Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108487/2/Kei/Be

Linz, 18.07.2003

VwSen-108487/2/Kei/Be Linz, am 18. Juli 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Mag. Dr. A K, Rgasse, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. Juli 2002, Zl. VerkR96-10312-2001, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), zu Recht:

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld und im Hinblick auf die Ersatzfreiheitsstrafe keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Geldstrafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 200 Euro herabgesetzt wird.

Statt "Verwaltungsübertretungen" wird gesetzt "Verwaltungsübertretung".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10% der verhängten Strafe, das sind 20 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

  1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie unterließen es als Zulassungsbesitzer des PKW innerhalb von zwei Wochen (29.11.2001 und 13.12.2001) nach Erhalt einer schriftlichen Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mitzuteilen, wer am 10.11.2001 um 15:21 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen auf der Westautobahn A1 im Gemeindegebiet von O in Fahrtrichtung S gelenkt hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 103 Abs. 2 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 218 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

21,8 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet)

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

239,8 Euro".

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"Wie ich bereits in meinem Schreiben vom 12.12.2001 ausgeführt habe, habe ich mich unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention (Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten) - insbesondere gestützt auf Art. 6 MRK und die dazu ergangene Rechtsprechung - auf mein Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht berufen.

Niemand kann gezwungen werden, sich selbst oder einen nahen Angehörigen zu belasten. Um aber die gewünschte Auskunft erteilen zu können, hätte ich entweder mich oder einen nahen Angehörigen mit dem Wissen, dass dieser möglicherweise von der Behörde bestraft wird, belasten müssen. Mir steht daher dieses bereits erwähnte Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht zu.

Daran ändert auch nichts, dass es sich bei dem § 103 Abs. 2 KFG 1967 um eine Verfassungsbestimmung handelt, da diese aufgrund der anerkannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, dass seither diese Rechtsprechung und die anerkannten Grundrechte anzuerkennen hat, zurückzutreten hat.

Im Übrigen ist auch Verfolgungsverjährung eingetreten.

Ich stelle daher folgenden Antrag

Die Berufungsbehörde möge der Berufung stattgeben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG einstellen."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13. August 2002 , Zl. VerkR96-10312-2001, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

§ 134 Abs.1 erster Satz KFG 1967 lautet (auszugsweise):

Wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, .... zuwiderhandelt begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

4.2. Dem Vorbringen des Bw im Hinblick auf die MRK wird nicht beigepflichtet. Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus "Das Kraftfahrgesetz 1967" von Dr. Herbert Grundtner und Dr. Gerhard Pürstl, Wien, 2003, S.333, E 67, hingewiesen:

"Aus Art 6 Abs 2 des Vertrages über die Europäische Union ist nicht ableitbar, dass die Rezeption der MRK in das Gemeinschaftsrecht durch den Vertrag über die Europäische Union bewirkt hätte, dass es zu einer generellen Verdrängung entgegenstehender nationaler Vorschriften (also über den Bereich der Vollziehung von Gemeinschaftsrecht hinaus) gekommen wäre (hier: die behauptete Rechtsverletzung durch die Anwendung des Abs 2 liegt daher mangels Zusammenhang mit der Vollziehung von Gemeinschaftsrecht nicht vor). Überdies hat die Europäische Kommission für Menschenrechte in der Entscheidung v. 5.9.1989 über die Beschwerden Nrn 15.135/89, 15.136/89 und 15.137/89 festgestellt, dass die Auskunftspflicht nach Abs 2 nicht gegen Art 6 MRK (insb. nicht gegen die Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs. 2 MRK) verstößt. VwGH 26.5.2000, 2000/02/115."

Ein Bedenken in verfassungsrechtlicher Hinsicht liegt nicht vor. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wurde eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht die Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht. Das Verschulden des Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Das Verschulden des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

Zur Strafbemessung:

Es liegt keine Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vor. Der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z.2 StGB iVm. § 19 Abs.2 VStG kommt zum Tragen. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen:

Einkommen: 1.500 Euro netto pro Monat, Vermögen: keines, Sorgepflicht: für die Gattin und für 2 Kinder.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Durch die Tatsache, dass ein Lenker nicht bekannt gegeben wird, ist es der Behörde nicht möglich, die Person, die das Grunddelikt begangen hat, festzustellen. Dadurch wird der Strafanspruch des Staates beeinträchtigt. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist erheblich.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Oö. Verwaltungssenat ist im Vergleich zur belangten Behörde bei der Strafbemessung von für den Bw günstigeren Grundlagen ausgegangen (Berücksichtigung der Unbescholtenheit, keine Berücksichtigung der Spezialprävention). Deshalb wurde die Geldstrafe herabgesetzt.

Die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro ist insgesamt angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 20 Euro, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:.
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss- von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.


Dr. Keinberger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 23.09.2003, Zl.: 2003/02/0200-3

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