Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108891/17/Bi/Be

Linz, 02.06.2003

 

 

 VwSen-108891/17/Bi/Be Linz, am 2. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M, vertreten durch RA Mag. L, vom 12. März 2003 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 27. Februar 2003, VerkR96-66-2003, wegen Übertretung der StVO 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 19. Mai 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Lenkzeit auf "4. Jänner 2003, ca 23.30 Uhr," abgeändert wird und die Wortfolge "..., wobei vermutet werden konnte, dass Sie sich beim Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben" zu entfallen hat.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 234 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

1. Mit Punkt 1) des oben bezeichneten Straferkenntnisses wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.170 Euro (20 Tage EFS) verhängt, weil er am 5. Jänner 2003 um 1.45 Uhr auf der Hinterschlager Straße L1551 den


Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen (A), VW Jetta 16K, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Die Verweigerung sei am 5. Jänner 2003 um 1.45 Uhr in 4153 Peilstein, Richterweg 1, erfolgt.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 117 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 19. Mai 2003 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Mag. L, des Vertreters der Erstinstanz, Herrn K, des Meldungslegers RI Z (Ml) und des technischen Amtssachverständigen Ing. L durchgeführt. Der Zeuge AI M war entschuldigt.

Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei etwa um 23.30 Uhr mit seinem Pkw von einer Veranstaltung weggefahren, die ca 13 km von seinem Haus entfernt stattgefunden habe. Er habe keinen Verkehrsunfall verursacht und auch keine Schneestange und keinen Leitpflock umgefahren. Zu Hause habe er noch Wein getrunken. Er sei telefonisch ersucht worden, zu den vor seinem Haus stehenden Beamten hinunterzukommen, was er getan habe. Den ihm dort zur Last gelegten Verkehrsunfall habe er abgestritten, sei jedoch nach Aufforderung zum Alkotest im Gendarmeriefahrzeug zum Posten Peilstein mitgefahren. Während der Fahrt habe er zwei in der Jacke eingesteckte Kaugummis herausgenommen und schon ca 2 Minuten im Mund gehabt, als ihn die Beamten aufgefordert hätten, den Kaugummi herauszunehmen, ohne ihm den Grund dafür zu nennen, allerdings mit dem Hinweis, eine Nichtbefolgung würde eine Verweigerung des Alkotests darstellen. Beim Parkplatz des Postens Peilstein habe er den Kaugummi herausgenommen, in das Papier gewickelt und weggeworfen. Die Beamten hätten aber auf der Verweigerung des Alkotests bestanden, ohne ihm zu sagen, in welchem Zusammenhang Kaugummi-Kauen mit dem Alkotest stünde. Er habe den Alkotest nicht verweigert. Es sei auch gar nicht sicher, ob der beim GP Peilstein befindliche Alkomat funktionstüchtig gewesen wäre, dh ob überhaupt ein gültiger Alkotest durchgeführt hätte werden können. Er hätte außerdem in die räumliche Nähe des Alkomaten gebracht werden müssen, um den Alkotest verweigern zu können. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung.

 



4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und vom Amtssachverständigen ein Gutachten zu den Modalitäten einer Atemluftuntersuchung erstellt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte nach eigenen glaubwürdigen Aussagen am 5. Jänner 2003 kurz nach 23.30 Uhr seinen Pkw auf der Hinterschlager Straße nach Hause und wurde um ca 0.50 Uhr von den beiden Zeugen über Telefon aufgefordert, herunterzukommen. Als Grund wurde ihm mitgeteilt, es bestehe der Verdacht, dass er bei km 0.700 der Hinterschlager Straße gegen 0.30 Uhr einen Verkehrsunfall verursacht hätte, bei dem eine Schneestange und ein Leitpflock umgefahren worden seien. Diesbezüglich sei anonym Anzeige erstattet worden.

Der Ml und AI Märzinger waren über die Bezirksleitstelle verständigt worden, dass ein anonymer Lenker den nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw, zugelassen auf den Bw, beim Umfahren der Verkehrsleiteinrichtungen beobachtet habe. Als Lenkzeit wurde kurz vor 0.30 Uhr angegeben; die Unfallstelle bei km 0.700 befindet sich ca 2 km vom Haus des Bw entfernt. Der Pkw sei nach dem Verkehrsunfall weitergefahren.

