Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108912/7/Kei/An

Linz, 28.05.2004

 

 

 

VwSen-108912/7/Kei/An Linz, am 28. Mai 2004

DVR.0690392

 

 

  
 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der M G (vormals G), vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. N N, R, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. Februar 2003, Zl. VerkR96-9007-2002, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2004, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 180 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden herabgesetzt wird.

Statt "Verwaltungsübertretungen" wird gesetzt "Verwaltungsübertretung".

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10% der verhängten Strafe, das sind 18 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben es als Zulassungsbesitzerin des PKW`s unterlassen, binnen zwei Wochen (17.7.2002 bis 31.7.2002) nach Zustellung einer schriftlichen Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mitzuteilen, wer am 14.6.2002 um 19.58 Uhr das genannte Kraftfahrzeug auf der Westautobahn A1 im Gemeindegebiet Straß im Attergau in Fahrtrichtung Wien gelenkt hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 103 Abs. 2 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 250 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 116 Stunden, gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

25 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 275 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Die Berufungswerberin (Bw) brachte in der Berufung im Wesentlichen vor:

Sie bestritt das Vorliegen der ihr vorgeworfenen Übertretung und sie stellte mehrere Beweisanträge.

Es liege eine verfassungswidrige Notwendigkeit zur Selbstbezichtigung vor. Die Bw beantragte u.a. die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahren.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21. März 2003, Zl.VerkR96-9007-2002, Einsicht genommen und am 25. Mai 2004 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

§ 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunftspflicht erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

§ 134 Abs.1 erster Satz KFG 1967 lautet (auszugsweise):

Wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, .... zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nach Durchführung der Ermittlungen nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Die Beweisanträge wurden abgelehnt, weil die Aufnahme der beantragten Beweise für das gegenständliche Verfahren nicht erforderlich war.

(Die Aufnahme der beantragten Beweise wäre allenfalls in einem Verfahren betreffend das gegenständliche Grunddelikt erforderlich gewesen.)

 

Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus "Das Kraftfahrgesetz 1967" von Dr. Herbert Grundtner und Dr. Gerhard Pürstl, Wien, 2003, S.333, E 67, hingewiesen:

"Aus Art. 6 Abs.2 des Vertrages über die Europäische Union ist nicht ableitbar, dass die Rezeption der MRK in das Gemeinschaftsrecht durch den Vertrag über die Europäische Union bewirkt hätte, dass es zu einer generellen Verdrängung entgegenstehender nationaler Vorschriften (also über den Bereich der Vollziehung von Gemeinschaftsrecht hinaus) gekommen wäre (hier: die behauptete Rechtsverletzung durch die Anwendung des Abs.2 liegt daher mangels Zusammenhang mit der Vollziehung von Gemeinschaftsrecht nicht vor). Überdies hat die Europäische Kommission für Menschenrechte in der Entscheidung v. 5.9.1989 über die Beschwerden Nrn 15.135/89, 15.136/89 und 15.137/89 festgestellt, dass die Auskunftspflicht nach Abs.2 nicht gegen Art. 6 MRK (insb. nicht gegen die Unschuldsvermutung nach Art.6 Abs.2 MRK) verstößt. VwGH 26.5.2000, 2000/02/115."

Es wird auch hingewiesen auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. April 2004, WEH gegen Österreich (s. ÖIM Newsletter 2004/2).

Ein Bedenken in verfassungsrechtlicher Hinsicht liegt nicht vor.

 

Der objektive Tatbestand der der Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht. Das Verschulden der Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Da die Schuld nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

 

Zur Strafbemessung:

Es liegt keine die Person der Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vor. Dies hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z.2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: keines, Vermögen: keines, Sorgepflichten: keine.

 

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Durch die Tatsache, dass ein Lenker nicht bekannt gegeben wird, ist es der Behörde nicht möglich, die Person, die das Grunddelikt begangen hat, festzustellen. Dadurch wird der Strafanspruch des Staates beeinträchtigt. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist erheblich.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Oö. Verwaltungssenat ist im Vergleich zur belangten Behörde bei der Strafbemessung von für die Bw günstigeren Grundlagen ausgegangen. Deshalb wurde die Strafe herabgesetzt.

Die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Euro ist insgesamt angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:.
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss- von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Keinberger
 
 

 

 

 

 

 

 

 
 

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