Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108322/8/Fra/Ka

Linz, 09.10.2002

VwSen-108322/8/Fra/Ka Linz, am 9. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn KB, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. EH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 15.5.2002, VerkR96-719-1-2002, betreffend Übertretung des § 9 Abs.1 VStG iVm § 103 Abs.1 Z1 und § 101 Abs.1 lit.a iVm § 4 Abs.7a KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.10.2002, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 9 Abs.1 VStG iVm §§ 103 Abs.1 Z1, 101 Abs.1 lit.a und 4 Abs.7a KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 190 Euro (EFS 72 Stunden) verhängt, weil er, wie am 02.06.2001 um ca. 11.25 Uhr auf der Bundesstraße 138 bei StrKm.49,400 im Gemeindegebiet von Klaus, festgestellt wurde, als handelsrechtlicher Verantwortlicher im Sinne des § 9 Abs.1 VStG der Firma B BaugesmbH, welche Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges mit dem pol. Kz: , sowie des Sattelanhängers mit dem pol. Kennzeichen ist, nicht dafür gesorgt hat, dass der Sattelzug und seine Beladung (Kies 4/8 gewaschen) - unbeschadet allfälliger Ausnahmebewilligungen oder - Bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht, weil durch die Beladung die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte von 40.000 kg um 5.180 kg überschritten wurde. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Der Bw bemängelt die Meinung der belangten Behörde, dass auf die von ihm beantragte Einvernahme des Zeugen HB verzichtet werden könne, zumal der Behörde ein Schreiben vom 25.5.2001 aufliege, woraus ersichtlich sei, dass er als Hauptverantwortlicher für den Bezirk Kirchdorf/Kr. aufscheine und aus der Stellungnahme vom 28.2.2002 des Zeugen B hervorgehe, dass er als Kontrollorgan der Fa. B BaugesmbH eingesetzt sei. Er habe sich im Zuge des Verfahrens erster Instanz dahingehend verantwortet, wobei er in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme vom 18.4.2002 verweise, dass seitens der Firma B BaugesmbH zum Verantwortlichen für die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften der Zeuge HB im Sinne des § 9 Abs.2 VStG bestellt wurde und er habe die Einvernahme dieses Zeugen zu diesem Vorbringen angeboten. Die belangte Behörde habe es aus unrichtiger rechtlicher Beurteilung heraus und offensichtlich in missverständlicher Interpretation des Schreibens vom 25.5.2002 unterlassen, den Zeugen HB zum angebotenen Beweisthema einzuvernehmen. Hätte die belangte Behörde den beantragten Zeugenbeweis durchgeführt, hätte sich sein Vorbringen bestätigt, dass tatsächlich der Zeuge HB seitens der Firma B Bau GesmbH zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG bestellt wurde.

Offensichtlich habe die belangte Behörde die Sinnhaftigkeit des vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassenen Institutes der Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 Abs.2 VStG nicht verstanden. Es könne nämlich nicht sein - wie von der belangten Behörde offensichtlich nicht erkannt - dass bei einer Bestrafung im Sinne des § 9 Abs.1 VStG und § 9 Abs.2 VStG gewissermaßen ein strafrechtlicher "Dualismus" möglich ist: Wenn nämlich von dem zur Vertretung nach außen berufenen Geschäftsführer eines Unternehmens eine bestimmte Person im Sinne des § 9 Abs.2 bestellt wurde, dem für einen sachlich abgegrenzten Bereich die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt, dann hafte verwaltungsstrafrechtlich eben nur der Bestellte im Sinne des § 9 Abs.2 VStG und nicht mehr der zur Vertretung nach außen Berufene im Sinne des § 9 Abs.1 VStG. Dies ergebe sich eindeutig aus § 9 Abs.1 VStG, welcher die Haftung des zur Vertretung nach außen Berufenen grundsätzlich festlegt, soweit nicht verantwortlich Beauftragte im Sinne des § 9 Abs.2 VStG bestellt sind. Der Umkehrschluss ergebe demnach zwingend, dass im Falle der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG eben dann keine verwaltungsstrafrechtliche Haftung des zur Vertretung nach außen berufenen Geschäftsführers gegeben ist. Es sei daher rechtlich völlig ohne Belang, ob etwa er im Rahmen eines vom verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG (Zeuge HB) installierten Kontrollsystems für einen Bereich als Kontrollorgan eingesetzt wird oder nicht, oder ob das Kontrollsystem überhaupt ausreichend ist oder nicht, da dadurch niemals eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für den Beschuldigten geschaffen werden kann, sondern - soweit eine solche überhaupt gegeben sein sollte - die Verantwortlichkeit immer beim bestellten Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG verbleibt. Wenn die belangte Behörde diesbezüglich den Terminus "hauptverantwortlich für den Bezirk Kirchdorf" aufgreift, so verweise er darauf, dass damit die Verantwortlichkeit im Rahmen des vom Verantwortlichen gemäß § 9 Abs.2 VStG erstellten Kontrollsystems gemeint ist, und zwar im Innenverhältnis dem verantwortlich Beauftragten HB gegenüber. Dadurch werde aber keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten nach außen hin geschaffen.

Der Bw beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Aufgrund des Berufungsvorbringens hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 4.10.2002 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt und im Rahmen dieser Verhandlung den Zeugen HB zur Frage der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Firma B Bau GesmbH betreffend die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen am 2.6.2001 einvernommen. Dieser führte aus, seit 25.5.2001 von den Geschäftsführern Karl und Kurt B als gemäß § 9 Abs.2 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher für die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen in punkto Überladungen bestellt worden zu sein. Herr Karl B sei beispielsweise Betriebsleiter des Werks Klaus und mache dort Kontrollen im Rahmen seiner Tätigkeit.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine wesentliche Voraussetzung, um von einem "verantwortlichen Beauftragten" im Sinne des § 9 Abs.2 VStG, der die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit anstelle des Inhabers des Unternehmens oder des zur Vertretung nach außen Berufenen trägt, sprechen zu können, zufolge des § 9 Abs.4 leg.cit. die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung. Erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der vom Unternehmer zum "verantwortlichen Beauftragten" bestellten Person nachgewiesen wird, wirkt diese Bestellung; erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt der ihr gegenüber namhaft gemachte "verantwortliche Beauftragte" in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnormen an die Stelle des Inhabers des Unternehmens oder des zur Vertretung nach außen Berufenen. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt.

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Verfahren vor, weil der Beschuldigte während des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz einen derartigen Zustimmungsnachweis vorgelegt hat. Zusätzlich hat der verantwortliche Beauftragte betreffend die gegenständliche Verwaltungsübertretung, Herr HB, zeugenschaftlich bei der Berufungsverhandlung - seine Bestellung - bestätigt. Das Schreiben des Herrn B vom 25.5.2001 an Herrn Rechtsanwalt Dr. EH betrifft die Darlegung des Kontrollsystems und die Verantwortung u.a. als Herrn KB im Innenverhältnis Herrn B gegenüber.

Bei diesem Ergebnis war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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