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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108676/2/Ki/Ka

Linz, 29.11.2002

VwSen-108676/2/Ki/Ka Linz, am 29. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des MA, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Dr. K und Mag. Dr. M, vom 25.11.2002, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 21.11.2002, VerkR96-9998-2002, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren einen Beitrag von 6 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

Zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit Straferkenntnis vom 21.11.2002, Zl. VerkR96-9998-2002, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 23.2.2002, um 17.41 Uhr, den PKW mit pol. Kennzeichen auf der A9 Pyhrnautobahn bei StrKm 10,600, im Gemeindegebiet von Wartberg, in Fahrtrichtung Liezen (Graz) gelenkt und die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" missachtet, da er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 21 km/h überschritt. Er habe dadurch § 52 lit.a Z10a und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 3 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis per Telefax am 25.11.2002 Berufung ausschließlich hinsichtlich der Strafhöhe.

Als Begründung wird angeführt, dass es die Behörde verabsäumt habe, 10 % Toleranzgrenze in Abzug zu bringen und es ergebe sich insgesamt, dass die Voraussetzungen für eine Abmahnung nach § 21 VStG vorliegen. Die Schuld sei geringfügig, der Bw habe ein Geständnis abgelegt und es sei kein Schaden entstanden. Darüber hinaus sei der Bw unbescholten und stehe die verhängte Geldstrafe in Höhe von 30 Euro in keiner Relation zum Fehlverhalten. Tatsächlich wäre mit einer Abmahnung vorzugehen gewesen bzw sei die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Die Höhe der Strafe sei relationswidrig. Es seien die Milderungsgründe des Strafgesetzbuches analog heranzuzuiehen. Der Bw habe ein reumütiges Geständnis abgelegt und habe sich der Vorfall vor nahezu 9 Monaten ereignet. Zwischenzeitig sei der Bw unbescholten geblieben und sei die eben dazwischen liegende Zeit zu seinen Gunsten zu werten, nachdem er sich straßenverkehrsordnungskonform verhalten habe.

Es wäre angebracht gewesen, das Verfahren gegen Ermahnung einzustellen bzw die Mindeststrafe zu verhängen und wurde daher der Antrag gestellt, der UVS für das Bundesland Oberösterreich wolle in Stattgebung der Berufung den Bw ermahnen, in eventu die Strafe verhältnismäßig herabsetzen.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Der Bw bringt vor, die Behörde habe verabsäumt, 10 % Toleranzgrenze in Abzug zu bringen. Offensichtlich werden hier die Verkehrsfehlergrenzen bzw die Unsicherheiten der Messmethode angesprochen, für welche ein Abzug von der tatsächlich gemessenen Geschwindigkeit vorgenommen werden soll.

Im vorliegenden Falle wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem stationären Radarmessgerät der Marke MUVR6FA festgestellt. Messgeräte dieser Bauart sind nach dem Maß- und Eichgesetz zur Eichung zugelassen. Die für das Gerät erlassenen Verwendungsbestimmungen sehen ua vor, dass, wenn Messergebnisse die Grundlage für Ahndung von Übertretungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen bilden, die Verkehrsfehlergrenzen des Verkehrsgeschwindigkeitsmessers und die Unsicherheiten der Messmethode zu berücksichtigen sind. Die Verkehrsfehlergrenzen sind gleich den Eichfehlergrenzen und betragen bei Messwerten bis 100 km/h +/- 3 km/h, beim Messwerten über 100 km/h +/- 3 % vom Messwert. Wegen der Unsicherheiten bei der Erfassung der Fahrzeuggeschwindigkeit (zB leichtes Schrägfahren) ist ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor zu berücksichtigen, welcher bei Messwerten bis 100 km/h +/- 2 km/h und bei Messwerten über 100 km/h +/- 2 % vom Messwert beträgt.

Im gegenständlichen Falle wurden sowohl die Verkehrsfehlergrenzen als auch die Unsicherheiten der Messmethode berücksichtigt und es wurden, da eine Geschwindigkeit von über 100 km/h gegeben war, 5 % vom Messwert in Abzug gebracht. Bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 128 km/h ergibt sich somit eine für die Bestrafung relevante Geschwindigkeit von 121 km/h und daher die gegenständliche Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h. Ein Abzug von 10 %, wie in der Berufung angeführt wurde, ist nicht vorgesehen.

Allgemein wird festgestellt, dass überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle mit gravierenden Folgen sind. Besonders auf Autobahnen wird durch ein derartiges Verhalten die Verkehrssicherheit im Besonderen beeinträchtigt. Zum Schutze des Rechtsgutes Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer und im Interesse der Verkehrssicherheit allgemein ist deshalb aus generalpräventiven Gründe eine entsprechend strenge Bestrafung derartiger Verwaltungsübertretungen geboten.

In Anbetracht des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens hat die Erstbehörde sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe bereits äußerst milde bemessen, sodass nach Auffassung der Berufungsbehörde selbst bei Vorliegen der in der Berufung angezogenen Milderungsgründe bzw unter Bedachtnahme auf die - unbestritten gebliebenen - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse die angestrebte Herabsetzung der verhängten Strafe nicht in Erwägung gezogen werden kann.

Festgestellt wird, dass für die Strafbemessung auch spezialpräventive Überlegungen anzustellen sind. Im vorliegenden Falle ist die festgesetzte Strafe durchaus geboten, um dem Bw das Unrechtmäßige seines Verhaltens spürbar vor Augen zu führen und ihn vor der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Was die in der Berufung angesprochene Anwendung des § 21 VStG betrifft, so kann gemäß dieser Bestimmung die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen somit kumulativ vorliegen.

In ständiger Rechtsprechung vertritt dazu der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass die Schuld des Beschuldigten nur dann geringfügig ist, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH 2001/10/0049 vom 21.11.2001 ua).

Wie bereits oben angedeutet wurde, stellt die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bzw die diesbezügliche Übertretung der StVO 1960 grundsätzlich kein Bagatelldelikt dar. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass allgemein derartige Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden sind, überlässt jedoch durch Festlegung eines entsprechenden Strafrahmens die konkrete Festlegung der Strafe dem Ermessen der Behörde. Dadurch ist auch sichergestellt, dass bei der Straffestsetzung auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung entsprechend Bedacht genommen werden kann. Jedenfalls wird der Unrechtsgehalt einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Strafnormen der StVO 1960 geradezu typisiert, sodass ein bloß geringfügiges Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit allgemein noch nicht dazu führen kann, von einem erheblichen Zurückbleiben des Schuldgehaltes hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt zu sprechen. Besondere sonstige Umstände, welche im konkreten Falle für die Anwendung des § 21 VStG in Betracht kommen könnten, wurden nicht behauptet und es sind solche im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Mangels Vorliegen der Voraussetzungen ist daher die angestrebte Anwendung des § 21 VStG ausgeschlossen.

I.6. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw durch die von der Erstbehörde vorgenommene Strafbemessung nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

§ 21 VStG; auch bei einer relativ geringen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt grundsätzlich kein erhebliches Zurückbleiben des Schuldgehaltes hinter dem typisierten Unrechtsgehalt vor.

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