Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108360/17/Bi/Be

Linz, 22.10.2002

 

VwSen-108360/17/Bi/Be Linz, am 22. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S H 11, vom 20. Juni 2002 ua gegen die Punkte 1) und 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes vom 13. Juni 2002, VerkR96-5940-2002, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund der Ergebnisse der am 17. Oktober 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in den Punkten 1) und 2) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten ua wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 7 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 60 Euro (1 Tag EFS) und 2) 120 Euro (2 Tage EFS) verhängt, weil er am 22. März 2002 gegen 21.00 Uhr den Pkw, Kz., auf der Steyrtalstraße B140 in der sogenannten P ca bei Strkm 9.000 im Ortsgebiet von Grünburg aus Richtung Leonstein kommend in Richtung W gelenkt habe, wobei er

  1. als Lenker eines Fahrzeuges, obwohl es die Verkehrssicherheit erfordert gehabt hätte, bei Gegenverkehr nicht am rechten Fahrbahnrand, sondern über die Fahrbahnmitte gefahren sei und
  2. nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten habe, da er die Unfallstelle verlassen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 18 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. Oktober 2002 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. P und der Zeugen BI P und S durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw bestreitet, der Unfallgegner des Zeugen S gewesen zu sein, und macht geltend, er habe sich damals im GH H in S aufgehalten, das sich auf der S Seite der Steyr befinde. Er sei nicht in G auf der B140 gefahren. Als er zu Hause angekommen sei, sei der Zeuge S auf einmal da gewesen und habe ihn beschuldigt, seinen Pkw im Gegenverkehr gestreift zu haben. Er habe das abgestritten und auch eine Taschenlampe geholt, worauf beide die linken Außenspiegel ihrer Fahrzeuge angesehen und auf Schäden untersucht hätten. Am Pkw S sei kein Schaden festzustellen gewesen, nur auf seinem eigenen sei der Außenspiegel außen abgekratzt gewesen, aber das seien alte Spuren gewesen. Von einem anderen Schaden, insbesondere an der Tür oder dem Kotflügel, habe der Zeuge nichts gesagt und er habe auch keinen gesehen, was er dem Zeugen auch mitgeteilt habe. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses in den Punkten 1) und 2).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins zur Fahrtstrecke der Zeugen S und einer mündlichen Verhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden. Außerdem wurden beide Pkw, insbesondere die linken Außenspiegel, besichtigt.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Zeuge S lenkte am Vorfallstag gegen 21.00 Uhr seinen Pkw auf der B140 im Ortsgebiet von Grünburg aus Richtung Steyr kommend und bemerkte unmittelbar nach dem Passieren der P, dass ihm in der darauffolgenden Rechtskurve im Gegenverkehr ein Pkw die Kurve schneidend entgegenkam. Es gelang ihm noch, seinen Pkw kurz zum Stillstand zu bringen, bevor er ein deutliches Anstoßgeräusch hörte. Der Zeuge führte aus, sein Pkw sei zwar älterer Bauart, er habe ihn jedoch kurz vorher neu lackieren lassen und sei daher heikel gewesen. Er habe beim Blick in den Rückspiegel den Eindruck gehabt, der andere Pkw würde angehalten, wobei ihm auch am Kennzeichen die Kombination "KI" - weiteres könne er nicht beschwören, auch die Marke habe er nicht erkannt - aufgefallen sei, jedoch habe der andere Lenker die Fahrt fortgesetzt, bevor Kontakt aufgenommen worden sei. Er habe sich kurz entschlossen, sein Fahrzeug zu wenden und dem dunklen Pkw nachzufahren. Dazu habe er in einer engen Einfahrt im dortigen Kurvenbereich umgedreht - dazu habe er zweimal reversieren müssen und sei fast mit dem ihm nachfolgenden Pkw kollidiert - und sei in Richtung Steinbach zurückgefahren, habe aber das Fahrzeug aus den Augen verloren gehabt. Außer seinem eigenen sei kein weiterer Pkw da gewesen. Als er zur Kreuzung der B140 mit der Brücke gekommen sei, habe er in Richtung Steyr kein Fahrzeug gesehen. Über die Steyrbrücke sei aber ein Pkw Richtung Steinbach gefahren, sodass er der Meinung gewesen sei, es müsse sich dabei um seinen Unfallgegner handeln.

