Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108514/2/Le/Ni

Linz, 18.10.2002

VwSen-108514/2/Le/Ni Linz, am 18. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Herrn F vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 30.7.2002 , Zl. VerkR96-4023-2001, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 24 Euro zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 30.7.2002 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 (im Folgenden kurz: KFG)
    iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.
  2. Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe als Zulassungsbesitzer des Pkw trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 21.6.2001, VerkR-96-4023-2001, zugestellt am 9.8.2001, nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt, wer dieses Fahrzeug am 16.4.2001 um 13.45 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann.

  3. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 13.8.2002, mit der zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
  4. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass ihm zwar eine Strafverfügung vom 28.8.2001 bekannt sei, nicht aber die im Straferkenntnis zitierte vom 26.2.2002. Hinsichtlich einer Auskunftsverpflichtung des Halters teilte er mit, dass eine solche mit den Vorschriften, die im hiesigen Bereich als Aussageverweigerungsrecht bzw. Auskunftsverweigerungsrecht zu den unverbrüchlichen rechtsstaatlichen Grundsätzen gehörten, kollidieren würde.

    Wenn ihm verbindlich mitgeteilt würde, dass die Verpflichtung des Fahrzeughalters nach § 103 Abs.2 KFG sogar diese rechtsstaatlich unverbrüchlichen Grundsätze durchbreche, sodass er verpflichtet wäre, entweder sich oder einen nahen Angehörigen durch seine Auskunft über die Fahrer seines Pkw am 16.4.2001 um 13.45 Uhr zu belassen (gemeint: belasten) würde die Berufung zurückgenommen.

  5. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.
  6. Im Vorlagebericht wurde darauf hingewiesen, dass es richtig sei, dass wegen des Vorfalles gegen den Bw am 28.8.2001 eine Strafverfügung erlassen wurde. In der Begründung des Straferkenntnisses wurde irrtümlich auf eine Strafverfügung von 26.2.2002 Bezug genommen, was dadurch geschehen sei, dass für die Erstellung des Straferkenntnisses ein in der EDV gespeichertes Muster verwendet worden sei, wobei irrtümlich übersehen wurde, das Datum der Strafverfügung auszubessern.

    Hinsichtlich der vom Bw aufgeworfenen Europarechtlichen Problematik wurde auf die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 5.9.1989, Nr. 15135/89 verwiesen, wonach eine derartige Auskunftspflicht nicht gegen Artikel 6 EMRK verstoße.

    Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal eine solche auch nicht beantragt wurde.

  7. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. § 103 Abs.2 KFG bestimmt, dass die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt... hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer... zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits geprüft und von diesem als in Einklang mit den Baugesetzen des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie mit Artikel 6 EMRK stehend festgestellt (siehe Erkenntnis vom 29.9.1988, G72/88; VfSlg 9950/1984; VfSlg 10394/1985 u.a.).

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in der bereits im Straferkenntnis zitierten Entscheidung vom 11.10.1989, 15226/89, dieses Auskunftsbegehren für zulässig erklärt.

Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. (VwGH vom 29.9.1993, 93/02/0191).

In diesen Regelungszusammenhang sind alle österreichische Straßen benützende Fahrzeuglenker, somit auch Staatsbürger anderer Staaten, eingebunden und müssen diese selbstverständlich die österreichischen Rechtsvorschriften befolgen; dies gilt auch für deutsche Staatsangehörige. Zur Veranschaulichung sei darauf hingewiesen, dass umgekehrt auch österreichische Staatsbürger im Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland die deutschen Rechtsvorschriften befolgen müssen.

Das bedeutet, dass der Berufungswerber zur Beantwortung der Lenkeranfrage verpflichtet gewesen wäre, weil er mit seinem Kraftfahrzeug entweder selbst in Österreich gefahren ist oder zugelassen hat, dass dieses auf österreichischen Straßen verwendet wird.

Dadurch aber, dass der Berufungswerber der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 21.6.2001 auf Bekanntgabe des Lenkers nicht entsprochen hat, hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung erfüllt.

4.3. Die falsche Zitierung der Strafverfügung mit "26.2.2002" anstelle von "28.8.2001" wurde durch die Erstbehörde bereits mit einer irrtümlichen Übernahme eines EDV-Textbausteins erklärt.

Damit ist die falsche Zitierung der Strafverfügung erklärt. Der Mangel bewirkt keine Mangelhaftigkeit des Straferkenntnisses.

4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist. Insbesonders stellt eine falsche rechtliche Beurteilung über das Bestehen einer gesetzlichen Auskunftspflicht keinen Entschuldigungsgrund dar.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese im gesetzlichen Rahmen sowie in einer für Ersttäter üblichen Höhe festgesetzt wurde.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 24 Euro.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: Auskunftspflicht

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