Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240284/2/WEI/Bk VwSen240285/2/WEI/Bk

Linz, 12.03.1998

VwSen-240284/2/WEI/Bk VwSen-240285/2/WEI/Bk Linz, am 12. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufungen des Ing. H gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land je vom 7. Oktober 1997 zu den Zahlen SanRB 96-9-1996-Fu (VwSen-240284) und SanRB 96-10-1996-Fu (VwSen-240285) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl Nr. 756/1992) zu Recht erkannt:

I. Den Berufungen wird teilweise mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Schuldsprüche der angefochtenen Straferkenntnisse zusammenzufassen und als eine einzige Verwaltungsübertretung anzusehen sind. Im Schuldspruch des Straferkenntnisses SanRB 96-10-1996-Fu wird die offensichtlich irrtümliche Produktbezeichnung "Junghühner-Oberkeule frisch mit küchenfertigen Innereien" auf "Junghühner-frisch mit küchenfertigen Innereien" berichtigt.

Im übrigen werden die Berufungen als unbegründet abgewiesen und die Schuldsprüche bestätigt.

Die Strafaussprüche der angefochtenen Straferkenntnisse werden aufgehoben und an ihrer Stelle wird nach dem Strafrahmen des § 74 Abs 5 LMG 1975 eine einheitliche Geldstrafe in Höhe von S 500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit nach § 16 Abs 1 und 2 VStG eine einheitliche Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden verhängt.

In den Strafverfahren erster Instanz hat der Berufungswerber einen einheitlichen Kostenbeitrag von S 50,-- zu leisten. Gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 hat er auch die von der Landwirtschaftlich-chemischen Versuchs- und Lebensmittel-Untersuchungsanstalt für Kärnten begehrten Untersuchungskosten für die Beurteilung der Proben zu den U-Zlen.: 2834/95/Me und 2835/95/Me in der Höhe von je S 650,-- (insgesamt S 1.300,--) zu ersetzen. II. In den Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten der Strafverfahren. Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit den oben bezeichneten Straferkenntnissen je vom 7. Oktober 1997 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

1. SanRB 96-9-1996-Fu (=VwSen-240284/1997):

"Sie haben es als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ - handelsrechtlicher Geschäftsführer - der Firma S KG in M, zu verantworten, daß am 2.6.1995 1 Packung des Produktes 'Junghühner-Oberkeule frisch, Großtasse, Charge: L2124' durch Lieferung vom Betrieb der vorgenannten Firma in H, an die Firma L, O, in Verkehr gebracht wurde, welche nicht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 entsprechend gekennzeichnet war, da es sich laut Gutachten der landwirtschaftlich-chemischen Versuchs- und Lebensmitteluntersuchungsanstalt für Kärnten, UZ.: 2834/95/Me, bei der gegenständlichen Ware um eine in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderbliche Ware handelt, die folglich nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnte, weshalb somit anstelle der auf der Etikette gemachten Angabe: 'mindestens haltbar bis: 06.06.95' das Verbrauchsdatum mit den Worten: 'verbrauchen bis ...' anzugeben gewesen wäre." 2. SanRB 96-10-1996-Fu (VwSen-240285/1997):

"Sie haben es als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ - handelsrechtlicher Geschäftsführer - der Firma S KG in M, zu verantworten, daß am 2.6.1995 1 Packung des Produktes 'Junghühner-Oberkeule frisch mit küchenfertigen Innereien' durch Lieferung vom Betrieb der vorgenannten Firma in H, an die Fa. L, O, in Verkehr gebracht wurde, welche nicht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 entsprechend gekennzeichnet war, da es sich laut Gutachten der landwirtschaftlich-chemischen Versuchs- und Lebensmitteluntersuchungsanstalt für Kärnten, UZ.: 2835/95/Me, bei der gegenständlichen Ware um eine in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderbliche Ware handelt, die folglich nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnte, weshalb somit anstelle der auf der Etikette gemachten Angabe: 'mindestens haltbar bis: 06.06.95' das Verbrauchsdatum mit den Worten: 'verbrauchen bis ...' anzugeben gewesen wäre." Durch diese zu Punkt 1 und 2 angeführten Tatanlastungen erachtete die belangte Strafbehörde jeweils den § 1 Abs 1 iVm § 5 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (BGBl Nr. 72/1993) iVm § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen nach dem Strafrahmen des § 74 Abs 5 LMG 1975 eine Geldstrafe von je S 500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 7 Stunden.

Als Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren wurde je ein Betrag von S 50,-- (10 % der Geldstrafe) und als Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten der Landwirtschaftlich-chemischen Versuchs- und Lebensmittel-Untersuchungsanstalt für Kärnten zu den UZlen.: 2834/95/Me und 2835/95/Me je der begehrte Betrag von S 650,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen diese Straferkenntnisse, die dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters je am 10. Oktober 1997 zugestellt wurden, richten sich die am 24. Oktober 1997 rechtzeitig eingebrachten Berufungen gleichen Datums, mit denen primär die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens und hilfsweise ein Absehen von der Strafe nach dem § 21 VStG, zumindest jedoch die erhebliche Herabsetzung der verhängten Strafen beantragt wird.

2.1. Der im wesentlichen unbestrittene Sachverhalt ergibt sich aus den Sprüchen und ist im einzelnen den angefochtenen Straferkenntnissen zu entnehmen. Auf die Feststellungen der belangten Strafbehörde wird verwiesen. Es liegen jeweils Anzeigen der Lebensmittelaufsichtsorgane des Marktamtes des Magistrats Villach vom 29. September 1995, mit denen die amtlichen Untersuchungszeugnisse zu den UZlen.: 2834/95/Me (Junghühner-Oberkeule frisch, Großtasse) und 2835/95/Me (Junghühner-frisch mit küchenfertigen Innereien) der Landwirtschaftlich-chemischen Versuchs- und Lebensmittel - Untersuchungsanstalt für Kärnten in, samt Probenbegleitschreiben übermittelt wurden, zugrunde. Mit den Aufforderungen zur Rechtfertigung je vom 14. Juni 1996 hat die belangte Behörde die Fakten im wesentlichen wie in den Sprüchen der angefochtenen Straferkenntnisse angelastet. Dabei erfolgte auch im Strafverfahren SanRB 96-10-1996-Fu die Produktbezeichnung mit dem Ausdruck "Junghühner-frisch mit küchenfertigen Innereien" zutreffend. Mit den Schriftsätzen je vom 2. Juli 1996 erstattete der Bw durch seinen Rechtsvertreter gleichlautende Rechtfertigungen zu den angelasteten Fakten und brachte vor, daß die EU-konforme Interpretation des § 5 LMKV ergäbe, daß Produkte, die mindestens drei Tage oder länger haltbar sind, nach der gegebenen Rechtslage mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum zu kennzeichnen wären. Ein Verbrauchsdatum käme lediglich für Produkte in Betracht, die nur ein oder zwei Tage haltbar sind. Der Bw verantwortete sich damit im Sinne der ihm mit Rundschreiben des Verbandes der Fleischwarenindustrie vom 14. Juli 1994, das er in Kopie in anderen gleichgelagerten Strafverfahren vorgelegt hatte, mitgeteilten Rechtsansicht (vgl Rundschreiben, Seite 2 Punkt 2.1.). Eine Kennzeichnung mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum im Vertrauen auf dieses Rundschreiben des Fachverbandes könne keine Übertretung der LMKV darstellen. In weiterer Folge ergingen die angefochtenen Straferkenntnisse je vom 7. Oktober 1997.

