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VwSen-108452/10/Ki/Ka

Linz, 24.09.2002

VwSen-108452/10/Ki/Ka Linz, am 24. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des MS, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. GH, vom 1.8.2002 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9.7.2002, VerkR3314-2001-Hu, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.9.2002 durch sofortige Verkündung wie folgt erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 9.7.2002, VerkR96-3314-2001-Hu, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 7.3.2001 um 07.40 Uhr im Ortsgebiet von Linz, auf der Kapuzinerstraße, auf Höhe Nr.38, in Fahrtrichtung stadteinwärts, das KFZ, KZ. gelenkt und dabei bei rotem Licht als Zeichen für "Halt" das Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten. Er habe dadurch § 38 Abs.5 iVm § 38 Ab.1 lit.a StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 145 Euro (EFS 48 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 14,50 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 1.8.2002 Berufung und beantragte, das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Beantragt wurde die Durchführung eines Lokalaugenscheines sowie die Einvernahme des Bw.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, verbunden mit einem Augenschein, an Ort und Stelle. An der Verhandlung nahm der Bw im Beisein seiner Rechtsvertreterin teil. Ein Vertreter der Erstbehörde ist ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen. Als Zeugin wurde Frau SS einvernommen.

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugin zugrunde. Laut einer mit ihr aufgenommenen Niederschrift vor der BPD Linz am 7.3.2001 wurde von der Zeugin vor dem ampelgeregelten Fußgängerübergang nächst L, K, ihr Fahrzeug am Rand der rechten Fahrbahnseite angehalten, um ihren Sohn aussteigen zu lassen. Während des Anhaltens habe sie das inkriminierte Verhalten des Bw festgestellt.

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat die Zeugin dann diesen Umstand bestätigt, sie konnte sich jedoch nicht mehr erinnern, dass sie tatsächlich als Ort die Angabe "nächst L, K" angegeben hat. Im Zuge des Augenscheines stellte sich heraus, dass die Nummerierung des Hauses K ein wesentliches Stück bergabwärts des tatsächlichen möglichen Tatortes angebracht ist, nämlich gegenüber der Einmündung der Baumbachstraße in die Kapuzinerstraße. Unmittelbar in diesem Bereich befindet sich ebenfalls ein Schutzweg, welcher zwar nicht ausdrücklich ampelgeregelt ist, vor der Einmündung der Baumbachstraße befindet sich jedoch stadteinwärts gesehen eine Verkehrsampel. Im Bereich des möglichen tatsächlichen Tatortes ist ebenfalls ein ampelgeregelter Schutzweg situiert. Unmittelbar nach diesem Schutzweg in Richtung stadteinwärts gesehen befindet sich eine Zufahrt zur Schule für Hör- und Sehhilfe. Die Zeugin bestätigte ausdrücklich, dass sich der Vorfall an diesem Ort ereignet hat.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 38 Abs.5 StVO 1960 gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z10a an den in Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

Dem Bw wird vorgeworfen, er habe in Linz auf der Kapuzinerstraße, auf Höhe Nr.38, in Fahrtrichtung stadteinwärts, als Lenker eines Kraftfahrzeuges dieses nicht bei rotem Licht als Zeichen für "Halt" vor der Haltelinie angehalten.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, daß der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

Entgegen dem Schuldspruch hat sich jedoch der der Beurteilung des strafbaren Verhaltens zugrunde liegende Sachverhalt nicht auf Höhe des Hauses K, sondern wesentlich oberhalb im Bereich der Zufahrt zur Schule für Hör- und Sehhilfe ereignet. In Anbetracht der Örtlichkeiten bzw der konkreten Situation erachtet die Berufungsbehörde, dass im vorliegenden Falle die Tatortbezeichnung nicht die in § 44a Z1 VStG festgelegten Kriterien erfüllt, zumal durchaus eine Verwechslung nicht auszuschließen ist. Wenn auch der Schutzweg im Bereich der Einmündung der Baumbachstraße in die Kapuzinerstraße nicht ausdrücklich ampelgeregelt ist, so könnte dennoch im Hinblick auf die davor situierte Verkehrsampel der Eindruck entstehen, dass dieser Schutzweg gemeint gewesen wäre, zumal in diesem Bereich der Kapuzinerstraße die Hausnr. angebracht ist. Dass eine Verwechslung nicht ausgeschlossen werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Verhandlung im Bereich Kapuzinerstraße ausgeschrieben wurde und die Zeugin sich auch dort zur Verhandlung eingefunden hat, während der Bw mit seiner Rechtsvertreterin im Bereich der Zufahrt zur obgenannten Schule auf die Verhandlung warteten.

Es ist daher in der Berufungsentscheidung davon auszugehen, dass der Tatort unrichtig bezeichnet wurde und dieser qualifizierte Spruchmangel hinsichtlich des Tatortes bewirkt, dass das Straferkenntnis nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG gerecht wird.

Da überdies mittlerweile Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) eingetreten ist, ist der durch eine falsche Angabe bezüglich Tatort belastete Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Erstbehörde einer zulässigen Korrektur des unabhängigen Verwaltungssenates nicht mehr zugänglich.

Aus den dargelegten Gründen liegen daher Umstände vor, die eine Verfolgung des Bw im Hinblick auf die angelastete Verwaltungsübertretung ausschließen, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

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