet der Republik Österreich keinen Einfluss und muss aufgrund des Eichscheines und des Überprüfungsprotokolles von der Vornahme einer ordnungsgemäßen Atemalkoholmessung ausgegangen werden.

Ein Abzug von Verkehrsfehlergrenzen, wie von Ihnen in der ggst. Rechtfertigung gefordert, ist nicht vorzunehmen, da laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.1993, ZVR 1994/74, ein Abzug von Verkehrsfehlergrenzen nicht vorgenommen werden darf. Es ist vielmehr realistischer Weise davon auszugehen, dass die Messung der Atemluftalkoholkonzentration richtig vorgenommen wurde.

Aus den genannten Gründen war die ggst. Messung zu verwerten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß Grundlage hiefür gemäß § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung vom 14.02.2002 nicht bekanntgegeben haben, wurde bei der Bemessung der Strafe von der Ihnen mitgeteilten Schätzung (mtl. 950 Euro Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) ausgegangen.

Beim vorgegebenen Strafrahmen - bei § 99 Abs.1a StVO 1960 von 872 Euro bis zu 4.360 Euro- ist die verhängte Strafe auch dem Unrechtsgehalt der Tat angepasst und schuldangemessen.

Straferschwerend wirkte eine einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 1999. Strafmildernd lagen keine Umstände vor.

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages gründet in der bezogenen Gesetzesstelle.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber aus:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 08.04.2002, VerkR96-1161-2002-Ro, erhebe ich nachstehende

BERUFUNG

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Entgegen der Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft habe ich gegenständlich nicht eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1a, sondern eine solche nach Abs.1b StVO zu verantworten, weil vom gegenständlich mit einem Alkomaten der Marke Siemens gewonnenen Meßergebnis von 0,63 mg/l AAG die Verkehrsfehler- bzw. Eichfehlergrenze im Sinne der bekannten Stellungnahmen und der Zulassungsbestimmungen des BEV abgezogen werden muß, was nicht mit einer für das Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit auf einen Wert von 0,6 mg/l oder mehr kommen läßt.

Zieht man vom Meßwert 0,63 mg/l 5% ab, erhält man einen Wert von unter 0,6. Berücksichtigt man den Umstand, dass das Meßgerät auf zwei Kommastellen rundet und geht man zu Gunsten des Beschuldigten davon aus, dass der niedrigere Meßwert 0,625 mg/l betrug, kommt man unter Abzug der Eichfehlergrenze auf einen gesicherten Wert von lediglich 0,594.

Die Notwendigkeit des Abzuges der Verkehrsfehlergrenze vom Alkomatmeßwert ist keine Rechts- sondern eine Sachfrage, welche mittels Sachverständigenbeweis zu lösen ist.

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen hat das in Rede stehende Gerät eingehend geprüft und ist zum Ergebnis gekommen, dass die Eichfehlergrenze 5 % vom Meßwert beträgt, weswegen die bekannte Stellungnahme des BEV hinsichtlich der Notwendigkeit dieses Abzuges sowie die Zulassungsbestimmungen des BEV betreffend dieses Gerät als Sachverständigengutachten zu werten sind.

Beweis: Einholung eines technischen Amtssachverständigengutachtens, Verlesung der Akte VwSen-108058;

Im jüngst abgeführten Berufungsverfahren vor dem UVS des Landes Oberösterreich, VwSen-108058 (Erkenntnis vom 19.03.2002, VwSen-108058/11/Br/Ni) wurde ein technischer Amtssachverständiger mit dieser Frage befaßt und hat dieser in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Verkehrsfehlergrenze berücksichtigt werden muß.

Ich stelle daher höflich den

ANTRAG,

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung dahingehend Folge geben, dass ein Schuldspruch nach § 99 Abs. 1b StVO gefällt und die Geldstrafe mit € 850,-- festgesetzt wird.

Die von der Erstbehörde geschätzten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse sind richtig.

