Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108593/9/Br/Pe

Linz, 26.11.2002

VwSen-108593/9/Br/Pe Linz, am 26. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn HP, vertreten durch Mag. AK, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 17. Juli 2002, Zl: S-30.663/01-4, wegen Übertretungen des KFG 1967, nach der am 26.11.2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird im Punkt 1. Folge gegeben; das Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 29/2000 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber zwei Geldstrafen (1. 145 Euro und 2. 21 Euro) verhängt, weil er am 22.7.2001 um 14.35 Uhr, das KFZ mit dem Kennzeichen auf der B 310, bei Strkm 22.100, Gemeindegebiet Unterweitersdorf in Richtung Linz lenkte, obwohl 1. dieses Kraftfahrzeug nicht verkehrs- und betriebssicher gewesen sei, weil der Rahmen verzogen, die Windschutzscheibe zerstört und Fahrzeugteile mit Spanngummis fixiert gewesen seien und er 2. den Sicherheitsgurt nicht verwendet gehabt habe, was bei der Anhaltung festgestellt worden sei (komprimierte und sinngemäße Wiedergabe des Spruches).

1.1. Die Bundespolizeidirektion Linz stützte den Schuldspruch im Ergebnis auf die dienstliche Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorgans und auf die von diesem angefertigten Lichtbilder.

Der Berufungswerber habe die Gelegenheit zur Verantwortung nicht wahrgenommen indem er dem Ladungsbescheid der Behörde erster Instanz unentschuldigt nicht befolgte.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung bei gleichzeitiger Stellung eines Eventualantrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Straferkenntnisses. Diesbezüglich wird eine Bestätigung eines Beherbergungsbetriebes beigelegt, wonach sich der Berufungswerber vom 19. Juli bis 6. August 2002 dort aufgehalten habe.

Inhaltlich wird der Tatvorwurf hinsichtlich der fehlenden Verkehrs- und Betriebssicherheit des von ihm gelenkten Fahrzeuges und bemängelt die Aussagekraft der im Akt erliegenden Lichtbilder.

Er beantragt die Beischaffung eines Sachverständigengutachtens.

3. Die Erstbehörde hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in den jeweiligen Punkten keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts der Bestreitung von Sachverhaltselementen in Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte notwendig (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahm in den oben genannten Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde. Vorerst wurden zwei Fotos dem Amtsachverständigen für Fahrzeugtechnik, Herrn Ing. JL, zwecks Begutachtung der Verkehrs- und Betriebssicherheit übermittelt. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde schließlich der Berufungswerber zur Sache vernommen und der Sachverständige Ing. L erstattete eine gutachterliche Stellungnahme zu den ergänzend aufgenommenen Beweisen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz vermochte laut gesonderter Mitteilung an der Berufungsverhandlung aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen.

5. Nachfolgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

5.1. Zur Frage der Rechtzeitigkeit:

Auf Grund der Bestätigung über die Ortsabwesenheit wurde im Wege des Postamtes 4020 Linz der Behebungszeitpunkt der Rsa-Sendung, mit welcher dem Berufungswerber das Straferkenntnis zugestellt, wurde erhoben. Dabei wurde in Erfahrung gebracht, dass dies der 7. August 2002 gewesen ist.

Da dies mit der Bestätigung der Ortsabwesenheit (bis 6.8.02) in Einklang steht, ist glaubhaft von einer erst am 7.8.02 bewirkten Zustellung und damit einer rechtzeitigen Berufungserhebung auszugehen (Datum des Poststempels 14.8.02).

5.2. Zur Sache:

Der Berufungswerber überstellte zum o.a. Zeitpunkt das hier verfahrensgegenständliche Fahrzeug im Auftrag seiner Kundschaft. Vor Abholung erkundigte er sich beim Auftraggeber über die Fahrbereitschaft dieses Fahrzeuges. Da dies bejaht wurde erfolgte die Überstellung des fahrbereiten Fahrzeuges von Großbertholz nach Linz. Vor Fahrtantritt stellte er fest, dass die Funktionsfähigkeit der Bremsen und das Spurverhalten sowie der Fahrzeugrahmen in Ordnung war. Anschließend trat er die Fahrt an. Eine Woche vor diesem Unfallschaden wurden von der Kundschaft noch 20.000 S an Reparaturkosten in dieses Fahrzeug investiert. Auch im Berufungsverfahren bestreitet der Berufungswerber die fehlende Betriebssicherheit und beruft sich diesbezüglich in einem gesonderten Schriftsatz vom 5. November 2002 auf seine Fachkompetenz.

