Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108760/3/Kei/Vie/An

Linz, 09.09.2003

 

 

 VwSen-108760/3/Kei/Vie/An Linz, am 9. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der Frau S G, wohnhaft in L, I K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. L K & P, S, P, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5.12.2002, Zl. S-37257/02 VP, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:
 
 

  1. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren einen Betrag von 7,00 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
 

 


Rechtsgrundlage:

Zu I. § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.
Zu II. §§ 64 Abs.1 und 2 und 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

1. Die Bundespolizeidirektion Linz (belangte Behörde) hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe am 24.9.2002 um 06.15 Uhr in Linz, Am Bindermichl, in Höhe der Bushaltestelle nächst Nr. 21 als Fußgänger den nicht mehr als 25 m entfernten Schutzweg nicht benützt und die Fahrbahn außerhalb diesem überquert und habe hiedurch § 7 Abs.6 letzter Satz 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 wurde über sie eine Geldstrafe von 35 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden verhängt.

Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 3,50 Euro verpflichtet.

2. Die Berufungswerberin (Bw) erhob gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung.

In ihrem Rechtsmittel macht sie formelle Rechtswidrigkeit aufgrund Mangelhaftigkeit des Verfahren sowie materielle Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend.

In ihrer Rechtfertigung vom 26.1.2002 habe sie zum Beweis ihrer Verantwortung die Durchführung eines Ortsaugenscheines sowie die Einholung eines SV-Gutachtens aus dem Kraftfahrwesen beantragt. Beide Beweisanträge seien unberücksichtigt geblieben, dies aufgrund einer vorgreifenden Beweiswürdigung unter Hinweis auf die beiden vernommenen Zeuginnen, wobei jedoch auf die in der Rechtfertigung aufgezeigte Problematik bezüglich des Rechtwidrigkeitszusammenhanges in keinster Weise eingegangen wurde, was jedoch notwendig gewesen wäre, insbesondere im Hinblick auf die Verhinderbarkeit des Unfalles, sollte man davon ausgehen, dass sie den Schutzweg nicht benützt hat. Bei Aufnahme der Beweise hätte sich herausgestellt, dass tatsächlich ihr Verhalten in keiner Weise unfallskausal war, zumal selbst bei rechtmäßigem Alternativverhalten, sollte man von einer Nichtbenützung des Schutzweges ausgehen, der Unfall mit gleichen Folgen zustande gekommen wäre, zumal es der PKW-Lenkerin aufgrund des von ihr getätigten Fahrverhaltens nicht möglich gewesen wäre, kollisionsfrei vor ihr (der Berufungswerberin) anzuhalten, auch nicht für den Fall, dass sie den Schutzweg benützt hätte. Sie sei daher unzulässigerweise in ihren Verfahrensrechten beschnitten worden, weshalb das erstinstanzliche Verfahren mit einer Mangelhaftigkeit behaftet, somit das angefochtene Straferkenntnis formell rechtswidrig sei.

Sie bekämpfe ausdrücklich die Feststellung, dass sie den Schutzweg nicht benutzt hätte. Die widersprüchlichen Angaben der Zeuginnen seien nicht geeignet, mit einer für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit anzunehmen, dass sie tatsächlich den Schutzweg nicht benützt habe. Am ehesten sei noch die Aussage der PKW-Lenkerin heranzuziehen. Diese habe doch wohl eher auf das Verkehrsgeschehen als die mit dem Verkehrsgeschehen nicht befasste Fußgängerin geachtet. Da zum Unfallzeitpunkt die Fahrbahn künstlich beleuchtet war und es stark regnete, müsse im Zweifel zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass bei der Maßangabe der PKW-Lenkerin von 1-2 m es durchaus möglich und nachvollziehbar sei, dass sie die Fahrbahn tatsächlich auf dem Schutzweg überquerte, zumal für die PKW-Lenkerin schlechte Sichtverhältnisse herrschten. Bei richtiger Würdigung der aufgenommenen Beweisergebnisse sei im Zweifel mit einer Einstellung des Verfahrens vorzugehen gewesen. Selbst für den Fall, dass der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt angenommen werden würde, rechtfertige ihr (der Bw) Verhalten keinesfalls eine Bestrafung, sondern wäre rücksichtlich des bisherigen Vorlegens und des Umstandes, dass sie auch bei rechtmäßigem Alternativerhalten den Unfall nicht hätte verhindern können, mit einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG vorzugehen gewesen.

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Gemäß § 76 Abs.6 StVO 1960 haben, wenn Schutzwege oder für Fußgänger bestimmte Unter- oder Oberführungen vorhanden sind, Fußgänger diese Einrichtungen zu benützen. Ist jedoch keine dieser Einrichtungen vorhanden oder mehr als 25 m entfernt, so dürfen Fußgänger im Ortsgebiet die Fahrbahn nur an Kreuzungen überqueren, es sei denn, dass die Verkehrslage ein sicheres Überqueren der Fahrbahn auch an anderen Stellen zweifellos zulässt.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Was die Zeugenaussagen der Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen, Frau M A, bzw. von Frau G P betrifft, so sind diese, was die Entfernung der Berufungswerberin vom Schutzweg betrifft, nicht einheitlich. Gemeinsam ist diesen Aussagen, dass die Berufungswerberin die Fahrbahn neben dem Schutzweg überquert hat, wobei die Entfernung zum Schutzweg weniger als 25 m betrug. Da die Berufungswerberin laut den von ihr gemachten, in der Niederschrift vom 27.9.2003 festgehaltenen Angaben keinerlei Erinnerungen an den Unfallhergang hat, ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass den Aussagen der beiden Zeuginnen jedenfalls mehr Glauben zu schenken ist als den Angaben der nunmehrigen Berufungswerberin, welcher es als Beschuldigte frei steht, sich nach jeder Richtung zu rechtfertigen, insbesondere den Sachverhalt anders darzustellen bzw. zu bestreiten. Zudem räumt die Berufungswerberin selbst ein, hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der zeugenschaftlichen Aussagen sei am ehesten die Aussage der PKW-Lenkerin heranzuziehen. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt gegen die Ansicht der belangten Behörde, wonach die Berufungswerberin jedenfalls den Schutzweg nicht benützt hat und sie deshalb eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 76 Abs.1 1. Satz StVO 1960 zu vertreten hat, keinerlei Bedenken.

 

Die Einwendungen betreffend rechtmäßiges Alternativverhalten sind im Verwaltungsstrafverfahren von keiner Relevanz. Es erübrigte sich die Durchführung sowohl des beantragten Ortsaugenscheines sowie auch die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens.

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, dass die Berufungswerberin die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu vertreten hat und der erstbehördliche Schuldspruch zu Recht erfolgt ist.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

In der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses wurde angeführt, die verhängte Geldstrafe entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheine notwendig, um die Berufungswerberin in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten. Bei der Strafbemessung sei (im Sinne des § 19 VStG) das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt worden. Als mildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Straferschwerungsgründe lagen nicht vor.

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse führte die belangte Behörde aus, die Berufungswerberin habe diese Verhältnisse nicht bekannt gegeben und sei bei der Strafbemessung davon ausgegangen worden, die Berufungswerberin besitze kein hiefür relevantes Vermögen, habe keine ins Gewicht fallenden Sorgfaltspflichten und beziehe ein monatliches Einkommen von 700 Euro.

Der Aktenlage nach hat die belangte Behörde bezüglich dieser Umstände keine Erhebungen durchgeführt. Aus dem Verfahrensakt geht lediglich hervor, dass die von der belangten Behörde im Rechtshilfeweg ersuchte Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, ohne hiezu von der belangten Behörde ersucht worden zu sein (vgl. das Rechtshilfeersuchen vom 4.11.2002), mit Schriftsatz vom 8.11.2002 das Stadtamt P ersucht hat, Angaben bezüglich dieser Verhältnisse bekannt zu geben, ansonsten diese Verhältnisse im Schätzungswege festgesetzt werden. Dem Verfahrensakt kann indes nicht entnommen werden, dass seitens des Stadtamtes P der Rechtsvertreter der Berufungswerberin zur Bekanntgabe dieser Verhältnisse aufgefordert wurde. Der Niederschrift des Stadtamtes P vom 15.11.2002 kann lediglich entnommen werden, dass Akteneinsicht erteilt und gleichzeitig Gelegenheit zur Rechtfertigung im Sinne des § 40 Abs.1 bzw. § 43 Abs. 2 VStG gegeben wurde

In Anbetracht des Umstandes, dass somit die Berufungswerberin bzw. deren Vertreter nicht zur Bekanntgabe der in Rede stehenden Verhältnisse aufgefordert wurde, kann keine Rede davon sein, sie habe diese Verhältnisse nicht bekannt gegeben und belastet dieser Umstand die Entscheidung der belangten Behörde mit einem Verfahrensmangel. Dieser Mangel führt jedoch nicht zur Aufhebung des Bescheides. Angesichts des Umstandes, dass das geschätzte monatliche Einkommen betragsmäßig niedrig angesetzt wurde, weiters Vermögenslosigkeit sowie keine Sorgepflichten angenommen wurden, kann von einer Einschätzung zum Nachteil der Berufungswerberin keine Rede sein. Diese hat der vorgenommenen Einschätzung auch nicht widersprochen.

 

Was die Strafbemessung anbelangt, so handelt es sich laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dabei innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

In Anbetracht des Umstandes, dass die Berufungswerberin nicht verwaltungsstrafrechtlich vorgemerkt war (sie somit als unbescholten zu gelten hat), mangels Vorliegen von Erschwerungsgründen sowie der geschätzten Einkommensverhältnisse erscheint die verhängte Geldstrafe - auch unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention - keinesfalls überhöht. Bei einem gesetzlichen Strafrahmen von bis zu 726 Euro wurde der Strafrahmen lediglich zu ca. 5 % ausgeschöpft. Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungsgründe ist die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden angemessen. Weitere Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe sind im Berufungsverfahren dabei nicht hervorgekommen. Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretungen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. K e i n b e r g e r

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