2.2. In den in den wesentlichen Belangen inhaltsgleichen Berufungen werden inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften als Berufungsgründe geltend gemacht.

Nach der jeweiligen Darstellung des Spruches der angefochtenen Straferkenntnisse bringen die Berufungen vor, daß die belangte Behörde gegen den Bw noch 6 weitere Straferkenntnisse je vom 7. Oktober 1997 betreffend einzelne Tatzeitpunkte im April, Mai und Juni 1995 erlassen habe und somit offensichtlich davon ausgegangen sei, daß mehrere Verwaltungsübertretungen begangen wurden. Die Berufungen gegen diese Straferkenntnisse sind beim O.ö. Verwaltungssenat zu den Zlen. VwSen-240284 bis 240290/1997 anhängig.

Durch die Lieferungen in den jeweiligen Straferkenntnissen der belangten Behörde wären die Rechtsvorschriften nach § 1 Abs 1 iVm § 5 LMKV 1993 iVm § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 aber immer nur einmal verletzt worden, da sich eine Handlungseinheit schon unmittelbar aus dem Wortlaut der gesetzlichen Umschreibung der strafbaren Handlung ergebe, sodaß auch nur eine Verwaltungsübertretung vorliegen könne. Selbst wenn man vom Vorliegen mehrerer Verwaltungsübertretungen ausginge, müßte man diese als ein fortgesetztes Delikt ansehen, da all diese Lieferungen aufgrund einer einzigen Anordnung des Bw gekennzeichnet und in Verkehr gesetzt worden wären. Es wäre also nicht nur ein zeitlicher Zusammenhang, sondern sogar Gleichzeitigkeit gegeben.

Der Annahme eines fortgesetzten Delikts stünde auch die fahrlässige Begehungsweise nicht entgegen, da das Kennzeichnen und Inverkehrbringen von einem Gesamtvorsatz getragen gewesen wäre. Auch wenn die Bestrafung nur wegen fahrlässiger Begehungsweise der Verwaltungsübertretung erfolgt sein sollte, läge dieser Gesamtvorsatz im Sinne der fortgesetzten Begehungsweise vor, da die Tathandlung selbst - das Kennzeichnen mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum - vorsätzlich, allerdings in Verkennung der Rechtslage erfolgt wäre.

Die Berufungen wenden sich weiters gegen die strafbehördliche Annahme einer Beharrlichkeit und Unbelehrbarkeit aufgrund der Vielzahl der eingelangten ähnlichen Anzeigen. Die anhängigen Strafverfahren wären dem Bw teilweise gar nicht bekannt gewesen. Die ersten die strafbehördliche Rechtsansicht bestätigenden Erkenntnisse des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich wären dem Bw erst am 15. November 1996 (VwSen-240172/3, 240173/5, 240174/5/Wei/Bk) und am 19. November 1996 (VwSen-240175/5/Wei/Bk) zugestellt worden. Auch die Vorwürfe in diesen Erkenntnissen wären nur als ein zusammenfassendes fortgesetztes Delikt zu bewerten gewesen. Die belangte Behörde hätte offensichtlich derartige Überlegungen nicht angestellt, sondern unzulässigerweise aus der Vielzahl der Verfahren auf Unbelehrbarkeit und Beharrlichkeit geschlossen.

Die Etiketten der S KG wären schon seit geraumer Zeit mit einem Verbrauchsdatum ("verbrauchen bis ...") bedruckt. Diese Umstellung wäre bereits zu einem Zeitpunkt erfolgt, als dem Bw bewußt wurde, daß die Rechtsansicht des Verbandes der Fleischindustrie zur Angabe eines Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatums von der Ansicht des BMGKS abweicht. Vor der rechtskräftigen Entscheidung der Sache könnte dem Bw nicht angelastet werden, daß er auf die Rechtsansicht des Verbandes der Fleischindustrie, die in einem Rundschreiben an alle fleischverarbeitenden Betriebe ausgesendet wurde, vertraut habe. Die Vielzahl der ähnlichen Anzeigen ergäbe sich aus einem kurzen Zeitraum. Von Unbelehrbarkeit oder Beharrlichkeit könne keine Rede sein.

Vielmehr hätte das Vertrauen auf die Richtigkeit der Rechtsmeinung im Rundschreiben des Verbandes der Fleischwarenindustrie als strafmildernder Umstand gewertet werden müssen, da auch für einen ordentlichen Kaufmann nicht ohne weiteres erkennbar wäre, daß diese Rechtsmeinung nach behördlicher Ansicht unvertretbar ist. Die verhängten Geldstrafen seien jedenfalls zu hoch bemessen. Die Vielzahl der ähnlichen Anzeigen wäre straferschwerend angerechnet worden, obwohl gemäß § 33 Z 2 StGB nur die Verurteilung wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat als straferschwerend anzusehen sei, wobei diese im Zeitpunkt der neuen Tat rechtskräftig gewesen sein müsse.

Die Berufungen führen schließlich noch 6 gleichgelagerte Straferkenntnisse der belangten Behörde an, die - offenbar mangels Erhebung einer Berufung - bereits in Rechtskraft erwachsen sind. Es handelt sich um folgende, nach der Tatzeit chronologisch geordnete Strafbescheide:

Straferkenntnis vom 10.12.1996, SanRB 96-80-1995, Tatzeitpunkt 17.10.1994; Straferkenntnis vom 12.12.1996, SanRB 96-47-1995, Tatzeitpunkt 31.10.1994; Straferkenntnis vom 10.12.1996, SanRB 96-91-1996, Tatzeitpunkt 31.01.1995; Straferkenntnis vom 10.12.1996, SanRB 96-37-1996, Tatzeitpunkt 06.02.1995; Straferkenntnis vom 12.12.1996, SanRB 96-171-1995, Tatzeitpunkt 18.04.1995; Straferkenntnis vom 21.01.1997, SanRB 96-299-1995, Tatzeitpunkt 18.07.1995; Der Bw bringt dazu vor, daß die in diesen Straferkenntnissen angeführten Tatzeitpunkte in den Tatzeitraum der gegenständlichen Straferkenntnisse fielen, und vertritt weiters die Ansicht, daß aufgrund des nahen Zusammenhanges nach Zeit, Ort und Gegenstand des Angriffes hinsichtlich der von den bereits rechtskräftigen ebenso wie von den früher genannten (noch nicht rechtskräftigen) Straferkenntnissen erfaßten Handlungen, die auf einem einheitlichen Willensentschluß beruhten und von denen jede den Tatbestand desselben Deliktes begründete, eine Einheit vorläge, sodaß die nunmehrigen Tatvorwürfe bereits abgegolten wären. Auch der Verwaltungsgerichtshof stelle für das Vorliegen eines fortgesetzten Delikts darauf ab, daß eine Reihe von Einzelhandlungen vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform, der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände und der zeitlichen Kontinuität eine Deliktseinheit bilden.

Bekämpft wird ferner der angeordnete Ersatz der von der Landwirtschaftlich-chemischen Versuchs- und Lebensmittel-Untersuchungsanstalt für Kärnten beanspruchten Untersuchungskosten von je S 650,--, weil diese Lebensmitteluntersuchungsanstalt für die Erstattung von Rechtsgutachten nicht zuständig sei und für eine schriftliche Stellungnahme zu einem Aufdruck auf Klebeetiketten Untersuchungskosten schon begrifflich nicht entstehen könnten.

2.3. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsstrafakten zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Vorlageschreiben bemerkt, daß sie mittlerweile von einem fortgesetzten Delikt ausgehe, weil schon mit Schreiben vom 20. Jänner 1997 Berufungsvorlagen erfolgten.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß im wesentlichen strittige Rechtsfragen zu beurteilen sind. Die gegenständlichen Berufungen wurden wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung verbunden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 5 LMG 1975 begeht im Falle der Ziffer 2 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 25.000,-- zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Die verfahrensrelevante LMKV 1993 wurde nach ihrer Präambel auf Grund der §§ 7 Abs 2, 10 Abs 1 und 19 Abs 1 LMG 1975 erlassen. Sie hat demnach ihre Grundlage in gesetzlichen Vorschriften, die entweder unter die Blankettstrafnorm des § 74 Abs 4 Z 1 oder unter die des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 fallen. Im Hinblick auf zwei in Betracht kommende gesetzliche Strafbestimmungen mit verschiedenen Strafrahmen muß bei Heranziehung von Gebots- oder Verbotsnormen der LMKV 1993 genau differenziert werden, welche Bestimmung auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht.

Die Gebotsnormen der §§ 4 und 5 LMKV 1993 betreffen erkennbar die bloße Kennzeichnung von verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind (vgl § 1 Abs 1 LMKV 1993). Sie haben ihre gesetzliche Grundlage im § 19 LMG 1975, der die Kennzeichnung von Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen regelt und eine Verordnungsermächtigung enthält. Hingegen ermächtigt der § 10 LMG 1975 den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz besondere Vorschriften für das Inverkehrbringen mit Verordnung zu erlassen, die zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung geboten sind. Dabei geht es an sich nicht um bloße Kennzeichnungsvorschriften. Beim Schutz des Verbrauchers vor Täuschung bestehen aber fließende Übergänge zur Kennzeichnung. Die LMKV 1993 gibt demnach auch den §10 LMG 1975 als gesetzliche Grundlage an. Die gegenständlich maßgeblichen §§ 4 und 5 LMKV 1993 regeln die Kennzeichnung iSd § 19 LMG 1975. Die belangte Behörde hatte daher die Strafnorm des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 heranzuziehen.

4.2. Nach dem § 4 LMKV 1993 haben verpackte Waren, die ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt sind (vgl § 1 Abs 1 LMKV 1993), sofern die §§ 5 bis 7 dieser Verordnung nichts anderes bestimmen, bestimmte Kennzeichnungselemente zu enthalten, die in mehreren Ziffern ausführlich beschrieben werden. § 4 Z 5 schreibt die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums - das ist nach der einleitenden Begriffsbestimmung jener Zeitpunkt, bis zu dem die Ware ihre spezifischen Eigenschaften behält, - mit den Worten: "mindestens haltbar bis ..." vor.

Gemäß dem § 5 LMKV 1993 ist bei in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblichen Waren, die folglich nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnten, anstelle des Mindesthaltbarkeitsdatums nach § 4 Z 5 LMKV 1993 das Verbrauchsdatum mit den Worten: "verbrauchen bis ..." anzugeben.

Diese Unterscheidung zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum folgt auch aus Art 3 Abs 1 Z 4 und Art 9a Abs 1 der EU-Etikettierungsrichtlinie (Richtlinie des Rates 79/112/EWG vom 18.12.1978 idgF, zitiert bei Feil, Österreichisches Lebensmittelrecht, 2. Band: Kennzeichnungsvorschriften [1995], 27 ff). Nach Art 2 Abs 1 lit a) EU-Etikettierungsrichtlinie darf die Etikettierung nicht geeignet sein, den Käufer über Eigenschaften des Lebensmittels irrezuführen.

Die differenzierte Angabe zur Haltbarkeit von Waren dient offenbar der besseren Information der Verbraucher. Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, so ist deshalb die Ware noch nicht verdorben. Auch wenn das Lebensmittel bereits kurz nach Fristablauf wertgemindert sein kann, weil seine spezifischen Eigenschaften nicht mehr zur Gänze vorliegen, kann es dennoch ohne Gefahr für die Gesundheit konsumiert werden. Anders verhält es sich bei mikrobiologisch sehr leicht verderblichen Lebensmitteln, die mit einer Verbrauchsfrist zu kennzeichnen sind. Ist das Verbrauchsdatum abgelaufen, so ist wegen der unmittelbaren Gesundheitsgefahr vom Konsum schlechthin abzuraten.

