Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108267/18/Fra/Ka

Linz, 16.09.2002

VwSen-108267/18/Fra/Ka Linz, am 16. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn SD vertreten durch die Herren RAe Prof. Dr. H, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.4.2002, Az: S-13902/01 VP, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1 bis 3 (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und § 4 Abs.2 StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird insofern behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Für den Berufungswerber entfällt hinsichtlich dieser Verfahren die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretungen der § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und § 4 Abs.2 StVO 1960, jeweils gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von je 215 Euro (EFS je vier Tage) und wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 55 Euro (EFS 32 Stunden) verhängt, weil er in Linz am Schatzweg nächst Nr. , in Fahrtrichtung Altenberger Straße am 14.6.2001 um 00.45 Uhr den PKW Kennzeichen gelenkt hat und

  1. es als Lenker dieses Kraftfahrzeuges unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, sein Fahrzeug sofort anzuhalten,
  2. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden noch vor der polizeilichen Unfallaufnahme Alkohol konsumierte und
  3. die nächste Sicherheitsdienststelle sofort zu verständigen;
  4. beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, da er mit dem von ihm gelenkten Kfz auf ein vor ihm in derselben Fahrtrichtung befindliches Kfz aufgefahren ist.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) entscheidet.

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.9.2002 erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960):

Der Bw bestreitet, dass es bei dem verfahrensgegenständlichen Vorfall zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden gekommen ist. Konkret handelt es sich um die von Herrn GH behauptete Verletzung, welche durch eine Verletzungsanzeige des AKH Linz vom 14.6.2001 dokumentiert sei. In dieser Anzeige werde jedoch nur festgehalten, dass der Patient nach eigenen Angaben Schmerzen im linken Oberschenkelbereich hatte. Nach offenbar eigener Einschätzung von Herrn GH hätte dieser eine Gesundheitsbeeinträchtigung von ca. drei Tagen aufgrund einer Prellung im linken Oberschenkelbereich davongetragen. Gegen das Vorliegen einer Körperverletzung sprechen jedoch die Aussagen der Zeugen PT, MS und der Brief von Frau CS vom 4.7.2001. Die in der Krankengeschichte vermerkten angeblichen Verletzungen seien nach außen hin nicht erkennbar. Es sei dem behandelnden Arzt daher nicht möglich zu überprüfen, ob diese Verletzung tatsächlich vorliegt oder nicht. Zum Beweis dafür, dass am 14.6.2001 Herr GH am Schatzweg um ca. 00.45 Uhr nicht durch sein Fahrzeug am Körper verletzt wurde, beantragt der Bw die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.

In Entsprechung dieses Antrages hat der Oö. Verwaltungssenat eine gutachterliche Äußerung der Amtssachverständigen für Medizin, Frau Dr. SH eingeholt. Diese lautet wie folgt:

"Gutachterliche Äußerung

Im Schreiben des Verwaltungssenates werden folgende Fakten beschrieben: Herr S Dr wird beschuldigt, am 14. Juni 2001 um 00.45 Uhr, als Lenker eines PKW´s unterlassen zu haben, nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden sein Fahrzeug sofort anzuhalten. Es sei nach Auffassung der belangten Behörde die durch den Unfall verursachte Körperverletzung auf Grund der Verletzungsanzeige des AKH der Stadt Linz vom 15. Juni 2001 erwiesen. Der Berufungswerber bestreitet dies und bringt vor, dass es zu keinem Verkehrsunfall mit Personenschaden gekommen sei. Er behauptet, dass die in der Krankengeschichte vermerkten, angeblichen Verletzungen des Herrn H nach außen hin nicht erkennbar seien und es sei dem behandelnden Arzt nicht möglich gewesen zu überprüfen, ob diese Verletzung tatsächlich vorgelegen ist oder nicht.

Nach Durchsicht der übermittelten Aktenunterlagen ist aus fachlicher Sicht nur ein einziger medizinischer Befund aktenkundig und zwar die Verletzungsanzeige des AKH Linz (Akt Seite 27). Eine Krankengeschichte sowie genauere ärztliche Untersuchungsergebnisse, oder genauere Befunddokumentationen können den übermittelten Aktenunterlagen nicht entnommen werden.