Mattighofen, am 26.4.2002 P"

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Berufungsentscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts des Klärungsbedarfs des Sachverhaltselementes der Verkehrsfehlerproblematik erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, Zl. VerkR96-1161-2002-Ro. Ferner wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Herrn Ing. B, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen als sachverständigen Zeugen, sowie durch Verlesung und sachverständiger Erörterung einer wissenschaftlichen Abhandlung von Klaus-Dieter Sommer, Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen, über die "Messunsicherheit und Fehlergrenzen im gesetzlichen Messwesen."

Einbezogen in den hier zu beurteilenden Sachverhalt wurde das Urteil des VG München, Zl. M6b K00.3083, sowie das darin zitierte Gutachten von Prof. Dr. Jochen Wilske, "Die beweissichere Atemluftprobe", veröffentlicht in DAR (Deutsches Autorecht) 1/2000.

Die Behörde erster Instanz verzichtete in Antwort auf die h. Einladung mit der schriftlichen Mitteilung vom 27. Mai 2002 auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Sie verwies in diesem Schreiben auf die abweichende h. Judikatur vom 10.5.2002, VwSen-108122/16/Sch/Rd, worin auf das Erkenntnis des VwGH v. 20.5.1993, 93/02/0092 und weiterführende Judikatur Bezug genommen wird. Der Verwaltungsgerichtshof führt u.a. aus, dass "die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Fehlergrenzen (§ 39 Abs.2 Z. 2 und 3 Maß- und Eichgesetz) im Gesetz nicht vorgesehen sei". Unter weiterem Hinweis auf die seitens der Behörde erster Instanz gegen den Berufungswerber verhängten administrativen Maßnahmen (Entzug der Lenkberechtigung auf zehn Monate und ein ebenfalls für diesen Zeitraum ausgesprochenes Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtfahrzeugen und Invalidenfahrzeugen) wurde ersucht, dieses Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Zum Sachverhalt hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Unbestritten steht fest, dass der Berufungswerber am 10.2.2002 um 03.10 Uhr im Gemeindegebiet von Mauerkirchen ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte. Die an seiner Person um 03.32 Uhr und 03.33 Uhr vorgenommene Atemluftuntersuchung mit dem Alkomaten der Marke Siemens, GeräteNr. W02-395, erbrachte ein angezeigtes Ergebnis von 0,68 mg/l und 0,63 mg/l.

Gemäß der Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (folglich kurz: BEV), sowie der eingesehenen Wartungsunterlagen war das Gerät zum Zeitpunkt der hier verfahrensgegenständlichen Verwendung auch ordnungsgemäß geeicht und laut Amtsblatt für das Eichwesen Nr. 6/1990, unter der Zl. 41 483/90, zugelassen. Die Verwendung erfolgte unbestritten bleibend im Sinne der Zulassungsbedingungen.

Aus diesen geht aber andererseits auch hervor und damit ist dem Berufungswerber in seinen Ausführungen zu folgen, dass bei diesem Gerät von einer Eich- bzw. Verkehrsfehlergrenze im hier verfahrensgegenständlichen Umfang von +/- 5% vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l Atemalkoholgehalt (nachfolgend kurz: BAG) auszugehen ist. Beim Verkehrsfehler handelt es sich um einen sogenannten messtechnisch bedingten Graubereich, innerhalb dessen der angezeigte Wert nicht endgültig garantiert werden kann. Der sogenannte "Verkehrsfehler" ist daher als Beweis- und Tatsachenfrage verfahrensrelevant und im Rahmen der "freien Beweiswürdigung" zu beurteilen.

In diesem Zusammenhang legte auch der Sachverständige im Rahmen der unmittelbaren Beweisaufnahme erklärend dar, dass bei einem grenzwertigen Ergebnis das tatsächliche Ergebnis im Umfang des Verkehrsfehlers geringer sein kann, wenngleich in aller Regel das tatsächliche Ergebnis auch dem Angezeigten weitgehend entsprechen wird. Im Sinne des im Strafrecht geltenden Grundsatzes "im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten" ist demnach unter gewissenhafter Würdigung von einer gesicherten Beweislage nur bei einem Messwert unter Berücksichtigung (abzüglich) des Verkehrs- bzw. Eichfehlers auszugehen.