4.3. Der O.ö. Verwaltungssenat hatte in den vorangegangenen Berufungsverfahren zu den Zlen. VwSen-240172 bis 240175/1996 eine vollständige Kopie des Erlasses des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (BMGSK) vom 16. Juni 1994, Zl. 32.014/6-III/B/1b/94, sowie eine Kopie des Erlasses des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz (BMGK) vom 10. Februar 1995, Zl. 32.014/0-III/B/1/95, beigeschafft, weil sich der Bw unter sinngemäßer Einwendung eines entschuldigenden Rechtsirrtums auch auf diese Erlässe berufen hatte. Beide Erlässe gingen an die beteiligten Fachkreise. Der in erster Linie bedeutsame Erlaß vom 16. Juni 1994, mit dem der BMGSK die Fachmeinung des Ständigen Hygieneausschusses zur Angabe des Verbrauchsdatums iSd § 5 LMKV kundmachte, wurde auch in den "Mitteilungen der österreichischen Sanitätsverwaltung", Heft Nr. 7-8/1994 veröffentlicht. Wie aus dem vom Bw vorgelegten Schreiben des Verbandes der Fleischwarenindustrie hervorgeht, wurde dieser erste Erlaß des BMGSK mit Rundschreiben Nr. 46/1994 vom 4. Juli 1994 an alle Betriebe versendet. Dem Bw mußte er daher vollinhaltlich bekannt gewesen sein.

Zur Unhaltbarkeit der Auslegung der Kennzeichnungsfrage nach § 5 LMKV im Rundschreiben Nr. 49/1994 des Verbandes der Fleischwarenindustrie vom 14. Juli 1994, das sich auf das zuvor mit Rundschreiben Nr. 46/1994 versendete "erlaßmäßige Schreiben" des BMGSK (gemeint: Erlaß des BMGSK vom 16. Juni 1994, Zl. 32.014/6-III/B/1b/94) und dessen Behandlung durch das Plenum der Codexkommission in der Sitzung am 6. Juli 1994 bezieht, hat der erkennende Verwaltungssenat in seinen Vorerkenntnissen schon eingehend Stellung genommen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird im einzelnen auf diese den Parteien bekannte Entscheidungen verwiesen. Die vorliegende Berufung hält diesen verfehlten Rechtsstandpunkt zwar nicht mehr aufrecht, vertritt aber nach wie vor die Ansicht, der Bw hätte bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Frage auf die Rechtsansicht des Verbandes der Fleischwarenindustrie vertrauen dürfen. Mit dieser Behauptung will die Berufung möglicherweise abermals einen entschuldigenden Rechtsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG oder zumindest mangelnde Fahrlässigkeitsschuld geltend machen, weshalb die nachstehenden Klarstellungen erforderlich erscheinen.

4.3.1. Die vom Verband der Fleischwarenindustrie vertretene Grenzziehung, wonach bei mindestens 3 Tagen Haltbarkeit eines Produktes die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums zulässig wäre, erschien dem erkennenden Verwaltungssenat willkürlich und unhaltbar. Aus der Anlage mit dem Titel "Verbrauchsfristen" des versendeten Runderlasses des BMGKS vom 16. Juni 1994 war eindeutig abzuleiten, daß die dort aufgelisteten Fleischwaren, unter denen sich auch rohes Hühnerfleisch befand, nach der Fachmeinung des Ständigen Hygieneausschusses jedenfalls als in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderbliche Waren iSd § 5 LMKV 1993 anzusehen sind, weshalb Verbrauchsfristen und nicht Mindesthaltbarkeitsfristen anzugeben sind. Die Anlage des Erlasses listete zunächst das in mikrobieller Hinsicht sehr leicht verderbliche Fleisch auf und ordnete dann dem jeweiligen Punkt eine Verbrauchsfrist einschließlich dem Verpackungstag zu. Dem Buchstaben f) "rohe Hühner, ganz oder in Teilstücken, mit Dehnfolie umhüllt (getwistet), ausgenommen Junges, Innereien und Flügel;" wurden 5 Tage, dem Buchstaben g) "Flügel, mit Dehnfolie umhüllt (getwistet);" wurden 3 Tage und dem Buchstaben h) "Junges und Innereien, mit Dehnfolie umhüllt (getwistet)." wurden ebenfalls 3 Tage Verbrauchsfrist zugeordnet. Die Unvertretbarkeit der Grenze von 3 Tagen folgte schon einfach daraus, daß in der Anlage des Runderlasses des BMGSK selbst eine Frist von 5 Tagen noch als Verbrauchsfrist nach dem § 5 LMKV angegeben wird. Außerdem war nicht einmal ansatzweise ein sachliches Kriterium für die Auslegung im Rundschreiben des Verbandes der Fleischwarenindustrie erkennbar. Lebensmittel, denen ein Verbrauchsdatum zuzuordnen ist, können nicht allein durch kurze Haltbarkeitsfristen charakterisiert werden. Die Angabe von Verbrauchsfristen trägt vielmehr auch dem Umstand Rechnung, daß bei mikrobiologisch sehr leicht verderblichen Waren bereits unmittelbar nach Ablauf der meist kurzen Haltbarkeitsfrist eine besondere Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht.

Nur der Vollständigkeit halber ist noch auf den Erlaß des BMGK vom 10. Februar 1995, Zl. 32.014/0-III/B/1/95, zu verweisen, dessen Klarstellungen in Wahrheit schon bei objektiver Auslegung des ministeriellen Runderlasses vom 16. Juni 1994 folgen. Im Punkt 1) dieses Erlasses wird unter Hinweis auf § 54 LMG 1975 zutreffend betont, daß es zur Auslegung des § 5 LMKV des Fachwissens einschlägiger Hygieneexperten bedarf. Deshalb wurde mit dem Runderlaß des BMGSK vom 16. Juni 1994 die maßgebende Fachmeinung des Ständigen Hygieneausschusses den beteiligten Verkehrskreisen bekanntgegeben. Der Erlaß vom 10. Februar 1995 stellt noch einmal klar, daß bei sämtlichen vom Ständigen Hygieneausschuß aufgezählten Fleischwaren ein Verbrauchsdatum zuzuordnen ist. Dieser Ausschuß beschränkte sich auf die Nennung jener sehr leicht verderblichen Waren, die unbestrittenermaßen "nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnten" (§ 5 LMKV 1993). Lediglich bei der Angabe der Verbrauchsfristen handelte es sich um Durchschnittswerte zur Orientierung, die im Einzelfall nach entsprechenden praxisnahen Lagerversuchen angepaßt werden können. Insofern besteht nach diesem Erlaß im Hinblick auf die Fachmeinung des Ständigen Hygieneausschusses eine Umkehr der Beweislast.

Auch nach der unmittelbar anwendbaren Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates vom 26. Juni 1990 über Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch (ABl Nr. L 173 vom 6.7.1990), wird frisches Geflügelfleisch unter mikrobiologischen Gesichtspunkten als sehr leicht verderbliches Lebensmittel eingestuft, bei dem es angezeigt ist, das Mindesthaltbarkeitsdatum durch das Verbrauchsdatum zu ersetzen. Art 5 Abs 2 dieser Verordnung sieht daher ausdrücklich die Kennzeichnung von frischem Geflügelfleisch gemäß Art 9a Absatz 1 der Richtlinie 79/112/EWG mittels Verbrauchsdatums vor (vgl näher zu den EU-Rechtsgrundlagen Barfuß/Smolka/Onder, Lebensmittelrecht, 2. A, Teil II A Kennzeichnungsrecht, Komm zu § 5 LMKV, 100 f).

4.3.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl die Judikaturnachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A [1996], 778 ff) entschuldigt die irrige Auslegung oder Unkenntnis des Gesetzes nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet war und der Irrende trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt das Unrecht nicht einsehen konnte (vgl auch § 5 Abs 2 VStG). Kann nach dem gesamten Verhalten nicht angenommen werden, daß der Irrtum unverschuldet war und der Beschuldigte das Unerlaubte nicht einsehen konnte, so scheidet ein entschuldigender Rechtsirrtum aus. Das gilt vor allem auch dann, wenn es Sache des Beschuldigten gewesen wäre, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel eine kompetente Rechtsauskunft einzuholen. Bei Gewerbetreibenden oder sonstigen Unternehmern und Bewilligungsinhabern nimmt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig eine aus der Tätigkeit folgende Erkundigungspflicht an (vgl dazu Hauer/Leukauf, aaO, 781, E 22 ff zu § 5 Abs 2 VStG). Der bloße Umstand, daß in einer bestimmten Rechtsfrage Rechtsunsicherheit herrscht, berechtigt nicht dazu, sich ohne weitere Nachforschungen für die günstigste Variante zu entscheiden. Vielmehr hat sich der Beschuldigte einschlägig zu informieren und unrichtige amtliche Auskünfte nachzuweisen, die zu seiner unzutreffenden Rechtsmeinung führen konnten (vgl VwGH 15.12.1994, 94/09/0091 und 94/09/0092).

Wie schon in seinen Vorerkenntnissen kann der erkennende Verwaltungssenat auch nunmehr weder aus der Aktenlage noch nach dem Berufungsvorbringen einen entschuldigenden Rechtsirrtum oder sonst mangelndes Verschulden des Bw erkennen. Die Rechtsansicht zur Kennzeichnung von Waren mit Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsfrist im Rundschreiben Nr. 49/1994 des Verbandes der Fleischwarenindustrie vom 14. Juli 1994 war unvertretbar. Der Bw mußte den anderslautenden Runderlaß des BMGSK vom 16. Juni 1994 gekannt haben, da er ihm mit Rundschreiben Nr. 46/1994 des Verbandes der Fleischwarenindustrie vom 4. Juli 1994 übermittelt worden war. Bei sorgfältiger Lektüre dieses eindeutig auf die einschlägige Kennzeichnungsvorschrift des § 5 LMKV 1993 Bezug nehmenden Runderlasses samt der Anlage "Verbrauchsfristen" hätte der Bw ganz erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Auslegung des Verbandes der Fleischwarenindustrie hegen müssen, die ihn verpflichtet hätten, sich durch geeignete Erkundigungen Gewißheit zu verschaffen. Beispielsweise hätte er leicht beim BMGSK die genaue Bedeutung des Runderlasses erfragen können. Im übrigen wäre zu erwarten gewesen, daß ihm als Betriebsleiter eines Geflügel verarbeitenden Unternehmens die einschlägige Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates vom 26. Juni 1990 über Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch geläufig ist. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er die Unhaltbarkeit der Rechtsmeinung des Verbandes der Fleischwarenindustrie zur Frage der sehr leichten Verderblichkeit von Lebensmitteln zumindest in bezug auf frisches Geflügelfleisch sofort erkannt. Demnach hat der Bw keinesfalls jene Sorgfalt walten lassen, die von ihm zu erwarten und ihm nach seinen Verhältnissen auch zumutbar gewesen wäre. Er durfte sich keineswegs blind auf die bedenkliche Rechtsmeinung seiner Interessenvertretung verlassen, sondern hätte sich selbst mit den einschlägigen Rechtsvorschriften und dem Runderlaß des BMGSK nötigenfalls unter Beiziehung von Fachleuten auseinandersetzen müssen. Dies gilt umso mehr, als ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit unbedingt bewußt sein mußte, daß die im zitierten Ministerialerlaß veröffentlichte Meinung des Ständigen Hygieneausschusses offenbar von der seiner Interessenvertretung stark abweicht. Mangels gehöriger Auseinandersetzung mit dem Problem kann sich der Bw auf keinen relevanten Rechtsirrtum berufen.

4.4. Das Vorbringen des Bw, daß die belangte Behörde in den Berufungsfällen eine schon aus dem Wortlaut des Straftatbestandes folgende tatbestandliche Handlungseinheit der Entscheidung zugrundelegen hätte müssen, ist berechtigt. Nach der Blankettstrafnorm des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 wird u.a. das Zuwiderhandeln gegen eine Verordnung gemäß § 19 LMG 1975 unter Strafe gestellt. Der Inhalt des Straftatbestands ergibt sich aus den einschlägigen Bestimmungen der LMKV 1993. Das aus den §§ 1 Abs 1, 4 Z 5 und § 5 LMKV 1993 ableitbare Gebot lautet etwa wie folgt:

Bei in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblichen, verpackten Waren, die für den Letztverbraucher in Verkehr gebracht werden, ist anstelle des Mindesthaltbarkeitsdatums das Verbrauchsdatum mit den Worten: "verbrauchen bis ..." anzugeben. Wer diesem Gebot zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung iSd § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975.

Ob ein zeitlich und örtlich einheitliches Tatgeschehen (Handlungseinheit) vorliegt, das die angelastete Straftat nur einmal herstellt, ist ausschließlich aufgrund des Wortlautes des geschriebenen Tatbestandes zu beurteilen. Daß verschiedene Produkte vorliegen, die in mikrobiologischer Hinsicht separat beurteilt werden müssen und unterschiedliche Verbrauchsfristen haben können, ist vom Blickwinkel des gegenständlichen Tatbildes her gesehen entgegen der Ansicht der belangten Behörde kein Argument für eine Tatmehrheit. Die zeitlich zusammenhängende Auslieferung von gleichartiger Ware mit falscher Angabe eines Mindesthaltbarkeitsdatums ist ein einheitliches Tatgeschehen, das vom beschriebenen Tatbild unmittelbar zur Gänze erfaßt wird. Die Frage der straftatbestandlichen Gleichartigkeit von Waren hängt nicht davon ab, unter welcher Produktbezeichnung eine Sorte Fleisch verkauft wird. Beim oben dargestellten Gebot der Angabe eines Verbrauchsdatums kommt es nur auf die in mikrobiologischer Hinsicht sehr leichte Verderblichkeit der in Verkehr gebrachten Waren an. Das bedeutet, daß Hühnerfleisch grundsätzlich gleichbehandelt werden muß, auch wenn die Dauer der Verbrauchsfristen noch verschieden sein können (vgl die unterschiedlichen Verbrauchsfristen in der Anlage des Erlasses des BMGSK vom 16.6.1994). Der Tatvorwurf einer unrichtigen Verbrauchsfrist ist nicht Gegenstand des gegenständlichen Deliktsvorwurfes. Auf die verschiedene Dauer der Verbrauchsfristen kommt es beim gegenständlichen Tatvorwurf nicht an, weshalb danach auch nicht zu differenzieren ist. Durch das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die unrichtige Angaben über ihre Haltbarkeit enthalten, wird ein ganz anderes Delikt, nämlich der Tatbestand des Inverkehrbringens falsch bezeichneter Lebensmittel nach § 74 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 lit c) und § 8 lit f) LMG 1975 verwirklicht (vgl etwa VwGH 3.6.1996, 96/10/0028; VwGH 3.8.1995, Zlen. 95/10/0056 bis 0059).