Aus fachlicher Sicht kann reprospektiv somit nur die vorstehend zitierte Verletzungsanzeige des AKH Linz als Beurteilungsgrundlage herangezogen werden. Auf dieser Verletzungsanzeige ist folgendes dokumentiert: "Unfallsdatum 14.6.2001, Erstbehandlung des Herrn H um 2.23 Uhr des 14.6.2001.

Bei der Anamnese wird vermerkt, dass der Patient heute von einem Auto angefahren wurde, das gerade im Anfahren war. Er kommt nun mit Schmerzen im linken Oberschenkelbereich. Als Diagnose wird Contusio femoris lateralis sinistra (Prellung im Bereich des linken äußeren Oberschenkels) angegeben. Die Verletzung sei dem Grade nach leicht. Der Patient kann im Krankenzimmer einvernommen werden". Eine genauere Befundbeschreibung ist nicht vorhanden.

Aus dieser Verletzungsanzeige kann nicht abgeleitet werden, dass Herr H sichtbare bzw. erkennbare gesundheitliche Schäden erlitten hat, es ist diesbezüglich nichts auf der Verletzungsanzeige dokumentiert. Ein genauerer Befund des linken Oberschenkels, aus dem abgeleitet werden könnte, dass gegebenenfalls Hämatome, Wunden, Blutungen, etc. vorhanden waren, ist nicht vermerkt. Auch aus der Diagnose Contusio femoris lateralis sinistra, d.h. Prellung im Bereich des linken äußeren Oberschenkels, ergibt sich, dass keine relevante gesundheitliche Störung vorgelegen sein dürfte und prinzipiell hätte der erstversorgende Arzt (unterschrieben mit Dr. MB) beim Vorliegen irgendwelcher gesundheitlicher Einschränkungen oder Auffälligkeiten diese sicherlich auf der Verletzungsanzeige dokumentiert. Auch dürfte - dies kann aus hiesiger Sicht retrospektiv nur vermutet werden - für Dr. B kein Grund vorgelegen sein, weitere Untersuchungen zu veranlassen (wie z.B. Röntgen etc.) oder bestimmte Behandlungen zu verordnen. Ausgehend von der Verletzungsanzeige war scheinbar auch keine Behandlung und keine Nachkontrolle notwendig. Es könnte sich im vorliegenden Fall die Diagnose der Contusio femoris sinistra, der linksseitigen Oberschenkelprellung, für den erstversorgenden Arzt Dr. MB durchaus nur auf Grund der von Herrn H subjektiv angegebenen "Schmerzen im linken Oberschenkelbereich" ergeben haben. Contusio, Prellung, bedeutet lediglich, dass ein Anprall - im vorliegenden Fall im Bereich des linken äußeren Oberschenkels - erfolgt ist. Objektivierbare gesundheitliche Einschränkungen oder sichtbare Schäden müssen nicht unbedingt vorgelegen sein."

Aufgrund dieser gutachtlichen Aussage kann die von der belangten Behörde angenommene Verletzung des Herrn H nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit objektiviert werden. Auch die zeugenschaftliche Aussage des Herrn H bei der Berufungsverhandlung ergibt keinen Anlass für eine andere Schlussfolgerung. Herr H gab an, dass keine Wunden und Blutungen vorhanden waren. Es wurde bei ihm auch keine medizinische Behandlung und keine Nachkontrolle durchgeführt. Die Schmerzen im linken Oberschenkelbereich vergingen nach ein paar Tagen von selbst. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass Herr H im linken Oberschenkelbereich durchaus Schmerzen empfunden hat. Eine Verletzung im medizinischen Sinne kann jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit als erwiesen festgestellt werden. Mangels Verwirklichung des Tatbildmerkmales "Personenschaden" war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Faktum 3 (§ 4 Abs.2 StVO 1960):

Der Schuldspruch lautet: "die nächste Sicherheitsdienststelle sofort zu verständigen". Dieser Tatvorwurf ist insofern unvollständig, als daraus nicht hervorgeht, ob die belangte Behörde von einem Verkehrsunfall mit Personenschaden - wie in Punkt eins des angefochtenen Straferkenntnisses - oder von einem Verkehrsunfall mit Sachschaden - siehe Punkt zwei des angefochtenen Straferkenntnisses - ausgeht. Da jedoch die belangte Behörde den Tatbestand des § 4 Abs.2 StVO 1960 und nicht den Tatbestand des § 4 Abs.5 StVO 1960 vom Bw als verwirklicht betrachtet, ist daraus zu folgern, dass von einem Verkehrsunfall mit Personenschaden ausgegangen wird. Da dieser jedoch - siehe die Ausführungen zum Faktum 1 - nicht als ausreichend erwiesen festzustellen ist, war auch diesbezüglich spruchgemäß zu entscheiden, ohne dass noch auf die vom Bw relevierte Verfolgungsverjährung einzugehen war.

Zum Faktum 2 (§ 4 Abs.1 lit.c StVO 1960):

Der Bw bestreitet die Verwirklichung dieses Tatbestandes. Er verweist auf die in der Anzeige erliegenden Fotos betreffend die am Vorfall beteiligten Fahrzeuge. Das Fahrzeug der Anzeigerin, Frau SS, Kennzeichen , wurde rückseitig abgelichtet. Nach Auffassung des Bw ist jedoch auf diesen Lichtbildern keine Beschädigung des Fahrzeuges (insbesondere im Stoßstangenbereich) erkennbar. Allenfalls - kaum wahrnehmbare - Schäden können jedoch von anderen Begebenheiten herrühren. Das Fahrzeug der Anzeigerin sei am 14.6.2001 nicht fabriksneu gewesen. Anlässlich ihrer Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Linz am 14.6.2001 habe die Anzeigerin auch zu einer allfälligen Beschädigung ihres Fahrzeuges keine Angaben machen können. Aber auch wenn man vom Vorliegen eines Sachschadens ausgehe, führe dies nach Auffassung des Bw nicht zu einer Mitwirkungspflicht, da weder ihm noch seinen Begleitern bewusst gewesen sei, dass ein solcher eingetreten war.

Im Akt befindet sich eine Mitteilung der Zürich Kosmos Versicherung, wonach bestätigt wird, dass zum Schadensfall betreffend die gegenständliche Angelegenheit "eine Schadensmeldung aufgenommen wurde und der Schaden von uns bezahlt wird". Aus dieser Bestätigung ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde noch nicht abzuleiten, dass der Schaden schon bezahlt worden ist. Die Zeugin Frau SS konnte sich bei der Berufungsverhandlung nicht mehr erinnern, dass tatsächlich von der Versicherung ein Schaden bezahlt wurde. Sie gab auch an, das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug im Juli oder August des Jahres 2001 veräußert zu haben. Auch aus den von Herrn RI JW beim Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegten Originalfotos können die in der Anzeige erwähnten Kratzspuren nicht mit der notwendigen Sicherheit wahrgenommen werden. Was die leichte Schrägstellung der hinteren Stoßstange anlangt - diese ist auf dem Foto ersichtlich - wurde nicht verifiziert, ob diese durch Hochdrücken wieder in ihre Ausgangsstellung gebracht werden kann. Der Bw hat diesbezüglich die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insoferne zitiert, als dann nicht von einem Sachschaden gesprochen werden kann, wenn der frühere Zustand ohne nennenswerten Aufwand wieder hergestellt werden kann. Dies wird im gegenständlichen Fall angenommen. Ein schlüssiger Beweis dafür, dass das Tatbildmerkmal des "Sachschadens" verwirklicht wurde, liegt nicht vor. Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Bw hat sein Rechtsmittel gegen das Faktum 4 (§ 18 Abs.1 StVO 1960) zurückgezogen. Dieser Schuldspruch ist sohin rechtskräftig und die verhängte Strafe vollstreckbar. Eine Berufungsentscheidung entfällt.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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