Der sachverständige Zeuge - der für die Eichungen und Überprüfungen der Atemluftmessgeräte ständig betraute Beamte des BEV - erklärte in gut nachvollziehbarer und illustrativer Form den Verkehrsfehler dahingehend, dass etwa beim Abzählen von 100 Bausteinen durch 100 Personen Zählergebnisse eben von 95 bis 105 vorkommen könnten. Diese empirische Schwankungsbreite sei mit dem Verkehrsfehler vergleichbar. Der sachverständige Zeuge legte damit auch in einer für den Nichttechniker in nachvollziehbarer Weise diese Problematik dar, sodass letztlich (nur) im Sinne der Intention des Eichwesens "außerhalb dieses Graubereiches" in schlüssiger Beweiswürdigung von einem gesicherten Beweis ausgegangen werden kann. Würde man dies unberücksichtigt lassen, wäre der Sinn und Zweck der Eichvorschrift ad absurdum geführt, und diente dieser wohl nur dem Selbstzweck. Es wäre auch wohl mehr als bedenklich, eine international geltende und dem Schutz des Bürgers vor Folgen falscher Messungen im geschäftlichen und amtlichen Verkehr dienende Schutzvorschrift [Richtlinie der Organisation für das internationale Messwesen über die beweissicheren Atemalkoholmessgeräte - OIMLR Nr. 126, deren Umsetzungsmaßnahme in der Zulassung iVm den Verwendungsrichtlinien zu erblicken ist] zu ignorieren.

Zu folgen ist dem Berufungswerber auch darin, dass nach dem h. Erkenntnis vom 19.3.2002, VwSen-108058/Br/Ni, welches inhaltlich auch auf Urteil des VG-München und die darin angeführten wissenschaftlichen Untersuchungen - Auswirkungen auf die österr. Judikatur sind bis dato nicht erkennbar - Bezug nahm, Schwankungen in den Blut- und Atemluftalkoholkonzentrationen zwischen 0,740 zu 1 bis 3,290 zu 1 nachgewiesen worden sind (Hinweis auf das Gutachten von Prof. Wilske, Institut für Rechtsmedizin, Universität des Saarlands, Homburg ["Die beweissichere Atemalkoholprobe - Wie beweissicher ist sie?" in DAR 2000, 16, 19]).

Demnach wird beim Alkomaten in der deutschen Judikatur vereinzelt die Grenzwertsicherheit in Frage gestellt und folglich weitergehend als nicht ausreichendes Beweismittel für eine richterliche Überzeugungsbildung erachtet. Dies wohl, weil in Deutschland - mit Ausnahme der als Ordnungswidrigkeiten qualifizierten Minderalkoholisierungen - primär auf den mit dem Atemalkoholwert nicht korrelierenden Blutalkoholwert abgestellt zu werden scheint (Beschluss des OLG Stuttgart v. 6.7.2000, 2 Ss 295/00, sowie Dr. W. Mathias, Presseinformation der Universität Köln 120/1996).

Auch diese nicht von der Hand zu weisenden Überlegungen bedingen die zwingende Berücksichtigung des Verkehrsfehlers im Rahmen der Beweiswürdigung.

Angesichts der nunmehr bekannten nicht starren Umrechenbarkeit der beiden Werte Blutalkoholwert und Atemalkoholwert (folglich kurz: BAW und AAW) scheidet auch eine formelhafte Umrechnung oder gegenseitige Austauschbarkeit bzw. Überprüfbarkeit weitgehend aus.

Unter Bedachtnahme auf die Gleichrangigkeit der Beweistauglichkeit der Feststellungsmethoden scheint es unlogisch, bei einem grenzwertigen Atemluftwert auf ein nicht vergleichbares Parameter - den BAW - über die sogenannte "Freibeweistheorie" zurückzugreifen.

Vor diesem Hintergrund scheint es daher nunmehr zwingend, den Verkehrsfehler eines Alkomaten im Rahmen der Beweiswürdigung zu Gunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen. Die Messtauglichkeit des Alkomaten als solche wird aber gerade nicht in Frage gestellt.

