Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108749/8/Br/Pe

Linz, 04.02.2003

 

 

 VwSen-108749/8/Br/Pe Linz, am 4. Februar 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn WP, gegen die Punkte 1. u. 2. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. Dezember 2002, VerkR96-1062-2002/Fa, nach der am 4. Februar 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird im Punkt 1. Folge gegeben; das Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. Im Punkt 2. wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 19 § 24, § 45 Abs.1 Z1 § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG;

 

II. Im Punkt 1. entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge; im Punkt 2. werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 72,80 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u.2 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über den Berufungswerber in den Punkten 1. und 2. des o.a. Straferkenntnisses wegen der Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO und § 1 Abs.3 FSG iVm § 37 Abs.1 und Abs.3 Z1 Geldstrafen in der Höhe von 140 und 364 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei und sieben Tagen verhängt und ihm zur Last gelegt,

er habe am 27.10.2001 um 20.45 Uhr im Gemeindegebiet von Linz bei der Hausdurchfahrt zwischen der Haiderstraße 12 und 14, unmittelbar bei der Kreuzung Haiderstraße/Vogelfängerweg das Fahrzeug PKW KZ, wobei er

1. es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er unmittelbar nach Verursachen des Verkehrsunfalles den Unfallsort verlassen habe,

2 . unzulässigerweise ein Kraftfahrzeug ohne einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung lenkte.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete ihren Schuldspruch im Ergebnis mit dem Hinweis den Berufungswerber am 27.10.2001 um ca. 21.10 Uhr in der Nähe des Unfallortes angetroffen zu haben. Dabei habe dieser angegeben, mit dem Fahrzeug um 20.45 Uhr gegen eine Betonmauer gestoßen zu sein. Als schließlich die Zulassungsbesitzerin des Unfallfahrzeuges am Unfallort eingetroffen sei, habe diese erklärt, nicht gewusst zu haben, dass der Berufungswerber nicht im Besitz einer Lenkberechtigung sei. Als Rechtfertigung habe der Berufungswerber nach dem Alkotest gegenüber den Beamten auch noch angegeben, einen Blödsinn gemacht zu haben.

Der in der schriftlichen Rechtfertigung vom 28. Februar 2002 getätigten Verantwortung, wonach eine andere Person das Fahrzeug gelenkt hätte, diese jedoch nach dem Unfall davongelaufen sei, folgte die Behörde erster Instanz nicht.

Bei der Strafzumessung wertete die Behörde erster Instanz den Umstand mehrerer einschlägiger Vormerkungen innerhalb der letzten zwei Jahre als straferschwerend, wobei der Entscheidung ein Tageseinkommen des Berufungswerbers in der Höhe von 14 Euro, keinem Vermögen und der Sorgepflicht für zwei Kinder ausgegangen wurde.

 

2. In der dagegen fristgerecht bei der Behörde erster Instanz protokollarisch angebrachten Berufung verweist der Berufungswerber auf seine Rechtfertigungsangaben vom 2.12.2002, wobei er abermals die Lenkeigenschaft ausdrücklich bestreitet.

 

3. Da im Punkt 1. und 2. keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Zum Punkt 3. ergeht im Rahmen der Kammerzuständigkeit unter der AZ: VwSen-108751 ein gesonderter Berufungsbescheid.

Eine Berufungsverhandlung war hier angesichts der Bestreitung des Tatvorwurfes erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und dessen auszugsweisen Verlesung im Rahmen der Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des AbtInsp. S als Zeugen. Sowohl der Berufungswerber als auch ein(e) VertreterIn der Behörde erster Instanz nahmen an der Berufungsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht teil.

Mit dem Berufungswerber wurde am 21. Jänner 2003 wegen der Bekanntgabe einer ladungsfähigen Adresse betreffend die Zulassungsbesitzerin fernmündlich Kontakt aufgenommen. Im Zuge dieses Telefonates wurde ihm vom Berichter der Verhandlungstermin und der Umstand der diesbezüglich bereits erfolgten Ladung zusätzlich zur Kenntnis gebracht. Die Ladung wurde ihm am 17. Jänner 2003 ordnungsgemäß durch Hinterlegung beim Postamt 4060 Leonding zugestellt.

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 27.10.2001 gegen 20.45 Uhr den für Frau K zugelassenen Chrysler Voyager, Kennzeichen, im Bereich der Kreuzung Haiderstraße-Vogelfängerweg. Dabei stieß er aus ungeklärten Gründen gegen eine Betonkugel. Das Fahrzeug wurde dabei schwer beschädigt. Gegen 21.00 Uhr trafen die über einen anonymen Anzeiger verständigten Polizeibeamten (darunter der Zeuge AbtInsp. S) am Unfallort ein. Vorerst konnten sie keine Person beim Unfallfahrzeug wahrnehmen. In weiterer Folge wurde der Berufungswerber telefonierend in diesem Bereich gesichtet. Vorerst verneinte er mit dem Unfall etwas zu tun zu haben. Da den Beamten jedoch die Namensübereinstimmung am Türschild der in unmittelbarer Nähe wohnenden Zulassungsbesitzerin und der Person des Berufungswerbers auffiel, gab dieser nach intensiverer Befragung zu, der Fahrzeuglenker gewesen zu sein. Der Berufungswerber ist nicht im Besitz einer Lenkberechtigung. Als schließlich auch die Zulassungsbesitzerin am Unfallort eintraf, wurden die Rechtmäßigkeit der Inbetriebnahme des Fahrzeuges - nicht jedoch mit Blick auf die fehlende Lenkberechtigung - festgestellt. Die für die Unfallaufnahme erforderlichen Schritte konnten laut AbtInsp. S unbehindert festgestellt werden.

