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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108779/8/Br/Pe

Linz, 11.02.2003

 

 

 VwSen-108779/8/Br/Pe Linz, am 11. Februar 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn JP, vertreten durch Mag. JKM, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, AZ. VerkR96-1472-2002, vom 10. Dezember 2002, wegen Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit. a StVO, § 4 Abs.1 lit. c StVO und § 4 Abs.5 StVO 1960 iVm § 99 Abs.2 lit.a und Abs.3 lit.b StVO 1960, nach der am 11. Februar 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird im Punkt 2. des Straferkenntnisses Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt. In den übrigen Punkten werden die Schuldsprüche bestätigt, die Geldstrafen jedoch auf 100 Euro in Punkt 1. und auf 90 Euro im Punkt 2. ermäßigt. Die Ersatzfreiheitsstrafen werden in diesen Punkten auf 36 und 30 Stunden ermäßigt.

  2.  
    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 117/2002 - AVG, iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. BGBl. Nr. 117/2002 - VStG;

     

  3. Im Punkt 2. entfallen sämtliche Verfahrenskosten. Im Punkt 1. und 3. ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 10 Euro und 9 Euro. Für das Berufungsverfahren entfallen die Verfahrenskosten auch in diesen Punkten.


Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 und § 65 VStG.
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber insgesamt drei Geldstrafen (200 Euro, 200 Euro und 180 Euro) und im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen (72, 72 und 60 Stunden) verhängt und ihm zur Last gelegt:
" Sie lenkten am 29.03.2002 um 11:05 Uhr in Perg, auf der B 3 Donau Straße bei Strkm. 209,4 den PKW, Kennzeichen, wobei Sie
1 . nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von Ihnen gelenkte Fahrzeug nicht sofort anhielten.
2. Sie haben es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichern Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie die Fahrt fortsetzten.
3. Sie haben es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist."

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte dazu begründend aus:
"Sie lenkten am 29.03.2002 um 11:05 Uhr den PKW, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von Perg auf der Donau Straße B 3 in Fahrtrichtung Abfahrt Perg Mitte. Bei Strkm. 209,400 überholten Sie ein vor Ihnen fahrendes Kraftfahrzeug, wobei Sie dieses Kraftfahrzeug beim Einordnen streiften. In der Folge haben Sie es unterlassen, nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden das von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeug sofort anzuhalten. Weiters haben Sie es unterlassen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie die Fahrt fortsetzten. Darüber hinaus unterließen Sie es nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist. Der Geschädigte konnte das Kennzeichen Ihres PKW und auch Type und Farbe feststellen und erstattete sofort Anzeige. Vom Gendarmerieposten Perg konnten Sie als Unfallslenker ausgeforscht werden. Die daraufhin von der Bezirkshauptmannschaft Perg am 14.05.2002 erlassene Strafverfügung beeinspruchten Sie. In diesem Einspruch gaben Sie an, dass es unmöglich gewesen sei, zu diesem Zeitpunkt an dem Ort, an dem der Verkehrsunfall verursacht wurde, gewesen zu sein. Als Zeugen gaben Sie Frau S und Herrn Ing. D an. Weiters legten Sie in Kopie ein Buchungsblatt der Oberbank und einen Einzahlungsbeleg der Postsparkasse bei. Die von Ihnen namhaft gemachten Zeugen wurden einvernommen und Sie konnten jedoch keine genauen Zeitangaben, wann Sie diese besucht hätten, angeben. Auch die von Ihnen beigelegten Unterlagen können nicht belegen, dass Sie zum Unfallszeitpunkt nicht am Unfallsort gewesen wären. Darüber hinaus wurde der Geschädigte auch zeugenschaftlich einvernommen und dieser gab an, dass er nach der Streifung eindeutig Markt (richtig wohl: Marke), Type und Kennzeichen feststellen konnte. Weiters gab er an, dass er sofort am Notruf der Bezirksleitstelle Perg die Anzeige erstattet hätte. Darüber hinaus wären Sie bei ihm zu Hause privat vorstellig gewesen, um den Schaden zu bezahlen. Auch am Gendarmerieposten hätten Sie Ihr Ansinnen wiederholt.
 
Der vorliegende Sachverhalt ist daher auf Grund des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen, zumal Ihre Beweismittel nicht den Tatbestand entkräften können, dass Sie zum Unfallszeitpunkt sehr wohl am Unfallsort Ihr Kraftfahrzeug gelenkt haben.
 
Sie haben durch den vorliegenden Sachverhalt den im Spruch genannten Tatbestand verwirklicht und diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorliegen, die geeignet wären, Ihr gesetzeswidriges Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.
 
Die verhängten Strafen wurden unter Bedachtnahme auf Ihre soziale und wirtschaftliche Lage festgesetzt und entsprechen dem Ausmaß des Verschuldens. Mildernde oder erschwerende Umstände wurden nicht gewertet.
 

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird Folgendes ausgeführt:

"Das Straferkenntnis der BH Perg vom 10. 12.2002, VerkR96-1472-2002, wurde dem Vertreter des Beschuldigten am 11. 12.2002 zugestellt.
 

Binnen offener Frist erhebt der Beschuldigte dagegen die
 

B E R U F U N G .
 
Das Straferkenntnis, mit dem dem Beschuldigten vorgeworfen wird, am 29.03.2002 gegen 11:05 Uhr in Perg auf der B3 Donaustrasse bei Strassenkilometer 209,4 mit seinem PKW, Kennzeichen, einen Verkehrsunfall mitverursacht, das Fahrzeug jedoch nicht sofort angehalten, an der Feststellung des Sachverhalts nicht mitgewirkt und auch die nächste Gendarmeriedienststelle nicht verständigt zu haben, wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.
 
Im Gegensatz zu den Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis ist nach Ansicht des Berufungswerbers davon auszugehen, dass dieser zum angegebenen Zeitpunkt seinen PKW nicht am angegebenen Ort gelenkt hat. Aus den von den Zeugen S und D gemachten Angaben und dem vom Beschuldigten geschilderten Tagesablauf ergibt sich zweifelsfrei, dass es keinen Sinn machen würde, wenn der Beschuldigte an der vorgeworfenen Stelle der Donaubundesstrasse gefahren wäre. Der Beschuldigte sei östlich der Auffahrt Perg Mitte in Fahrtrichtung Perg unterwegs gewesen. Da der Beschuldigte jedoch im Bereich der Zubringerstrasse (Naarnerstrasse) zur Auffahrt Perg Mitte wohnt und am 29.03.2002 die von ihm am Vormittag durchgeführten Erledigungen ebenfalls alle im Bereich Naarnerstrasse gelegen sind, und er anschließend nach Amstetten gefahren ist, also in östliche Richtung, wäre es widersinnig, wenn er östlich der Auffahrt Perg Mitte in Richtung Westen unterwegs gewesen wäre.
 
Hinzu kommt, dass nach dem Inhalt des Straferkenntnisses lediglich eine Streifung zwischen beiden Fahrzeugen im Zuge eines Überholmanövers stattgefunden haben soll. Von einem derartigen Kontakt zwischen beiden Fahrzeugen hatte der Beschuldigte jedenfalls keine Wahrnehmung gemacht. Geht man davon aus, dass auf der B3 im Zuge eines Überholmanövers eine Geschwindigkeit von zumindest 80 bis 100 km/h gefahren wird, wodurch auch entsprechende Fahrgeräusche im Fahrzeuginneren entstehen, ist es durchaus nachvollziehbar, dass eine Streifung nicht wahrgenommen wird und auch bei aufmerksamer Fahrweise nicht unbedingt wahrgenommen werden musste.
 
Am Fahrzeug des Beschuldigten war, nachdem ihm von den erhebenden Gendarmeriebeamten der Tatvorwurf gemacht wurde, auch bis auf einen kleinen Kratzer keinerlei Beschädigung erkennbar.
 
Voraussetzung für die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen ist jedoch, dass der Beschuldigte den ursächlichen Zusammenhang mit einem Verkehrunfall wahrgenommen hat oder zumindest wahrnehmen konnte. Da dies nicht der Fall ist, erfolgt die Bestrafung schon aus diesem Grunde nicht zurecht. Aus der Tatsache, dass der Beschuldigte beim Beschädigten vorstellig wurde, um den Schaden zu bezahlen, kann keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass er die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch begangen hat.
 
Es entspricht allgemeiner Korrektheit, dass man für einen Schaden gerade steht, auch wenn man das schädigende Ereignis selbst nicht bewusst wahrgenommen hat.
 
Beweis:

 
> Kfz-SV Gutachten zum Schadensbild und zur Wahrnehmbarkeit der Kollision.
 
