Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108643/2/Br/Pe

Linz, 12.11.2002

VwSen-108643/2/Br/Pe Linz, am 12. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn HP, vertreten durch Dr. PK & Mag. MS, Rechtsanwälte, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. Oktober 2002, Zl. VerkR96-1234-2002, wegen Zurückweisung des Einspruches "13.9.2002" (richtig wohl vom 27.9.2002) als verspätet und der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht:

Den Berufungen wird keine Folge gegeben; die angefochtenen Bescheide vom 21. Oktober 2002 werden bestätigt, wobei im Zurückweisungsbescheid das Einspruchsdatum "27.9.2002" zu lauten hat.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, § 71 Abs.1 Z1, § 32 Abs.2 und § 33 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr.137/2002 iVm § 24, § 49 Abs.1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.I Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr.137/2002

Entscheidungsgründe:

1. Von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde mit der Strafverfügung vom 21.5.2002 unter der obgenannten Aktenzahl wider den Berufungswerber wegen Übertretungen in acht Punkten nach dem KFG (Mängel an einem Sattelkraftfahrzeug dessen Zulassungsbesitzer der Berufungswerber ist) Geldstrafen von insgesamt 422 Euro und im Nichteinbringungsfall 282 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

1.1. Diese Strafverfügung wurde den Berufungswerber am 5. Juni 2002, nach einem ersten Zustellversuch an der o.a. Wohnadresse des Berufungswerbers am 4. Juni 2002 und einem zweiten Zustellversuch am 5.Juni 2002, durch Hinterlegung beim Postamt 5020 Salzburg zugestellt.

2. Mit Schreiben vom 16. August 2002 erhob er, im Zusammenhang mit einer hinsichtlich der Strafverfügung ihm zugestellten Zahlungsaufforderung, vorerst gegen diese einen Einspruch. Darin reklamiert er, dass auf dieser eine unzutreffende Adresse angeführt worden wäre.

Mit Schreiben der Behörde erster Instanz an den Berufungswerber vom 16. September 2002 wurde ihm der Umstand der rechtswirksamen Zustellung durch Hinterlegung zur Kenntnis gebracht. Ebenfalls wird eingeräumt, dass die Mahnung (Zahlungsaufforderung) irrtümlich an die falsche Adresse versendet wurde.

Mit Schriftsatz vom 27. September 2002 stellt der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter

  1. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhebt
  2. gegen die Strafverfügung Einspruch
  3. stellt den Antrag auf Zustellung der Strafverfügung und
  4. einen Antrag auf Zuerkennung der Aufschiebung der Vollstreckbarkeit und
  5. auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass ihm die Strafverfügung an die falsche Adresse, nämlich nicht an die zugestellt worden sei, sodass ihm diese nicht zugestellt worden wäre. Falls die Strafverfügung tatsächlich an dieser Adresse zuzustellen versucht und die Hinterlegung durch Hinterlassung der Ankündigung im Hausbrieffach erfolgt sein sollte, wäre diese, so sinngemäß der Berufungswerber, mit dem im Postkasten deponierten Werbematerial ohne sein Verschulden in Verstoß geraten. Darin sei allenfalls nur ein geringer Grad des Verschuldens zu erblicken, der einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegenstünde.

2.1. Die Erstbehörde hat im Lichte dieser zuletzt genannten Anträge die Rechtsvertreter des Berufungswerbers mit Schreiben vom 2.10.2002 auf die ihrer Ansicht nach rechtswirksame Zustellung der Strafverfügung (auch an der richtigen Adresse des Berufungswerbers) mit 5. Juni 2002 hingewiesen. Ebenfalls wurde darin der mit einem einschlägigen Judikaturzitat belegte Hinweis aufgenommen, dass eine allfällige Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung zu belegen wäre. Zum Inhalt dieser Mitteilung wurde ihm die Möglichkeit zu einer Gegenäußerung binnen einer Woche eröffnet.

2.1.1. Mit dem Schriftsatz vom 27.9.2002 äußerte sich der Berufungswerber dahingehend, dass er erst mit Zustellung des Briefes der Behörde erster Instanz vom 16.9.2002 von der Hinterlegung der Strafverfügung Kenntnis erlangt habe. Damit habe mit diesem Datum die Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrages zu laufen begonnen. Diesem Schriftsatz fügte der Berufungswerber noch eine eidesstättige Erklärung bei, wonach er in seinem Hausbrieffach am 4.9.2002 keine Hinterlegungsanzeige betreffend die Strafverfügung vorgefunden habe. Diese müsse unter das im Hausbrieffach gelegte Werbematerial gelangt sein, welchem er nur geringe Bedeutung schenkte. Er habe von der Strafverfügung erst durch das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16.9.2002 Kenntnis erlangt.

2.2. Die Erstbehörde wies mit den unter identer Aktenzahl erlassenen Bescheiden vom 21.10.2002 einerseits den Wiedereinsetzungsantrag des Berufungswerbers vom 27.9.2002 und andererseits den Einspruch vom 27.9.2002 (fälschlich bezeichnet mit 13.9.2002) als verspätet zurück.

Begründet wurden die nunmehr angefochtenen Bescheide im Ergebnis damit, dass einerseits von einer rechtswirksamen Zustellung iSd Zustellgesetzes auszugehen sei. Andererseits - betreffend die versagte Wiederaufnahme - in einem Wegwerfen einer Hinterlegungsanzeige nach nicht mit ausreichender Sorgfalt gesichtetem Inhalt des Postkastens, sodass es geschehen konnte, dass diese Hinterlegungsanzeige mit dem darin befindlichen Werbematerial entsorgt wurde, keinen Wiedereinsetzungsgrund indiziere.

2.3. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch die a.g. Rechtsvertreter gegen beide Bescheide erhobene Berufung, worin er hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folgendes ausführt:

"In außen bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Berufungswerber gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, AZ: VerkR96-1234/2002 vom 21.10.2002, zugestellt am 22.10.2002, innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

B E R U F U N G:

an den Unabhängigen Verwaltungssenat und führt hiezu aus wie folgt:

1. SACHVIERHALT:

Mit dem angefochteten (gemeint wohl angefochtenen) Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers vom 27.09.2002

auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, als unbegründet abgewiesen.

1. Mit Antrag vom 27.09.2002 beantragte der Berufungswerber bei der belangten Behörde ihm den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Erhebung des Einspruches der Strafverfügung zu VerkR96-1234/2002 zu bewilligen und allenfalls das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag zu unterbrechen. Gleichzeitig wurde mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ordnungsgemäß Einspruch erhoben, ferner der Antrag auf Zustellung der Strafverfügung gestellt, verbunden mit dem Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckbarkeit sowie den Antrag auf aufschiebende Wirkung. Der Berufungswerber begründete den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im wesentlichen damit, dass ein allenfalls vorhandener Hinterlegungsschein offensichtlich unter das Konvolut von Werbematerial geraten ist, die Nichtkenntnisnahme des gegenständlichen Zustellvorganges seitens des Beschuldigten demnach kein Verschulden darstellt, sondern es sich hiebei lediglich um ein Versehen minderen Grades handelt.

Die belangte Behörde wies den Antrag des Beschuldigten vom 27.09.2002 als unbegründet ab und führte im wesentlichen aus, dass es Aufgabe jedes einzelnen und ihm auch zumutbar sei, bei Ortsanwesenheit seinen Briefkasten regelmäßig zu entleeren und die darin befindlichen Sendungen mit der erforderlichen Sorgfalt durchzusehen. Die Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, seien nach Ansicht der belangten Behörde nicht gegeben.

2. Die belangte Behörde stützt ihren Bescheid auf § 71 Abs. 1 Ziff 1 AVG iVm § 24 VStG.

II. BERUFUNGSGRÜNDE:

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, Aktenzeichen: VerkR96-1234/2002 vom 21.10.2002, wird seinem gesamten Inhalte nach, hinsichtlich sämtlicher Spruchteile angefochten und nachstehende Berufungsgründe geltend gemacht.

Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

1. Mit Antrag vom 27.09.2002 beantragte der Berufungswerber, die belangte Behörde möge den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung zu VerkR96-1234/2002 zu bewilligen und erhob gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, VerkR961234/2002.

2. Wiederholt wird vorgebracht, dass das Schriftstück der Hinterlegungsanzeige neben einer Vielzahl von anderen Postsendungen im Hausbrieffach des Beschuldigten und nunmehrigen Berufungswerbers deponiert wurde und sich außerdem tagtäglich diverses Werbematerial im Brieffach befindet. In einem wurde vorgebracht, dass der Beschuldigte grundsätzlich jeden Tag das Hausbrieffach leert. Der allenfalls vorhandene Hinterlegungsschein ist offensichtlich unter durch das Konvolut von Werbematerial geraten.

Ausgeführt wurde, dass der Rechtsnachteil für den Beschuldigten im gegenständlichen Sachverhalt darin liegt, dass die Frist für die Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung bereits abgelaufen war.

3. Die Rechtsansicht der belangten Behörde ist verfehlt, zumal dem Beschuldigten allenfalls leichte Fahrlässigkeit unterstellt werden kann, die jedoch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht hindert. Ergänzend wird vorgetragen, dass nahezu täglich durch Zustellorgange der Post, neben Postsendungen auch eine Vielzahl von Werbematerialien zugestellt werden und gemeinsam in Hausbrieffächern deponiert werden. Aufgrund des Umstandes, dass amtliche Verständigungsscheine über Hinterlegung behördlicher Schriftstücke lose und nicht in einem Kuvert deponiert werden, ist es durchaus möglich und wahrscheinlich, dass ein derartiges Exemplar in ein Konvolut von Werbematerial gerät und daher vom Empfänger bei Entleerung des Hausbrieffaches nicht oder erst verspätet registriert wird.

4. Insofern die belangte Behörde sich darauf beruht, dass der vorgetragene Sachverhalt kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellt und diesfalls ein VwGH Erkenntnis zitiert, wird hiezu vorgetragen, dass sich gegenständliche, zitierte VwGH Entscheidung nicht mit dem gegenständlichen Fall vergleichen lässt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte und nunmehrige Berufungswerber mit Schriftsatz vom 27.09.2002 eine eidesstättige Erklärung der belangten Behörde zur Vorlage brachte, worin der Beschuldigte und nunmehrige Berufungswerber bestätigt, dass er erst Kenntnis von der Strafverfügung erlangte, als ihm das Schreiben der belangten Behörde vom 16.09.2002 zugestellt wurde. In einem erklärt der Beschuldigte unter Eides statt, dass er am 04.06.2002 bei seinem Hausbrieffach keine Verständigung des Postamtes 5020 Salzburg betreffend die versuchte Zustellung der Strafverfügung der belangten Behörde vorgefunden hat und dass dieses Schriftstück unter das ebenfalls in diesem Hausbrieffach deponierte Werbematerial geraten ist.

Aus all diesen Gründen ist die Rechtsansicht der belangten Behörde verfehlt und sind sämtliche Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung im gegenständlichen Sachverhalt gegeben.

Allein schon die tägliche Lebenserfahrung zeigt, dass Werbematerialien in den meisten Fällen, keine oder nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides:

1. Die Strafverfügung der belangten Behörde vom 21.05.2002, VerkR96-1234/2002, ist aus nachstehenden Gründen mit Nichtigkeit behaftet und wird im einzelnen dazu ausgeführt wie folgt:

2. Dem Beschuldigten und nunmehrigen Berufungswerber wird mit der Strafverfügung der belangten Behörde vom 21.05.2002, VerkR96-1234/2002 vorgeworfen, er habe als Zulassungsbesitzer des Sattelkraffahrzeuges, die in der Strafverfügung angeführten Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

Fakt ist, dass Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen die Fa. ICS, ist. In einem wird der Fahrzeugschein des bezughabenden Sattelkraftfahrzeuges zur Vorlage gebracht, aus dem sich der Zulassungsbesitzer - wie bereits ausgeführt - ergibt.

Fakt ist demnach auch, dass der Beschuldigte jedenfalls nicht Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ist, und ist die Strafverfügung der belangten Behörde als absolut nichtig anzusehen.

Aus einem Bescheid muss hervorgehen, an wen er sich richtet, da jede individuelle Norm an eine bestimmte Person gerichtet sein muss. Ist ein solcher nur ungenau umschrieben, ergibt sich der Adressat aus der Anschrift des "Bescheides" bzw. aus dem Spruch (als Zulassungsbesitzer) so ist der Bescheid absolut nichtig (VwGH 24.03.1992, ZI. 88/07/0072/21.06.1994, ZI. 94/07/0064, 06.04.1994, ZI. 91/13/0234; verL,1. auch VwGH 10.05.1994, ZI. 94/07/0014).

Aus obgenannten Erwägungen ergibt sich demnach, dass die Strafverfügung der belangten Behörde vom 21.05.2002, VerkR96-1234/2002, mit absoluter Nichtigkeit behaftet ist.

III. Zusammenfassend werden gestellt die

A N T R Ä G E

der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich wolle in Stattgebung der Berufung:

1. Den angefochtenen Bescheid aufheben und dem Beschuldigten den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung zu VerkR96-1234/2002 bewilligen

in eventu

2. In Stattgebung dieser Berufung die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21.05.2002, VerkR96-1234/2002, als nichtig erklären.

Bischofshofen, am 05.11.2002 HP"

2.3.1. Zur Zurückweisung des Einspruches als verspätet rügt der Berufungswerber auf seinem gesondert ausgeführten Schriftsatz die offenkundige Fehlzitierung des Datums des zurückgewiesenen Einspruches mit 13.9.2002 als nicht nachvollziehbar. Inhaltlich wird zur Frage der Zustellung durch Hinterlegung am 5. Juni 2002 nichts ausgeführt. Abschließend wird beantragt, es wolle der Einspruch vom 27.9.2002 gegen die Strafverfügung als rechtzeitig erkannt werden.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ist somit gegeben. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z4 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt, woraus sich wie oben schon dargelegt, der entscheidungswesentliche Sachverhalt schlüssig ergibt.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hierzu erwogen:

4.1. Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (§ 71 Abs.1 AVG)

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, ....

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden (§ 71 Abs.2 AVG).

Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen (§ 71 Abs.3 AVG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.4.2000, 2000/05/0054 mit Hinweis u.a. auf VwGH 29.11.1994, 94/05/0318) ist ein Ereignis unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte.

Das im Begriff der "Unvorhergesehenheit" gelegene Zumutbarkeitsmoment ist iSd Judikatur dahin zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei (ihrem Vertreter) in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein "minderer Grad des Versehens" (seit der AVG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 357) unterläuft (Hinweis auf VwGH Erk. v. 26. November 1992, Zl. 92/06/0222). Ein solcher "minderer Grad des Versehens" (§ 1332 ABGB) liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lassen. Demnach teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass im Falle eines mit Werbematerial angefüllten Postkastens die Durchsicht des Inhaltes des Postkastens besonders genau zu erfolgen hat, um nichts zu übersehen. Diese Sichtweise ist alleine schon deshalb geboten, weil sonst jegliche Zustellwirkung mit dem Hinweis auf "überquellende" Postkästen nach belieben ins Leere laufend argumentierbar wäre.

Aus dem Vorbringen des Berufungswerbers ergibt sich hier unzweifelhaft, er räumt dies in seiner eidesstättigen Erklärung vielmehr dezidiert ein, dass er seinen Postkasten offenbar nur mit geringer Aufmerksamkeit gesichtet habe. Demnach kann auch der Oö. Verwaltungssenat nur die Auffassung vertreten, dass diesem vermutlichen Übersehen der Hinterlegungsanzeige unter dem umfangreichen Werbematerial nicht bloß ein minderer Grad des Versehens zugrunde lag.

Gemäß § 17 Abs. 2 leg.cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle

zurückzulassen

oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Daraus ergibt sich andererseits, dass mangels eines erkennbaren Zustellmangels von einer rechtswirksamen Hinterlegung auszugehen ist und die Strafverfügung damit in Rechtskraft erwuchs (vgl. unter vielen VwGH 26.4.2002, 2002/02/0082).

Da auch die Behörde an rechtskräftige Entscheidungen gebunden ist, muss sie in solchen Fällen mit einer Zurückweisung vorgehen. Der Berufung war demnach auch mit Blick darauf der Erfolg zu versagen.

Das im Zurückweisungsbescheid offenkundig auf Grund eines Schreibfehlers zurückzuführende Einspruchsdatum war hier zu berichtigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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