Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108466/10/Sch/Pe

Linz, 12.06.2003

 

 

 VwSen-108466/10/Sch/Pe Linz, am 12. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Ing. JR vom 5. August 2002, vertreten durch Rechtsanwälte Dres. S&S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. Juli 2002, VerkR96-8091-2002-Hu, wegen mehrerer Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 3. Juni 2003 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1. des angefochtenen Straferkenntnisses insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.
  2. Im Übrigen (Fakten 2. bis 5.) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

    Des weiteren haben im Spruch des Straferkenntnisses die jeweilige Zitierung des § 9 Abs.2 VStG sowie die Wortfolge "als bestellter verantwortlicher Beauftragter der Firma Ing. JRT" zu entfallen.

     

  3. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 21 Abs.1 bzw. 45 Abs.1 Z2 und 3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 9. Juli 2002, VerkR96-8091-2002-Hu, über Herrn Ing. JR, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) Rn 10381 Abs.1 lit.a ADR iVm §§ 7 Abs.2 Z7 iVm 27 Abs.1 Z1 GGBG, 2) Rn 10260 lit.b ADR iVm §§ 7 Abs.2 Z7 iVm 27 Abs.1 Z1 GGBG, 3) Rn 10260 lit.c ADR iVm §§ 7 Abs.2 Z7 iVm 27 Abs.1 Z1 GGBG, 4) Rn 10240 Abs.3 ADR iVm §§ 7 Abs.2 Z7 iVm 27 Abs.1 Z1 GGBG iVm 9 Abs.2 VStG und 5) Rn 10325 ADR iVm §§ 7 Abs.2 Z4 iVm 27 Abs.1 Z1 GGBG iVm 9 Abs.2 VStG Geldstrafen von 1) bis 5) jeweils 726,73 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) bis 5) jeweils 20 Stunden verhängt, weil er am 2. August 2000, um 8.50 Uhr in beim P&R Parkplatz als bestellter verantwortlicher Beauftragter der Firma Ing. JRT gefährliche Güter der Klasse 8, Z17c ADR (UN 1805, 240 kg), Klasse 8 Z7b ADR (UN 1790, 100 kg), Klasse 8, Z42b ADR (UN 1814, 640 kg) und Klasse 8 Z56b ADR (UN 3267, 200 kg) mit dem Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen als Beförderer befördert habe, obwohl

  1. dem Lenker kein dem ADR entsprechendes Beförderungspapier übergeben worden sei, welches den Vorschriften nach Rn 2002 Abs.3 lit.a ADR entsprochen habe, da in den mitgeführten Papieren die Angaben über die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke und die Gesamtmenge der gefährlichen Güter gefehlt und nicht ein Beförderungspapier, sondern zwei Lieferscheine mitgeführt worden seien,
  2. dem Lenker die vorgeschriebenen Ausstattungsgegenstände nicht übergeben worden seien, da eine geeignete Warnweste oder Warnkleidung und eine Handlampe für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung gefehlt habe,
  3. dem Lenker die erforderlichen Ausrüstungsgegenstände zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen nicht übergeben worden seien, da die Schutzausrüstung für den Beifahrer gefehlt habe,
  4. dem Lenker die Ausstattungsgegenstände nicht ordnungsgemäß übergeben worden seien, da beim Feuerlöschgerät die Plombierung gefehlt und
  5. die Vorschriften der Rn 10325 ADR nicht eingehalten worden seien, da der Lenker seinen Sohn, der nicht zur Fahrzeugbesatzung gehört, in einer Beförderungseinheit mit der gefährliche Güter befördert worden sind, mitgenommen habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 363,36 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zu den von der Berufungsbehörde verfügten Änderungen des Spruches des Strafbescheides ist zu bemerken, dass es sich laut Firmenbuchauszug beim Unternehmen des Berufungswerbers um ein solches in der Rechtsform des Einzelkaufmannes handelt. Der Berufungswerber ist selbst Betriebsinhaber. Die Bestimmung des § 9 Abs.2 iVm Abs.1 VStG regelt aber die Verantwortlichkeit bzw. deren Delegierung für juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften. Der Berufungswerber haftet daher verwaltungsstrafrechtlich als natürliche Person an sich, ohne dass es ein Anwendungsfall der erwähnten Bestimmung wäre. Eine allfällige Verfügung iSd § 9 Abs.3 VStG wurde nicht behauptet, sodass sich diesbezügliche Erörterungen von vornherein erübrigen.

 

Die Berufungsbehörde hatte daher iSd zutreffenden Vorbringens im Rechtsmittel die Änderung des Bescheidspruches zu verfügen, ohne dass damit für den Ausgang des Verfahrens etwas gewonnen wäre.

