Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108629/2/Fra/Bek/Ka

Linz, 27.11.2002

VwSen-108629/2/Fra/Bek/Ka Linz, am 27. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn GB, vertreten durch Herrn RA Mag. CS, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. Juli 2002, VerkR96-3519-2002, wegen Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 71 Abs.2 Z. 1 und Abs. 6 AVG; § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG

Entscheidungsgründe:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 18.6.2002, VerkR96-3519-2002, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) schuldig erkannt, er habe als Lenker eines Fahrzeuges beim Fahren hinter dem nächsten, vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, weil er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 123 km/h einen Sicherheitsabstand von 0,24 s eingehalten habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 StVO 1960 wurde über den Bw gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit in der Dauer von 90 Stunden verhängt.

Diese Strafverfügung wurde am 21.6.2002 durch den Bw persönlich übernommen.

Mit Schriftsatz vom 11.7.2002 wurde gegen die Strafverfügung ein Antrag auf Wiedereinsetzung eingebracht. Es wurde darin begründend ausgeführt, es sei richtig, dass der Bw am 21.6.2002 die gegenständliche Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen übernommen habe. Der Bw habe sich zu diesem Zeitpunkt im Krankenstand befunden und sei bettlägrig gewesen, da er ein akutes Knieleiden (massiver Knorpelschaden 3. Grades) habe. Auf Grund dieser Bettlägrigkeit sei es dem Bw nicht möglich gewesen, das Haus zu verlassen, da er allein lebe. Es habe somit kein PKW benützt werden können und es sei ihm nicht möglich gewesen, ein Schriftstück rechtzeitig zur Post zu bringen. Aufgrund der Bettlägrigkeit sei ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis vorgelegen. Erst nach der Genesung sei es dem Bw möglich gewesen, seinen rechtsfreundlichen Vertreter aufzusuchen. Der Bw legte weiters eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung vor.

In seiner Stellungnahme vom 29.8.2002 bringt der Bw vor, dass der Einspruch am Wohnsitz des Bw hätte verfasst werden können, was sich aber auch nicht mit der verordneten Bettruhe in Einklang bringen habe lassen. Es sei jedenfalls unzumutbar gewesen, ein derart wichtiges Schriftstück dem Postboten zu übergeben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. Juli 2002, VerkR96-3519-2002, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Bw die gegenständliche Strafverfügung vom 18.6.2002 eigenhändig mittels Rsa-Rückschein, am 21.6.2002, an die Adresse A, ausgehändigt und dies mit seiner Unterschrift bezeugt worden sei. Nach Rücksprache mit dem Amtsarzt wäre es dem Bw möglich gewesen, sich zu bewegen und auch Auto zu fahren. Es sei nicht notwendig, einen Einspruch eingeschrieben zur Post zu geben. Poststücke würden jederzeit auch vom Postboten an der Haustüre angenommen werden. "Bettruhe für ein paar Tage" würde nicht heißen, dass man über ein ganzes Monat Bettruhe halten müsse. Die Strafverfügung sei vom Bw auch persönlich übernommen worden. Ein Einspruch hätte jederzeit erhoben werden können.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Berufung erhoben und vorgebracht, dass den Bw ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, nämlich ein Krankheitsfall getroffen habe. Der zu einer längeren Bettlägrigkeit des Bw führende Krankheitsfall habe dazu geführt, dass der Bw den Einspruch nicht fristgerecht an das nächste Postamt übermitteln habe können. Man könne davon ausgehen und es sei auch diese Meinung in der Bevölkerung weit verbreitet, dass fristgebundene behördliche Schriftstücke per Einschreiben auf einem Postamt aufzugeben seien. Die Ansicht, dass etwa der Postbote derartige Schriftstücke mitnehme, sei sicher nicht verbreitet. Aufgrund der ärztlich attestierten Bettlägrigkeit habe der Bw davon ausgehen können, dass er den Einspruch nicht fristgerecht der zuständigen Behörde übermitteln habe können. Unrichtig sei insbesondere die Ansicht des Amtsarztes, der bei der gestellten Diagnose mit der verordneten Therapie, nämlich Bettlägrigkeit, zur Auffassung gelangt sei, dass Bewegen und Gehen und auch Autofahren möglich sei. In diesem Zusammenhang verkenne der Amtsarzt die medizinische Situation und es liege diesbezüglich auch eine Verletzung des Grundsatzes der Amtswegigkeit bzw. der Ermittlung der materiellen Wahrheit vor. Weiters liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, weil nur ein minderer Grad des Versehens vorliege, da der Bw rechtsunkundig sei. Die medizinische Feststellung der Bettlägrigkeit reiche dahingehend aus, dass ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis vorliege.

Es wird daher beantragt, der Berufung Folge zu geben, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29.7.2002 aufzuheben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Gemäß § 71 Abs. 6 AVG hat der Unabhängige Verwaltungssenat durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG abgesehen werden.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden.

Sache im gegenständlichen Verfahren ist die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen. Prüfungsrahmen ist somit nur die Rechtmäßigkeit der Abweisung.

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 18.6.2002 wurde vom Bw am Freitag, den 21.6.2002, persönlich übernommen. Die Einspruchsfrist von zwei Wochen endete daher am Freitag, den 5. Juli 2002.

Der Bw bringt vor, dass er durch eine krankheitsbedingte Bettlägrigkeit, die er vom Arzt verordnet bekommen habe, die Rechtsmittelfrist nicht wahren konnte.

Eine Krankheit kann nicht von vornherein regelmäßig als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden (VwGH vom 28.1.1992, 91/05/0118).

Es kann nur eine die Dispositionsfähigkeit des Bw ausschließende Krankheit als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden (VwGH vom 16.2.1994, 90/13/0004). Dispositionsunfähigkeit liegt dann vor, wenn jemand außerstande ist, als notwendig erkannte Handlungen fristgerecht zu setzen. Im Allgemeinen wird eine Antwort darauf, ob Dispositionsunfähigkeit vorliegt, anhand medizinischer Befunde und hievon abgeleiteter ärztlicher Schlussfolgerungen zu finden sein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 16.2.1994, 90/13/004, dargelegt hat, schließt tatsächliches Handeln die Annahme einer Dispositionsunfähigkeit selbst dann aus, wenn eine entsprechende ärztliche Bestätigung vorliegt. Da der Bw nach seinem eigenen Vorbringen die Strafverfügung persönlich übernommen hat, ist es offensichtlich, dass im fraglichen Zeitraum der Bw zu einem zielgerichteten Handeln, nämlich zur Entgegennahme des Briefes imstande war.

Der Bw wäre daher durch seine Krankheit an der fristgerechten Einbringung des Einspruches nicht gehindert gewesen.

In Anbetracht der eindeutigen diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erweisen sich die Vorbringen des Bw als nicht ausreichend, um den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben. Im Übrigen hätte der Bw - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - den Einspruch jederzeit dem Postboten mitgeben oder jemand anderen verständigen können. Die Erhebung eines Einspruches bedarf nicht der Beiziehung einer rechtskundigen Person. Der Einspruch muss nicht einmal begründet sein.

Dadurch, dass der Bw die Einspruchsfrist versäumt hat, ist die angefochtene Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen. Es war daher dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde verwehrt, auf das inhaltliche Vorbringen einzugehen.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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