Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107459/23/SR/Ka

Linz, 19.06.2001

VwSen-107459/23/SR/Ka Linz, am 19. Juni 2001 DVR.0690392   E R K E N N T N I S      

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Konrath über die Berufung des F L, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. H und Mag. T, Hstraße, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von L-L vom 9.1.2001, Zl. VerkR96-9085-2000/Mr, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 27.3.2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:   I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.   II. Der Kostenbeitrag hat zu entfallen.   Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000- VStG zu II.: § 66 Abs.1 VStG.   Entscheidungsgründe:   1. Mit dem nunmehr angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:   "Sie haben am 20.8.2000 um 21.35 Uhr im Gemeindegebiet von St. M auf dem Güterweg "P" vom Bauernhof P Nr. kommend in Richtung N/Kr. den PKW Kz. L in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. (Alkoholisierungsgrad: 0,76 mg/l). Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 5 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von Schilling 12.000 S falls diese uneinbringlich ist, EFS von 10 Tagen gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 1.200,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);   Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 13.200,00 (entspricht: 959,28 Euro)."   2. Gegen dieses dem ursprünglichen Vertreter des Bw am 12.1.2001 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26.1.2001 - somit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.   2.1. Im Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass unstrittig wäre, dass der Bw den gegenständlichen PKW auf dem Güterweg P gelenkt habe und dass die Durchführung des Alkomattestes einen Alkoholisierungsgrad der Atemluft von 0,76 mg/l erbracht hätte. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen worden. Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit zu werten gewesen, straferschwerende Umstände seien nicht hervorgekommen.   2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass er den bezeichneten PKW auf dem Feld des landwirtschaftlichen Anwesens "Pfeifer" in Betrieb genommen und gelenkt habe. Ein Befahren des Güterweges sei nicht vorgelegen. Der PKW sei am Feldrand innerhalb der dort befindlichen Absperrung zum Stillstand gekommen und neben dem Güterweg P eingeparkt worden. Zeugen hätten beobachtet, dass der PKW "nach der Amtshandlung wie zuvor neben dem Güterweg im Feld" gestanden wäre. Die Aussagen des Zeugen Abt. Insp. S, dass der abgestellte PKW von beiden Beamten von der Fahrbahn des Güterweges nach rechts auf das Feld geschoben worden wäre, würde nicht zutreffen. Desweiteren seien die Aussagen der Beamten nicht schlüssig, da die Beamten das Einsatzfahrzeug nicht so schnell wenden hätten können.   Die angelastete Verwaltungsübertretung wäre nicht auf öffentlicher Verkehrsfläche gesetzt worden sondern auf einem privaten Feld, welches der Öffentlichkeit nicht frei zugänglich wäre.   3. Die Bezirkshauptmannschaft L-L hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.   3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat für den 27.3.2001 die mündliche Verhandlung anberaumt, dazu die Verfahrensparteien, die Zeugen Abt.Insp. Sp, Rev.Insp. H, F L, R, F Z und R H, geladen.   In der mündlichen Verhandlung wurde auf den Lageplan (fortlaufende Nummer 17), vorgelegte Fotos des Tatortes (Aufnahme unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung) und auf die verlesenen Aktenbestandteile Bezug genommen. 3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung ergibt sich folgender zu beurteilender Sachverhalt:   Zum Tatzeitpunkt war es dämmrig und noch nicht dunkel. Der Zeuge (und Meldungsleger) Abt. Insp. S hat das Fahrzeug des Bw auf dem gegenständlichen Stoppelfeld, das während der Veranstaltungsdauer als Parkplatz für die Veranstaltung gedient hat, wahrgenommen. Bei der Vorbeifahrt konnte er den Bw im Fahrzeug, seitlich an das Fenster gelehnt, erkennen. Auf Grund dieser Stellung wollte der Zeuge Abt. Insp. S den Bw ansprechen und ihn an einer allfälligen Wegfahrt hindern, um eine strafbare Tat hintanzuhalten. Der Lenker des Einsatzfahrzeuges, Rev.Insp. H, wurde deshalb von ihm aufgefordert, das Fahrzeug zu wenden. Laut seiner Ansicht hat die erste Umkehrmöglichkeit in einer Entfernung von ca. 50 m bis 60 m (nach Erkennen des Bw) bestanden. Während des Umkehrvorganges hat der Bw die Lichter seines Fahrzeuges eingeschaltet. Das Auto des Bw will der Zeuge Abt. Insp. S bis zu Beginn der Amtshandlung im Auge behalten und dabei festgestellt haben, dass der Bw sein Fahrzeug vom Stoppelfeld auf den Güterweg gelenkt hat. In der Folge ist der Bw dem Einsatzfahrzeug nach dessen Wendemanöver entgegengekommen. Bevor eine Anhaltung vorgenommen werden konnte, hat der Bw seinen Pkw wieder in das Stoppelfeld gelenkt. Zu Beginn der Amtshandlung sei dessen Pkw noch ca. 1/2 m auf dem Güterweg gestanden. Vor dem Eintreffen hat der Bw das Licht abgeschaltet und ist im Fahrzeug verblieben. Die rot-weiß-roten Begrenzungsbänder (vormaliger Parkplatz) waren teilweise abgerissen. Ob an der gegenständlichen Örtlichkeit eine Ackerfurche bestanden hat, konnte dieser Zeuge nicht angeben. Nach der Amtshandlung wäre der Pkw des Bw auf das Stoppelfeld geschoben worden. In der Folge der Befragung hat der Zeuge Abt. Insp. S ausgesagt, dass keine Ackerfurche im Bereich der endgültigen Abstellung des Fahrzeuges des Bw bestanden hat und das Fahrzeug des Bw von ihm und Rev. Insp. H auf das Stoppelfeld geschoben worden ist. Beide Beamte haben hinten am Fahrzeug angeschoben. Der Bw oder eine andere Person hat sich bei diesem Vorgang nicht im Fahrzeug befunden. Über Nachfragen gab der Zeuge Abt. Insp. S an, dass von einem Beamten seitlich und einem hinten am Fahrzeug angeschoben worden war.   In der Berufungsverhandlung hat der Zeuge Rev. Insp. H ausgeführt, dass er den Bw im Fahrzeug lehnend wahrgenommen hat. Sein Kollege Abt.Insp. S habe ihn aufgefordert, den Streifenwagen zu wenden. Schätzungsweise nach ca. 200 m bis 300 m hätte sich eine Möglichkeit zum Wenden ergeben. Nach dem Wendemanöver hat der Zeuge Rev. Insp. H die eingeschalteten Scheinwerfer des Fahrzeuges des Bw wahrgenommen. An eine Bewegung konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern. Bevor das Einsatzfahrzeug das Fahrzeug des Bw erreicht hatte, sei dieses jedenfalls zum Stillstand gekommen. Zu Beginn der Amtshandlung stand das Fahrzeug des Bw zur Hälfte am Güterweg und zur Hälfte in der Wiese. Zwischen Wiese und Güterweg befand eine rot-weiß-rote Abgrenzung (ein Band) und der Pkw des Bw befand sich außerhalb davon. Zwischen Güterweg und Wiese bestand ein minimaler Graben. Mit "Wiese" bezeichnete dieser Zeuge das Stoppelfeld, das während der Veranstaltung als Parkplatz gedient hatte. Nach Vorlage einer maßstabgetreuen Skizze des Veranstaltungsplanes, auf dem der Parkplatz, die Absperrungen und die Ein- und Ausfahrten (bezeichnet mit A und B) eingezeichnet sind, gab der Zeuge an, dass sich das Fahrzeug des Berufungswerbers nach der mit "B" bezeichneten Öffnung (Sichtweise vom Festgelände weg) befunden hatte. Erst nach der Amtshandlung wurde das Fahrzeug des Bw in das Stoppelfeld hineingeschoben und dabei dürfte das rot-weiß-rote Band gerissen sein.   