Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108573/6/Br/Pe

Linz, 29.10.2002

VwSen-108573/6/Br/Pe Linz, am 29. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau MP, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 4. September 2002, VerkR96-1504-2002, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 29. Oktober 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden ermäßigt wird.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 20 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

Zu II: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis der Berufungswerberin eine Geldstrafe von 364 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden auferlegt und folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben am 8.12.2001 um 13.10 Uhr im Gemeindegebiet Ansfelden auf der A1 Westautobahn bei Strkm. 170.000 in Fahrtrichtung Wien, das Kraftfahrzeug pol.Kennz. entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbe-schränkung 100 km/h (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" mit einer Geschwindigkeit von 157 km/h gelenkt."

I.1.1. Für die Strafzumessung erachtete die Behörde erster Instanz als straferschwerend das hohe Ausmaß der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin gewertet.

I.2. In der dagegen als fristgerecht zu qualifizierenden Berufung führte die Berufungswerberin Nachfolgendes aus:

"Hiermit lege ich gegen die Verwaltungsübertretung lt. o. a. Aktenzeichen Berufung ein.

1.) Ihre Aufforderung zur schriftlichen Rechtfertigung bei der Bezirkshauptmannschaft Linz -Land bis 17.04.2002 habe ich nie erhalten.

2.) Zum Sachverhalt möchte ich festhalten, dass ich das Fahrzeug am 08.12.2001 zwar gelenkt habe, kann mir jedoch nicht vorstellen mit einer Geschwindigkeit von 157 km/h gefahren zu sein. Die Fahrzeugbesitzerin Frau AS, meine Kollegin Frau PK, und ich waren am 08.12.2001 von Salzburg nach Wien im selben Fahrzeug unterwegs. Zuerst fuhr die Fahrzeughalterin Frau AS, ca. ab Mitte der Strecke fuhr ich weiter bis Wien. Leider kann ich mich an den genauen Ort des Fahrerwechsels nicht mehr erinnern, da einstweilen zu viel Zeit verging und ich täglich mit dem Auto lange Strecken (ebenfalls mit Fahrerwechsel) zurücklege.

Ich bitte Sie daher, diese Angelegenheit nochmals zu überprüfen und ersuche Sie diesen Fall strafmildernd zu behandeln."

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht nach Vorlage einer Bestätigung der Firma D von der Feststellung der Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung am 9.9.2002 aus, sodass die Berufung als rechtzeitig eingebracht gilt. Es wird Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme und Verlesung des Verwaltungsaktes der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die Berufungswerberin nahm an der Berufungsverhandlung persönlich teil, während die Behörde erster Instanz ohne Angabe von Gründen nicht erschien. Ursprünglich bestritt die Berufungswerberin die Lenkereigenschaft mit Hinweis bei der damaligen Fahrt nach Wien einen Fahrerwechsel durchgeführt zu haben. Über Vorhalt der Angabe der Zulassungsbesitzerin im Zusammenhang mit deren Verfolgung wegen nicht erteilter Lenkerauskunft, wonach diese die Berufungswerberin schriftlich als Lenkerin bezeichnete, schränkte sie schließlich nach Erörterung des Sachverhalts und der Rechtslage die Berufung auf das Strafausmaß ein.

Damit liegt die Rechtskraft des Schuldspruches vor.

I.4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat zur Strafzumessung erwogen:

I.4.1. Hinsichtlich der Beurteilung des Tatunwertes ist bezüglich des 8.12.2001 festzuhalten, dass dieser ein Feiertag ist. Damit ist von einem bloß geringen Verkehrsaufkommen und insbesondere keinem LKW-Verkehr auf diesem dreispurig ausgebauten Autobahnabschnitt im Bereich des Knoten Linz auszugehen. Somit kann dieser Geschwindigkeitsüberschreitung empirisch betrachtet, ein bloß auf den Ungehorsamstatbestand beschränkter Tatunwert zugedacht werden, welcher doch erheblich hinter jenem zurückblieb, welcher etwa bei starkem Verkehrsaufkommen typischer Weise mit einer hohen Fahrgeschwindigkeit einhergeht.

I.5. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

I.5.1. Mit einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von 57 km/h ist aber dennoch - abstrakt besehen - eine nachteilige Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Werte verbunden. Insbesondere gilt es aus generalpräventiven Überlegungen einer durch ein solches Verhalten zum Ausdruck gelangenden mangelhaften Bereitschaft sich mit derartigen Anordnungen des Straßenverkehrs verbunden zu zeigen, mit einer entsprechenden Sanktion entgegenzutreten. Mit der nunmehr festgesetzten Geldstrafe im Umfang von 200 Euro vermag jedoch angesichts des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit das Auslangen gefunden werden.

Verfehlt ist, wenn die Behörde erster Instanz hier das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung zusätzlich als straferschwerenden Umstand wertete. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung hat im ersten Satz des § 19 VStG - "in den mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen," Berücksichtigung zu finden. Wenn die Bestimmung über die Strafzumessung ferner besagt, dass "überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (vgl. § 32 bis 34 StGB), soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind", dann würde mit der zusätzlichen straferschwerenden Wertung nach dem zweiten Satz des § 19 VStG gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen (vgl. VwGH 21.3.1995, 94/09/0163).

II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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