Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108762/2/Kei/Ri

Linz, 22.01.2004

 

 

 VwSen-108762/2/Kei/Ri Linz, am 22. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des K F, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K F S und Mag. G S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. November 2002, Zl. VerkR96-4996-1-2001, zu Recht:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 49 Abs.1 VStG, §§ 71 Abs.1 und 72 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Der in der Präambel angeführte Bescheid lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Mit ha. Strafverfügung vom 06.04.2001, VerkR96-4996-1-2001 wurde gegen Herrn F K wegen Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO. 1960 eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,00, im Falle der Uneinbringlichkeit Arrest von 72 Stunden verhängt.

Am 07.08.2001 brachte Herr F einen Einspruch und am 25.08.2002 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.

Spruch

  1. Der Einspruch von Herrn K F, vertreten durch Dr. S, vom 07.08.2001 wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
  2. Rechtsgrundlage: § 49 Abs.1 VStG. 1991

  3. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 25.08.2002 wird keine Folge gegeben.

Rechtsgrundlage: § 71 Abs.1 AVG. 1991".

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor:

"Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.11.2002 wird binnen offener Frist nachstehende Berufung eingebracht.

Der genannte Bescheid wird insoweit bekämpft, als der Einspruch des Beschuldigten K F vom 7.8.2001 als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde.

Lediglich aus Gründen äußerster verfahrensrechtlicher Vorsicht wird der bekämpfte Bescheid auch insoweit bekämpft, als dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 27.8.2002 keine Folge gegeben wurde.

Der Ordnung halber wird vorerst ausgeführt, dass mit dem bekämpften Bescheid eine Entscheidung über den aktenkundigen Einspruch vom 27.8.2002 nicht entschieden wurde.
Zur Begründung dieser Berufung wird ausgeführt wie folgt:

Die belangte Behörde kommt im bekämpften Bescheid sinngemäß zum Ergebnis, dass die vom Zustellorgan, dem Zeugen M P, geschilderte Zustellung der Strafverfügung vom 6.4.2001 rechtswirksam war.

Dies entspricht aber nicht den Tatsachen und darf dazu ausgeführt werden wie folgt:

Vorerst ist festzuhalten, dass ein Zustellvorgang, bei dem die Hinterlegungsanzeige dem Sendungsadressaten nicht zugestellt wird, dazu führt, dass der betreffende Zustellvorgang mangelhaft ist, weshalb von einer rechtskräftigen Zustellung in einem solchen Fall nicht gesprochen werden kann (siehe dazu VwSlg 12.240/A, ARD 5271/19/2001 ua).

Die belangte Behörde führt zur Begründung des bekämpften Bescheides im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen des Beschuldigten, dass die Verständigung eines zweiten Zustellversuches bzw. die Hinterlegungsanzeige durch einen Windstoß oder durch Hinunterfallen oder durch dritte Personen weggenommen worden sein könnte, insofern nicht greift, da nicht anzunehmen ist, dass zweimal eine Verständigung durch die gleiche Art und Weise verschwindet. Außerdem erscheint es durch Anbringung bei der Türschnalle kaum möglich, dass die Post bzw. die Verständigung durch einen Windstoß weggeblasen werden. Zumindest müsste es dem Beschuldigten dann in Erinnerung sein, dass die gesamte Post verstreut vor der Türe liegend vorgefunden worden ist. Von diesem Umstand brachte der Beschuldigte nichts vor, weshalb von einem unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis in diesem Fall nicht gesprochen werden kann.

Diese Begründung der belangten Behörde ist geradezu absurd und auch mit der gesicherten Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Einklang zu bringen.

Vorerst ist festzuhalten, dass dem Vorbringen des Beschuldigten, dass ihm die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches sowie die Hinterlegungsanzeige niemals zugekommen sind, kein gegenteiliges Beweisergebnis entgegensteht, sodass eine ordnungsgemäße, dem § 45 AVG entsprechende, Beweiswürdigung schon aus diesem Grunde zu keinem gegenteiligen Ergebnis gelangen darf.

Es ist der Behörde zwar nicht verwehrt, bei der freien Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs.2 AVG auch die 'allgemeinen Lebenserfahrungen' zu verwerten, eine allgemeine Lebenserfahrung dass zwei an nachfolgenden Tagen an einer Türschnalle angebrachte Hinterlegungsanzeigen (bzw. Verständigungen) nicht verschwinden können, gibt es aber nicht.

Es bedarf auch keiner näheren Erläuterung, dass das Anbringen von Hinterlegungsanzeigen an der Türschnalle der Eingangstür eines Hauses nicht gerade eine solche ist, dass die Entfernung derselben unmöglich bzw. sehr erschwert ist.

Eine solche Hinterlegung ist aber nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich (siehe dazu ZfVB 1997/750 = ARD 4795/49/96 ua).

Von einem Postbeamten muss auch erwartet werden, dass er eine Hinterlegungsanzeige derart an der Abgabestelle hinterlässt, dass dritten Personen eine Entfernung derselben unmöglich gemacht oder zumindest sehr erschwert wird.

Darüber hinaus ist die Begründung der belangten Behörde aber schon aus Gründen der Logik verfehlt.

Wenn eine Ankündigung eines zweiten Zustellversuches beispielsweise durch heftigen Wind weggeweht wird, kann dasselbe mit einer am nächsten Tag auf die selbe Art und Weise angebrachte Hinterlegungsanzeige wohl ebenso passieren.