Laut Stellungnahme des BEV vom 16.1.2002 an das Bundesministerium für Inneres wurde dieser Alkomat im Rahmen des Zulassungsverfahrens ausführlichen Prüfungen unterzogen.

Für den Oö.Verwaltungssenat ergaben sich andererseits im Rahmen dieses Beweisverfahrens keinerlei Hinweise, wonach das hier verwendete Messgerät nicht geeignet wäre, den Atemalkoholgehalt außerhalb der Fehlergrenzen in einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit zu messen.

Dies gelangte im Rahmen des ausführlichen Beweisverfahrens, insbesondere durch die Ausführungen des sachverständigen Zeugen zum Ausdruck. Dieser kam resümierend zum Ergebnis, dass insbesondere bei dem hier verfahrensgegenständlichen Gerät, auf Grund der festgestellten geringen Abweichungen bei den periodischen Genauigkeitsprüfungen, die Wahrscheinlichkeit der Ausschöpfung des 5%-Rahmens [maximum permissible error] wohl sehr gering sei. Dennoch wäre nicht auszuschließen, dass es sich bei dieser Messung nicht doch um eine am unteren Rande des Spektrums (die um 5% nach unten zu korrigieren ist) handelte. Die Würdigung des hier vorliegenden Sachbeweises zwingt daher zu der für den Berufungswerber günstigsten Annahme, weil eben ein Beweis nur innerhalb dieses - durch die Eichung gesicherten - Rahmens als erbracht angesehen werden kann! Der sachverständige Zeuge wies ferner auch auf das bereits anlässlich der Einführung der sogenannten Alkomaten im Fachkreis herrschende Verständnis von je selbständige - gemeint wohl: nicht gegenseitig vergleichbare - Parameter von Blut- und Atemluftwert hin.

Inwieweit sich das von der Behörde erster Instanz zitierte, im Ergebnis gegenläufige Erkenntnis vom 10.5.2002, VwSen-108122/16/Sch/Rd, mit dieser Sachproblematik auseinandersetzte bzw. auf Grund welcher Würdigung im bezughabenden Verfahren der Verkehrsfehler nicht in diesem Umfang zu berücksichtigen war, muss hier dahingestellt bleiben.

Daher ist dem Berufungswerber mit seinem Vorbringen zur Frage der Verkehrsfehlergrenze, wonach bei einem bestimmten Testergebnis dieses +/- 5% bzw. zumindest jedoch um 0,02 mg/l sowohl nach oben, aber auch nach unten abweichen kann und das vorliegende Messergebnis um diesen Wert zu seinen Gunsten zu reduzieren ist, Recht zu geben.

Ziel des gesetzlichen Messwesens ist der Schutz des Bürgers vor den Folgen falscher Messungen im geschäftlichen und amtlichen Verkehr. Im Sinne dieses Schutzes bedarf es der Festlegung sogenannter Mess- und Verkehrsfehlergrenzen (Sommer, Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen, Messunsicherheit und Fehlergrenzen im gesetzlichen Messwesen, S 15).

Der sachverständige Zeuge Ing. B führte dazu im Ergebnis aus:

"Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, dass hier bei beiden Messungen (0,68 mg/l (!) und 0,63 mg/l) das tatsächliche Ergebnis beim zweiten (niedrigeren) Messwert rechnerisch jedenfalls unter 0,6 mg/l [0,5985] lauten könnte (vgl. auch Schreiben des BEV vom 19. Juli 2000, GZ. 4779/2000). Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Unterschreitung sehr gering sein mag, scheint es nicht vertretbar, im Wege einer gegenläufigen Beweiswürdigung die gesetzliche (Schutz-)Intention des Eichwesens dadurch im Ergebnis ins Leere laufen zu lassen.

Somit kann unter Berücksichtigung des Verkehrsfehlers im vorliegenden Fall lediglich eine Atemluftalkoholkonzentration von knapp unter 0,60 mg/l als erwiesen gelten.

Diese Beweiswürdigung stützt sich auf die rechnerisch technischen Fakten und die die darauf bezogenen (mess- u. eich-)technischen und (eich-)rechtlichen Quellen.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

§ 5 Abs.1 Z1 StVO lautet:

"Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt."

Nach § 5 Abs.3 leg.cit. ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

§ 99 Abs.1a und 1b lauten:

(1a) "Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 581 Euro bis 3.633 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt."

5.1. Der Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis v. 20.5.1993, 93/02/0092, ist im Lichte der zwischenzeitig anderen Rechtslage gerade kein zwingendes rechtliches Argument, um einen bestehenden Verkehrsfehler als irrelevant zu betrachten. In diesem Erkenntnis wird wohl ausgeführt, dass die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Fehlergrenzen (§ 39 Abs.2 Z2 und 3 Maß- und Eichgesetz) im Gesetz nicht vorgesehen sei, wobei jedoch ausdrücklich auf die damalige Rechtslage der StVO Bezug genommen wurde. Nach § 39 Abs.2 Z3 Maß- und Eichgesetz enthalten die Eichvorschriften insbesondere, "die im eichpflichtigen Verkehr zulässigen Abweichungen von der Richtigkeit (Verkehrsfehlergrenzen)". Entsprechend der Alkomatverordnung, BGBl.Nr. 789/1994, zuletzt geändert durch BGBl.II Nr. 147/1997, besitzt u.a. auch das hier verwendete Gerät die Eichfähigkeit.

Ein geeichtes Gerät darf nur innerhalb der Eichfehlergrenzen unrichtig anzeigen. Öffentliche Urkunden "begründen den vollen Beweis dessen, was darin von der Behörde amtlich verfügt oder erklärt oder von der Behörde....... bezeugt wird" (§ 47 AVG iVm § 292 Abs.1 ZPO). Die öffentliche Urkunde - hier in Form der Eichbestätigung - dient als Beweismittel im Verfahren und hat die Wirkung einer praesumptio iuris des Beurkundeten zur Folge (Benjamin Davy, Rechtsfragen im Eichwesen, ZfV 1982, 139). Es scheint daher nicht vertretbar, ein Ergebnis das von einer durch Eichung erfolgten Beurkundung nicht (mehr) umfasst ist, durch eine ziffernmäßig nicht korrelierende Größe im Hinblick auf dessen Richtigkeit bekräftigen zu wollen. Auch daraus ergibt sich das Gebot der inhaltlichen Anerkennung des Verkehrsfehlers.

Gemäß § 5 Abs.4a StVO in der Fassung der 13. Novelle galt das Ergebnis einer nach § 5 Abs.2a lit.b StVO 1960 vorgenommenen Untersuchung der Atemluft als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung, es sei denn, dass eine Bestimmung des Blutalkoholgehaltes etwas anderes ergab. Schon in diesem Erkenntnis spricht der Gerichtshof von Fehlern (gemeint wohl Messfehler) und in diesem Zusammenhang von der Zulässigkeit eines "Gegenbeweises" durch eine Blutabnahme (die damals in der StVO im anderen Umfang vorgesehen war als heute), welche dem Betroffenen zu erbringen frei stehe. Damals war vom Gesetzgeber der Blutuntersuchung (noch) eine höhere Beweiskraft zugedacht. Die vorgenommene - hier auf ein Messergebnis bezogene - Beweiswürdigung hatte aber dennoch schlüssig zu sein, d.h. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu entsprechen (VwGH 6.10.1993, 91/17/0175).

Der Gesetzgeber ging schließlich bei der Neufassung des § 5 StVO durch die 19. StVO-Novelle von der "Gleichwertigkeit" der Atemalkoholmessung zur Blutuntersuchung aus (vgl. Erläuterungen - besonderer Teil - der Regierungsvorlage zu § 5 Abs.5 leg. cit., 1580 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVIII. GP, S. 20, und Feststellungen des Verkehrsausschusses zu § 5 Abs. 8 leg. cit. im Bericht zur 19. StVO-Novelle, 1711 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVIII. GP, S. 4 - dazu auch ausführlich Kaltenegger; Zur Beweiskraft des Alkomaten, ZVR 2001, 299).

