Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108297/9/Br/Pe, VwSen108298/9/Br/Pe, VwSen108299/9/Br/Pe, VwSen108300/9/Br/Pe, VwSen108301/9/Br/Pe, VwSen108302/9/Br/Pe, VwSen108303/9/Br/Pe, VwSen108544/7/Br/Pe, VwSen108545/7/Br/Pe, VwSen108546/7/Br/Pe

Linz, 27.01.2003

  
VwSen-108297/9/Br/Pe, VwSen-108298/9/Br/Pe, VwSen-108299/9/Br/Pe, VwSen-108300/9/Br/Pe, VwSen-108301/9/Br/Pe, VwSen-108302/9/Br/Pe, VwSen-108303/9/Br/Pe, VwSen-108544/7/Br/Pe, VwSen-108545/7/Br/Pe, VwSen-108546/7/Br/Pe Linz, am 27. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 


 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn HR, vertreten durch Dr. L. Pramer und Dr. P. Lindinger, Rechtsanwälte, Graben 32/1, 4020 Linz, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25. April 2002, VerkR96-5186-1-2001/Her, VerkR96-2654-1-2001/Her; vom 26. April 2002, VerkR96-3435-1-2001/Her VerkR96-3897-1-2001/Her, VerkR96-3017-1-2001/Her und VerkR96-8345-1-2001/Her; vom 25. April 2002, VerkR96-4334-1-2001/Her; vom 22. August 2002, VerkR96-928-1-2002/Her, VerkR96-1362-2002/Her und VerkR96-1956-1-2002/Her, zu Recht:

 

I. Den Berufungen wird in den Schuldsprüchen keine, in den Strafaussprüchen jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafen auf je 70 Euro (gesamt 1.750 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 24 Stunden (gesamt 25 Tage) ermäßigt werden.
 


Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.
 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 7 (sieben) Euro, für das Berufungsverfahren entfallen Kostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlage:
§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit den o.a. Straferkenntnissen über den Berufungswerber, wegen gleichartiger Übertretungen nach § 84 Abs.2 StVO 1960 in 25 Punkten je eine Geldstrafe in Höhe von je 218 Euro und im Nichteinbringungsfall je drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt (der Gesamtbetrag der verhängten Geldstrafen betrug 5.450 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen 75 Tage) und ihm in den unter obigen Aktenzahlen protokollierten Straferkenntnissen nachfolgende Tatverhalten zur Last gelegt:

"VwSen-108297:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 25.6.2001 um 16.47 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung

  1. "Römerquelle belebt die Sinne"(Ansicht Fahrtrichtung Linz)
  2. "Sports Experts" (Ansicht Fahrtrichtung Wels)
  3. "Life Radio. Der Musiksender 100,5 Mhz" (Ansicht Fahrtrichtung Wels)

außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

 

VwSen-108298:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 9.2.2001 um 13.08 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von ca. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "1 PEUGEOT 206" (Ansicht Fahrtrichtung Linz) außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

 

VwSen-108299:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 4.4.2001 um 12.00 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße

1. ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "RÖMERQUELLE belebt die Sinne" (Ansicht Fahrtrichtung Linz)

2. ca. auf Höhe von km 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "Skiny. www.skiny.com" (Ansicht Fahrtrichtung Wels)

3. ca. auf Höhe von km 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "Haselnuss an Haselnuss.... Milka Nussini " (Ansicht Fahrtrichtung Wels) außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

 

VwSen-108300:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 2.5.2001 um 13.33 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung

1. "spark7.com - part of Erste, Sparkasse. Wenn Geld nicht glücklich macht, warum grinsen Popstars dann dauernd?" (Ansicht Fahrtrichtung Linz)

2. "Unser Nachwuchs hält einiges aus. Stolz auf Holz. Holz - der natürliche Werkstoff für die Zukunft" (Ansicht Fahrtrichtung Linz) außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

 

VwSen-108301:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b. H. gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 12.3.2001 um 17.27 Uhr in Marchtrenk an der B 1, Wiener Straße

