Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108854/7/Bi/Be, VwSen108855/7/Bi/Be

Linz, 14.04.2003

 

 

 VwSen-108854/7/Bi/Be, VwSen-108855/7/Bi/Be
Linz, am 14. April 2003

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufungen der Frau W, vom 27. Jänner 2003 gegen die Straferkenntnisse des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 9. Jänner 2003, VerkR96-22531-2001 (=VwSen-108854) und VerkR96-22400-2001 (=VwSen-108855), jeweils wegen Übertretung der StVO 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 3. April 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht erkannt:
 

  1. Den Berufungen wird keine Folge gegeben und die angefochtenen Straferkenntnisse vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass jeweils ein "mehrspuriges Kraftfahrzeug" überholt wurde.

 

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zum jeweiligen erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeitrag jeweils 12 Euro, insgesamt 24 Euro, ds jeweils
20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

  1. Mit Straferkenntnis VerkR96-22531-2001 wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 16 Abs.2 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 12. Juli 2001 um 7.26 Uhr den Pkw auf der B1, Gemeinde Redlham, aus Richtung Schwanenstadt kommend in Fahrtrichtung Attnang-Puchheim gelenkt und dabei als Lenker eines Fahrzeuges bei Strkm 237,000 auf einer Straßenstrecke, die durch das

Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sei, verbotenerweise links überholt habe.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 6 Euro auferlegt.

 

MIt Straferkenntnis VerkR96-22400-2001 wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 16 Abs.2 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 6. September 2001 um 7.34 Uhr den Pkw WL- auf der B1, Gemeinde Redlham, aus Richtung Schwanenstadt kommend in Fahrtrichtung Attnang-Puchheim gelenkt und dabei als Lenker eines Fahrzeuges bei Strkm 237,000 auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sei, verbotenerweise links überholt habe.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 6 Euro auferlegt.

 

2. Gegen beide Straferkenntnisse hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufungen eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden. Da jeweils keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden
(§ 51c VStG). Am 3. April 2003 wurde gemäß § 51e Abs.7 VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Bw und des Meldungslegers GI P (Ml) durchgeführt.

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe diese Kreuzung täglich auf der Fahrt in die Arbeit aus Richtung Schwanenstadt kommend in gerader Richtung durchfahren. Speziell in den Schulferien sei ihr aufgefallen, dass dort immer ein Gendarm vom Gendarmeriefahrzeug aus das Überholverbot überwacht habe. Sie sei bereits im Jahr vorher schon zweimal wegen der gleichen Übertretung mit Strafverfügung bestraft worden und habe die Strafen bezahlt, obwohl sie tatsächlich nicht dort überholt habe. In den beiden gegenständlichen Fällen habe sie sich im Kalender notiert, dass an diesen beiden Donnerstagen, dem 12. Juli 2001 und dem 6. September 2001, dort wieder ein Gendarmeriebeamter gestanden sei. Sie habe in beiden Fällen sicher nicht überholt. Sie glaube auch, dass vom Standort des Beamten aus die Sicht auf den Beginn des Überholverbots nicht ausreichend sei, zum einen wegen der steil abfallenden Böschung und zum anderen wegen des Bewuchses.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Bw gehört, die Begründung der angefochtenen Straferkenntnisse berücksichtigt und der Ml zeugenschaftlich einvernommen wurde.



In Anschluss daran wurde vom erkennenden Mitglied ein Ortsaugenschein vom damaligen Standort des Ml, der Einmündung eines Feldweges bei km 237,375 in die B1, durchgeführt.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Auf der B1 befindet sich zwischen Strkm 236,970 und 237,388 ein ausnahmsloses Überholverbot. Der Grund liegt darin, dass dort die aus Richtung Redlham kommende Straße in die B1 einmündet und sich auf dieser Kreuzung in der Vergangenheit mehrere, auch tödliche Verkehrsunfälle ereignet haben. Die genaue Einhaltung des Überholverbots wird daher laut Aussage des Ml ständig überwacht. Aus Richtung Schwanenstadt gesehen beginnt auch unmittelbar nach dem Beginn des Überholverbots ein Linkseinbiegestreifen. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung besteht nicht. Beim Ortsaugenschein wurde auch festgestellt, dass sich dort eine Zufahrt zu einem Kieswerk befindet, sodass die Kreuzung auch von einbiegenden mit Kies beladenen Lkw stark frequentiert wird.

 

Der Ml hat bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme in der mündlichen Verhandlung auf seine Zeugenaussage vom 5. November 2002 vor der Erstinstanz hingewiesen und den Grund für das Überholverbot und dessen Überwachung im Rahmen seines Dienstes überzeugend erklärt. Als Standort wurde nach seiner Aussage km 237,375 deshalb gewählt, weil von dort ausreichend Sicht auf den gesamten Verbotsbereich besteht. Eine Überwachung von der Einfahrt zum Kieswerk stelle hingegen erfahrungsgemäß eine Verkehrsbehinderung dar, weswegen in der Regel der Feldweg als Standort gewählt werde.

Der Ml betonte, wenn er zur Überwachung eingeteilt sei, befinde er sich immer in der Einmündung des genannten Feldweges in die B1, wobei das Gendarmeriefahrzeug immer mit der Front zur B1 möglichst nahe der Randlinie abgestellt werde. Die Sicht sei von dort aus nicht verdeckt, weil die Böschung nur mit Gras bewachsen sei. Auch werde die Sicht auf die Rückseite des Verkehrszeichens gemäß § 52a Z4a StVO, das für den aus Richtung Schwanenstadt ankommenden Verkehr gelte, nicht durch Bewuchs verdeckt.

 

Der Ml betonte, er habe deshalb beide Male Anzeige gegen den Lenker des Pkw erstattet, weil beide Male ein bereits vor dem Verbotsbereich begonnener Überholvorgang erst im Überholverbotsbereich abgeschlossen worden sei. Das sei er sehr genau zu beobachten in der Lage gewesen. Er habe keine handschriftlichen Aufzeichnungen gemacht, aber er erstatte sicher nicht mutwillig Anzeige. Eine Anhaltung des Lenkers sei von seinem Standort aus zu gefährlich und werde daher grundsätzlich nicht durchgeführt, zumal er auch alleine gewesen sei. Er habe das Kennzeichen des Pkw jeweils im Vorbeifahren an seinem Standort abgelesen und sich sicher nicht geirrt. Welche Fahrzeuge konkret überholt worden seien, nämlich ob
ein Pkw oder ein Lkw, konnte er nicht mehr sagen, es sei jedenfalls in beiden Fällen ein mehrspuriges Kraftfahrzeug gewesen.

 

Aus dem Verfahrensakt ergibt sich, dass der Zulassungsbesitzer des Pkw, GW, für beide Fälle eine Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 dahingehend erstattet hat, dass jeweils seine Gattin, die Bw, die Lenkerin gewesen sei.

 

Beim Ortsaugenschein, bei dem der Pkw so neben der B1 im Feldweg postiert wurde, wie vom Ml beschrieben, wurde bei wetterbedingt uneingeschränkten Sichtbedingungen festgestellt, dass die rechts von der B1 befindliche ca 2 m breite Wiesenböschung, die nahe der B1 ca 1 m breit eben verläuft und dann ca 1/2 m abfällt, keinerlei Sichtbeeinträchtigung bedeutet. Selbst wenn zum Vorfallszeitpunkt auf dem rechts daneben gelegenen Feld Mais gestanden wäre, wäre die Sichtmöglichkeit für den Ml auf die 405 m entfernte Rückseite des in großer Ausführung angebrachten Vorschriftszeichens "Überholen verboten" gemäß § 52 lit.a Z4a StVO 1960, die für den aus Richtung Schwanenstadt ankommenden Verkehr gilt, sowie die gesamte Fahrbahn der B1 im dortigen Bereich uneingeschränkt gewesen. Der Vergleich mit dem vom Ml vorgelegten Foto ergibt, dass zum einen dieses Foto von einer noch weiter gegen Überholverbot-Ende gelegenen Position auf dem rechten Fahrstreifen, Fahrtrichtung Schwanenstadt, aufgenommen wurde und die Tiefeneinstellung des Fotos nicht die tatsächliche Sicht vom Standort aus wiedergibt. Auf dem Foto erscheint der Überholverbots-Beginn weiter entfernt als in Wirklichkeit. Der aus Richtung Schwanenstadt ankommende und den Überholverbots-Beginn passierende Verkehr kann, soweit es der Gegenverkehr zulässt, genau beobachtet werden, gleichgültig, ob das jeweilige Fahrzeug beleuchtet ist, und ein eventuelles verbotenes Überholmanöver insofern, dass ein Überholvorgang vor dem Verbotsbereich begonnen und erst im Verbotsbereich abgeschlossen wird, kann von diesem Standort aus genau beobachtet werden.

Die Feststellungen des Ml sind demnach exakt nachvollziehbar und seine Aussage diesbezüglich glaubwürdig. Dass der Ml nicht jemanden willkürlich anzeigt, ist ebenso glaubhaft, zumal dieser in der Verhandlung einen besonnenen und exakten Eindruck hinterlassen hat. Der Ml und die Bw kennen sich auch nicht, wie beide in der Verhandlung betont haben, weshalb die von der Bw dargelegte Vermutung, der Ml habe sie zweimal willkürlich angezeigt, unglaubwürdig ist. Der Umstand, dass der Ml nicht ein Foto vom Pkw der Bw in der angezeigten Verkehrssituation vorgelegt hat, sondern ein nach beiden Vorfällen aufgenommenes Lichtbild, um die örtliche Lage seines Standortes und die Sicht von dort wiederzugeben, wurde als Missverständnis von seiten der Bw aufgeklärt. Dass bei der jeweiligen Verkehrsüberwachung eine bildliche Aufzeichnung erfolgt wäre, wurde nie behauptet und ist



ein solches Beweismittel auch nicht zwingend. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist nach den Ergebnissen des durchgeführten Beweisverfahrens davon auszugehen, dass die Verantwortung der Bw nicht geeignet ist, Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des zeugenschaftlich unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB vernommenen Ml zu erwecken. Mit der bloßen Behauptung, nicht überholt zu haben, vermag die Bw die Glaubwürdigkeit des Ml nicht zu erschüttern, selbst wenn anzunehmen ist, dass für einen aus Richtung Schwanenstadt kommenden Lenker schon vom Beginn des Überholverbots an Sicht auf das (eher unübliche) weiße Fahrzeug im Feldweg ebenso besteht, wie umgekehrt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges außer in den - hier nicht zutreffenden - in Abs.1 angeführten Fällen mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen; es darf jedoch überholt werden, wenn rechts zu überholen ist. "Überholen" meint das Überholen mehrspuriger Kraftfahrzeuge gemäß § 52 lit.a Z4a StVO 1960.

 

Das vom Ml beschriebene Fahrverhalten der Bw, nämlich die Beendigung eines bereits zulässigerweise vorher begonnenen Überholmanövers im Überholverbotsbereich, erfüllt in beiden Fällen den oben genannten Tatbestand. Die Bw hat den genannten Abschnitt der B1 in gerader Richtung durchfahren; es war auch nicht rechts zu überholen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher auf dieser Grundlage zu der Auffassung, dass die Bw in beiden Fällen jeweils den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Die Spruchkorrektur ist insofern rein formell, als der eingefügte Begriff ein Tatbestandsmerkmal des § 16 Abs.2 lit.a StVO darstellt. Der frühere Rechtsvertreter der Bw hat am 19. Februar 2002 Akteneinsicht, insbesondere in die Anzeigen, genommen und darin ist das Tatbestandsmerkmal jeweils korrekt angeführt. Die Umschreibung "verbotenerweise" umschreibt das verbotene Tun umfassend.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung der angefochtenen Straferkenntnisse jeweils die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw als mildernd und nichts als erschwerend gewertet und mangels Angaben dazu die finanziellen Verhältnisse der Bw geschätzt (ca 800 Euro netto monatlich, kein Vermögen, Sorgepflichten für zwei Kinder). Dieser Schätzung wurde nicht widersprochen, weshalb auch im Berufungsverfahren davon auszugehen war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Die festgesetzten Strafen entsprechen unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem jeweiligen - nicht geringen - Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen die Bw zur genauesten Beachtung des Überholverbotes anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger
 
 

Beschlagwortung:
Beweisverfahren ergab Einsehbarkeit des Ortes aller Übertretungen vom Standort des Meldungslegers - seine Aussagen sind glaubwürdig, bloße Behauptung des Gegenteils durch den Bw reicht nicht

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