Den Verkehrsfehler mit einer Blutuntersuchung zu belegen, würde einerseits den Alkomaten in der Praxis wieder als zweitrangig in der Beweistauglichkeit einstufen. Andererseits würde eine in aller Regel mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen erfolgende Blutabnahme wieder zu nur schwer voll- und nachvollziehbaren Problemen mit der Rückrechnung - bei wiederum strittigen Abbauwerten - führen. Ein Beweis über eine Untersuchung des mit entsprechender Verzögerung abgenommenen Blutes, würde daher vielfach wohl auf noch wackeligeren Beinen als die grenzwertige Atemluftuntersuchung selbst stehen. Dass bei einer grenzwertigen Messung der Verkehrsfehler nicht in "voller Bandbreite" zu Gunsten des Probanden durchschlug, würde wohl auch nach Beiziehung medizinischer Sachverständiger mit Zweifel behaftet bleiben, die nicht zum Nachteil des Betroffenen gewürdigt werden dürften. Auch mit Blick darauf kann eine solche Intention dem Gesetzgeber nach der 19. StVO-Novelle wohl nicht (mehr) zugesonnen werden. Zusätzlich müssten durchaus auch Bedenken in Richtung des Sachlichkeitsgebots erblickt werden, wenn der einem Betroffenen zugemutete sogenannte Freibeweis insbesondere der ländlichen Bevölkerung von faktischen Gegebenheiten vorenthalten bliebe, während es in Ballungszentren leicht möglich ist, innerhalb von Minuten eine öffentliche Krankenanstalt zu erreichen.

Als inkonsequent müsste es schließlich auch gelten, wenn einerseits der Tatbestand des § 5 Abs.1 StVO 1960, etwa bereits bei einem Atemalkoholgehalt von unter 0,4 mg/l oder einem Blutalkoholgehalt von unter 0,8 Promille vorliegen kann, wenn dies anlässlich einer entsprechenden amtswegig herbeigeführten Untersuchung festgestellt wird, im Falle einer Unterschreitung dieses Wertes im Sinne der Verkehrsfehlergrenze sich ein Betroffener selbst um dieses - nur schwer bis unmöglich erbringbare - Beweismittel zu kümmern hätte. Abermals mit Blick darauf kann der Rechtsordnung nicht zugesonnen werden, mit zweierlei Maß zu messen.

Schließlich wurde verschiedentlich in Literatur und Judikatur schon bisher eine starre Beweisregelung in Grenzwertbereichen des Atemluftalkoholgehaltes mit Blick auf Art.6 EMRK als verfassungsrechtlich problematisch erachtet. Es sei mit einem fair Trial unvereinbar, einen häufig nicht oder nur schwer erbringbaren Gegenbeweis in Form einer als "Freibeweis" beizuschaffenden Blutuntersuchung auf den Beschuldigten überzuwälzen (vgl. Steindl/Neuninger/Missliwetz/Kreuzer/Ellinger, Der Alkomat aus der Sicht des Gerichtsmediziners ZVR 1991, 289, mit Hinweis auf VfGH v. 1.3.1991, G 274/90 u.a.).

Daher kann die Frage des Verkehrsfehlers nicht mehr als Rechtsfrage der Realität enthoben, sondern muss vielmehr als Tatsachenfrage im Rahmen der Beurteilung und Würdigung eines Beweismittels gesehen werden.

Diese Sichtweise ist vor allem auch im Sinne der Rechtssicherheit indiziert. Auch scheint in Abwägung gegenläufiger rechtlich geschützter Interessen, nämlich Einzelfallgerechtigkeit und Verkehrssicherheit, letzterer durch eine um etwa zwei hundertstel Milligramm Atemalkoholgehalt höhere Toleranz, durchaus vertretbar, hier dem Schutz des Bürgers vor zweifelhaften Tatsachenannahmen der Vorzug zu geben.