Der Zeuge F L hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er beide Fahrzeuge nicht in Bewegung gesehen hat. Seine ersten Wahrnehmungen waren eingeschaltetes Licht und ein geöffneter Kofferraumdeckel beim Gendarmeriefahrzeug. Das Fahrzeug des Bw stand ca. 1 m vom Güterweg entfernt auf dem Stoppelfeld. Den Verlauf der Amtshandlung bzw. wieweit diese gediehen war, konnte der Zeuge nicht beschreiben. Die Stellung des Beschuldigtenfahrzeuges war am nächsten Tag noch unverändert. Zwischen Güterweg und Stoppelfeld befand sich eine ca. 20 cm bis 30 cm tiefe Ackerfurche und das Fahrzeug des Bw war einige Meter vor der Ausfahrt (laut Plan mit "B" bezeichnet - Sichtweise wie oben) abgestellt. In der Nähe der Amtshandlung bestand keine Umkehrmöglichkeit. Die nächste lag beim nächsten Bauernhaus und ziemlich weit weg. Vom Bauernhaus kann man den Ort der Amtshandlung nicht einsehen.   Der Zeuge R P hat in der mündlichen Berufungsverhandlung dargelegt, dass er am 20. 8. 2000 nachmittags mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt war. Zum Zeitpunkt der Amtshandlung ist er schräg über das Stoppelfeld (Parkplatz) nach Hause gegangen. In einer Entfernung von 10 m vor dem auf dem Plan eingezeichneten Ausgang B (Sichtweise wie oben) befand sich eine Furche zwischen Güterweg und Stoppelfeld. An dieser Stelle hat er auch das Fahrzeug des Bw wahrgenommen. In der Nähe stand das Gendarmeriefahrzeug. Das Fahrzeug des Bw hat sich zum Zeitpunkt seiner Wahrnehmung auf dem Feld und nicht auf dem Güterweg befunden. Der Amtshandlung sah er ca. 5 Minuten zu. Gesprächsteile wurden nicht wahrgenommen und die beiden Gendarmeriebeamten standen zwischen den Fahrzeugen. Nach der ca. 5-minütigen Anwesenheitsdauer ist er nach Hause gegangen. Am nächsten Tag war das Fahrzeug des Bw noch unverändert an der tags zuvor wahrgenommenen Stelle abgestellt.   Das Fahrzeug des Bw stand parallel zum Fahrbahnrand des Güterweges auf dem Stoppelfeld. Die nächste Umkehrmöglichkeit bestand beim elterlichen Bauernhaus in einer Entfernung von ca. 300 m vom Tatort gesehen.   Entgegen den niederschriftlichen Angaben vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 25. September 2000 wurde nicht wahrgenommen, wie und wo der Bw den Pkw in Betrieb genommen bzw. ursprünglich abgestellt hat.   Der Zeuge F Z führte in der mündlichen Berufungsverhandlung aus, dass er die Fahrzeuge nicht in Bewegung gesehen hat. Nachdem er das Gendarmeriefahrzeug erkannt hatte, ist er mit dem Zeugen H und namentlich nicht bekannten Personen zum Gendarmeriefahrzeug gegangen. In einem Abstand von ca. 20 m vom Ort der Amtshandlung hat er Gesprächsinhalte nicht verstanden, die zwei Gendarmeriebeamten zwischen den beiden Fahrzeugen aber wahrgenommen. Den Stand der Amtshandlung konnte er nicht beschreiben. Das Fahrzeug des Bw stand im Feld. Zwischen Feld und Güterweg befand sich eine Furche. Die Tiefe bzw. die Befahrbarkeit dieser konnte der Zeuge zum Zeitpunkt der Befragung nicht mehr angeben. Der Abstand zwischen beiden Fahrzeugen betrug ca. 1 1/2 m. Ein anderes Fahrzeug hätte nicht durchfahren können. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde von ihm das Fahrzeug des Bw nicht mehr wahrgenommen.   