Die Beamten stellten beim Vorbeifahren am Haus des Bw kurz nach 0.30 Uhr fest, dass das Haus beleuchtet war und besichtigten zuerst die angegebene Unfallstelle, wo sie die umgefahrenen Verkehrsleiteinrichtungen vorfanden. Nach den im Schnee sichtbaren Reifenspuren musste ein Pkw diese mit der rechten Vorderseite umgefahren haben. Auf der Straße waren mehrere frische Schneespuren ersichtlich, auch solche, die am Haus des Bw vorbeiführten. Die zu seinem Haus führende Spur sei jedoch auch "frisch" , dh möglicherweise bis zu zwei Stunden alt gewesen.

Nach der Zeugenaussage des Ml sei der Pkw des Bw dort abgestellt gewesen und habe rundherum mehrere Beschädigungen, auch eindeutig als alt einzustufende, aufgewiesen, jedoch sei insbesondere festgestellt worden, dass beim rechten Außenspiegel das Glas gebrochen gewesen und etwas herausgestanden sei. Ob die Außenseite des Außenspiegels beschädigt bzw dieser in Richtung Seitenfenster geklappt gewesen sei, konnte der Ml in der Verhandlung nicht sagen, hielt aber die auf dem vom Bw vorgelegten Foto des Außenspiegels zu erkennende Position für möglich.

Der Bw kam vollständig angekleidet vor die Tür und bestritt auf konkreten Vorhalt, einen Verkehrsunfall verursacht, nicht aber, den Pkw gelenkt zu haben. Er war erkennbar alkoholisiert, was sich in einer lallenden und für den Ml schwer


verständlichen Aussprache, einem schwankenden Gang und dem Zugeständnis des Bw, Alkohol konsumiert zu haben, manifestierte. Der Ml, der zu § 5 StVO-Amtshandlungen besonders geschult und behördlich ermächtigt ist, forderte ihn um ca 1.22 Uhr auf, zur Durchführung eines Alkotests zum GP Peilstein mitzufahren.

Nach den Ausführungen des Ml in der Verhandlung reagierte der Bw auf die Aufforderung zum Alkotest so, dass er sich darauf ausredete, er habe nichts beschädigt, worauf ihm mitgeteilt wurde, wenn er nicht mitfahre, sei das als Verweigerung des Alkotests zu werten. Darufhin stieg der Bw hinter dem Ml in das Gendarmeriefahrzeug ein. Die Fahrtstrecke betrug ca 4 km, wobei etwa an der Unfallstelle dem Ml hinter sich Kaugeräusche des Bw auffielen. Auf seine Frage, ob er einen Kaugummi im Mund habe, bejahte der Bw und wurde aufgefordert, den Kaugummi herauszunehmen, weil das die Alkomatuntersuchung beeinträchtige. Am Parkplatz des GP Peilstein angekommen wickelte der Bw nach eigenen Angaben die beiden Kaugummis in das Papier und warf dieses weg. Der Ml stellte in der mündlichen Verhandlung den Vorfall so dar, dass der Bw, dem er die Autotür geöffnet habe, etwas aus einem Papier genommen und in den Mund gesteckt habe. Der Ml erklärte, er habe dezidiert weder das Papier noch den Kaugummi gesehen, jedoch habe der Bw etwas in den Mund gesteckt, keinesfalls etwas herausgenommen. Darauf habe er ihn erneut darauf hingewiesen, das zu unterlassen, weil das das Alkomatergebnis verfälsche. Sowohl AI M als auch der Ml hätten dem Bw mitgeteilt, dass es eine Verweigerung darstelle, wenn er den Kaugummi nicht aus dem Mund nehme. Der Bw habe mehrmals geäußert, er sei bereit, "zu blasen", aber den Kaugummi nehme er keinesfalls heraus. Dieses Verhalten sei schließlich als Verweigerung des Alkotests gewertet und dies dem Bw mitgeteilt worden.

 

Der Bw hat in der Verhandlung eine Bestätigung über die Abnahme des Führerscheins gemäß § 39 Abs.1 FSG vorgelegt, die ihm nach eigenen Angaben von der Erstinstanz zugesendet worden ist. Diese ist, wie der Ml bestätigte, von ihm handschriftlich ausgefüllt. Auffällig ist, dass als Ort der Abnahme (noch leserlich) "Hinterschlag" genannt, jedoch durchgestrichen und durch "Peilstein" ersetzt wurde. Als Datum scheint der 5. Jänner 2003, "01.50 h", auf, wobei aber die Zahl "5" überschrieben ist; die frühere Zahl ist nicht mehr lesbar. Der Ml konnte sich nach seinen Angaben an die Ausstellung dieser Bestätigung nicht mehr erinnern, hat das aber so erklärt, er könne sich vorstellen, dass er bereits beim Haus des Bw dessen Herumreden auf die Aufforderung, zum Alkotest zum GP Peilstein mitzukommen, als Verweigerung werten wollte und die Bestätigung ausgefüllt habe. Als der Bw dann doch ins Gendarmeriefahrzeug eingestiegen sei, habe er von der Abnahme des Führerscheins, den er bereits in Händen gehabt habe, Abstand genommen. Beim Parkplatz des GP Peilstein habe er die mehrmalige ausdrückliche Erklärung des Bw, er wolle blasen, aber den Kaugummi im Mund behalten, dann endgültig als Verweigerung gewertet, die Bestätigung entsprechend umgeschrieben und diese



schließlich dem bei der Beifahrertür stehenden Bw aushändigen wollen, der sie jedoch zweimal ins Gendarmeriefahrzeug hineingeworfen habe. Dabei habe der Bw
ins Fahrzeug zu greifen versucht, was der Ml damit deutete, der Bw habe anscheinend versucht, seinen Führerschein, der sich im Fahrzeug befunden habe, an sich zu nehmen. AI M habe ihn weg zu schieben versucht, dabei sei der Bw umgefallen, was der Ml auf dessen Alkoholisierung zurückgeführt hat. Der Bw hat ausgeführt, er sei beim Versuch, mittels Handy über den Notruf die Durchführung eines Alkotests zu erzwingen, von AI M gehindert worden, der ihm das Handy aus der Hand geschlagen und ihn dabei umgeworfen habe. Später im Krankenhaus sei eine Steißbeinprellung festgestellt worden. Der Bw hat bestätigt, dass ihm bereits in Hinterschlag die Abnahme-Bestätigung auszuhändigen versucht worden sei, was er abgelehnt habe mit der Begründung, dann brauche er ja nicht zum Alkotest mitzufahren. Auch in Peilstein habe er die Übergabe der Bestätigung verweigert, worauf ihm diese von der Erstinstanz mit der Post zugestellt worden sei.

Der Bw schließt daraus, dass sein Verhalten in jedem Fall als Alkotestverweigerung gewertet worden wäre, weil die Bestätigung im Grundsätzlichen bereits ausgefüllt war, und macht geltend, der Ml sei damit unglaubwürdig, weil voreingenommen.

 

Zur Frage der möglichen Auswirkungen von Kaugummi auf das ordnungsgemäße Zustandekommen einer Atemluftalkoholuntersuchung hat der Amtssachverständige auf die Alkomatverordnung, die Zulassungen und die Bedienungsanleitungen der Gerätehersteller Siemens und Dräger verwiesen. Weiters hat er eine plötzliche Funktionsuntüchtigkeit eines Atemluftuntersuchungsgerätes grundsätzlich für möglich erklärt.

Auf die Zeugeneinvernahme von AI M wurde ausdrücklich verzichtet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen ...

Gemäß § 5 Abs.2 2. Satz Z1 leg.cit. sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (außerdem) berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zunächst zu bemerken, dass anonyme Anzeigen im Verwaltungsstrafverfahren als Beweismittel nicht zulässig sind - die Behörde darf sich nicht mit dem Beweis "vom Hören-Sagen" begnügen, wo der Vernehmung des unmittelbaren Zeugen tatsächliche Hindernisse wie Tod oder Unerreichbarkeit nicht entgegenstehen; sie muss den Zeugen, der die


Beobachtung gemacht hat, selbst vernehmen und im Rahmen der Vernehmung auch dessen Identität feststellen. Der Grundsatz, dass es im rechtsstaatlichen
Strafverfahren keine geheimen Beweismittel gibt, duldet keine Ausnahme (vgl VwGH v 16.1.1984, 83/10/0238 Slg 11885A).

Aus diesem Blickwinkel ist die Aussage des Ml über die anonyme Anzeige eines zwar dem Ml, aber sonst namentlich unbekannten Lenkers über den angeblichen Verkehrsunfall mit Sachschaden, den der Bw verursacht haben soll, als Beweismittel nicht geeignet. Der Ml hat bekräftigt, der Zeuge habe ihm gegenüber erklärt, er wolle namentlich nicht in Erscheinung treten, weshalb der Antrag des Bw, den Zeugen zur Namensnennung zu verhalten, ins Leere geht.

 

Davon unabhängig ist die Frage zu prüfen, inwieweit die Amtshandlung, die die beiden Gendarmeriebeamten auf der Grundlage der anonymen Anzeige durchgeführt haben, zulässig war. Der Bw wurde gegen 1.00 Uhr Nacht herausgeläutet, war noch angezogen und hat das Lenken seines Pkw nicht bestritten. Er hat auch in der Verhandlung dezidiert bestätigt, um ca 23.30 Uhr von einer Veranstaltung heimgefahren zu sein - ob diese Fahrt im Bereich der angeblichen Unfallstelle stattgefunden hat, ist irrelevant.

Der Bw hat zugestanden, in Form eines Nachtrunkes Alkohol konsumiert zu haben und hat - ebenfalls unbestritten - einen erheblich alkoholisierten Eindruck gemacht, nämlich durch seine lallende Sprechweise und den schwankenden Gang. Die vom Ml um 1.22 Uhr des 5. Jänner 2003 ausgesprochene Aufforderung zum Alkotest erfolgte damit zum einen auf der Grundlage des Zugeständnisses des Bw, den Pkw jedenfalls um ca 23.30 Uhr gelenkt zu haben, wobei der Bw auch bei der Aufforderung zum Alkotest nur den Verkehrsunfall, nicht aber das Lenken des Pkw abgestritten hat.

 

Nach ständiger Judikatur des VwGH besteht so lange eine Verpflichtung zur Vornahme einer Atemluftprobe - und im Gegenzug eine Rechtfertigung zur Aufforderung zum Alkotest - als noch praktische Ergebnisse davon zu erwarten sind. Bei einem großen Zeitabstand zwischen dem Lenken und der Verweigerung ist die Behörde zu näherer Begründung verpflichtet, wobei bei einem Zeitraum von drei Stunden keine besondere Begründung, dass noch praktische Ergebnisse der Atemluftprobe erwartet werden können, erforderlich sind (vgl Erk v 18.7.1997, 97/02/0263, unter Hinweis auf die Vorjudikatur v 12.8.1994, 94/02/0298).

Im gegenständlichen Fall sind vom Bw zugestandenen Lenken des Pkw bis zur Aufforderung um 1.22 Uhr ca 2 Stunden vergangen, wobei der Ml ausdrücklich die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung auf Grund der beim Bw ausgeprägten Symptome auf die Lenkzeit bezogen hat. Die Aufforderung zum Alkotest war somit zulässig, wobei der Ml auch im Sinne des § 5 StVO zur Vornahme solcher Amtshandlungen speziell geschult und ermächtigt ist.

 



Zur Frage, ob das Verhalten des Bw als Verweigerung des Alkotests anzusehen ist, ist auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach der angehaltene Lenker der
Aufforderung sofort entsprechen muss und jedes Verhalten, das die sofortige Vornahme des Alkotests verhindert, sofern das Organ der Straßenaufsicht hiezu nicht seine Zustimmung erteilt hat, als Verweigerung des Alkotests zu werten ist, auch wenn der Lenker vor diesem Verhalten wörtlich seine Zustimmung zur Vornahme des Alkotests erklärt hat (vgl Erk v 22.10.1999, 99/02/0188).

Der Bw hat selbst ausgeführt, der Ml habe ihm bereits beim Haus die Bestätigung über die Abnahme des Führerscheins übergeben wollen; der Ml hat dies darauf zurückgeführt, der Bw habe auf die an ihn ergangene Aufforderung, zwecks Alkotest zum GP Peilstein mitzufahren, herumgeredet und sich darauf berufen, keinen Verkehrsunfall verursacht und nichts beschädigt zu haben, worauf er offenbar die Bestätigung ausgefüllt habe - dafür spricht auch die durchgestrichene Ortsangabe "Hinterschlag". Der Bw hat selbst ausgeführt, er habe eingewendet, dann würde sich ja der Alkotest erübrigen, und sei ins Gendarmeriefahrzeug eingestiegen. Offenbar hat der Ml - nachvollziehbar - dieses Verhalten nun als Zustimmung zur Vornahme des Alkotests gewertet und die Bestätigung bei sich behalten.

 

Der Ml hat in der Verhandlung ausgeführt, er habe, als er die Kaugeräusche des Bw gehört und der Bw die Frage, ob er Kaugummi kaue, bejaht habe, diesen aufgefordert, den Kaugummi herauszunehmen, was dieser aber, nach den weiter zu hörenden Kaugeräuschen, nicht getan hat, worauf sowohl der Ml als auch AI M den Bw erklärt haben, dass der Kaugummi den Alkotest verfälschen könnte und daher herauszunehmen sei. Am Parkplatz angekommen, habe der Bw, wie der Ml ausdrücklich bestätigt hat, nicht den Kaugummi herausgenommen, sondern etwas in den Mund gesteckt und er hat auf die Erklärung beider Beamter, wenn er der Aufforderung, den Kaugummi herauszunehmen, nicht nachkomme, werde dies als Verweigerung des Alkotests gewertet, geantwortet, er wolle schon blasen, aber den Kaugummi nehme er nicht heraus.

 

Auch wenn der Bw nun in der Verhandlung ausgeführt hat, er habe ja nur zwei Kaugummis mitgehabt, die er schon auf der Fahrt in den Mund gesteckt habe, und daher nicht einen weiteren auf dem Parkplatz in den Mund stecken können, so ist zum einen einem Gendarmeriebeamten, der vor der geöffneten Autotür steht, sehr wohl zuzumuten, beurteilen zu können, ob eine vor ihm im Pkw sitzende Person etwas aus dem Mund nimmt oder in den Mund steckt, auch wenn er nicht in der Lage war, das Einwickelpapier oder den Kaugummi zu sehen. Zum einen hat niemand die vom Bw eingesteckten Kaugummis gezählt, zum anderen wäre, hätte der Bw tatsächlich den Kaugummi herausgenommen, seine Äußerung, er wolle den Alkotest durchführen, aber den Kaugummi nehme er nicht heraus, hinfällig gewesen.

Die Schilderung des Bw, er habe keinen Kaugummi mehr im Mund gehabt, aber plötzlich hätten sich beide Gendarmeriebeamte darauf versteift, er werde nun kein


Alkotest mehr durchgeführt, obwohl er nie gesagt habe, es werde den Alkotest machen, aber den Kaugummi im Mund behalten, ist insofern nicht nachvollziehbar,
als dem Ml jedenfalls auffallen hätte müssen, wenn der Bw etwas aus dem Mund genommen hätte, noch dazu wenn der Bw tatsächlich, so wie er behauptet hat, den Kaugummi weggeworfen hätte.

Der Ml hat ausdrücklich darauf hingewiesen, das Verhalten des Bw, nämlich den Kaugummi im Mund zu behalten und sogar noch etwas hineinzustecken, in Verbindung mit seiner Äußerung, er mache den Test, behalte aber den Kaugummi im Mund, sei der Grund gewesen, warum er von einer Verweigerung des Alkotests ausgegangen sei. Diese Aussage ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates zum einen schlüssig, nachvollziehbar und glaubwürdig, zum anderen ist damit das zweifellos als Verweigerung des Alkotests zu deutende Verhalten des Bw hinreichend umschrieben. Aus welchen Gründen der Bw schließlich zu Boden gefallen ist, ist im gegenständlichen Verfahren irrelevant; die im Krankenhaus festgestellte Steißbeinprellung ist zwar glaubwürdig, spricht aber weder für die Version des Bw noch gegen die des Ml. Für die vom Bw behauptete Annahme einer grundsätzlichen mangelnden Glaubwürdigkeit des Ml besteht auf dieser Grundlage kein Anhaltspunkt, zumal der Ml in der Verhandlung einen sehr korrekten und emotionell unabhängigen Eindruck gemacht hat.

 

Nach der Betriebsanleitung der Siemens AG für ihre in Österreich zugelassenen Atemluftalkoholuntersuchungsgeräte ist vor Beginn der Atemluftuntersuchung sicherzustellen, dass der Proband 15 Minuten vor Beginn er ersten Messung vom Exekutivorgan beobachtet wird. In dieser Zeit darf der Proband keine Speisen, Getränke oder Medikamente zu sich nehmen. Weiters ist die Verwendung von Mundsprays oder Rauchen zu unterbinden (vgl auch VwGH v 26.1.2000, 99/03/0318, mit Hinweis auf M, StVO9, 1399 ff).

Für das Zustandekommen eines gültigen, nicht verfälschten Messergebnisses ist die Einhaltung der Betriebsanleitung erforderlich, wobei maßgebend ist, dass der Proband während der 15minütigen Wartezeit die in der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und in der Betriebsanleitung durchgeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könnten, unterlässt (vgl Erk v 26.5.1999, 96/03/0056, ua).

