Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108447/3/Br/Rd

Linz, 06.08.2002

VwSen-108447/3/Br/Rd Linz, am 6. August 2002

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn R, geb. 23.12.1964, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.7.2002, Zl. VerkR96-5180-2002-RO, zu Recht:

I. Der Berufung wird in Punkt 1. mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 1.162 Euro und im Punkt 2. und 3. auf je 20 Euro ermäßigt wird; die Ersatzfreiheitsstrafen werden jedoch bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 65/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 65/2002 - VStG;

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 116,20 Euro und auf je zwei Euro in den Punkten 2.) und 3.);

Für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber drei Geldstrafen im Umfang von 1.) 1.235 Euro 2.) und 3.) je 36 Euro und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von achtzehn Tagen und 2 x 24 Stunden verhängt.

Er wurde für schuldig befunden, er habe am 16.6.2002 um ca. 19.50 Uhr als Lenker eines Fahrrades bei Vorliegen entsprechender Alkoholisierungsmerkmale den Alkotest iSd § 5 Abs.2 StVO 1960 verweigert und habe anlässlich des Lenkens eines Fahrrades um ca. 19.30 Uhr zweimal die Fahrbahnmitte überfahren und dadurch gegen das Rechtsfahrgebot gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 verstoßen.

1.1. Bei der Strafzumessung wertete die Erstbehörde eine einschlägige Vormerkung zum Punkt 1.) als straferschwerend, mildernd wurde kein Umstand gewertet, weil der Berufungswerber der Aufforderung zur Rechtfertigung keine Folge leistete.

2. Gegen das o.a. Straferkenntnis richtet sich der Berufungswerber mit seiner im Anschluss an die offenkundig unmittelbar nach der Ausfolgung [Zustellung] des Straferkenntnisses bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau protokollarisch angebrachten Berufung. Der postamtliche "Zustellnachweis" des Straferkenntnisses trägt daher ein späteres Datum als das Berufungsanbringen.

Inhaltlich bestreitet der Berufungswerber die Tatvorwürfe nicht. Er vermeint jedoch sinngemäß, dass es einen wesentlichen Unterschied mache, ob jemand mit dem Fahrrad in einem alkoholisierten Zustand nach Hause fährt oder mit einem Kraftfahrzeug. Er bitte daher die Strafhöhe entsprechend herabzusetzen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied zur Entscheidung berufen. Da nur gegen das Strafausmaß berufen wurde, konnte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Ergänzend wurde im Wege des Gendarmeriepostens Aspach die aktuelle Einkommenssituation des Berufungswerbers erhoben.

5. Der Berufungswerber lässt in seiner Berufung ein reumütig anmutendes Unrechtsbewusstsein erkennen. Aus unerfindlichen Gründen schien er sich im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zu dieser Einsicht noch nicht durchgerungen zu haben. Er blieb nämlich der Einladung zur Rechtfertigung unentschuldigt fern.

Ergänzende Ermittlungen der Einkommensverhältnisse ergaben glaubhaft ein noch geringeres Einkommen als dies von der Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung grundgelegt wurde.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. § 5 Abs.2 StVO idF BGBl. I Nr. 80/2002 lautet:

"Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Nach § 99 Abs.1 lit.b StVO ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,...... "

7. Zur Strafzumessung wird ausgeführt:

7.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

7.2. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

7.2.1. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Mit Blick darauf wäre mit dem der Behörde erster Instanz vorliegenden Beweisergebnis die von ihr festgelegte Geldstrafe, insbesondere unter Hinweis auf die zu Punkt 1. gesetzlich normierte Mindeststrafe, mit Bedachtnahme auf die einschlägige Vormerkung durchaus angemessen.