Daß jedes getrennt vermarktete Hühnerfleischprodukt auf seine ordnungsgemäße Beschaffenheit und Kennzeichnung von der Lebensmitteluntersuchungsanstalt untersucht wird, rechtfertigt noch nicht die prinzipielle Annahme mehrerer Taten. Die mehrfache Untersuchung liegt in der Natur der Sache und erfolgt lediglich aus Beweisgründen. Eine tatbestandliche Differenzierung ist nur dann geboten, wenn die Untersuchung und Begutachtung der Produkte durch die Lebensmitteluntersuchungsanstalt Mängel ergibt, die jeweils verschiedene Delikte erfüllen. Auch in bezug auf ein und dasselbe Produkt könnten mehrere Delikte begangen worden sein. Der Beurteilungsmaßstab ergibt sich allein aus den angewendeten Straftatbeständen und nicht aus irgendwelchen Erwägungen außerhalb dieses Rahmens. Auch auf die Auslieferung an verschiedene Detaillisten oder Abholung durch Unternehmer kommt es nach dem oben dargelegten Tatbild nicht entscheidend an. Nur das zeitlich zusammenhängende Inverkehrbringen der Ware mit einem unrichtigen Mindesthaltbarkeitsdatum als solches ist wesentlich. Nach der weiten Legaldefinition des § 1 Abs 2 LMG 1975 würde schon ein bloßes Lagern ausreichen, wenn nicht sichergestellt ist, daß die Ware nicht zum Verbraucher gelangt. Deshalb sind Hühnerprodukte, die offenbar am gleichen Tag mehr oder weniger gleichzeitig vom Betrieb der Firma S KG in H, für den Letztverbraucher ausgeliefert oder sonst abgegeben wurden unter dem Aspekt des angewendeten Straftatbestandes der LMKV 1993 als einheitliches Tatgeschehen und damit nur als eine einzige Verwaltungsübertretung anzusehen.

In den Berufungsfällen hat die Firma S KG am 2. Juni 1995 verschiedene Hühnerprodukte, die mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum anstatt mit einem Verbrauchsdatum gekennzeichnet waren, an die Fa L, O offenbar gemeinsam von ihrem Betrieb in H ausgeliefert. Daß in einem solchen Fall eine tatbestandliche Handlungseinheit anzunehmen ist, liegt nach den obigen Ausführungen auf der Hand. Des Rückgriffes auf die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts bedurfte es insofern nicht. 4.5. Soweit die Berufung in den Berufungsfällen darüber hinaus eine rechtliche Handlungseinheit mit anderen Tatvorwürfen in teilweise bereits rechtskräftigen Straferkenntnissen im Wege der geforderten Annahme eines fortgesetzten Delikts geltend macht, ist sie mit ihren Argumenten nicht im Recht.

Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von deliktischen Einzelhandlungen durch Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges aufgrund eines Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit verschmelzen (vgl die Judikatur bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 76 ff zu § 22 VStG). Dabei müssen die Einzelakte von einem vorgefaßten einheitlichen Willensentschluß, dem sog Gesamtvorsatz (= Gesamtkonzept), getragen sein, der schrittweise durch fortgesetzte Einzelakte als Teilhandlungen eines Gesamtkonzepts des Täters auf die Zielerreichung gerichtet ist (vgl näher mN Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, § 28 Rz 34 ff; ebenso Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, 866 Anm 1 zu § 22 VStG). Der allgemeine Entschluß, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, reicht für einen Fortsetzungszusammenhang subjektiv nicht aus. Ebensowenig genügt für den Gesamtvorsatz ein bloß einheitliches Motiv (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, § 28 Rz 34 ff; ebenso VwGH 6.5.1996, 96/10/0045, 0046, 0047 = WBl 1997, 311).

Die Behauptung des Bw, daß ein fortgesetztes Delikt hätte angenommen werden müssen, weil trotz der fahrlässigen Begehungsweise ein Gesamtvorsatz im Sinne der fortgesetzten Begehungsweise vorläge, ist verfehlt. Der allgemeine Entschluß, bei Produkten mit einer Haltbarkeitsfrist von drei oder mehr Tagen ein Mindesthaltbarkeitsdatum auszuweisen, genügt für ein Gesamtkonzept im oben beschriebenen Sinne ebensowenig, wie das Motiv damit im Recht zu sein, weil dies nach der Rechtsmeinung des Verbandes der Fleischwarenindustrie einer EU-konformen Interpretation entspräche. Im übrigen schließt der Vorwurf der fahrlässigen Begehung der Falschkennzeichnung den Vorsatz aus. Das vom Bw geltend gemachte Vertrauen in die Rechtsmeinung seiner Interessenvertretung hat bei ihm neben einem Rechtsirrtum in der Kennzeichnungsfrage auch einen Irrtum über das komplexe Tatbestandsmerkmal der in mikrobiologischer Hinsicht sehr leichten Verderblichkeit der Ware ausgelöst. Andernfalls müßte der geltend gemachte Rechtsirrtum als reine Schutzbehauptung qualifiziert werden. Denn wäre ihm diese Verderblichkeit ohnehin ganz klar gewesen, erscheint ein Rechtsirrtum im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 5 LMKV 1993 von vornherein nicht glaubhaft. Die rechtliche und die tatsächliche Ebene lassen sich bei dem vom Bw geltend gemachten Irrtum nicht trennen. Schon aus diesem Grund konnte der Bw nicht mit Vorsatz gehandelt haben. Es war ihm im Zeitpunkt der angelasteten Tat nach seiner eigenen Einlassung die Tragweite und soziale Bedeutung seines Verhaltens gar nicht bewußt. Er vertraute vielmehr darauf, daß die vorgenommene Kennzeichnung unter den gegebenen tatsächlichen Umständen (Haltbarkeit des Hühnerprodukts mindestens drei Tage) nicht dem § 5 LMKV 1993 zu unterstellen wäre. Somit hielt es der Bw gar nicht ernstlich für möglich, mit seiner Weisung betreffend die Angabe eines Mindesthaltbarkeitsdatums ein Tatbild zu verwirklichen, daß einem Straftatbestand entspricht (vgl § 5 Abs 1 StGB). An einen Fortsetzungszusammenhang im Sinne einer rechtlichen Handlungseinheit ist daher nicht zu denken.