Der Berufungswerber stellt daher den
 

ANTRAG,
 
dieser Berufung gegen das Straferkenntnis der BH Perg vom 10. 12.2002, VerkR-961472-2002, Folge zu geben, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.
 
Perg, am 20.12.2002, K13 JP"
 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg. Ferner wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen FP als am Unfall Zweitbeteiligten und des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Dabei wurden auszugsweise die im Akt erliegenden Beweismaterialien verlesen.
 

4. Der Berufungswerber lenkte zum oben angeführten Zeitpunkt seinen Pkw auf der B3 bei Strkm 209,4. Dort überholte er den beladungsbedingt etwa nur mit 70 km/h unterwegs befindlichen Pkw mit Anhänger, der von FP gelenkt wurde. Im Zuge eines offenbar zu knapp erfolgten Wiedereinordnens kam es zur Streifung des überholten Fahrzeuges. Beide Fahrzeuge wurden dadurch an den Kotflügeln (links vorne und rechts hinten) leicht beschädigt. Der Berufungswerber setzte in der Folge seine Fahrt ohne anzuhalten fort und wurde folglich erst am Nachmittag des Vorfallstages von Gendarmeriebeamten des GP Perg mit diesem Vorfall konfrontiert. Dabei soll er die Möglichkeit der Streifung nicht ausgeschlossen haben, was jedoch im Rahmen dieses Verfahrens mit Nachdruck bestritten wurde. Seitens der Haftpflichtversicherung des Berufungswerbers wurde der Sachschaden des Unfallgegners P zwischenzeitig jedoch liquidiert.

 

4.1. Anlässlich der Berufungsverhandlung beteuerte der fast 84-jährige, an sich noch rüstig wirkende, jedoch durch eine Kriegsverletzung etwas gehbehinderte Berufungswerber nachhaltig an diesem Unfall mit bloßem Sachschaden beteiligt gewesen zu sein. Er stellte auch in Abrede an der genannten Örtlichkeit überhaupt unterwegs gewesen zu sein. Zur Unterstreichung seines Vorbringens machte er weit ausführende Darstellungen, wonach er etwa in zeitlicher Nähe des Vorfallsereignisses bei einem Herrn D und in einem Geldinstitut gewesen sei, was eben bestätigt werden könne. Da jedoch die Entfernung dieser Kontakte zum Vorfallsort so gering ist, vermögen diese Darstellungen den Berufungswerber im Hinblick auf das zeitlich mit 11.05 Uhr glaubhaft determinierte Unfallereignis gerade nicht zu entlasten. Der Berufungswerber war bei der Berufungsverhandlung sehr nervös und in seinen Darstellungen nur wenig sachbezogen. Er stellte das Ereignis kategorisch in Abrede und geht sachlich auf den Vorhalt, dass der Zweitbeteiligte doch kaum zu seinen Fahrzeugdaten kommen hätte können, überhaupt nicht ein.

Der Zeuge P, welchem als Gendarmeriebeamten einerseits eine besondere Qualität der Wahrnehmungsfähigkeit in solchen Belangen zugedacht werden kann, schildert den Vorfall logisch und in einer den Denkgesetzen nachvollziehbaren Weise.

Der Zeuge rief nach dem Unfall mit seinem Handy sofort seine Dienststelle mit der Frage an, ob nicht zufällig ein Streifewagen auf der B3 zwecks Anhaltung des Unfalllenkers verfügbar wäre, wobei ihm in der Hektik das Handy zu Boden fiel. Sein Anruf sei auf der Sprachbox des GP Perg aufgezeichnet worden und wäre auch heute noch zur Abhörung verfügbar. Nachdem der Lenker des Zweitbeteiligten Fahrzeuges weder bei der ersten noch bei der zweiten Ausfahrt in Perg anhielt, entschloss er sich zur Nachfahrt, wobei in der Folge wegen seiner höheren Fahrgeschwindigkeit ein Teil der Ladung abgeweht wurde. Sodann stellte er den Hänger am Rande der B3 ab, diesbezüglich ging dann sofort eine Anzeige beim GP Perg ein.

Da der Berufungswerber offenbar vorher rechts abbog, konnte er diesen im Zuge dieser Nachfahrt nicht stellig machen.

Diese zeugenschaftlichen Angaben sind glaubwürdig. Es kann dem Zeugen - der darüber hinaus Gendarmeriebeamter ist - nicht zugesonnen werden, dass er den Berufungswerber zu Unrecht als Unfalllenker bezeichnen würde. Dies ist schon deshalb auch sachlich höchst unwahrscheinlich, weil der Zeuge im Rahmen der Berufungsverhandlung auch klarstellte, weder den Berufungswerber noch dessen Fahrzeug vorher je gekannt zu haben. Wenn nun auch tatsächlich auch die - wenn auch geringfügigen - Schäden miteinander korrespondierten, was von einem Sachverständigen im Schadensersatzverfahren festgestellt wurde, vermag an der Identifizierung des Berufungswerbers als Unfalllenker in keiner sachlich begründbaren Weise gezweifelt werden.

Die Verantwortung des Berufungswerbers muss demnach als subjektive wohl geglaubte, objektiv jedoch als eine die Realität verweigernde Verantwortung qualifiziert werden. Nicht übersehen wird, dass die Berufungsverhandlung für den Berufungswerber eine nicht ungewohnte Situation und daraus resultierend eine beträchtliche mentale Belastungssituation darstellte und er seine Mitteilungen in dieser Situation nur schwer zu transportieren vermochte. Durchaus geglaubt vermag dem Berufungswerber darin werden, dass er den Streifkontakt mit dem von ihm überholten Fahrzeug - aus hier nicht klärbaren Gründen - tatsächlich nicht bemerkte.
 
5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
 

5.1. Nach § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen,

a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

b) wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder

Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,

c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Voraussetzung für die Erfüllung der Tatbestände iSd § 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon. Hinsichtlich des letzteren Umstandes genügt es, wenn ihm objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Es reicht also die Schuldform der Fahrlässigkeit aus - VwGH 11.9.1979, ZfVB 1980/4/1233.

Der Tatbestand ist daher schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (ARBÖ, CD-Rom-Ausgabe der StVO idF der 20. Novelle).

Davon musste hier ausgegangen werden. Der Berufungswerber musste das zweitbeteiligte Fahrzeug offenbar so knapp überholt haben, dass er dieses streifte und offenkundig am linken vorderen Kotflügel beschädigte. Schon auf Grund der unmittelbaren Nähe müsste er daher objektiv besehen den Fahrzeugkontakt bemerkt und mit einer Beschädigung zumindest gerechnet haben. Der jeweilige Sorgfaltsmaßstab ist an einer sogenannten objektivierten Maßfigur zu messen.

Der VwGH führt in seiner ständigen Rechtsprechung hierzu grundsätzlich aus, dass der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden hat und gegebenenfalls ein Blick in den Rückspiegel in entsprechenden Verkehrssituationen geboten ist (vgl. auch u.a. das Erk. 18.10.1989, 89/02/0086, und die dort angeführte weitere Judikatur).

Da jedoch die Verletzung der Anhaltepflicht zwingend auch die Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht nach sich zieht, war dieser Punkt mit Blick auf die Vermeidung einer unzulässigen Doppelbestrafung einzustellen.

Ein kumulativer Tatvorwurf hinsichtlich § 4 Abs.1 lit.a und c. StVO ist daher in aller Regel unzulässig, weil die Erfüllung der hier ebenfalls bestraften Meldepflicht nach Abs.5 leg.cit. geradezu zwingend ein Verlassen der Unfallstelle bedingt (vgl. h. Erk. v. 7.6.2000, VwSen-106982/Br mit Hinweis auf 5.8.1999, 106532/2/Gf/Km u.a).

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, dass es sich beim Berufungswerber um eine seit Jahrzehnten offenbar unbeanstandet und korrekt 84-jährige am Straßenverkehr teilnehmende Person handelt. Dies ist ihm jedenfalls als strafmildernder Umstand zu werten. Das Beweisergebnis ließ hier ferner zur Überzeugung gelangen, dass wie oben schon dargetan dem Berufungswerber das Unfallereignis - aus von h. nicht feststellbaren Gründen - tatsächlich nicht evident wurde und ihm somit eine vorsätzlich begangene Fahrerflucht nicht vorzuwerfen ist. Sein Fehlverhalten ist somit bloß von geringer subjektiver Tatschuld umfasst. Mit Blick darauf scheint unter Berücksichtigung des Pensionsbezuges des Berufungswerbers mit den reduzierten Geldstrafen das tatbestandsmäßige Verhalten hinreichend bestraft und auch dem generalpräventiven Strafzweck hinreichend Rechnung getragen.
 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

 

 
 

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