 

Diesbezüglich ist auszuführen:

Gemäß Tatvorwurf zu Faktum 1. des Straferkenntnisses soll der Berufungswerber als Beförderer dem Lenker kein Beförderungspapier übergeben haben, in dem die Angaben über die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke und die Gesamtmenge der gefährlichen Güter vorhanden gewesen wären. Nach der Aktenlage fehlt es den beiden hier relevanten Lieferscheinen vom 27. Juli bzw. 1. August 2000 aber lediglich an der Angabe der Gesamtmenge des Gefahrgutes. Bezüglich des Vorwurfes, dass entgegen der Bestimmung der Rn 2002 Abs.3 lit.a ADR zwei Beförderungspapiere mitgeführt worden seinen, vertritt die Berufungsbehörde die Ansicht, dass, nachdem zwei verschiedene Empfänger vorlagen, ein Fall des vorletzten Absatzes dieser Bestimmung gegeben war. Im Übrigen erscheint auch die Rechtsansicht des (ehemaligen) Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr generell zu dieser Bestimmung, wonach "überzogene Interpretationen" des Begriffes "ein Beförderungspapier" zu unterbleiben hätten, im Sinne einer vertretbaren Vollziehung des Gesetzes schlüssig und überzeugend (vgl. den entsprechenden Vollzugserlass 1999, Gz. 159103/8-II/B/99 vom 11.11.1999).

 

Angesichts dessen, aber auch besonders im Hinblick auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 27. September 2002, G 45/02 u.a., zur Strafbemessung bei geringfügigen Delikten nach dem GGBG erschien es der Berufungsbehörde geboten, in diesem Punkt von einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung zu erteilen; letzteres war geboten, um den Berufungswerber künftighin zur noch genaueren Einhaltung der einschlägigen Vorschriften zu bewegen.

 

Zu Faktum 4. des angefochtenen Straferkenntnisses ist auszuführen:

Gemäß Rn 10240 Abs.3 ADR müssen die den Vorschriften entsprechenden tragbaren Feuerlöschgeräte mit einer Plombierung versehen sein, durch die sich überprüfen lässt, dass sie nicht verwendet worden sind. Der letzte Halbsatz stellt zweifelsohne ein wesentliches Tatbestandselement dar und hat daher Bestandteil des Spruches eines Straferkenntnisses zu sein. Unabhängig davon schreibt Rn 1024 Abs.1 lit.a ADR das Mitführen von zwei dort näher umschriebenen Feuerlöschgeräten vor. Zur Konkretisierung der Tat wäre es erforderlich gewesen, Feststellungen dahingehend zu treffen, welches der beiden Geräte den vorgeworfenen Mangel aufgewiesen hat.

 

Bezüglich der übrigen Punkte des Straferkenntnisses ist von besonderer Relevanz, dass der damals eingesetzt gewesene Fahrzeuglenker entgegen der eindeutigen Vorschrift der Rn 10325 ADR eine Person in der Beförderungseinheit mitgenommen hat, nämlich seinen Sohn, die nicht zur Fahrzeugbesatzung gehört hat. Dieses Verbot musste dem Lenker als Inhaber eines Gefahrgutlenkerausweises bekannt gewesen sein. Zudem ist er nach der Beweislage auch noch von seinem Arbeitgeber, also dem Berufungswerber, darauf hingewiesen worden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde würde man den Sorgfaltsmaßstab eines Beförderers wohl überdehnen, machte man ihn auch für derartige, offenkundig vorsätzlich begangene Übertretungen eindeutiger Vorschriften des ADR bzw. betrieblicher Anweisungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Ausgehend von dieser Beurteilung des Sachverhaltes konnten auch die Tatvorwürfe gemäß Faktum 2. und 3. des Straferkenntnisses nicht aufrecht erhalten werden. Nimmt der Lenker einer Beförderungseinheit vorschriftswidrig einen Mitfahrer mit, so kann in der Folge dem Beförderer nicht zugerechnet werden, wenn er nicht vorgesorgt hat, dass für den Fall einer solchen Übertretung auch die entsprechenden Ausstattungsgegenstände im Fahrzeug vorhanden sind.

 

Die Berufung hatte daher in den letztgenannten vier Punkten Erfolg beschieden zu sein, ohne auf das entsprechende Berufungsvorbringen noch weiter eingehen zu müssen.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber wird noch festgestellt, dass das vom Berufungswerber dargelegte Kontrollsystem in seinem Betrieb wohl einer Überprüfung anhand der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht standhalten würde (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13.11.1996, 96/03/0232).

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

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