Der Zeuge R H führte in der mündlichen Berufungsverhandlung aus, dass er das Fahrzeug der Gendarmerie in Bewegung gesehen hat, eine Bewegung des Fahrzeuges des Bw wurde nicht wahrgenommen. Das Gendarmeriefahrzeug hatte im Bereich des Parkplatzes des Festgeländes angehalten und das Fahrzeug des Bw stand bereits auf dem Stoppelfeld (vormals Parkplatz des Veranstaltungsortes). Mit dem Zeugen Z hat er sich den Fahrzeugen genähert. Sein Abstand betrug ca. 5 m. Die Gendarmeriebeamten haben mit dem Bw gesprochen. Er selbst ist von einem Gendarmeriebeamten gefragt worden, was er hier wolle. Das Fahrzeug des Bw stand ca. 1 1/2 m von der Absperrung entfernt. Eine Stunde nach der Amtshandlung war das Fahrzeug des Bw von ihm noch in dieser unveränderten Stellung abgestellt wahrgenommen worden. Der Abstellort hat sich ca. 5 m vor der laut Plan als Ausfahrt B bezeichneten Stelle (Sichtweise wie oben) befunden. Die Amtshandlung der Gendarmerie wurde ziemlich lückenlos beobachtet. Eine Wegbewegung des Fahrzeuges des Bw durch die Gendarmerie hat der Zeuge H nicht wahrgenommen. Der Bw hat im Zuge des Beweisverfahrens ausgeführt, dass er seinen Pkw in der Nähe der Ausfahrt B am Feld abgestellt hat. Die Amtshandlung hatte zwischen seinem Fahrzeug und dem Gendarmeriefahrzeug stattgefunden. Bei der Abholung des Fahrzeugschlüssels hat er mitgeteilt, dass er ja nur auf dem Feld und nicht auf einer öffentlichen Straße gefahren ist. Daraufhin wurde ihm geantwortet, dass dies "wurscht" wäre, da es sich hier um eine öffentliche Verkehrsfläche gehandelt hat. Von welchem Gendarmeriebeamten diese Mitteilung stammen würde, konnte der Bw nicht mehr angeben.   Nach der mündlichen Verhandlung wurde dem Berichter ein FAX vom Zeugen Abt. Insp. S mit folgendem Inhalt (auszugsweise) übermittelt:   "Zur heutigen Ladung der Berufungsverhandlung im Verwaltungsstrafverfahren darf ich höflichst mitteilen, dass der Senat am heutigen Tage von insgesamt 6 Personen (4 "Zeugen"-Verdächtiger-Anwalt) belogen wurde. ....... Der in der Anzeige und auf den Lichtbildern dargestellte Sachverhalt entspricht voll der Wahrheit. Es wird daher gebeten, den Tatbestand der Falschen Beweissaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach § 289 StGB wahrzunehmen."   3.3. Trotz des umfassenden Beweisverfahrens kann nicht mit Sicherheit von der Richtigkeit des Tatvorwurfes ausgegangen werden.   Obwohl übereinstimmend die Lichtverhältnisse als dämmrig und noch nicht ganz dunkel bezeichnet worden sind, haben die Zeugen eine Fülle von Wahrnehmungen getätigt, die lediglich auf einen beginnenden Dämmerungszustand hinweisen. Die Zeugenaussagen der beiden Gendarmeriebeamten stehen sowohl zu den Angaben des Berufungswerbers, als auch zu vier unbeteiligten Zeugen in deutlichem Widerspruch. Wie nachfolgend dargelegt, weisen auch die Aussagen der Gendarmeriebeamten zueinander, als auch die Ausführungen der übrigen Zeugen in sich und zueinander teils erhebliche Widersprüche auf. In der Anzeige vom 21. 8. 2000 hat der Zeuge Abt. Insp. S unter Punkt b) Beweismittel (Sonstiges) ausgeführt, dass der Bw "mehr hinter dem Lenkrad hing als saß". Eine Kontrolle sei beabsichtigt worden, um den Lenker an der Wegfahrt zu hindern. In der niederschriftlichen Befragung vor der Bezirkshauptmannschaft L-L hat der Zeuge Abt. Insp. S am 30. 8. 2000 ausgeführt, dass der Bw schräg zwischen Lenkrad und Fahrertüre "gesessen" sei und kein Anlass zu einer Kontrolle auf dem privaten Feld bestanden habe. Unmittelbar nach der Vorbeifahrt habe der Zeuge Abt. Insp. S bemerkt, dass sich der Pkw vom Feld auf den Güterweg in Bewegung gesetzt habe und deshalb die Amtshandlung beabsichtigt worden wäre. Noch bevor eine Anhaltung durchgeführt werden hätte können, hätte der Lenker den Pkw knapp vor dem Zeugen Abt. Insp. S angehalten, das Licht und den Motor ausgeschaltet. Im Anschluss führt der Zeuge Abt. Insp. S aus, dass die Anhaltung auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr durchgeführt worden wäre. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Zeuge Abt. Insp. S angegeben, dass der Bw vor dem Eintreffen das Fahrzeug teilweise im Stoppelfeld abgestellt und das Licht abgeschaltet hätte. Der Zeuge (und Meldungsleger) Abt. Insp. S hat die Stellung des Bw in seinem Fahrzeug unterschiedlich dargestellt und die Aufnahme der Amtshandlung äußerst widersprüchlich beschrieben. In der Anzeige wurde die beabsichtigte Kontrolle damit begründet, dass man den bis zu diesem Zeitpunkt untätigen PKW-Insassen an der Wegfahrt hindern wollte; bei der niederschriftlichen Befragung wurde auf Grund dieser Sitzhaltung vorerst kein Anlass zu einer Kontrolle erkannt und erst in der Inbetriebnahme des Fahrzeuges der Auslöser für die folgende Amtshandlung gesehen. Entgegen letzterer Darstellung hat der Zeuge Abt. Insp. S in der mündlichen Verhandlung wiederum die Haltung des Bw im Fahrzeug als Grund für die beabsichtigte Amtshandlung genannt. Die erste Umkehrmöglichkeit haben der Zeuge R H und Rev.Insp. H im Gegensatz zum Zeugen Abt. Insp. S übereinstimmend mit 300 m angegeben. Der Zeuge Abt. Insp. S ist lediglich von 50 m ausgegangen und hat in nicht schlüssiger Weise dargelegt, den Bw bei seiner Fahrt nicht aus den Augen gelassen zu haben. Geht man von den unstrittigen schlechten Lichtverhältnissen, der Entfernung vom anschließenden Ort der Amtshandlung und dem Umkehrmanöver aus, dann erscheint es nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge Abt.Insp. S den Bw bei seiner Fahrt über das Stoppelfeld zum Güterweg und der folgenden Fahrt auf diesem ständig beobachten konnte. Der Lenker des Gendarmeriefahrzeuges Rev.Insp. H konnte das Fahrzeug zwar wahrnehmen, aber glaubwürdig darlegen, dass ihm eine Feststellung, ob es in Bewegung war, nicht möglich gewesen ist.   Die beiden Gendarmeriebeamten haben übereinstimmend die Stellung des Pkws des Bw auf dem Güterweg nach der Ausfahrt B behauptet. Das Fahrzeug soll zur Hälfte im Stoppelfeld und zur Hälfte auf dem Güterweg zum Stillstand gekommen sein. Im Gegensatz dazu haben die weiteren unbeteiligten Zeugen das Fahrzeug des Bw zu keiner Zeit auf dem Güterweg abgestellt wahrgenommen. Der Abstand des Fahrzeuges zum Güterweg wird zwar nicht deckungsgleich, aber grob übereinstimmend dargelegt. Widersprüchlich ist die angebliche Entfernung des gegenständlichen Pkws durch den Zeugen Abt. Insp. S dargelegt worden. Obwohl er ausgeführt hatte, dass sich beim Wegschieben des Pkws keine Person im Fahrzeug befunden hat, ging er ursprünglich davon aus, dass beide Beamte hinten angeschoben hätten. Erst über entsprechenden Hinweis gab er an, dass ein Beamter seitlich und ein weiterer hinten angeschoben hätte. Der Zeuge Rev.Insp. H konnte sich an den genauen Vorgang nicht mehr erinnern. Die Verschaffung des Pkws als solche hatte er jedoch noch in Erinnerung. Die sonstigen Zeugen konnten mit Ausnahme des R H den Stand der Amtshandlung zeitlich nicht zuordnen. Letztgenannter Zeuge hat zumindest das Gendarmeriefahrzeug in Bewegung gesehen und beobachtet, dass sich danach das Fahrzeug des Bw nicht mehr wegbewegt hat. Das würde heißen, dass sich das Fahrzeug des Bw bereits zum Zeitpunkt des Beginnes der Amtshandlung auf dem Stoppelfeld befunden haben muss und auch in der Folge von dort nicht mehr wegbewegt worden ist. Abgesehen von den beiden Gendarmeriebeamten haben die Zeugen P, Z und H den Standort bzw. Abstellort des Fahrzeuges des Bw mit ca. 5 m vor der Ausfahrt B - aus der Sicht vom Festgelände - bezeichnet.   Seitens der Gendarmeriebeamten wird eine Ackerfurche im Bereich des Abstellortes bestritten, von den weiteren Zeugen grundsätzlich eine bestandene Ackerfurche bestätigt. Plausibel erscheint jedoch das damalige Vorhandensein dieser, da mit der Erstellung dieses Grabens eine kontrollierte "Parkplatzbenützung" durch die Festgäste ermöglicht werden konnte (ausschließliche Ein- und Ausfahrt bei den Öffnungen A und B).   Die Aussagen über die Absperrung (rot-weiß-rotes Band) im Bereich des Tatortes tragen ebenso wenig zur Klärung bei, da sie widersprüchlich sind und aufgrund dieser nicht erkannt werden kann, wo sich der Pkw des Bw tatsächlich befunden hat bzw. wo dieser vom Bw gelenkt worden ist.   Aus § 45 Abs.2 AVG ergibt sich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Die Behörde hat, soweit es sich nicht um offenkundige oder gesetzlich vermutete Tatsachen handelt (§ 45 Abs.1 AVG) unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist. Dies bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind, d.h. die gleiche abstrakte Beweiskraft haben und dass allein der "innere Wahrheitsgehalt" der Ergebnisse des Beweisverfahrens dafür ausschlaggebend zu sein hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist. Bei der Feststellung dieses inneren (materiellen) Wahrheitsgehaltes hat die Behörde - ohne an Beweisregeln gebunden zu sein - schlüssig im Sinne der Denkgesetze vorzugehen. Bei richtiger Betrachtung kommt es darauf an, dass der Organwalter seine ganze Kenntnis zur Anwendung bringt, die dazu dient, aus Beweismitteln auf die zu beweisende Tatsache zu schließen. Dies können Sätze der Psychologie sein - z.B. wie sich ein Mensch verhält, der die Unwahrheit sagt -, Regeln über den erfahrungsmäßig wahrscheinlichen Ablauf von Ereignissen oder logische Regeln (Walter/Mayer7, Verwaltungsverfahrensrecht, RNr. 325)   Den Angaben eines Beamten (hier: Gendarmeriebeamten) kommt im Hinblick auf seine besondere Stellung (Diensteid, strafrechtliche Verantwortlichkeit, spezifische Schulung) an sich erhöhte Bedeutung zu. Die Organeigenschaft für sich alleine begründet jedenfalls keinen ausreichenden Beweis. Bei einem durchgehend schlüssigen Vorbringen würde den Aussagen der Zeugen Abt.Insp S und Rev.Insp H gegenüber denen des Bw diese erhöhte Bedeutung zukommen, da sich letzterer frei verteidigen kann. Die geforderte Prämisse ist aber im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Wie dargestellt, war das Vorbringen der Zeugen Abt.Insp S und Rev.Insp H teilweise widersprüchlich. Deren Angaben standen die Aussagen der unbeteiligten Zeugen F L, R P, F Z und R H, die gemäß § 50 AVG befragt wurden, gegenüber. Auch wenn diese Aussagen nicht vollständig übereinstimmend waren, kann keinesfalls auf Gefälligkeitsangaben geschlossen werden, die nur dazu gedient hätten, den Standpunkt des Bw glaubhaft zu machen. Nimmt man in diesem Zusammenhang auch auf die Aussage des Bw Bezug, dem bei der Abholung der Fahrzeugschlüssel am Gendarmerieposten mitgeteilt wurde, dass es "wurscht sei, ob er auf dem Feld oder auf dem Güterweg gefahren wäre, da es sich in beiden Fällen um eine öffentliche Verkehrsfläche gehandelt habe", dann kann der Satzstellung in der Anzeige (Seite 2 des Vorlageaktes - Darstellung der Tat) besondere Bedeutung zukommen. Der Meldungsleger schreibt dort : .....Bezirk Linz-Land, auf der/dem Güterweg Pichlwang..... . Geht man davon aus, dass es sich bei dieser Passage um keinen Textbaustein handelt, dann ist es möglich, dass nach der Vorsprache des Bw am Gendarmerieposten in der Anzeige eine unvollständige Änderung von "auf der Festwiese" zu " auf der/dem Güterweg P" vorgenommen worden ist.   Im Rahmen der freien Beweiswürdigung kann auch das Verhalten der Zeugen in der mündlichen Verhandlung berücksichtigt werden. Die Zeugen F L, R P, F Z und R H haben insgesamt einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen.   Dieser Eindruck trifft grundsätzlich auch auf die beiden Gendarmeriebeamten zu. Eine Einschränkung könnte die Glaubwürdigkeit des Zeugen Abt. Insp. S durch die Vorlage des o.a. Fax an den unabhängigen Verwaltungssenat erlangen (siehe Auszug oben). Ob der Zeuge Abt.Insp. S mit diesem Fax den unabhängigen Verwaltungssenat beeinflussen wollte, kann nicht erkannt werden. Die Beurteilung von Wahrnehmungen in der Verhandlung und die Wertung der Zeugenaussagen stehen aber ausschließlich der erkennenden Kammer und nicht einem Dritten (Zeugen) zu. Diese Fax-Mitteilung tut zwar der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen Abt.Insp. S keinen Abbruch, lässt aber die erforderliche Objektivität vermissen.   Wie aus Punkt 3.2. erschließbar ist, wurde eine vollständige Beweiserhebung durchgeführt.   Die freie Beweiswürdigung ist ein kritisch-psychologischer Vorgang, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind. Sie ist Verstandes-, nicht Gefühlstätigkeit. Zu einer "Verurteilung" ist subjektiv volle Gewissheit über Täterschaft und Schuld nötig! Das objektive Mindestmaß ist eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit gilt rechtlich als Wahrheit und das Bewusstsein des Richters von einer so hohen Wahrscheinlichkeit als die Überzeugung von der Wahrheit. Bleiben Zweifel an Täterschaft oder Schuld, so ist der Beweis nicht erbracht. Jeder erhebliche Zweifel muss sich daher für den Bw auswirken: "In dubio pro reo!". Dieser Beweisgrundsatz bedeutet sohin, dass bei Zweifeln an Täterschaft und Schuld von der für den Bw günstigeren Meinung auszugehen ist (Foregger-Kodek2, Die österreichische Strafprozessordnung, Seite 345f).   Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht zweifelsfrei darauf geschlossen werden, dass der Bw das ihm angelastete Verhalten gesetzt hat. 4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).   4.2. Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, konnte dem Bw die angelastete Verwaltungsübertretung nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen werden. Es war nicht erweisbar, ob der Bw den Pkw auf der öffentlichen Verkehrsfläche - Güterweg P - oder auf dem Stoppelfeld, das zu diesem Zeitpunkt (ca. 6 Stunden nach Ende der Veranstaltung) bereits den Charakter einer öffentlichen Verkehrsfläche verloren hatte, gelenkt hat.   Der unabhängige Verwaltungssenat hatte daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und dieses einzustellen.   5. Der Kostenbeitrag hatte zu entfallen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.     Dr. Klempt     Beschlagwortung: in dubio pro reo, Tatortkonkretisierung

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