Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-108453/2/Le/Ni

Linz, 23.08.2002

VwSen-108453/2/Le/Ni Linz, am 23. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des É, gegen die Höhe der im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 22.7.2002, VerkR96-6167-2000 verhängten Strafe wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 60 Euro zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 22.7.2002 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 20 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 90 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 24.8.2000 um 11.07 Uhr als Lenker des Motorrades auf der A8 Innkreisautobahn bei ABKm 68,007, Gemeinde A, in Fahrtrichtung S die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 69 km/h überschritten.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, auf die Höhe der Strafe eingeschränkte Berufung, mit der beantragt wird, die Strafe zu erlassen. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass er seit Oktober 2001 an der Technischen Hochschule in K studiere und über keinerlei Einkommen verfüge. Er sei auf die finanzielle Hilfe seiner Eltern und auf das BAföG angewiesen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Im Vorlageantrag führte die Erstbehörde aus, dass die ungünstigen Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers bei der Strafbemessung bereits berücksichtigt worden wären. Im Hinblick auf die massive Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung sei eine Reduzierung der Geldstrafe nicht gerechtfertigt.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Der Berufungswerber war zur Tatzeit am Tatort mit einem Motorrad unterwegs. Dabei wurde die von ihm eingehaltene Fahrgeschwindigkeit von einem fix aufgebauten Radarmessgerät gemessen. Die dabei gemessene Fahrgeschwindigkeit betrug 210 km/h; nach Abzug der Messfehlertoleranz ergab sich somit ein Wert von 199 km/h, der der Anzeige zugrunde gelegt worden war.

Eine Überprüfung des Sachverhaltes ergab keine Verfahrens- oder sonstigen Mängel, die von Amts wegen aufzugreifen gewesen wären.

Der Berufungswerber hat die Tat nicht in Abrede gestellt, wohl aber um Strafmilderung ersucht.

4.3. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

4.3.1. § 19 VStG regelt die Bemessung einer zu verhängenden Strafe. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Der Strafrahmen für das angelastete Delikt (Übertretung der Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen) reicht nach § 99 Abs.3 StVO bis zu 726 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu zwei Wochen.

4.3.2. Bei der Überprüfung der Strafzumessungskriterien des § 19 VStG war das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Gefährdung derjenigen Interessen zu berücksichtigen, deren Schutz die Strafdrohung dient. Aufgrund der Verkehrsdichte in Österreich und angesichts des Umstandes, dass sich gerade durch höhere und hohe Geschwindigkeiten immer wieder schwere und schwerste Verkehrsunfälle ereignen, hat der österreichische Gesetzgeber die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen mit 130 km/h limitiert. Jede Überschreitung dieser erlaubten Höchstgeschwindigkeit bewirkt daher eine Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer über das erlaubte Ausmaß hinaus. Je mehr die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten wird, um so größer wird die Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 69 km/h, also einer Differenzgeschwindigkeit von 69 km/h zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit, ist bereits eine sehr erhebliche und massive Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer gegeben.

Durch diese Geschwindigkeitsüberschreitung hat der Berufungswerber die Verkehrssicherheit massiv beeinträchtigt, weshalb die Tat auch nicht ohne nachteilige Folgen geblieben ist. Zur Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals genügt bereits die abstrakte Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit.

4.3.3. Hinsichtlich des Verschuldens hat die Erstbehörde Fahrlässigkeit angenommen. Diese Ansicht kann von der Berufungsbehörde nicht geteilt werden, weil ein Fahrzeuglenker die Pflicht hat, ständig die von ihm eingehaltene Fahrgeschwindigkeit zu kontrollieren, um keine Geschwindigkeitsüberschreitung zu begehen. Dazu ist es allerdings nicht erforderlich, ständig auf den Tachometer zu sehen, zumal man als routinierter Fahrzeuglenker die eingehaltene Geschwindigkeit durchaus abschätzen kann. Dabei kann es zwar sicherlich vorkommen, dass die Fahrgeschwindigkeit um 10 bis 15 km/h überschritten wird, ohne dass dies gleich auffällt. Höhere Geschwindigkeitsüberschreitungen fallen jedoch jedenfalls auf, sodass ein Blick auf den Tachometer und die Korrektur der Geschwindigkeit erforderlich sein wird. Bei Fahrzeuglenkern mit weniger Routine muss ein defensiveres Fahrverhalten, das von vornherein eine niedrigere Geschwindigkeit bedingt, erwartet werden.

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 69 km/h - wie im vorliegenden Fall - kann daher nicht mehr einfach "passieren", weil sie bereits ab einem Wert von 10 bis 15 km/h zwangsläufig auffallen muss. Wenn dennoch das Tempo nicht reduziert, sondern sogar noch erhöht wird, wird bewusst eine höhere Fahrgeschwindigkeit eingehalten, was zur Folge hat, dass diese Geschwindigkeitsübertretung vorsätzlich erfolgte.

Vorsätzliche Tatbegehung ist auch im vorliegenden Fall aufgrund der Tatumstände zwangsläufig anzunehmen.

Da nach § 19 Abs.2 VStG auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist, erfordert eine vorsätzliche Tatbegehung eine höhere Strafe als eine bloß fahrlässige.

4.3.4. Diesen beiden gravierenden Straferhöhungsgründen steht lediglich die Behauptung des Berufungswerbers entgegen, dass er aufgrund seines Studiums über kein Einkommen verfüge.

Dieser Umstand wirkt sich zwangsläufig strafmindernd aus; er wurde daher bereits von der Erstbehörde entsprechend berücksichtigt.

Auch unter Berücksichtigung der absoluten Unbescholtenheit des Berufungswerbers konnte in Hinblick auf die vorsätzliche Tatbegehung und die massive Geschwindigkeitsübertretung die Strafe, die ohnedies nur bei etwa 40 % der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe festgesetzt wurde, nicht weiter reduziert werden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 60 Euro.

Auf die Kosten für das Berufungsverfahren wurde bereits in der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Ried hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: Strafmilderung, Geschwindigkeitsübertretung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum