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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108916/10/Sch/Pe

Linz, 23.09.2003

 

 

 VwSen-108916/10/Sch/Pe Linz, am 23. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des GH vom 6. März 2003, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Dr. U, Mag. M und Mag. L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10. Februar 2003, VerkR96-3306-1-2002/Ah, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 17. September 2003 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Im Übrigen (Faktum 1) wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Der Ausdruck "Motorfahrrad" im Spruch wird auf "Motorrad" berichtigt.

     

  3. Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde (Faktum 2) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufungsentscheidung (Faktum 1) ist ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 29 Euro (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 und 62 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 bzw. 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 10. Februar 2003, VerkR96-3306-1-2002/Ah, über Herrn GH, wegen Übertretungen gemäß 1) § 20 Abs.2 StVO 1960 und 2) § 102 Abs.2 KFG 1967 Geldstrafen in der Höhe von 1) 145 Euro und 2) 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 48 Stunden und 2) 16 Stunden verhängt, weil er am 1. Mai 2002 gegen 14.30 Uhr das Motorfahrrad (richtig: Motorrad) der Marke Yamaha mit dem Kennzeichen auf der Sauwald Straße B136 Richtung Schärding gelenkt habe, wobei er

  1. auf Höhe km 7,445 die für die Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h abzüglich der Verkehrsfehlergrenze um 38 km/h überschritten habe und
  2. nicht dafür gesorgt habe, dass das polizeiliche Kennzeichen vollständig sichtbar bzw. lesbar gewesen sei, als die Hälfte des Kennzeichens (richtig: der Kennzeichentafel) nach oben verformt bzw. verbogen gewesen sei.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 19,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Faktum 2.):

 

Der anlässlich der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger hat angegeben, dass ihm das gänzliche Ablesen der Kennzeichentafeln der seinen Standort passierenden Motorräder nicht deshalb nicht möglich gewesen wäre, weil die gebogenen Kennzeichentafeln dies verunmöglicht hätten, vielmehr sei es darauf zurückzuführen gewesen, dass ihm dafür nur relativ kurze Zeit zur Verfügung gestanden sei und überdies die Sichtverhältnisse in Fahrtrichtung der Motorradfahrer durch Bäume und Sträucher beeinträchtigt gewesen sei. Auch sei es naturgemäß schwierig, gleich zwei Motorradkennzeichen zu registrieren, wenn die Lenker entsprechend schnell unterwegs sind.

 

Im Hinblick auf das Motorrad des Berufungswerbers ist zu bemerken, dass das im erstbehördlichen Akt einliegende Lichtbild die Ablesbarkeit des Kennzeichens ebenfalls dokumentiert. Es sind zwar sowohl die Ränder der Kennzeichentafeln rechts und links umgebogen als auch ist ein Knick der unteren Hälfte der Tafel nach oben erkennbar, dadurch wird die Ablesbarkeit aber nach h. Dafürhalten weder erschwert noch verunmöglicht.

 

Es erscheint auch nicht zwingend im Hinblick auf geringfügige, durch Verbiegen erfolgte Anpassungen einer Kennzeichentafel an die Eigenheiten des Fahrzeuges einen sehr strengen Maßstab anzulegen. Dieser Ansicht dürfte auch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie sein (vgl. den Erlass des - damaligen - Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 9. Februar 1990, Zl. 180.372/1-I/8-90). Die dort vertretene Auffassung in der Problematik erscheint auch der Berufungsbehörde angemessen und nachvollziehbar.

 

Die Berufungsbehörde vermag sohin keinen Verstoß gegen die Bestimmung des § 49 Abs.6 KFG 1967 zu erblicken, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt einzustellen war.

 

Insoweit die Berufung abgewiesen wurde (Faktum 1.), ist Folgendes auszuführen:

 

Der Berufungswerber bestreitet, - ebenso nach der Aktenlage sein damaliger auf einem zweiten Motorrad unterwegs gewesener Begleiter BG - der Lenker eines jener Motorräder gewesen zu sein, welche vom Meldungsleger mittels Lasergerät gemessen wurden, als im Bereich von dessen Standort eine überhöhte Fahrgeschwindigkeit gemessen wurde. Vielmehr hätten beide Motorradfahrer diese Stelle nicht passiert und müsse es sich daher um andere gemessene Lenker gehandelt haben, wenngleich sie etwa in dem örtlichen Bereich unterwegs gewesen seien. Sie wären von Rainbach/Innkreis kommend über nicht mehr näher erinnerliche Strecken auf die B136 gelangt und dort nach links in Richtung Schärding eingebogen. Diese Kreuzung läge etwa 2 km vor der Messstelle und hätten sie daher diesen Punkt gar nicht passiert.

 

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Meldungsleger hat im Rahmen der vor Ort abgeführten und mit einem Lokalaugenschein verbundenen Berufungsverhandlung seine Wahrnehmungen glaubwürdig und schlüssig geschildert. Im Hinblick auf den Messvorgang ist zu bemerken, dass nicht die geringsten Anhaltspunkte erkennbar sind, die auf irgendeine Fehlerhaftigkeit hindeuteten. Vom Standort des Meldungslegers aus konnte er einwandfrei die Messstrecke einsehen, zumal die B136 in Fahrtrichtung Münzkirchen betrachtet ab dem Standort des Meldungslegers, wo die Straße aus einem Waldstück herausführt, einen mehrere 100 m langen geraden Verlauf nimmt, bevor sie in eine Linkskurve übergeht. Auch der Kurvenbereich ist noch zum Teil einzusehen. Die konkrete Messung erfolgte im ankommenden Verkehr. Es kann auch das Messergebnis zweier unmittelbar hintereinander fahrender Motorradfahrer mit relativ hoher Geschwindigkeit als jeweils zuverlässig angesehen werden, zumal ein Messvorgang einen äußerst kurzen Zeitraum in Anspruch nimmt, etwa eine Sekunde, und sogleich eine zweite Messung erfolgen kann. Zudem kann das messende Organ schon im Visier des Gerätes die jeweilige Fahrgeschwindigkeit ablesen, sodass kein Absetzen desselben zum Zweck der Betrachtung des Displays notwendig ist.

 

Zur Frage der Identität der beiden Motorradlenker ist auszuführen, dass hier die bei weitem überzeugenderen Argumente für jene des Berufungswerbers (und seines Begleiters) sprechen, wobei allerdings festzustellen ist, dass hinsichtlich des oben erwähnten BG eine gesonderte Berufungsentscheidung zu treffen sein wird.

 

Zum einen wäre es schon ein äußerst ungewöhnlicher Zufall, wenn, wie im vorliegenden Fall, in geringer zeitlicher Nähe zur Messung im Stadtgebiet von Schärding von um Mithilfe ersuchten Gendarmeriebeamten zwei Motorradfahrer angehalten hätten werden können, die sowohl hinsichtlich eines Teiles des jeweiligen Kennzeichens (Buchstaben "VB") als auch der Farbe der Motorräder mit den Wahrnehmungen des Meldungslegers übereingestimmt hätten. Dies gilt auch noch hinsichtlich der aufgebogenen Kennzeichentafeln der Motorräder.

 

