Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240351/2/Gf/Km

Linz, 22.12.1999

VwSen-240351/2/Gf/Km Linz, am 22. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Miglied Dr. Grof über die Berufung des J K, vertreten durch RA Dr. G L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 23. November 1999, Zl. SanRB96-13-1-1999-HK, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 23. November 1999, Zl. SanRB-13-1-1999-HK, wurden über den Rechtsmittelwerber zwei Gelstrafen in Höhe von jeweils 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 6 Stunden) sowie zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 24 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 17. November 1998 ein in zweifacher Hinsicht falsch gekennzeichnetes sowie mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben versehenes Verzehrprodukt ohne vorangehende Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz in Verkehr gebracht worden sei; dadurch habe er eine Übertretung des § 4 Z. 5 und des § 3 Abs. 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 555/1995 (im Folgenden: LMKV) i.V.m. § 74 Abs. 5 Z. 2 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 63/1998 (im Folgenden: LMG), sowie des § 8 lit. f und § 9 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 74 Abs. 1 LMG und des § 18 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 25. November 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. Dezember 1999 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Verwaltungsübertretung aufgrund eines entsprechenden Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd sowie dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sich die vorgefundenen Waren in einem Raum befunden hätten, über die seine GmbH nicht verfügungsberechtigt sei; sohin sei er auch nicht für das Inverkehrbringen dieser Waren durch Vorrätighalten zum Versand verantwortlich. Überdies seien diese auch nicht falsch bezeichnet gewesen.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Wels-Land zu Zl. SanRB96-13-1999; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt geklärt werden konnte und mit dem angefochtenen Straferkenntnis jeweils lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 und Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der Verzehrprodukte vor ihrer Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz in Verkehr bringt.

Nach § 2 LMG stellen solche Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand überwiegend zu Ernährungs- oder Genusszwecken gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, Lebensmittel dar; demgegenüber sind gemäß § 3 LMG Verzehrprodukte Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genusszwecken zu dienen (oder Arzneimittel zu sein).

Von der Vorfrage abgesehen, ob die gegenständlichen Kapseln überhaupt i.S.d. §§ 2 und 3 LMG "gegessen" werden, kommt es für die hier interessierende Abgrenzung zwischen Lebensmitteln und Verzehrprodukten daher im konkreten Einzelfall jeweils darauf an, ob der spezifische Stoff überwiegend bzw. nicht überwiegend Ernährungs- bzw. Genusszwecken dient.

4.2. Diese entscheidende Frage bleibt im Sachverständigengutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz vom 2. Dezember 1998, Zl. 7025/1998, allerdings (ebenso wie jene, inwiefern und welche Hinweise verbotene gesundheitsbezogene Angaben i.S.d. § 9 Abs. 1 lit. a LMG darstellen) ungeklärt.

Davon ausgehend, dass es im vorliegenden Fall offensichtlich ist, dass die Einnahme der verfahrensgegenständlichen, aus Apfelessig-Extrakt bestehenden Kapseln keinem Genusszweck dient, bleibt nämlich einerseits offen, ob dieses Produkt zwar wohl, wenngleich eben nicht überwiegend, Ernährungszwecke intendiert - diesfalls wäre es als ein Verzehrprodukt i.S.d. § 3 LMG anzusehen - oder ob es andererseits überhaupt nicht der Ernährung dient; träfe letzteres nämlich zu, so würde dieses auch kein Verzehrprodukt verkörpern, damit aber von vornherein nicht unter das LMG fallen.

Im Ergebnis steht damit aber nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit (vgl. Art. 6 Abs. 2 MRK) fest, ob die verfahrensgegenständliche Ware tatsächlich ein Verzehrprodukt i.S.d. § 3 LMG darstellt.

4.3. Gleiches gilt auch für den von der belangten Behörde gegen den Berufungswerber erhobenen Vorwurf, die Ware durch Vorrätighalten zum Verkauf im Wege des Versandhandels in Verkehr gebracht zu haben.

In dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt findet sich nämlich - von der Firmenbezeichnung der verfahrensgegenständlichen GmbH abgesehen - nicht der geringste Hinweis darauf (geschweige denn entsprechende Ermittlungen dahin), dass der - dies bestreitende (vgl. schon die Niederschrift der BH Wels-Land vom 10. Mai 1999, Zln. SanRB96-13-1999-HK u. SanRB-14-1999-HK, S. 2) - Rechtsmittelwerber beabsichtigt hätte, diese Produkte via Versandhandel an Letztverbraucher (vgl. § 1 Abs. 2 letzter Satz LMG) zu vertreiben.

Der innerhalb der Verjährungsfrist aber allein solcherart i.S.d. § 44a Z. 1 VStG konkretisierte Tatvorwurf erweist sich sohin nicht als tragfähig.

Insbesondere bereits aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4.4. Von all dem abgesehen bleibt schließlich unerfindlich, worauf sich der Vorwurf der belangten Behörde gründet, dass der Kennzeichnungspflicht des § 4 Z. 5 LMKV - wonach der Zeitpunkt, bis zu dem die Ware ihre spezifischen Eigenschaften behält, mit den Worten: "mindestens haltbar bis Ende ....." anzugeben ist - nicht entsprochen worden sein soll, wenn sich auf der Verpackung ohnehin der explizite Hinweis: "Haltbar bis mindestens: Ende 2000" findet.

Gleiches gilt hinsichtlich der Anlastung, dass die Sachbezeichnung, die Füllmenge und das Mindesthaltbarkeitsdatum entgegen § 3 Abs. 2 LMKV nicht im gleichen Sichtfeld angebracht gewesen wären, wenn sich aus der Beilage zum zitierten Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz ergibt, dass sich auf der Dose (anderes könnte mit Blick auf § 3 Abs. 2 zweiter Satz LMKV aber auch dann nicht gelten, wenn die Ware nicht zylinder-, sondern quaderförmig verpackt gewesen wäre !) eine Manteletikette mit den Angaben "Apfelessig-Kapseln zur Nahrungsergänzung", "Inhalt: 180 Stück" und "Haltbar bis mindestens: Ende 2000" befand.

5. Angesichts des unter 4.3. resultierenden Verfahrensergebnisses war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. G r o f

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