In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes selbst, lässt sich die Problematik des sogenannten "Freibeweises" nachvollziehen. Während etwa die Auswertung einer von einem Probanden beigebrachten Blutprobe durch das Institut für gerichtliche Medizin der Universität Wien, bezogen auf den Zeitpunkt der Blutabnahme eine Blutalkoholkonzentration von 0,60 Promille ergab, wurde in diesem Fall nach einer sogenannten Amtsbeschwerde das darauf gestützte einstellende Erkenntnis eines Unabhängigen Verwaltungssenates mit Hinweis auf den gemessenen Atemluftalkoholgehalt (0,41 mg/l u. 0,42 mg/l) als unschlüssig behoben (VwGH 3.11.2000, 98/02/0159). Andererseits drang ein Beschwerdeführer, dessen Atemluftalkoholgehalt 0,4 mg/l betrug und dem - aus welchen Gründen immer - in einem Krankenhaus die Blutabnahme zum "Gegenbeweis" verweigert wurde, mit seiner Beschwerde unter Hinweis auf das "gleichwertige" Beweisergebnis der Atemluftuntersuchung nicht durch (VwGH 25.6.1999, 99/02/0107). Dies belegt einmal mehr die überwiegende beweis- und weniger rechtsorientierte Problematik grenzwertiger Ergebnisse.

Es ist selbst bei einem Blutalkoholgehalt von unter 0,8 Promille bzw. einem Atemluftalkoholgehalt von unter 0,4 mg/l möglich, dass eine die Fahruntauglichkeit bedingende Beeinträchtigung - nach den Umständen des Einzelfalls - vorliegt (ebenfalls VwGH 28.5.1993, 93/02/0092 mit weiteren Judikaturhinweisen). Weil es schließlich für diese Annahme auf der Sachebene eines weiteren Tatsachenbeweises (in Form einer amtswegig zu veranlassenden klinischen Untersuchung) bedarf, wäre es abermals inkonsequent und die im gesetzlich definierten Wert gründende "unwiderlegbare Rechtsvermutung" unterlaufend, würde der Verkehrsfehler des Alkomaten - bei fehlenden klinischen Symptomen - vorerst ignoriert, dem Betroffenen aber die Beweislast im Grenzwertbereich - hinsichtlich des im Wege eines Messwertes eben noch nicht gelungenen Sachbeweises - auf eine andere Beweisführungsebene (Blutalkoholwert) in Eigenregie zu übertragen (Kaltenegger; Zur Beweiskraft des Alkomaten, ZVR 2001, 299).

Dies lässt sich vor allem nicht mit den strengen Regeln an die Beweisanforderungen im Strafrecht in Einklang bringen und würde dem Zweck der Zulassungs- und Verwendungsbestimmungen und wie oben schon dargelegt, die Intention des Eichgesetzes zur inhaltsleeren Hülse, d.h. zum Selbstzweck degradieren.

Im bereits zitierten Fachbeitrag von Sommer wird zusammenfassend die Definition von Fehlergrenzen auch noch damit begründet, "das gesetzliche System (gemeint Messsystem) einerseits robust gegenüber Messgerätealterung und anderen Einflüssen zu machen. Andererseits gestattet die Festlegung von Eichgültigkeitsperioden, während derer auch Nicht-Fachleuten (gemeint wohl keine Messtechniker) (Mess-)Geräte rechtskonform verwenden können." Das würde nach Sommer dadurch erkauft, dass mit Fehlergrenzen die Einflüsse nur summarisch erfasst und nicht die Gegebenheiten mit individuellen Unsicherheitsanalysen ausgeschöpft werden (Seite 20, Punkt 6). Durchaus vergleichbare Schlussfolgerungen waren aus den Ausführungen des h. gehörten Sachverständigen zu ziehen!

Die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Eich- und Verkehrsfehlergrenzen - wie etwa bei Radar- und Lasermessungen und auch bisher schon bei Grenzwerten in Verfahren betreffend Alkohol beim Lenken eines KFZ innerhalb der Grenzen des Führerscheingesetzes (0,25 mg/l) - ist somit eine Sach- und Beweisfrage. Dies folgt vor allem mit Blick auf die weitreichenden Rechtsfolgewirkungen in den verschiedenen Strafrahmen einerseits und die gravierenden Unterschiede in der Entzugsdauer im Administrativverfahren über die Lenkberechtigung andererseits.

Dabei kommt auch den rechtlichen Argumenten des Berufungswerbers mit Hinweis auf Art.6 Abs.3 lit.d EMRK ganz besondere Bedeutung zu. Mit dem Geist eines fairen Verfahrens ist es nach h. Auffassung nicht vereinbar, einen von der Rechtsordnung als technische Größe festgelegten Verkehrsfehler, zum Nachteil des Beschuldigten unberücksichtigt zu lassen bzw. die unwiderlegliche Rechtsvermutung und Rechtsfolgewirkung von auf gänzlich anderen Wertparameter basierenden Entlastungsbeweisen abhängig zu machen. Ein solcher Beweis ist, wie bereits mehrfach ausgeführt ist, in der Lebenspraxis in vielen Fällen objektiv nicht erbringbar, wobei er überdies mit einem physischen Eingriff in den eigenen Körper und mit hohen Kosten verbunden ist. Dem Gesetzgeber kann auch nicht ein im Ergebnis dahingehend widersprüchliches Regelungsziel zugesonnen werden, dass ein exakt normierter Atemluftalkoholwert, durch Nichtberücksichtigung eines zu diesem Wert führenden Messverfahrens in Figur eines normierten Verkehrsfehlers unberücksichtigt bleiben sollte.

Abschließend ist zur Frage der Beweiswürdigung noch zu bemerken, dass die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen hat. Die Unterstellung eines Sachverhaltes auf Grund von Indizien - hier in Form einer von einem Verkehrsfehler behafteten Messung - würde dem Grundsatz eines fairen Verfahrens widersprechen. Im Lichte der obigen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes mit dem dort angezogenen Hinweis zur freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren, ist an einen Beweis ein strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlußfolgerung zu stellen (dazu insb. Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372).

Der Verfassungsgerichtshof geht etwa im Bereich der sogenannten Ungehorsamsdelikte schon davon aus, dass § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986).

Abschließend ist die Problematik darauf zu reduzieren, dass es um Hundertstelwerte geht, welche hinsichtlich der Verkehrssicherheit kaum, jedoch für den Rechtsschutz sehr wohl als Defizit zu Buche schlagen.

Weil im gegenständlichen Fall ein eindeutiges Beweisergebnis im Hinblick auf die Überschreitung des gesetzlich normierten Grenzwertes nicht vorliegt, war hier von einem Beweis nur innerhalb des Bereiches von über 0,4 mg/l, jedoch weniger als 0,6 mg/l auszugehen. Selbst wenn nur Zweifel am Tatvorwurf bestehen, gilt der Nachweis als nicht erbracht (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. sinngem; Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Da nunmehr von einem anderen strafsatzbegründenden, jedoch von einem Alkoholisierungsgrad unmittelbar am Rand der empfindlich höheren Strafbarkeit auszugehen ist, erscheint die nunmehr verhängte Geldstrafe (gesetzlicher Strafrahmen von 581 Euro bis 3.633 Euro) tat- und schuldangemessen. Ausgehend von einem mit unter 1.000 Euro anzunehmenden unterdurchschnittlichen Einkommen, scheint unter Bedachtnahme auf die straferschwerende einschlägige Vormerkung die nunmehr festgesetzte Strafe gerecht. Die Ersatzfreiheitsstrafe konnte mit Blick darauf im Verhältnis zur Geldstrafe geringfügig höher bemessen werden.

Abschließend sei festgestellt, dass die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig wäre. Mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kommt die Anwendung dieses Rechtsinstitutes nicht in Betracht. Die Verwerflichkeit einer Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 ist umso größer, je mehr Alkohol ein Betroffener vor dem Lenken zu sich genommen hat (ebenfalls VwGH 28.5.1993, 93/02/0092). Diese Betrachtung gilt innerhalb der im § 99 Abs.1 StVO 1960 festgelegten strafsatzändernden Abstufungen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG liegen mit Blick darauf ebenfalls nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 18.02.2005, Zl.: 2002/02/0220-5

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