Ein bestimmter Tatzeitraum wurde in den vom Bw angeführten Straferkenntnissen der belangten Behörde nie angelastet. Die bisher ergangenen Straferkenntnisse betreffen stets andere Tatzeitpunkte. Soweit sie bereits in Rechtskraft erwachsen sind, kommt schon wegen der Sperrwirkung der materiellen Rechstkraft keine Neubeurteilung als fortgesetztes Delikt in Betracht. Im übrigen sind nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates in allen noch anhängigen Berufungsfällen die in zeitlicher und örtlicher Hinsicht gleichgelagerten Lieferungen von tatbestandlich gleichartigen Waren als Handlungseinheiten zusammenzufassen und insofern die allein wegen verschiedener Hühnerprodukte oder verschiedener Abnehmer von der belangten Behörde getrennten (kumulierten) Schuldsprüche in den noch nicht rechtskräftigen Straferkenntnissen zu berichtigen (vgl bspw das h. Erk. vom 27.01.1998, VwSen-240231/2/WEI/Bk). Darüber hinaus ist eine Zusammenfassung nicht möglich, weil eine Beurteilung als fortgesetztes Delikt schon mangels eines Gesamtvorsatzes nicht zulässig erscheint. Bei Fahrlässigkeitsdelikten scheidet ein fortgesetztes Delikt schon begrifflich aus (vgl etwa VwGH 21.10.1993, 93/02/0220-0224; VwGH 4.9.1992, 91/13/0021).

4.6. Im Rahmen der Strafbemessung ist die Menge der in Verkehr gebrachten Ware grundsätzlich zu berücksichtigen. Grundlage für die Strafbemessung ist nach § 19 Abs 1 VStG das Ausmaß der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient. Auch der im ordentlichen Verfahren gemäß § 19 Abs 2 VStG analog anwendbare § 32 Abs 3 StGB bestimmt, daß die Strafe im allgemeinen umso strenger zu bemessen ist, je größer die vom Täter herbeigeführte Schädigung oder Gefährdung ist und je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt hat. Die Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall zeigt, daß es für das Gewicht der vorgeworfenen Tat auf die Menge des mit unzutreffender Kennzeichnung in Verkehr gebrachten Produkts ankommen muß. Diese Menge kann nach dem Gewicht oder nach der Anzahl der Packungen bestimmt werden, wobei zu berücksichtigen ist, daß bei kleineren Packungen die Pflicht zur richtigen Kennzeichnung iSd § 5 LMKV 1993 umso öfter verletzt wird. Das Ausmaß der Fehlinformation steigt naturgemäß mit der Anzahl der Packungen. Nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung erhöht aber schon eine in Verkehr gebrachte größere Menge des falsch gekennzeichneten Produktes die Schuld, selbst wenn es nur wenige Packungen waren. Die belangte Strafbehörde hat auf das zu berücksichtigende Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung der geschützten Interessen ausdrücklich hingewiesen und mit Recht eine Schädigung des Interesses des Konsumenten auf ausreichende Information über die angebotene Ware angenommen. Die falsche Kennzeichnung mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum konnte Verbraucher über die leichte Verderblichkeit der Ware und die damit verbundene Gefahr für die Gesundheit bei wenn auch raschem Konsum nach Ablauf der Haltbarkeitsfrist täuschen. Nach den Schuldsprüchen der angefochtenen Straferkenntnisse, die für den erkennenden Verwaltungssenat als Berufungsbehörde den verbindlichen Gegenstand der Überprüfung nach § 66 Abs 4 AVG vorgeben, wurde nur das Inverkehrbringen von jeweils 1 Packung der Produkte "Junghühner-Oberkeule frisch, Großtasse" und "Junghühner-frisch mit küchenfertigen Innereien" angelastet. Dementsprechend war jeweils nur von einer Fehlkennzeichnung auszugehen. 4.7. Im Hinblick auf zahlreiche anhängige Strafverfahren wegen ähnlicher Anzeigen, die allerdings nicht näher dargestellt werden, hat die belangte Behörde eine Beharrlichkeit und Uneinsichtigkeit des Bw über einen längeren Zeitraum als erschwerend festgestellt. Im gegenständlichen Straferkenntnis wurden allerdings keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen, die noch nicht rechtskräftig waren, als straferschwerend gewertet. Soweit sich die Berufung gegen die Annahme eines Straferschwerungsgrundes iSd § 33 Z 2 StGB aus der behaupteten Vielzahl ähnlicher Anzeigen wendet, ist sie im Recht, weil die Anzeigen in dem relativ kurzen Zeitraum von mehreren Monaten erfolgten. Auch die mangelnde Schuldeinsicht des Bw ist noch kein Erschwerungsgrund iSd § 33 StGB (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, Rz 15 zu § 33). Soweit aber die Gewichtung des Verschuldens im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungsgrundsätze berührt wird, ist die Rüge unberechtigt.

