Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108380/5/Bi/Be

Linz, 05.11.2002

 

VwSen-108380/5/Bi/Be Linz, am 5. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S vom 5. Juli 2002 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 20. Juni 2002, III-S-11.571/01/G-Steyr, wegen Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in beiden Punkten ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 9 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 16 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 50 Euro (36 Stunden EFS) und 2) 150 Euro (96 Stunden EFS) verhängt, weil er am 23. Mai 2001 um 17.00 Uhr den Pkw mit dem Kz VB- auf der und im Bereich der Kreuzung mit der im Ortsgebiet von Steyr gelenkt habe, wobei er 1) verbotenerweise eine Sperrlinie überfahren habe und 2) verbotenerweise überholt habe, obwohl er nicht einwandfrei habe erkennen können, dass er sich nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werde können.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw bestreitet sowohl, eine Sperrlinie überfahren zu haben, als auch einen Überholvorgang unter Behinderung des Überholten. Für seine Behauptung bietet er als Zeugen seinen damaligen Beifahrer an.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass am 23. Mai 2001 um etwa 17.05 Uhr Beamte der BPD Steyr zur Schlichtung eines Streits zwischen zwei Fahrzeuglenkern zum Haus Hafnerstraße 14 angefordert wurden. Dort gab der Lenker des Pkw SE-, J, an, er sei unmittelbar vor der Kreuzung vom Bw überholt worden, der dabei die dortige Sperrlinie überfahren habe. Dort befänden sich zwei gekennzeichnete Fahrstreifen, die unmittelbar vor der Kreuzung in einen einzigen zusammenführten. Der Bw habe nach dem Überholen sein Fahrzeug mit quietschenden Reifen, sohin mit ungebührlichem Lärm, beschleunigt. Das rücksichtslose Verhalten des Lenkers habe ihn dermaßen gestört, dass er diesem bis in die nachgefahren sei, um ihn zur Rede zu stellen und auf sein ungebührliches Verhalten aufmerksam zu machen. Der Bw habe sich aber nichts sagen lassen und sei ihm gegenüber laut geworden, sodass er schließlich die Polizei verständigt habe. Seine Angaben wurden von seiner Beifahrerin an Ort und Stelle bestätigt.

Der ebenfalls anwesende Bw hat gegenüber den Beamten ausgeführt, er sei vor der Kreuzung hinter dem von J ohne ersichtlichen Grund mit ca 20 km/h gelenkten Pkw nachgefahren und habe die Geduld verloren. Er habe kurz gehupt und das Fahrzeug beim Haus Nr., wo zwei Fahrstreifen in einer Richtung vorhanden seien, überholt, jedoch ohne eine Sperrlinie zu überfahren. Er habe den Lenker sicher nicht zum Abbremsen genötigt und könne sich auch nicht vorstellen, dass seine Reifen gequietscht hätten. Als er beim Haus eingetroffen sei, habe der Lenker wie wild und grundlos zu hupen begonnen und ihn beschimpft. Er wolle daher Anzeige gegen den Lenker wegen Fahren mit zu geringer Geschwindigkeit und unbegründetem Hupen erstatten.

Die Anzeige wurde der BPD Steyr vorgelegt, die gemäß § 29a VStG an die BH Wels-Land - der Bw wohnte damals in Pichl/Wels - abtrat. Der Bw wurde mit 18.6.2001 zur BH Wels-Land geladen, allerdings ohne konkrete Bezeichnung, ob als Zeuge oder Beschuldigter.

J wurde am 17.7.2001 als Beschuldigter einvernommen - die Niederschrift weist keine Unterschrift und auch keinen Hinweis auf eine eventuelle Übertragung eines Tonbandprotokolls auf - und führte aus, er sei mit seinem Pkw auf der kurz vor der Kreuzung mit der gefahren, als der hinter ihm befindliche Lenker, der Bw, zu hupen begonnen und ihn überholt habe, wobei er die Sperrfläche überfahren habe. Während des Überholvorganges habe er seinen Pkw abgebremst, um dem Bw ein Wiedereinordnen auf dem kurzen Straßenstück zwischen den beiden Kreuzungen zu ermöglichen. Beim Überholen habe der Lenker beschleunigt, dass die Reifen gequietscht hätten, und dadurch ungebührlichen Lärm verursacht. Auf der Kuppe des Arbeiterberges habe der Bw vor dem Zebrastreifen angehalten, um einem Fußgänger das Überqueren zu ermöglichen. Er sei hinter ihm zu stehen gekommen und habe ihn angehupt, weil sein Verhalten so gefährlich und rücksichtslos gewesen sei. Er habe ihm Zeichen gegeben, er möge zum Fahrbahnrand zufahren; dieser habe aber nicht reagiert. In der sei ihm der Pkw erneut aufgefallen und er habe den Bw zur Rede stellen wollen. Auf Grund seines Verhaltens habe er dann aber Anzeige erstattet.

