Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107561/2/Le/La

Linz, 20.06.2001

VwSen-107561/2/Le/La Linz, am 20. Juni 2001 DVR.0690392   E R K E N N T N I S    

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Mag. W F, F 5/12, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.3.2001, Zl. VerkR96-8701-2000-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:    

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.   II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 160 S (entspricht 11,63 Euro) zu entrichten.   Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.     Entscheidungsgründe:   Zu I.:   1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.3.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 9 Abs.2 und § 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.   Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 25.5.2000 um 12.41 Uhr im Ortsgebiet von T, auf der J-R-Straße, beim Schutzweg vor dem Haus Nr. 95, in Fahrtrichtung stadtauswärts, das KFZ, KZ. BM gelenkt und dabei einem Fußgänger, der einen Schutzweg erkennbar benützen wollte, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht.   2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 16.3.2001, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, die Behörde stütze sich auf die Meinung, dass man einem Beamten einfach mehr Glauben schenke als einem unbescholtenen Staatsbürger und werfe ihm reine Schutzbehauptungen vor, ohne sich die Mühe zu machen, seine Angaben zumindest an Ort und Stelle zu überprüfen. Herr RI H begründe seine Anzeige insbesondere damit, dass das erste von drei Fahrzeugen vor dem Schutzweg angehalten hätte, nicht ohne beweisen zu können, ob das Halten des PKW-Lenkers nicht auf andere Gründe zurückzuführen gewesen wäre. Herr RI H wäre zum strittigen Zeitpunkt sehr weit vom Ort des Geschehens weg gewesen und sein Wahrnehmungsfeld wäre durch eine Werbetafel beschränkt gewesen. Er dagegen hätte sich räumlich viel näher zur Passantin befunden und konnte daher ihr Verhalten viel früher und genauer abschätzen. Er habe beruflich sehr viel mit Körpersprache zu tun und könnte daher klar abschätzen, dass sich die Person mit ihrem Fahrrad, welches sie schob, nur sehr langsam und zögerlich dem Schutzweg näherte und ca. 1/2 m davor angehalten hätte (um sich auszurasten und vermutlich die Fußgängerampel zu bedienen). Er ersuchte um eine Entscheidung an Ort und Stelle.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.   Insbesondere erwies sich die Durchführung des beantragten Lokalaugenscheines als nicht notwendig, da aus dem Ermittlungsverfahren der Erstbehörde und den eigenen Angaben des Berufungswerbers die wesentlichen Tatbestandsmerkmale der angelasteten Verwaltungsübertretung bewiesen sind: Es ist unbestritten, dass an dieser Stelle ein Schutzweg vorhanden ist und die dortige Verkehrsampel zum Tatzeitpunkt auf gelb blinkendes Licht geschaltet war; es besteht auch kein Zweifel, dass der anzeigende Polizeibeamte volle Sicht auf die gegenständliche Situation hatte. Weil somit der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststeht und das Verhalten der Passantin beim Lokalaugenschein nicht nachvollzogen werden kann, ist die Durchführung eines Lokalaugenscheines entbehrlich.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG)   4.2. § 9 Abs.2 StVO bestimmt, dass der Lenker eines Fahrzeuges ... einem Fußgänger ..., der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen hat. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.   Diese Bestimmung wurde in die StVO aufgenommen, um die hohe Anzahl von Fußgängerunfällen auf Schutzwegen zu senken. Es gilt, den unbedingten Vorrang eines Fußgängers, der einen Schutzweg benützt, zu unterstreichen. Dies sollte nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem dadurch geschehen, dass dieser Vorrang nicht nur Fußgängern eingeräumt wird, die sich bereits auf dem Schutzweg befinden, sondern auch solchen, die den Schutzweg erkennbar benützen wollen.   4.3. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren und den eigenen Angaben des Berufungswerbers steht fest, dass dieser zur Tatzeit auf der J.-R-Straße in Fahrtrichtung stadtauswärts unterwegs war und bereits "von weitem" einen Fußgänger sah, der seiner Erinnerung nach einen größeren Gegenstand wie Rad oder Roller mit sich führte. Bei seinem Vorbeifahren befand sich der Passant ca. 1/2 m von der Gehsteigkante entfernt und machte keinerlei Anstalten, die Fahrbahn am Schutzweg noch vor seinem Fahrzeug überqueren zu wollen.   In seiner Rechtfertigung vom 9.2.2001 stellte der Berufungswerber dar, dass er "den Passanten schon länger beobachten konnte" und dass sich diese Person auf dem schmalen Weg nur langsam und zögerlich dem Übergang näherte und ca. 1/2 m davor anhielt (vermutlich um danach die Fußgängerampel zu betätigen).   Erst in der Berufung sprach der Berufungswerber erstmals von einer "Passantin" und führte aus, dass es sich um eine "ältere Dame" handelte, die ein Fahrrad schob und daher sichtlich ermüdet gewesen sei. Dagegen war der Polizeibeamte sowohl in seiner Anzeige als auch in seiner Zeugenaussage vor der Erstbehörde vom 20.12.2000 viel konkreter, zumal er jedes Mal von einer "Fußgängerin" sprach, die "ein Fahrrad schiebend mitführte".   Es ist daher davon auszugehen, dass die Aussage des Polizeibeamten, die in sich widerspruchsfrei ist und mit den Erfahrungen des täglichen Lebens durchaus konform geht, die den Sachverhalt treffendste ist. Polizeibeamte sind geschult, Sachverhalte, die sich auf den Straßen abspielen, genauestens zu beobachten und auch entsprechend zu beschreiben.   Es ist daher der Darstellung des Polizeibeamten der Vorzug zu geben und dieser mehr Wahrheitsgehalt beizumessen.   Demnach hat sich der Berufungswerber mit seinem PKW mit ca. 40 km/h dem Schutzweg genähert, wo sich bereits eine Fußgängerin, die ein Fahrrad schiebend mitführte, in einer Entfernung von ca. 1/2 Meter von der Gehsteigkante befand und erkennbar den Schutzweg überqueren wollte. Der Berufungswerber hat dennoch nicht vor dem Schutzweg angehalten.   Dass eine Fußgängerin, die keine suiziden Absichten hat, vor einem PKW, der sich mit einer derart hohen Geschwindigkeit nähert und nicht offensichtlich stehen bleiben will, nicht auf die Fahrbahn steigt, um diese zu überqueren, ist mit den Erfahrungen des täglichen Lebens durchaus in Einklang zu bringen. Der Berufungswerber durfte daher aus dem Stehenbleiben der Fußgängerin 1/2 Meter vor der Gehsteigkante nicht schließen, dass sich diese "ausruhen" wollte.   Dadurch, dass der Berufungswerber die Fußgängerin bereits schon aus einer größeren Entfernung gesehen hatte, wäre er verpflichtet gewesen, sein Fahrzeug vor dem Schutzweg anzuhalten und der Fußgängerin das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.   4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.   Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.   4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.   Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Dies vor allem deshalb, da der Berufungswerber selbst angegeben hatte, die Fußgängerin schon aus einer größeren Entfernung gesehen zu haben. Die Folgen der Übertretung sind deshalb nicht unbedeutend, da dadurch eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit eingetreten ist, die durch die übertretene Verwaltungsvorschrift verhindert werden sollte. Es war daher aus general-, aber auch aus spezialpräventiven Gründen die Verhängung einer Strafe in der von der Erstbehörde festgesetzten Höhe erforderlich.   Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 800 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 160 S.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.     Dr. Leitgeb
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