  1. ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Ankündigung "31. Linzer Autofrühling 17.+ 18. März 2001" (Ansicht Fahrtrichtung Linz)
  2. ca. auf Höhe von Strkm 200,894. re.i.S.d.K in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "Mayer Jederzeit Arbeit. Einsatzkräfte gesucht: Maler & Anstreicher. 0800-805 806" (Ansicht Fahrtrichtung Linz)
  3. ca. auf Höhe von km 200,894 re. i. S. d. K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "Hinterstoder/Höss, Wurzeralm NEU Snowpark, Sunny Kids Park, Höss Express, Total Beschneiung, 6er Sessel (Ansicht Fahrtrichtung Wels)
  4. ca. auf Höhe von km 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "Zipfer Urtyp .... ein Glas heller Freude" (Ansicht Fahrtrichtung Wels) außerhalb des Ortsgebietes innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war

 

VwSen-108302:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 10.10.2001 um 14.29 Uhr in Marchtrenk an der

B 1 Wiener Straße ca auf Höhe von Strkm. 200,894 re.i.S.d.K., in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung

1. "Die Post bringt allen was. Post at. Um ein EMS schneller informiert." (Ansicht Fahrtrichtung Wels)

2. "Nachtschicht Wels. Eröffnung 25. Oktober 2001" (Ansicht Fahrtrichtung Wels)

3. "OÖNachrichten. Worte sind stärker als Beton. Starke Stimme. Starke Zeitung." (Ansicht Fahrtrichtung Linz)

4. "Der neue Audi A4 Avant. copyright by Audi" (Ansicht Fahrtrichtung Linz)

außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

 

VwSen-108303:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 8.5.2001 um 14.43 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.i.S.d.K. in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "Erste Sparkasse. www. spark7.com Was kostet die Welt" (Ansicht FR- Wels) außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war."

 

VwSen-108544:

"Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gern. § 9 VSTG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 29.1.2002 um 09.26 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.1.S.d.K.in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung/Ankündigung

  1. 1 . "Hornbach. Eröffnung 21.1 1.in Wels. Der neue riesige Bau- und Gartenmarkt"(Ansicht Fahrtrichtung Linz)
  2. "Intersport - Sparkasse präsentiert. 21. Silvesterlauf in Marchtrenk am Montag, 31.12.2001" (Ansicht Fahrtrichtung Linz)
  3. "Außenwerbung geht unter die Haut. Werbering" (Ansicht Fahrtrichtung Wels) außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

 

VwSen-108545:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gern. § 9 VSTG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 7.2.2002 um 15.20 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.1.S.d.K.in einer Entfernung von mind. 18 m vom Fahrbahnrand die Werbung "10 sind genug. A 1 um 10 €, pro Monat. A 1 Start Plus - Der A1 Tarif mit dem günstigsten Grundentgelt." (Ansicht Fahrtrichtung Wels) außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

 

VwSen-108546:

Sie haben als der von der GW Gesellschaft m.b.H. gern. § 9 VSTG zur Vertretung nach außen Beauftragte zu verantworten, daß von dieser ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls am 5.3.2002 um 17.2 8 Uhr in Marchtrenk an der B 1 Wiener Straße ca. auf Höhe von Strkm 200,894 re.1.S.d.K.in einer Entfernung von mind. 18 in vom Fahrbahnrand die Werbung

  1. "KRONE HITR@DIO 92,6 MHz. Nina K. hört die besten Songs aller Zeiten." (Ansicht FR. Wels)
  2. "LIFE RADIO. Der Musiksender. 100,5 MHz" (Ansicht FR. Wels)
  3. "KRONE HITR@,DIO 92,6 MHz. Paul B. hört die besten Songs aller Zeiten." (Ansicht FR. Linz)

außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war."

 

Der Gesamtbetrag der verhängten Geldstrafen beläuft sich auf 5.450 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 75 Tage.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz teilte im Ergebnis die vom Berufungswerber vertretene Rechtsansicht, dass eine innerhalb eines geschlossenen Ortsgebietes angebrachte Werbung nicht vom Verbot umfasst sei, nicht. Unter Hinweis auf VwGH 20.12.1995, Zl.93/03/0021 weist die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land auf die Bestimmung des Ortsgebietes durch den in § 2 Abs.1 Z15 StVO definierten Bereich hin. Danach sei entscheidend, ob Werbungen bzw. Ankündigungen vom Verbot des § 84 Abs.2 StVO 1960 umfasst sind, deren Anbringen an Straßen, die zu einem Straßennetz gehören, welches außerhalb des von den genannten Hinweiszeichen umfassten Gebietes liegt und innerhalb einer Entfernung von 100 m zum Fahrbahnrand angebracht sind, unabhängig davon ob der Anbringungsort geografisch noch zum Ortsgebiet gehört.