Richtig ist auch, daß die Beharrlichkeit des Bw von der belangten Behörde nicht näher belegt wurde. Der bloße Hinweis auf zahlreiche ähnliche Anzeigen vermag für sich allein nichts auszusagen. Es wäre darzulegen gewesen, daß der Bw auf seiner verfehlten Rechtsansicht ungeachtet von weiteren eingeleiteten Strafverfahren beharrte, in denen ihm auf der gegenteiligen Rechtsansicht der Strafbehörde beruhende Vorwürfe gemacht wurden. Dies kann aus der dem O.ö. Verwaltungssenat vorliegenden Aktenlage nicht abgeleitet werden. Dennoch widerspricht die Berufung im Ergebnis zu Unrecht dem Vorwurf einer gewissen Beharrlichkeit und Unbelehrbarkeit. Denn es gibt dafür andere Gründe. Der Bw übersieht, daß ihm die Ansicht des BMGSK bereits mit Rundschreiben des Verbandes der Fleischwarenindustrie vom 4. Juli 1994 bekannt gemacht worden ist. In weiterer Folge übernahm er einfach die ihm günstig erscheinende gegenteilige Meinung seiner Interessenvertretung, ohne sich bei Hygienefachleuten Gewißheit in der Frage der leichten Verderblichkeit von Hühnerfleisch zu verschaffen. Außerdem hätte ihm als erfahrenem Geschäftsführer eines Unternehmens für Geflügelprodukte die in mikrobiologischer Hinsicht sehr leichte Verderblichkeit von Geflügelfleisch ohnehin bekannt sein müssen. Dieser Umstand, insbesondere die Gefahr von Erkrankungen durch Salmonellen, folgt schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung eines durchschnittlich informierten Bürgers. Für einen gewissenhaften Kaufmann mit noch größerem Wissensstand kann es dem Grunde nach nicht zweifelhaft sein, daß Hühnerprodukte mit einem Verbrauchsdatum und nicht mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum zu kennzeichnen sind. Lediglich die genaue Dauer der Verbrauchsfrist, die für die verschiedenen Fleischwaren im ministeriellen Runderlaß vom 16. Juni 1994 angegeben wurde, hätte noch nach besonderen Lagerversuchen im Einzelfall angepaßt werden können (vgl dazu den Erlaß des BMGK vom 10. Februar 1995). Der Bw hat sich trotz der vorhandenen Erkenntnisquellen keines Besseren belehren lassen. Durch die beibehaltene Kennzeichnung der Hühnerprodukte mit Mindesthaltbarkeitsfristen riskierte er unnötigerweise zahlreiche Verwaltungsstrafverfahren. Ein solches Verhalten kann man aus dem geschilderten Blickwinkel heraus durchaus als beharrlich oder auch als wenig selbstkritisch bezeichnen. Daß der Bw nachträglich - wann genau hat er offengelassen, was aber letztlich unwesentlich ist - eine Umstellung der Etikettierung vornahm, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Das Maß der Schuld erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat daher keinesfalls gering, weshalb an die geforderte Anwendung des § 21 VStG überhaupt nicht zu denken ist. Die in der Berufung vertretene Meinung, der Bw hätte bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung, also bis Zustellung eines Berufungserkenntnisses, auf die offensichtlich verfehlte Ansicht des Verbandes der Fleischwarenindustrie vertrauen dürfen, verkennt die oben dargelegten fallbezogenen Gesichtspunkte, die die mangelnde Sorgfalt des Bw und die leichte Einsehbarkeit des Unrechts für ihn belegen.

Der Bw ist weder als einschlägig vorbestraft, noch als unbescholten anzusehen. Drei gewerberechtliche Straferkenntnisse sind nach der aktenkundigen Vorstrafenliste rechtskräftig und die zahlreichen anhängigen Verfahren wegen Übertretung des § 5 LMKV 1993 zeigen, daß die gegenständliche Tat nicht im auffallenden Widerspruch zum bisherigen Lebenswandel des Bw steht, wie es der Milderungsgrund gemäß § 33 Z 2 StGB voraussetzt (vgl auch VwGH 16.3.1995, 94/16/0300). Strafmildernde Umstände hat die belangte Behörde daher mit Recht verneint. 4.8. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Bw ging die belangte Strafbehörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 30.000,--, einem Kommanditanteil an der S KG in Höhe von S 1,745.000,-- und fehlenden Sorgepflichten aus. Der Bw ist dem nicht entgegengetreten, weshalb diese Verhältnisse auch für das Berufungsverfahren maßgeblich waren.

Die Geldstrafen waren innerhalb des Strafrahmens von bis zu S 25.000,-- nach dem § 74 Abs 5 LMG 1975 zuzumessen. Der von der belangten Behörde angenommene besondere Erschwerungsgrund hatte zu entfallen. Das auf seinem verfehlten Rechtsstandpunkt unkritisch beharrende Verhalten des Bw bedeutet für die Strafzumessungsschuld, daß im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze eine Gewichtung der Schuld zu erfolgen hat. Das Verschulden des Bw beruhte entgegen der Berufungsdarstellung nicht bloß auf geringfügiger Fahrlässigkeit. Auch in general- und spezialpräventiver Hinsicht ist an eine Anwendung des § 21 Abs 1 VStG nicht zu denken. Im Hinblick auf eine Gesamtbetrachtung der bisherigen Berufungsfälle hält es der unabhängige Verwaltungssenat allerdings für vertretbar, im gegenständlichen Fall der zusammengefaßten Schuldsprüche, die jeweils nur 1 fehlbezeichnete Packung anlasten, nur eine einheitliche Strafe von S 500,-- zu verhängen. In angemessener Relation dazu war die nach § 16 Abs 2 Satz 1 (Ersatzfreiheitsstrafrahmen bis 2 Wochen) VStG zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe mit 7 Stunden festzusetzen.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG in den erstinstanzlichen Strafverfahren einen einheitlichen Kostenbeitrag in Höhe von S 50,-- (10% der Geldstrafe) zu leisten. In den Berufungsverfahren entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten der Strafverfahren.

Als Folge des Schuldspruches hat der Bw gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 auch die von der Landwirtschaftlich-chemischen Versuchs- und Lebensmittel-Untersuchungsanstalt für Kärnten begehrten Untersuchungskosten für die Beurteilung der Proben zu den U-Zlen.: 2834/95/Me und 2835/95/Me in der Höhe von je S 650,-- (insgesamt S 1.300,--) zu ersetzen. Die fachkundige Meinung der in Betracht kommenden Untersuchungsanstalt ist vom Aufsichtsorgan zu den entnommenen Proben nach den Bestimmungen des § 39 LMG 1975 einzuholen. Der Berufungseinwand, daß mangels Untersuchung (im engeren Sinne) begrifflich keine Untersuchungskosten entstehen hätten können und daß die Lebensmitteluntersuchungsanstalt für Rechtsfragen nicht zuständig wäre, übersieht, daß die sehr leichte Verderblichkeit einer Ware und die entsprechende Kennzeichnung keine bloße Rechtsfrage, sondern auch dann eine Sachverständigenfrage ist, wenn es dazu einen Erlaß des BMGSK gibt. Außerdem sieht die ministerielle Gebührentarifverordnung BGBl Nr. 189/1989 auch Gebühren für die allgemeine Beschreibung der Probe und nach ihrem § 2 Abs 3 für die Begutachtung ohne Untersuchung (im engeren Sinn) vor. Der verurteilte Beschuldigte hat demnach die anläßlich einer amtlichen Untersuchung entstehenden Untersuchungskosten im weiteren Sinn zu ersetzen. Die Höhe der geltend gemachten Untersuchungskosten von S 650,-- entspricht den Ansätzen der von den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung regelmäßig geforderten Beträge für vergleichbare Untersuchungen (vgl näher das den Bw betreffende Strafverfahren zu SanRB 96-136-1995-Fu = h. Erk. vom 30.10.1996, VwSen-240172/3/Wei/Bk). Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

 

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