 

4.2. Anlässlich der Berufungsverhandlung legte der Zeuge AbtInsp. S in glaubhafter Weise dar, dass der Berufungswerber die Lenkeigenschaft nach vorherigem Leugnen letztlich einräumte. Auch der Atemluftuntersuchung unterzog sich der Berufungswerber ohne Bestreitung der Lenkeigenschaft. Aus der Anzeige ergibt sich die Verantwortung des Berufungswerbers "er habe zu viel getrunken und einen Blödsinn" gemacht. Mit Blick darauf vermag seiner erst nach vier Monaten, im Rahmen seiner Einvernahme vor der Behörde erster Instanz am 28. Februar 2002 geänderten Verantwortung, nämlich das Fahrzeug damals doch nicht gelenkt zu haben, nicht gefolgt werden. Gänzlich den Denkgesetzen widerspricht es, dass der Berufungswerber, wäre er tatsächlich nicht der Lenker gewesen, nicht bei dieser eingangs der Amtshandlung angedeuteten Behauptung geblieben wäre. Gegenüber den Polizeibeamten vor Ort hat er jedoch - wie der Zeuge AbtInsp. S glaubhaft darlegte - die Lenkeigenschaft aus freien Stücken eingestanden. Gänzlich abenteuerlich mutet es darüber hinaus an, ein fremdes Fahrzeug einer erst kurz vor der Fahrt in einem Gasthaus kennen gelernten fremden Person zum Lenken überlassen zu haben, welche der Berufungswerber schließlich trotz des schuldhaft verursachten Schaden offenbar ungehindert weggehen hätte lassen. Einer solchen Darstellung vermag unter Bedachtnahme auf die logischen Verhaltensmuster in solchen Situationen nicht gefolgt werden. Eine solche Darstellung muss vielmehr als eine "geradezu an den Haaren herbeigezogene" Schutzbehauptung qualifiziert werden.

Der Berufungswerber ist schließlich unentschuldigt zur Berufungsverhandlung nicht erschienen, was belegt, dass er selbst nicht mehr geneigt zu sein scheint diese Verantwortung im Rahmen der Berufungsverhandlung näher zu erklären.

Nicht gefolgt vermag jedoch der Behörde erster Instanz werden, dass hier der Berufungswerber an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt hätte. Immerhin befand sich der Berufungswerber ca. 15 Minuten nach dem Unfall noch in unmittelbarer Unfallnähe. Dort wurde er von den einschreitenden Beamten angetroffen. Der Zeuge AbtInsp. S gab im Rahmen der Berufungsverhandlung an, dass der Berufungswerber an der Sachverhaltsfeststellung im erforderlichen Umfang sehr wohl mitwirkte.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

5.1. Die Behörde erster Instanz hat hier das Tatverhalten in zutreffender Weise subsumiert und unter Anwendung des § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 81/2002 auch zutreffend qualifiziert.

Zur Würdigung von Beweisen ist ungeachtet der Beurteilung in jedem Einzelfall in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach in Anbetracht der Wichtigkeit einer im Nachhinein geänderten Sachverhaltsdarstellung, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass auf einen verfahrensentscheidenden Umstand - wie hier etwa die Lenkeigenschaft - schon bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hingewiesen wird (VwGH 26.1.1996, 95/02/0289). Dies entspricht in erster Linie auch der Lebenspraxis.

Schon nach älterer Rechtsprechung des VwGH ist etwa im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat (VwGH 12.10.1970, 133/70, und 12.1.1987, 87/02/0134).

Im Punkt 1. ist jedoch zu bemerken, dass der Bestimmung des § 4 Abs.1 lit. c StVO kein sinnentleerter und formalistischer Inhalt zugesonnen werden darf. Der Berufungswerber hat hier nichts unternommen, was die bereits ohnedies fünfzehn Minuten nach dem Unfall eintreffenden Polizeibeamten an der Aufnahme der erforderlichen Daten be- oder gehindert hätte.

Das Verlassen der Unfallstelle ist dann tatbildmäßig, wenn es dem Zweck der Mitwirkungspflicht zuwiderläuft (VwGH 20.2.1991, 90/02/0152 mit Hinweis auf VwGH 15.5.1990, 89/02/0048 und VwGH 15.5.1990, 89/02/0164).

Auch mit einem allenfalls minimalem Bewegen des Fahrzeuges vermag der Tatbestand des § 4 Abs.1 lit.c StVO nicht erfüllt werden (siehe VwGH 29.1.1992, 92/02/0009). Demnach war im Punkt 1. das angefochtene Straferkenntnis mangels Erfüllung des Tatbildes einzustellen.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne einer erforderlichen Lenkberechtigung zählt zu den schwersten Verstößen gegen straßenpolizeiliche- bzw. kraftfahrrechtliche Bestimmungen. Der Gesetzgeber hat diesen Umstand durch Festlegung eines entsprechenden Strafrahmens (gemäß 37 Abs.3 FSG von 363 Euro bis 2.180 Euro) Rechnung getragen.

Wenn in diesem Punkt die Erstbehörde lediglich die Mindeststrafe bzw. diese um einen Euro übersteigend verhängt hat, vermag angesichts fehlender Milderungsgründe ein Fehler bei der Strafzumessung bzw. ein Ermessensfehler - selbst bei ungünstigen Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers - nicht erblickt werden. Hier kann bei dieser Art von Übertretung mangels zusätzlicher Sachverhaltselemente - wie etwa eine notstandsähnliche Situation die zu einer Fahrt ohne Lenkberechtigung zwingen könnte - die Anwendung des § 20 und 21 VStG nicht in Betracht zu kommen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

 

Dr. B l e i e r
 
 

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