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seinen durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufungen.

Im Ergebnis tritt er der Rechtsansicht der Behörde erster Instanz darin entgegen, dass das von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zitierte VwGH-Erkenntnis fälschlich interpretiert werde, indem dort auf die Positionierung innerhalb oder außerhalb des durch den im § 2 Abs.1 Z15 StVO 1960 definierten Bereich abstelle. Hier lägen die Werbungen innerhalb dieses Bereiches und seien demnach vom Verbot nicht erfasst. Er beantragt die Verfahrenseinstellung hinsichtlich aller Straferkenntnisse und in allen Punkten.

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in keinem Punkt der betroffenen Straferkenntnisse eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unter Hinweis auf die anlässlich der im Ergebnis gleichgelagerten Vorverfahren (VwSen-107107 u.a.) und der dort im Ergebnis im Ortsgebiet von Marchtrenk inhaltsgleich nächst der B1 positionierten Werbungen in Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

Die Entscheidung bzw. das Verfahren über diese Berufungen wurde bis zur Entscheidung über den hinsichtlich der auch hier anzuwendenden Rechtsnorm (§ 84 Abs.2 StVO) gestellten Gesetzesprüfungsantrag vorerst ausgesetzt. Dieses liegt nunmehr im Erkenntnis des VfGH v. 12. Dezember 2002, Zl. G 177/02-9 u.a., vor.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die oben genannten Verwaltungsstrafakte der Behörde erster Instanz, sowie die ergänzende Einsichtnahme in die im Rahmen der anderen Verfahren verfügbaren Lichtbildmaterialien. Ergänzend zu den im Akt erliegenden Fotos wurden noch eine Luftaufnahme hinsichtlich der verfahrensspezifischen Örtlichkeit im Wege des Systems "Doris" (= digitales oö. Rauminformationssystem) beigeschafft. Das Ergebnis wurde dem Berufungswerber bereits im Rahmen des Berufungsverfahren VwSen-107107 u.a. zur Kenntnis gebracht. Der Berufungswerber bestritt dabei das Faktum der dort angebrachten Werbung nicht. Sein Berufungsvorbringen beschränkt sich auf die auch von h. ursprünglich weitgehend geteilte Rechtsauffassung. Über Rückfrage beim Rechtsvertreter am 27.1.2003 wurde hinsichtlich dieser Verfahren auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich verzichtet (siehe AV).

 

4.1. Der Berufungswerber ist verantwortlicher Beauftragter der Firma GW GesmbH.

Er hat aus dieser Funktion in unbestrittener Weise zu verantworten, dass die im Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse beschriebenen "Werbungen" zur fraglichen Zeit an den genannten Örtlichkeiten angebracht waren. Die verfahrensgegenständlichen Plakatwände gestalten sich in zwei ca. 10 x 2 m große Holzkonstruktionen, die etwa im rechten Winkel zueinander, 29 m vom nördlichen Rand der B1, auf Höhe von Strkm 200,894 auf einer freien Wiesenfläche bzw. einer unbebauten Grundstücksparzelle fix im Boden verankert sind. Das Anbringen dieser Werbung weniger als 100 m von der B 1, wenngleich eindeutig im Ortsgebiet von Marchtrenk ist hier als unstrittig zu erachten. Ebenfalls findet sich kein Vorbringen, dass diese Anbringen nicht dem Berufungswerber zurechenbar bzw. die Bewirtschaftung dieser Werbeflächen entgegen seines Willens geschehen wäre (Bild: Sicht auf die Plakatwände von der B1 in Richtung Linz in das Ortsgebiet von Marchtrenk).