Aber auch die weiteren Vorgänge nach der Messung vermögen den Berufungswerber nicht zu entlasten. Der Meldungsleger hat bei der Berufungsverhandlung glaubwürdig angegeben, dass die angehaltenen Motorradlenker gegenüber den einschreitenden Gendarmeriebeamten - wie er von ihnen erfahren hat - ausgesagt hätten, sie hätten bei der Vorbeifahrt einen Beamten wahrgenommen. Aus der von den Motorradlenkern abgegebenen Beschreibung des Standortes dieses Beamten kam der Meldungsleger zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass es sich hiebei um seinen Kollegen gehandelt hatte, der etwa 2 km vom Messort entfernt in Fahrtrichtung Münzkirchen betrachtet Anhaltungen von durchgegebenen Schnellfahrern vorzunehmen hatte. Dieser Beamte hatte nach den Schilderungen der Motorradlenker in Fahrtrichtung Schärding geblickt und zudem ein Funkgerät bei sich gehabt. Haben die Motorradfahrer diesen Beamten passiert, so mussten sie in der Folge aufgrund des Straßenverlaufes auch den Standort des Meldungslegers (als ankommender Verkehr Richtung Schärding, in welche keine Anhaltung vorgesehen war) passieren.

 

Demgegenüber hielten sich die Ausführungen des Berufungswerbers über die Fahrtstrecke in einem sehr vagen Bereich. Die Behauptung, auf der Fahrt an einer anderen Stelle, nämlich an der B137, einen Gendarmeriebeamten wahrgenommen zu haben und diesen bei der Anhaltung gemeint zu haben, widerlegt nicht, dass dennoch (auch) der Anhaltebeamte an der B136 passiert worden ist.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle andere Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 13.11.1986, 85/16/0109).

Eine Tatsache ist nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit "absoluter Sicherheit" erweislich ist (VwGH 12.2.1982, 81/08/0035).

 

Aufgrund der im konkreten Fall gegebenen Beweislage kann zwar nicht von einer quasi hundertprozentig erwiesenen Täterschaft des Berufungswerbers ausgegangen werden, wohl aber ist jene in der obzitierten Judikatur geforderte überragende Wahrscheinlichkeit dafür gegeben. Eine gegenteilige Berufungsentscheidung würde eine Beweiswürdigung von Nöten machen, die sich zu Recht den Vorwurf gefallen lassen müsste, lebensfern bzw. entgegen der Logik gelegen zu sein.

 

Zu der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung war auch der damalige Begleiter des Berufungswerbers, BG, als Zeuge geladen, dieser ist aber aus beruflichen Gründen nicht zur Verhandlung erschienen. Das den Genannten betreffende Verwaltungsstrafverfahren ist, wie bei der Berufungsverhandlung vom Vertreter der Erstbehörde mitgeteilt, noch nicht abgeschlossen und befindet sich im Stadium des Berufungsverfahrens. Eine Einvernahme dieses Berufungswerbers als Zeuge in einem anderen Verfahren erscheint der Berufungsbehörde aufgrund der verschiedenen Rechtsstellungen von Beschuldigten und Zeugen nicht tunlich, sodass zum einen aus diesem Grund von einem neuerlichen Verhandlungstermin unter Ladung des Genannten Abstand genommen wurde. Zum anderen erscheint der Sachverhalt ohnedies hinreichend abgeklärt und würde wohl eine solche Zeugeneinvernahme keine geänderte Betrachtungsweise der Vorgänge ermöglichen. Aus diesem Grund erübrigt sich auch die Befassung eines technischen Sachverständigen mit der Angelegenheit.

Die Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ist in § 62 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG begründet.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten, insbesondere dann, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, ein beträchtliches Ausmaß erreichen, immer wieder nicht nur eine abstrakte, sondern häufig schon eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Oftmals sind schwere Verkehrsunfälle hierauf zurückzuführen. Auch ist es lebensnah anzunehmen, dass derartig massive Übertretungen einem Fahrzeuglenker nicht mehr versehentlich unterlaufen, sondern - zumindest bedingt - vorsätzlich in Kauf genommen werden.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 145 Euro entspricht diesen Erwägungen und kann daher nicht als überhöht angesehen werden. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde dabei hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Den im Straferkenntnis ausgeführten und auf einer Schätzung beruhenden persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wurde nicht entgegengetreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Das anzunehmende monatliche Nettoeinkommen von ca. 1.100 Euro wird ihm die Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung ermöglichen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 
 

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