Er fuhr daher diesem Pkw nach, der auf der Steinbacher Seite "kurvenschneidend" nach links einbog und die Fahrt in normalem "gemütlichem" Tempo fortsetzte. Der Zeuge versuchte, den Lenker beim Nachfahren mit der Lichthupe auf sich aufmerksam zu machen, was der Bw zwar bemerkte, aber nach eigener Aussage nicht zuordnen konnte und daher nicht reagierte. Der Zeuge fuhr dem vom Bw gelenkten Pkw bis zum Haus in Steinbach nach. Als der Bw den Pkw zu Hause abstellte, sprach ihn der Zeuge, dem der Bw nach eigenen Aussagen gänzlich unbekannt war, auf die Streifung auf der B140 in Grünburg an und bemerkte, dass dieser überrascht war. Der Bw stritt ab, in Grünbach gewesen zu sein und bot dem Zeugen schließlich an, die beiden Pkw im Schein einer Taschenlampe auf Schäden zu untersuchen. Dabei wurde nach Aussage des Bw kein Schaden am Pkw S festgestellt und am Kunststoff-Außenspiegelgehäuse seines eigenen Pkw mehrere kleine, jedoch ältere Kratzer. Das teilte er dem Zeugen mit, der darauf aber nichts sagte.

Der Zeuge S gab in der Verhandlung an, er habe sich geärgert, weil der Bw abgestritten habe, in Grünburg gewesen zu sein, was nicht stimmen könne, wenn er ihm doch über die Brücke nachgefahren sei. Der Bw habe ihm angeboten, den Spiegel zu bezahlen, auch wenn er nicht beschädigt sei, damit Ruhe sei. Dann sei davon aber nicht mehr die Rede gewesen. Er habe den Bw gefragt, ob er mit ihm zur Gendarmerie fahre, aber der Bw habe das abgelehnt.

Der Bw führte aus, er habe die Bezahlung des Spiegels zwar angeboten, aber der Zeuge habe ihm eine Anzeige angedroht und da habe er das Gespräch beendet.

Der Zeuge S führte weiters aus, er sei dann wieder nach Grünburg zum Gendarmerieposten gefahren und habe dort bei besserem Licht seinen Pkw erneut untersucht, aber keinen Schaden mehr gesehen, worauf er heimgefahren sei. Zu Hause in der Garage habe er bei optimalem Licht erneut nachgesehen und einen Kratzer im Bereich der linken Tür und des hinteren Kotflügels vorgefunden, den er fotografiert habe. Er gab auf dezidiertes Befragen zu, dieser Kratzer sei eine Schleifspur von einem Gummi- oder Kunststoffteil gewesen, habe sich beim Polieren entfernen lassen und sei deshalb nicht mehr vorhanden. Auf ausdrückliches Befragen des Bw hat der Zeuge zugestanden, es könne stimmen, dass er auch keinen Kratzer am Außenspiegel vorgefunden habe. Wegen des Kratzers an der Tür habe er dann aber den GP Grünburg aufgesucht. Schadenersatz habe er nicht geltend gemacht, aber der Spiegel-Kratzer sei noch da und könne besichtigt werden.

Nach übereinstimmenden Aussagen des Zeugen und des Bw sei beim Gespräch zwischen den beiden nie von Alkohol die Rede gewesen. Der Zeuge hat seine Ausführungen in der Zeugenaussage vor der Erstinstanz vom 9.4.2002 auch nicht wiederholt, jedoch erklärt, er habe, als beim GP die Rede auf Alkohol gekommen sei und ihm der Meldungsleger BI P (Ml) mitgeteilt habe, er werde den Bw zu Hause aufsuchen, gefragt, ob er da mitfahren müsse, und sei froh gewesen, als dieser abgelehnt habe. Im Übrigen habe er beim GP keine Anzeige machen, sondern nur fragen wollen, was zu tun sei.

Der Ml bestätigte, dass er zusammen mit einem Kollegen Dienst gehabt habe, als ihm über Funk mitgeteilt worden sei, dass jemand beim GP Grünburg warte. Sie langten um ca 9.10 Uhr beim GP ein und trafen den Zeugen an, der kurz von der Streifung, der Nachfahrt und dem Gespräch mit dem Bw berichtete. Der Zeuge nannte das vollständige Kennzeichen des Pkw, worauf die Zulassungsdaten ermittelt wurden. Der Ml untersuchte daraufhin den Pkw des Zeugen und stellte Kratzspuren am Außenspiegelgehäuse und einen ca 40 cm langen Farbabrieb an der Tür und dem Kotflügel links hinten in ca 90 cm Höhe fest, allerdings keine Eindellung im Blech. Für ihn sei davon auszugehen gewesen, dass eine Kollision stattgefunden habe, bei der die Beschädigung entstanden sei. Er habe den Bw zu Hause angerufen und dieser habe auf dezidierte Befragung erklärt, er sei der Zulassungsbesitzer und ca 20 Minuten zuvor in Grünburg gefahren - der Bw hat das in der Verhandlung heftigst bestritten. Da der Zeuge S andeutete, der Bw könnte alkoholisiert sein, fuhr der Ml daraufhin ohne den Zeugen zum Wohnhaus des Bw. Eine Gegenüberstellung der beiden Pkw konnte der Ml nicht durchführen. Nach seiner Aussage wies der Außenspiegel des Pkw des Bw leichte Kratzspuren außen auf, die seiner Erinnerung nach mit denen am Pkw S annähernd übereinstimmten. Der Bw habe betont, das seien alte Spuren. Er habe dann aber mehr Augenmerk auf die Alkoholamtshandlung mit dem Bw gelegt.

Bei der Besichtigung beider Pkw wurde festgestellt, dass beide Außenspiegel ein dunkles Kunststoffgehäuse aufweisen. Beim Pkw des Bw waren an der gesamten Spiegelaußenseite kleine untereinander befindliche, aber dem Alter nach nicht zuzu-ordnende Kratzspuren festzustellen, wie sie etwa bei der Streifung zB einer rauen Garagenwand entstehen können. Beim Pkw des Zeugen weist das schwarze Kunststoff-Außenspiegelgehäuse eben solche Kratzer in der gleichen Anordnung, aber nur im unteren Bereich auf 2 bis 3 cm Höhe auf, jedoch keinen einzeln zuzuordnenden oder tiefer gehenden Kratzer. Im Hinblick auf das Entstehen der Kratzspuren bei einer Streifung so, wie vom Zeugen beschrieben, konnte bei der Verhandlung keine Aussage getroffen werden.

Bei der Besichtigung der vom Zeugen angeführten Kollisionsstelle war festzustellen, dass sich im Kurvenbereich rechtsseitig in Fahrtrichtung Steinbach eine kleine Einfahrt befindet, in der der Zeuge offenbar den Pkw gewendet hat. Der weitere Verlauf der B140 in diese Richtung ist nach der Perneckerkurve jedenfalls derart übersichtlich, dass bei Dunkelheit ein beleuchteter Pkw von der Kurve aus erkennbar ist. Dort gibt es auch keine Möglichkeit einer Abzweigung. Die Kreuzung der B140 mit der Brücke über die Steyr ist bei der Annäherung in Richtung Steyr übersichtlich, nicht aber in Richtung Brücke. Rechts vor der Brücke befindet sich ein Geschäft mit einem größeren Parkplatz.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt in freier Beweiswürdigung zur Überzeugung, dass die Aussage des Zeugen S im Hinblick auf mehrere Einzelheiten unklar ist. Zum einen ist nicht auszuschließen, dass der Pkw, mit dem die Streifung stattfand, sich in der Zeit, die der Zeuge zum Umdrehen benötigte - er hat ausgeführt, er habe zweimal reversieren müssen und wäre fast mit dem hinter ihm fahrenden Pkw kollidiert - soweit entfernt hat, dass er vom Zeugen nicht mehr eingeholt werden konnte. Der Zeuge hat den Pkw gänzlich aus den Augen verloren. Auch wenn er nach dem umständlichen Umkehrvorgang auf der B140 in Richtung Steyr keinen Pkw gesehen hat, ist nicht auszuschließen, dass dieser inzwischen zB unbeleuchtet auf dem Parkplatz vor der Brücke abgestellt wurde oder im rechts nach der Brücke befindlichen unübersichtlichen Teil von Steinbach verschwunden ist. Dass die Zeit dafür ausgereicht hätte, ist nachvollziehbar. Der Zeuge hat selbst bestätigt, der über die Brücke fahrende Pkw sei der einzige gewesen und der ihm unbekannte Lenker habe nicht auf seine Zeichen mit der Lichthupe reagiert und sei auch überrascht gewesen, als er ihn auf die Streifung angesprochen habe. Abgesehen davon, dass nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates ebenfalls fraglich ist, ob bei der Streifung am Pkw des Zeugen überhaupt ein Schaden entstanden ist - die Schleifspur an der linken Außenseite ließ sich leicht entfernen und ist daher kein Schaden iSd § 4 StVO, am Spiegel befindet sich eine Reihe in keiner Weise zuzuordnende Kratzspuren - kann allein auf der Grundlage der Aussage des Zeugen S nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit die Aussage getroffen werden, dass es sich beim Bw tatsächlich um den Unfallgegner des Zeugen gehandelt hat, auch wenn dessen Verantwortung hinsichtlich der Fahrtstrecke vom genannten Gasthaus in Steinbach insofern widersprüchlich ist, als er dem Ml gegenüber auf telefonisches Befragen zugegeben hat, etwa zur fraglichen Zeit doch in Grünbach gewesen zu sein. Da ihm der Zeuge, ohne ihn aus den Augen zu verlieren, von der Brücke aus bis nach Hause nachgefahren ist, wo er sogar mit ihm gesprochen hat, ist die Verantwortung des Bw, er sei nur auf der Steinbacher Seite der Steyr gefahren, unglaubwürdig. Jedoch kann darüber, ob er auch an der Unfallstelle bei km 9.00 der B140 gefahren ist, eine dezidierte Feststellung im Wege der Beweiswürdigung nicht getroffen werden.

In rechtlicher Hinsicht war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 1. Alt. VStG wegen Nichterweisbarkeit der dem Bw zur Last gelegten Übertretungen mit der Aufhebung der Punkte 1) und 2) des angefochtenen Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung vorzugehen, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht vorzuschreiben waren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

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