Der zuletzt genannte Schriftsatz erging nach der Zustellung eines im h. Zwischenverfahren eingeholten Amtssachverständigen-Gutachtens, welches auf zwei elektronisch übermittelten Bildern zum Ergebnis führte, dass von einer Betriebssicherheit nicht ausgegangen werden könne.

Der Berufungswerber legte im Rahmen des Berufungsverfahrens einen Gewerbeschein für die Gewerbeberechtigung des Kraftfahrzeugtechnikers, ausgestellt am 1.5.2002, bei.

Die Berufung hinsichtlich des Tatvorwurfes im Punkt 2. wurde vom Berufungswerber zurückgezogen.

Der Berufungswerber legte in nachvollziehbarer Weise den Fahrzeugzustand und die Sicherung der Fahrzeugtüren dar. Ebenfalls konnte glaubhaft gemacht werden, dass keine vorstehenden Fahrzeugteile, die zu Verletzungen von anderen Verkehrsteilnehmern führen hätten können gegeben waren, was auch der Meldungsleger im Rahmen seiner Zeugenaussage vor der Behörde erster Instanz am 28. März 2002 (AS 19) ausführte.

Der Berufungswerber machte im Rahmen der Berufungsverhandlung einen durchaus glaubwürdigen und in der Sache kompetenten Eindruck. Er schilderte etwa die Umstände der Einholung des Fahrzeuges dahingehend, dass er im Falle einer fehlenden Betriebssicherheit das Fahrzeug auf einen Anhänger verladen und wohl nicht riskiert hätte mit einem nicht betriebssicheren Fahrzeug eine Strecke von 70 km zurückzulegen. Beim Vorfallstag handelte es sich um einen Sonntag.

Im Rahmen der anschließenden Erörterung des Sachverhaltes durch den Amtssachverständigen, räumte dieser im Lichte der Darstellung des Berufungswerbers und des im Akt erliegenden Fotomaterials in besserer Qualität als die elektronisch übermittelten Fotos ein, dass die Türen offenbar funktional gesichert waren. Der Spanngummi ist auf einem Foto deutlich sichtbar. Ebenfalls habe sich auf dem übermittelten Fotomaterial der Zustand der Windschutzscheibe nicht in der sich hier darstellenden Form erkennen lassen. Der Sachverständige räumte ein, dass im Lichte der Verantwortung des Berufungswerbers im Rahmen dieser Überstellungsfahrt die Betriebssicherheit angenommen werden könne. Ebenfalls legte der Sachverständige dar, dass die offenbar tatsächliche Freigängigkeit der Lenkung entgegen der Annahme aus den, dem Sachverständigen übermittelten Fotos ohne Streifkontakt der Reifen mit den Radkästen beim Lenkeinschlag, die Betriebssicherheit für die Überstellungsfahrt angenommen werden könne. Sehr wohl kann das Fahrzeug im Sinne des Mängelkataloges als nicht verkehrssicher gelten, was aber der erforderlichen Betriebssicherheit für eine Überstellungsfahrt nicht entgegen steht. Auch von einer Gefahr in Verzug könne bei diesem Fahrzeugzustand nicht ausgegangen werden.

Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich daher zur Schlussfolgerung veranlasst, dass hier von einem für den Tatvorwurf erforderlichen Beweis zumindest nicht in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgegangen werden kann.

5.3. Nach § 4 Abs.1 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger verkehrs- und betriebssicher gebaut und ausgerüstet sein. Die Sicht vom Lenkerplatz aus muss für das sichere Lenken des Fahrzeuges ausreichen. Die Vorrichtungen zum Betrieb eines Kraftfahrzeuges müssen so angeordnet sein, dass sie der Lenker auch bei bestimmungsgemäßer Verwendung eines geeigneten Sicherheitsgurtes, ohne das Augenmerk von der Fahrbahn abzuwenden, leicht und ohne Gefahr einer Verwechslung betätigen und das Fahrzeug sicher lenken kann. Die Wirksamkeit und Brauchbarkeit der für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung dieser Fahrzeuge maßgebenden Teile muss bei sachgemäßer Wartung und Handhabung gegeben und zu erwarten sein; ...........

Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens kann im Rahmen der hier vorgenommenen Überstellungsfahrt ein Verstoß gegen diese Bestimmung nicht erwiesen gelten.

Als Konsequenz dieses Beweisergebnisses folgt daher in rechtlicher Hinsicht, dass, wenn ein eindeutiges Beweisergebnis nicht vorliegt, selbst wenn bloß Zweifel am Tatvorwurf bestehen, der Tatnachweis eben nicht erbracht ist und von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Hinsichtlich des Punktes 2. ist der erstinstanzliche Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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