J wurde am 4.10.2001 beim Marktgemeindeamt neuerlich einvernommen, diesmal als Zeuge, und bestätigte seine Angaben vom 17.7.2001 nun zeugenschaftlich.

Der Bw wurde von der BH Wels-Land am 23.10.2001 erneut geladen, allerdings wiederum ohne Bezeichnung als Zeuge oder Beschuldigter. Auf Grund einer Meldeauskunft wurde sein Wohnsitz in Wels, ermittelt und das Verfahren mit 29.11.2001 gemäß § 29a VStG an die BPD Wels abgetreten.

Die Ladung vom 3.1.2002 war wiederum eine solche "als Beteiligter".

Im Ladungsbescheid vom 7.3.2002 wurde der Bw erstmals unter Vorhalt der auch im Straferkenntnis enthaltenen Anschuldigungen als Beschuldigter geladen - der Ladungsbescheid wurde wegen Ortsabwesenheit von der Post retourniert. Der Ladungsbescheid vom 15.4.2002 wurde von der Post mit dem Vermerk rückübermittelt, der Bw befinde sich derzeit in der Therapiestation L in. Mit 13.5.2002 erging eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den Bw, adressiert nach Meiningen; wiederum von der Post retourniert mit dem Vermerk "verzogen".

Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.5.2002 wurde dem Bw in Wels durch Polizeibeamte zugestellt. Da er darauf nicht reagierte, erging schließlich das angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass als erste Verfolgungshandlung im Sinne des § 31 Abs.1 VStG die Aufforderung zur Rechtfertigung durch die BH Wels-Land vom 20.11.2001 anzusehen ist, die noch innerhalb der sechsmonatigen Frist, die mit 23.11.2001 endete, die Behörde verlassen hat. Darin waren die Tatvorwürfe so enthalten, wie im Straferkenntnis, und es hat keine Bedeutung, dass der Bw diese Aufforderung nie erhalten hat.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, wobei diese hinsichtlich Ort und Zeit so genau umschrieben sein muss, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Vorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen, und er rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Im gegenständlichen Fall ist als Fahrtstrecke im Ortsgebiet Steyr die " im Bereich der Kreuzung mit der genannt, wobei das Überfahren einer Sperrlinie und ein unerlaubtes Überholmanöver angeführt werden, ohne diese Tatvorwürfe örtlich in ausreichender Weise zu umschreiben. Es läßt sich aus dem Spruch nicht ersehen, welche Sperrlinie gemeint ist und wo genau das Überholmanöver stattgefunden hat, wobei hinsichtlich des 2. Tatvorwurfs auch noch festzuhalten ist, dass diesbezüglich der reine Gesetzestext ohne jeden Bezug zum inhaltlichen Tatvorwurf wiedergegeben wird. Diesbezüglich ist bereits Verjährung eingetreten.

Abgesehen davon sind die Angaben des Zeugen und Beschuldigten J in sich widersprüchlich: Bei der Anzeigeerstattung war von einer Sperrlinie die Rede, bei seiner Einvernahme plötzlich von einer Sperrfläche. Er hat auch nie gesagt, dass ihn der Bw zum Abbremsen genötigt hätte, sondern er hat ausgeführt, er habe gebremst, um dem Bw das Wiedereinordnen nach dem Überholvorgang zu ermöglichen. Das ist aber so zu deuten, als ob er von sich aus, dh aus Vorsicht, gebremst hätte, nicht weil er durch den Pkw des Bw behindert worden ist.

Dass vor der Kreuzung der mit der, dh vor dem Haus Schönauerstraße 3, zwei Fahrstreifen in der selben Fahrtrichtung vorhanden sind, die der Bw erlaubterweise genutzt haben könnte, war nie Gegenstand seiner Befragung.

Die dem Bw zur Last gelegten Übertretungen sind daher auch hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen/Beschuldigten J nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erweisbar, zumal es nicht Aufgabe des Unabhängigen Verwaltungssenates sein kann, jemanden so lange zeugenschaftlich zu befragen, bis sich letztlich eine Variante als wahr herausstellt.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates war daher aus mehreren Gründen mit der Einstellung des Verfahrens in beiden Punkten vorzugehen, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht vorzuschreiben waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Beweislage zu Lage und Verjährung hinsichtlich der örtlichen Umschreibung des Tatvorwurfs - Einstellung.

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