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit. f. [für die Nutzung der Rückseite von Verkehrszeichen.....]). Die Behörde erster Instanz verwies im Rahmen der Berufungsverhandlung u.a. auch auf das h. Erk. v. 11.2.1999, VwSen-105658/6/GU/Pr, worin der Oö. Verwaltungssenat bei teleologischer Interpretation unter Hinweis auf VwGH v. 6.6.1984, 84/03/0016 selbst eine im Ortsgebiet aufgestellte Werbung vom Verbot nach § 84 Abs.2 StVO erfasst erachtete, wenn diese nur aus einer Entfernung von weniger als 100 m von einem außerhalb des Ortsgebietes verlaufenden Straßenzug sichtbar ist.

Dieser Rechtsansicht vermochte sich das hier zur Entscheidung berufene Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht anschließen. Dies u.a. mit der Begründung, dass im genannten Erkenntnis, dessen Fall unter Anwendung des § 44a lit.a VStG zu einer Aufhebung führte, offenbar auf ein zumindest teilweises Anbringen "AN" einer nicht zum Ortsgebiet gehörenden Straße abzustellen schien, sodass die darin zum Ausdruck gelangende Rechtsauffassung zumindest in dieser generalisierenden Form auf den gegenständlichen Fall nicht übertragbar schien. Noch weniger wurde eine Reduktion des Regelungsziels auf die bloße Sichtbarkeit als zulässig erachtet.

 

5.2. Diese Rechtsauffassung erwies sich als nicht haltbar. Der Verwaltungsgerichtshof stellt dazu unter Hinweis auf seine Judikatur eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg.Nr. 9831/A, in diesem Zusammenhang klar, dass das Ortsgebiet im Sinne der genannten Bestimmung durch § 2 Abs.1 Z15 StVO festgelegt werde. Demnach sei unter Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortsanfang" (§ 53 Z17a) und "Ortsende" (§ 53 Z17b) zu verstehen. Dass bei der Beurteilung des in § 84 Abs.2 StVO normierten Verbotes nach dem Gesetzeswortlaut und dem Zweck der Bestimmung jeweils auf alle Straßen, in deren Blickfeld, welches der Gesetzgeber mit 100 m vom jeweiligen Fahrbahnrand aus gerechnet festgelegt habe, die Werbung beziehungsweise Ankündigung fällt, abzustellen sei, sei der ausführlichen Begründung des oben zitierten Erkenntnisses (sowie vom 6. Juni 1984, Zl. 84/03/0016) zu entnehmen.

 

5.2.1. Das h. erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates vermeinte angesichts dieser Leserart des Gesetzes einen Verstoß gegen das Analogieverbot im Strafrecht zu erblicken und stellte einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof. Dieser wurde mit dem Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, Zl. G 177/02-9 u.a. abgewiesen und der auf Feststellung einer im Falle einer verfassungskonformen Auslegung der Bestimmung des § 84 Abs.2 StVO nicht ableitbaren Strafbarkeit lautende Eventualantrag, zurückgewiesen.

Im Punkt 2.1.1. führt der Verfassungsgerichtshof zu den von h. geäußerten Bedenken auf die Verletzung des Analogieverbotes im Strafrecht in Form einer überschießenden Normauslegung aus, dass "......jede - wenn auch analoge oder überschießende - Anwendung des Gesetzes im jeweiligen Einzelfall der Vollziehung zuzurechnen ist, somit also jedenfalls nicht zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes führen kann. Dem einzelnen Rechtsunterworfenen bleibe es freilich unbenommen, nach Erschöpfung des Instanzenzuges beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG zu erheben, sollte er der Ansicht sein, dass die belangte Behörde - allenfalls in Bindung an ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes - bei Anwendung des Gesetzes zu einem verfassungswidrigen Ergebnis gelangt."

Wie bereits im Antrag auf Gesetzesprüfung von h. umfangreich durch Bilddokumentationen dargetan, wird auch an dieser Stelle die Problematik aufgezeigt, dass sich Plakatwerbungen in aller Regel unmittelbar im Nahbereich eines Ortsbeginnes (Ortstafel) angebracht finden. Die Entfernung von 100 m von der ins Ortsgebiet führenden Freilandstraße wird damit zwingend unterschritten. Keine andere Situation ergibt sich im gegenständlichen Fall, wo von der am Ortsgebiet vorbeiführenden B1 der Blick in das parallel verlaufende Ortsgebiet gewährleistet ist. Damit scheint es auch dem grundsätzlichen Praxisverständnis vieler Behörden zu entsprechen, den Regelungsinhalt des § 84 Abs.2 StVO in der Positionierung und nicht der Sichtbarkeit der Werbung zu sehen.