Nicht übersehen darf jedoch werden, dass hier der Berufungswerber einerseits lediglich ein Fahrrad lenkte, sodass der Tatunwert dieser zu vermutenden Alkofahrt hinter dem zurückbleibt, als er im Lenken eines Kraftfahrzeuges in aller Regel erblickt werden muss. Wenngleich der Verweigerungstatbestand nicht im unmittelbaren Zusammenhang zum Lenken steht, so ist das Schutzziel dennoch ein weitgehend Identes. Daher kann hier objektiv besehen auch im Verweigerungstatbestand ein geringerer Tatunwert erblickt werden, was jedoch lediglich innerhalb des Strafrahmens durch abermalige Verhängung der Mindeststrafe Berücksichtigung finden kann.

Der Beschuldigte zeigt sich im vorliegenden Falle schuldeinsichtig und bekennt dies offenbar in seiner protokollarisch bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung gegen das Strafausmaß reumütig. Darüber hinaus ist auch sein Einkommen etwas niedriger als dies von der Behörde erster Instanz angenommen wurde.

Unter Berücksichtigung der bereits dargelegten Rechtsschutzinteressen stellt auch die Verweigerung des Alkotestes bei einem Radfahrer einen gravierenden Verstoß gegen straßenpolizeiliche Vorschriften dar. Dies kommt insbesondere durch den vom Gesetzgeber - hinsichtlich aller Fahrzeuge - im gleichen Umfang festgelegten Strafrahmen zum Ausdruck, welcher im Falle der Verweigerung des Alkotestes eine Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Arrest von zwei bis sechs Wochen vorsieht (§ 99 Abs.1 lit.b StVO 1960).

7.2.2. In Anbetracht der von der ersten Instanz getätigten Aussprüche der Ersatzfreiheitsstrafen kann ein Ermessensfehler nicht festgestellt werden. Immerhin ist der Beschuldigte diesbezüglich bereits einschlägig vorbestraft, was als Erschwerungsgrund zu werten ist.

Da jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten (Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse) noch ungünstiger sind als sie von der Behörde erster Instanz ursprünglich zu Grunde gelegt wurden, vor allem aber, der Berufungswerber durch seine Strafberufung nicht auch noch durch die mit 20% zu bemessenden Verfahrenskosten zusätzlich finanziell nachhaltig belastet werden soll, schien die Reduzierung der im Ergebnis noch immer hohen Geldstrafen dennoch geboten. Dies jedoch bei gleichzeitiger Bestätigung der Ersatzfreiheitsstrafen.

Auch für das Überfahren der Fahrbahnmitte mit dem Fahrrad scheint dies vertretbar, weil insbesondere dieser Übertretungspunkt (Gelangen über die Fahrbahnmitte) als unmittelbarer Ausfluss der zu vermutenden Alkoholisierung erblickt werden kann. Dieser Aspekt ist zumindest in einer sich überschneidenden Form wiederum vom Strafzweck des "Alkoholdeliktes" zum Teil mitumfasst.

Damit wird sowohl den general- wie auch den spezialpräventiven Elementen immer noch hinreichend Rechnung getragen.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass durch die nunmehr festgesetzten Strafen den oben angeführten gesetzlichen Kriterien im Zusammenhang mit der Strafbemessung entsprochen wird, wobei nicht übersehen werden sollte, dass angesichts der hohen Mindeststrafe auch diese Geldstrafe für den Berufungswerber eine schwere wirtschaftliche Belastung darstellt, welche erwarten lässt, dem Strafzweck gerecht zu werden.

7.3. Abschließend sei noch festgestellt, dass hier weder die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG noch für § 21 VStG vorliegen. Ein beträchtliches Überwiegen von Strafmilderungsgründen kann hier wegen der einschlägigen Vormerkung nicht erblickt werden (vgl. VwGH 24.5.1989, 89/03/0048 = ZfVB 1990/2/231). Ebenfalls ermangelt es hier mit Blick auf ein Absehen von einer Bestrafung, der zwingend notwendig gegebenen "bloß unbedeutenden Tatfolgen", sowie "eines bloß geringfügigen Verschuldens". Letzteres mit Blick auf die offenkundig emotionsgeladene Verweigerungsabsicht des Berufungswerbers.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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