 

Der Amtssachverständige Ing. L hat - zutreffend - darauf verwiesen, dass in der Bedienungsanleitung der Dräger GesmbH für den "Alcotest 7110 MKIII A", aber auch in der Bedienungsanleitung der Siemens AG, auch das Zusichnehmen von Genussmitteln innerhalb dieser 15 Minuten zu vermeiden ist, worunter auch Kaugummi zu verstehen sei.

Auch wenn in dem Erkenntnis vom 26.1.2000, 99/03/0318, zugrundeliegenden Fall der dort beigezogene medizinische Sachverständige die Auffassung vertreten hat, Rauchen könne nur dann zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen, wenn


der Rauch direkt in das Gerät eingeblasen werde, so vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, dass das Verhalten des Bw, der verkündet hat, er wolle den Alkotest durchführen, aber er weigere sich, den Kaugummi aus dem Mund zu nehmen, insofern als Verweigerung des Alkotests anzusehen ist, als Kaugummi Aromastoffe (zB Minze) enthält, von denen nicht auszuschließen ist, dass sie geeignet sind, ein eventuelles Messergebnis zu verfälschen, zumal diese Stoffe mit der Atemluft direkt in das Atemluftuntersuchungsgerät eingeblasen werden.

 

Zumindest der Beginn der 15minütigen Wartezeit wurde somit durch das Verhalten des Bw hinausgezögert, dh die 15 Minuten konnten nicht zu laufen beginnen; das vom Bw offenbar beabsichtigte Hinauszögern der Atemluftuntersuchung im Sinne der Judikatur des VwGH, ein Verhalten, dem der Ml letztlich nicht mehr zugestimmt hat (vgl Erk v 22.10.1999, 99/02/0188), war daher zweifellos als Verweigerung des Alkotests zu werten. Aus diesen Überlegungen, die der Ml in der Verhandlung dezidiert und glaubhaft geschildert und schlüssig begründet hat, hat er schließlich die Amtshandlung abgebrochen und dem Bw die Bestätigung über die Abnahme seines Führerscheins ausgestellt.

 

Der Ansicht des Bw, der Ml hätte ihn in räumliche Nähe zum Alkotestgerät bringen müssen und erst dann hätten die 15 Minuten beginnen können, vermag sich der Unabhängige Verwaltungssenat nicht anzuschließen. Nach Mitteilung des beim GP Peilstein, auf dessen Parkplatz sich der Vorfall ereignete, dienstzugeteilten Ml befand sich dort ein funktionstüchtiges Alkotestgerät, das auf Stand by-Modus geschaltet war, dh innerhalb von 5 Minuten - auch das ergibt sich aus der Gebrauchsanweisung der Dräger GesmbH - funktionsbereit gewesen wäre. Der Ml hat in der Verhandlung glaubhaft - und im Übrigen vom Bw unwiderlegt - bestätigt, das Alkotestgerät sei bei seiner Rückkehr zum GP sehr wohl funktionstüchtig gewesen. Die Zweifel des Bw, dass selbst bei seiner Zustimmung zum Alkotest nicht sicher gewesen wäre, ob dieser auch innerhalb von 15 Minuten beim dortigen GP durchgeführt hätte werden können, entbehren daher jeder Grundlage.

 

Auf dieser Grundlage gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Überzeugung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand - die Spruchänderungen sind zum einen kosmetischer Natur, zum anderen ist die Lenkzeit, die auf Grund der Aussagen des Bw in der mündlichen Verhandlung geändert wurde, kein Tatbestandsmerkmal beim Tatvorwurf nach § 5 Abs.2 StVO (vgl VwGH v 25.4.1997, 97/02/0050) - erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 VStG ist dem Bw nicht gelungen.

 





Zur Strafbemessung
ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO von 1.162 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Der Bw weist eine nicht einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 2002 auf, sodass ihm der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe waren nicht zu finden und wurden auch nicht behauptet. Die Erstinstanz hat die von ihr geschätzten finanziellen Verhältnisse des Bw, denen auch nicht widersprochen worden war, herangezogen (1.400 Euro monatlich, keine Sorgepflichten, durchschnittliches Vermögen).

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe ist unter Bedachtnahme auf § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung angemessen, liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Für eine Herabsetzung der Strafe findet sich kein Anhaltspunkt.

Dem Bw steht es frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 
 

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