Es steht nach der Aktenlage auch gar nicht fest, dass diese beiden Schriftstücke zu zwei verschiedenen Zeitpunkten abhanden kamen; es ist durchaus möglich, dass diese beiden Schriftstücke gleichzeitig durch ein äußeres Ereignis welcher Art auch immer, von der Tür des Beschuldigten entfernt wurden.

Wenn die belangte Behörde ausführt, dass dem Beschuldigten dann zumindest in Erinnerung sein müsste, dass die gesamte Post verstreut vor der Türe liegend vorgefunden wurde, ist dazu auszuführen, dass diese Feststellung von den Beweisergebnissen des gegenständlichen Verfahrens, aber auch von der allgemeinen Lebenserfahrung, nicht im Geringsten gedeckt ist. Wenn beispielsweise heftiger Wind eine Hinterlegungsanzeige (bzw. auch sonstige Post) von der Türklinke wegweht, wird er nach allgemeiner Lebenserfahrung stark genug sein, diese Post auch noch weiter wegzuwehen.

Letztlich ist durchaus auch der Fall denkbar, dass von der gesamten an der Türschnalle angebrachten Post lediglich die relativ leichte Ankündigung eines zweiten Zustellversuches bzw. die ebenso leichte Hinterlegungsanzeige vom Wind verweht wird.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist daher vollkommen verfehlt.

Darüber hinaus hatte der Beschuldigte den konkreten Vorgang, wie es zur Entfernung der Hinterlegungsanzeige kam, nicht zu bescheinigen. (Der Beschuldige kann diesbezüglich auch tatsächlich nur ausführen, dass er die beiden betreffenden Hinterlegungsanzeigen niemals erhalten hat.)

Der Beschuldigte musste im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren vielmehr lediglich Umstände dartun, die die Entfernung der Hinterlegungsanzeige als nicht unwahrscheinlich erscheinen lassen (ZfVB 1960/368 ua).

Aufgrund der konkreten - geradezu fahrlässigen - Art der Hinterlassung der Hinterlegungsanzeige (Ankündigung) beim Beschuldigten ist weder die Entfernung der Hinterlegungsanzeige (Ankündigung) durch unbefugte Personen noch das Verschwinden der Hinterlegungsanzeige (Ankündigung) durch Wind oder andere Umstände auszuschließen.

Mangels rechtswirksamer Zustellung der zugrundeliegenden Strafverfügung durch Hinterlegung am 20.4.2001 wurde der Einspruch des Beschuldigten rechtzeitig eingebracht.

Selbst wenn man davon ausginge, dass ein rechtswirksamer Zustellvorgang durch die Hinterlegung am 20.4.2001 vorlag, hätte die belangte Behörde aufgrund des dargestellten Sachverhaltes davon ausgehen müssen, dass der Beschuldigte durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist zur Einbringung eines Einspruches wahrzunehmen und demzufolge dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Beschuldigten Folge geben müsse.

Der Beschuldigte stellt daher die Anträge:

  1. in Stattgebung der gegenständlichen Berufung den bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.11.2001 ersatzlos zu beheben, in eventu
  2. auszusprechen, dass der Einspruch des Beschuldigten gegen die Strafverfügung vom 6.4.2001 zur Zahl VerkR96-4996-I-2001 fristgerecht erfolgte, in eventu
  3. dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Beschuldigten vom 25.8.2002 Folge gegeben werde".
  4.  

    3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Jänner 2003, Zl.VerkR96-4996-2001, Einsicht genommen.

     

  5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Zutreffen der im Verfahren vor der belangten Behörde gemachten Ausführungen des Zeugen M B (s. die durch das Gemeindeamt St. Gilgen am 2. April 2002 aufgenommene Niederschrift).

Zum Vorbringen des Bw, dass zwei Schriftstücke (Ankündigung des zweiten Zustellversuches und Hinterlegungsanzeige von der Eingangstür entfernt worden seien, wird bemerkt, dass dieses Vorbringen durch den Oö. Verwaltungssenat als nicht glaubhaft beurteilt wird. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht, dass zwei an verschiedenen Tagen durch einen Zusteller ordnungsgemäß angebrachte Schriftstücke entfernt werden und dass dem gegenständlichen Verwaltungsakt - außer einer bloßen diesbezüglichen Behauptung des Bw - kein Anhaltspunkt zu entnehmen ist, auf Grund dessen es geboten wäre, dem diesbezüglichen Vorbringen des Bw Glauben zu schenken.

Der gegenständliche Zustellvorgang ist vorschriftsgemäß erfolgt.

 

Die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. April 2001, Zl. VerkR96-4996-1-2001, wurde dem Bw am 20. April 2001 durch Hinterlegung beim Postamt 5340 St. Gilgen zugestellt. Am 20. April 2001 begann die zweiwöchige Einspruchsfrist zu laufen. Die Einspruchsfrist endete am 4. Mai 2001. Der Einspruch wurde - trotz im Hinblick auf die Einspruchsfrist ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung in der gegenständlichen Strafverfügung - erst am 7. August 2001 - nach Ablauf der Einspruchsfrist - mittels Telefax bei der belangten Behörde eingebracht.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

 

Dr. Keinberger

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