Nunmehr ist jedoch klargestellt, dass das im § 84 Abs.2 StVO normierten Verbot jeweils auf das Blickfeld, in dem die Werbung beziehungsweise Ankündigung liegt, welches der Gesetzgeber mit 100 m vom jeweiligen Fahrbahnrand aus festlegte, abstellt.

Damit widerspricht die herrschende Realität vielfach der nunmehr klargestellten Rechtslage, womit es in einheitlicher Vollzugspraxis zu gestalten sein wird, dass es für die Werbewirtschaft nicht bezirksweise zu wettbewerbsverzerrenden Istzuständen kommt.

 

5.3. Die nunmehrigen - den Schuldspruch bestätigenden - Entscheidung(en) ergehen in Bindung an die Rechtansicht des Verwaltungsgerichtshofes. Gemäß dem hier unstrittig feststehenden Sachverhalt liegen die Werbungen wohl alle im Ortsgebiet von Marchtrenk, jedoch weniger als 100 m von der nicht vom Ortsgebiet umfassten Verlauf der B1 entfernt. Demnach muss in Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes von der Strafbarkeit iSd § 84 Abs.2 StVO auch derart platzierter Werbungen ausgegangen werden (siehe VwGH 22.2.2002, 200/02/0303 mit Hinweis auf VwGH, verst. Sen. v. 8.5.1979, Slg.Nr.9831/A).

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

6.1. Obwohl - so wie immerhin auch die Berufungsbehörde - der Berufungswerber in nachvollziehbarer Weise hier einem Rechtsirrtum unterlegen ist, vermag dieser Umstand nicht die Verwaltungsübertretung entschuldigen. Er ist aber zumindest als schuldmildernder Aspekt zu berücksichtigen. Immerhin werden diese Werbeflächen vom Berufungswerber seit vielen Jahren, bis kurz vor den Verfahren zu VwSen-107107 von der Behörde unbeanstandet, bewirtschaftet. Dennoch würde mit einer darin einen Entschuldigungsgrund erblickenden Rechtsauffassung letztlich das Ergebnis, der nunmehr auch hinsichtlich der Werbungen im Ortsgebiet von Marchtrenk entlang der B1 unmissverständlichen Klarstellung der Rechtslage durch den Verwaltungsgerichtshof, unterlaufen. Gleichzeitig wird nicht verkannt, dass die Berufungsbehörde selbst die Rechtsauffassung des Berufungswerbers ursprünglich teilte, nunmehr jedoch in Bindung an die Rechtsansicht des Höchstgerichtes (des VwGH) sich zur Verhängung einer Strafe veranlasst sieht. Mit Blick darauf muss auch die Anwendung des § 21 VStG - nämlich den im genannten Erkenntnis hervorgehobenen Zweck der Norm (gemeint kann damit nur der Aspekt der Verkehrssicherheit sein) - mangels bloß unbedeutender Tatfolgen unterbleiben. Das von der Behörde erster Instanz festgelegte Strafausmaß muss somit angesichts der vorher genannten schuldmildernden Aspekte und des Umstandes eines subjektiv tatseitigen Fortsetzungszusammenhanges, dennoch für jede einzelne Werbung auszusprechenden Strafe, mit Blick auf die damit durch die Kumulation einhergehenden hohen Gesamtstrafe auf eine vertretbare und dem objektiven Tatunwert angepasstes Ergebnis, ermäßigt werden. Damit scheint unter Berücksichtigung des seinerzeit mit ca. 1.500 Euro geschätzte Monatseinkommen des Berufungswerbers angesichts der nunmehr pro Einzeldelikt auf 70 Euro ermäßigten Geldstrafe dem Strafzweck dennoch hinreichend Rechnung getragen. Die Gesamthöhe der Geldstrafe beträgt immer noch 1.750 Euro.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

 

 

H i n w e i s:

 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum