Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108917/12/Ki/Ka

Linz, 06.05.2003

 

 

 VwSen-108917/12/Ki/Ka Linz, am 6. Mai 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des ZS, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. PL, vom 17.3.2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3.3.2003, VerkR96-6913-2002, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29.4.2003 durch sofortige Verkündung zu Recht erkannt:

 

I. Bezüglich der Fakten 1 und 3 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch jeweils wie folgt ergänzt wird: "Dieser geringe Abstand stellt in Anbetracht der gefahrenen Geschwindigkeit ein gravierendes Sicherheitsrisiko dar, sodass der Verstoß sowohl unter besonders gefährlichen Verhältnissen als auch mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde".

 

Bezüglich Faktum 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass als Strafnorm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 festgestellt wird.

 

Bezüglich Faktum 4 wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich (ohne Einstellung des Verfahrens) behoben.

 

Bezüglich Fakten 5 und 6 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz hat der Berufungswerber hinsichtlich der Fakten 1, 2, 3, 5 und 6 als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag in Höhe von 210,60 Euro, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten. Bezüglich Faktum 4 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat gegen den Berufungswerber (Bw) unter VerkR96-6913-2002 am 3.3.2003 nachstehendes Straferkenntnis erlassen:

 

"Sie haben am 3.3.2003 als Lenker des Kraftfahrzeuges , pol.Kennz., auf der Al, Fahrtrichtung W,

1) um 11,43 Uhr bei Strkm.171.500 im Gemeindegebiet A beim Fahren hinter dem nächsten, vor Ihnen fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, dass Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, weil Sie bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 88 km/h lediglich einen Sicherheitsabstand von max.6m Länge (0,25 sec.) einhielten,

2) um 11,44 Uhr bei Strkm. 170.600 im Gemeindegebiet A die durch das Verkehrszeichen angekündigte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um mindestens 34 km/h überschritten,

3) um 11,44 Uhr bei Strkm.170.000 im Gemeindegebiet A beim Fahren hinter dem nächsten vor Ihnen fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, dass Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, da Sie bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 119 km/h lediglich einen Sicherheitsabstand von max.12m (0,36 sec.) einhielten,

4) um 11,45 Uhr bei Strkm.168.260 im Bereich der Gemeinde L die durch das Verkehrszeichen angekündigte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 33 km/h überschritten,

5) um 11,48 bei Strkm.162.000 im Gemeindegebiet A den Fahrzeugschein für das von Ihnen gelenkte Fahrzeug einem Organ des öffentl. Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt,

6) obwohl es die Witterung erfordert hätte (starker Regen) am Fahrzeug keine Beleuchtung eingeschaltet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: 1) § 18 Abs.1 und § 99 Abs.2 2 lit.c Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960,

2) § 52a Ziff.10a u. § 99 Abs.2 lit. c StVO,

3) § 18 Abs.1 u. § 99 Abs.2 lit.c StVO,

4) § 52a Ziff.10a u. § 99 Abs.2 lit. c StVO,

5) § 102 Abs.5 lit.b u. § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz,

6) § 99 Abs.1 u. § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie eine Geldstrafe von 436 Euro + 109 Euro + 436 Euro + 109 Euro + 36 Euro + 36 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden + 48 Stunden + 144 Stunden + 48 Stunden +24 Stunden + 24 Stunden verhängt.

 

Rechtsgrundlage: § 99 Abs.2 lit.c StVO in 4 Fällen u. § 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz in

2 Fällen.

 

Weiters haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 v.H. der verhängten Strafe, das sind 43,60 Euro + 10,90 Euro + 43,60 Euro + 10,90 Euro + 3,60 Euro + 3,60 Euro zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.2 VStG 1991.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 1278,20 Euro."

 

I.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 17.3.2003 Berufung erhoben und beantragt, die Berufungsbehörde wolle den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beheben und das Verfahren einstellen, in eventu mit einer Ermahnung vorgehen, in eventu das Strafmaß herabsetzen.

 

Bemängelt wird im Wesentlichen, dass es die belangte Behörde unterlassen hätte auszuführen, worin konkret die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse bzw die besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützer gelegen haben soll, der Bescheid sei daher mangelhaft bzw inhaltlich rechtswidrig.

 

Bezüglich Faktum 5 wird sinngemäß argumentiert, dass der Berufungswerber Zweifel an der Echtheit der Polizisten gehabt hätte und er daher zunächst vorgeschlagen habe, zur nächsten offiziellen Polizeistation zu fahren, was von den Gendarmeriebeamten jedoch abgelehnt worden wäre. Er habe befürchtet überfallen zu werden und sei daher losgefahren, einer weiteren Aufforderung zum Anhalten sei er dann gefolgt und habe auf einem ordentlichen Parkplatz angehalten, wo auch ein Streifenwagen mit Blaulicht und Polizisten in Uniform vor Ort gewesen wären. Dort habe er ohne weitere Umstände den uniformierten Polizisten seinen Führerschein, die Fahrzeugpapiere sowie die Ausweise aller Insassen übergeben. Es fehle ihm diesbezüglich sohin jeglicher Vorsatz.

 

Bezüglich Faktum 6 wird argumentiert, dass der Vorwurf, am Fahrzeug sei keine Beleuchtung eingeschaltet gewesen, lediglich für die Fahrt nach der Anhaltung durch die beiden Zivilbeamten zutreffe. Bezüglich Strafhöhe wird argumentiert, dass der Bw bislang vollkommen unbescholten sei, auch seien die persönlichen Einkommens- und Lebensverhältnisse bei der Berechnung der Strafe in keiner Weise berücksichtigt worden.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29.4.2003, bei dieser Verhandlung wurde der Gendarmeriebeamte, BI. MS, als Zeuge einvernommen.

 

Der Rechtsvertreter des Bw hat am 25.4.2003 per Telefax mitgeteilt, dass sich der Bw am Verhandlungstag beruflich in S aufhalte und somit nicht zur Verhandlung zureisen könne. Es sei aufgrund des Berufes von Herrn S auch nicht absehbar, wann dieser einen Verhandlungstermin wahrnehmen könnte. Herr S halte sein Vorbringen in den beiden Berufungen vollinhaltlich aufrecht, es werde jedoch um Verständnis dafür ersucht, dass der Verhandlungstermin auch seitens der Kanzlei des Rechtsvertreters unbesucht bleiben werde. Gleichzeitig wurde ua ein Gehaltszettel des Bw vorgelegt, daraus geht hervor, dass dem Bw für den Monat März 2003 ein Nettobetrag von 1.006,61 Euro ausbezahlt wurde. Ebenso hat sich die belangte Behörde für die Teilnahme an der mündlichen Berufungsverhandlung entschuldigt.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oö., Verkehrsabteilung, vom 3.3.2003 zugrunde, die unter den Punkten 1-4 und 6 zur Last gelegten Übertretungen wurden mit einer im Gendarmeriedienstkraftfahrzeug eingebauten PROVIDA 2000 aufgenommen. Laut Niederschrift vom 3.3.2003, welche auch vom Bw unterfertigt wurde, hat dieser zugegeben, die in der vorgelegten Anzeige angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen zu haben und er sich schuldig bekenne.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Gendarmeriebeamte den zur Anzeige gebrachten Sachverhalt als Zeuge bestätigt, überdies wurde das gegenständliche Videoband abgespielt. Auf diesem Videoband wurde die relevante Fahrt aufgezeichnet, sowohl die festgestellten Abstände zum vorderen Fahrzeug, als auch die Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit sind auf diesem Videoband zu ersehen, ebenfalls der Umstand, dass der Bw trotz starken Regens auch vor der ersten Anhaltung die Beleuchtung am Kraftfahrzeug nicht eingeschaltet hatte.

 

Aufgrund der vorliegenden Beweise gelangt die Berufungsbehörde in freier Beweiswürdigung zur Auffassung, dass der zur Last gelegte Sachverhalt in objektiver Hinsicht als erwiesen angesehen werden kann.

 

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Fakten 1 und 3:

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB. beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt.

 

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn des vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Was den richtigen Abstand anbelangt, so ist dieser nicht gesetzlich festgelegt, faktisch richtet sich dieser vor allem nach der Geschwindigkeit, Fahrbahnbeschaffenheit, Bremsenqualität, Ladung, Sichtverhältnisse, Reifenzustand udgl. Er muss jedenfalls der Länge des Reaktionsweges entsprechen. Für diesen Reaktionswert gilt in der Regel ein Richtwert von etwa 0,8 bis 1,2 Sek., bei längeren monotonen Fahrten bis zu 2,5 Sek. Von den Gerichten werden in den Fällen, in denen vom Lenker eine erhöhte Aufmerksamkeit erwartet werden kann, aber auch niedrigere Werte bis zu 0,6 Sek. angenommen.

 

Im vorliegenden Falle wurde seitens der Meldungsleger schlüssig ein Abstandswert von 0,25 Sek. (Faktum 1) bzw 0,36 Sek. (Faktum 3) festgestellt, schlüssig deshalb, als zur Feststellung des Sicherheitsabstandes die fixe Länge einer Leitlinie bzw der fixe Abstand zwischen zwei Leitlinien herangezogen wurden. Dies wurde vom Bw dem Grunde nach nicht bestritten, es wird lediglich argumentiert, die belangte Behörde habe es unterlassen, auszuführen, worin konkret die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse bzw die besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützer gelegen haben soll. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die zeugenschaftliche Aussage des Gendarmeriebeamten im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bzw das Abspielen des Videobandes bei der mündlichen Berufungsverhandlung hat ergeben, dass der Bw tatsächlich in den festgestellten zu geringen Sicherheitsabständen hinter vor ihm fahrenden PKW´s gefahren ist. Ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO liegt daher jedenfalls vor.

 

Wie bereits ausgeführt wurde, gilt für die Reaktionszeit in der Regel ein Richtwert von 0,8 bis 1,2 Sek., allenfalls könnte in Fällen einer erhöhten Aufmerksamkeit ein Wert bis zu 0,6 Sek. angenommen werden. Die im vorliegenden Falle angenommenen Werte von 0,25 Sek. bzw 0,36 Sek. unterschreiten diese Richtwerte bei weitem und es ist davon auszugehen, dass selbst bei optimalem Reaktionsverhalten es dem Bw nicht mehr gelungen wäre, sein Fahrzeug so rechtzeitig anzuhalten, dass im Falle eines plötzlichen Abbremsen des vorderen Fahrzeuges ein Auffahrunfall mit zu erwartenden gravierenden Folgen vermieden hätte werde können. Alleine diese Tatsache hat zur Folge, dass sowohl besonders gefährliche Verhältnisse als auch besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern (§ 99 Abs.2 lit.c StVO 1960) festgestellt werden müssen.

 

Dem Bw ist zuzustimmen, dass im angefochtenen Straferkenntnis nicht ausdrücklich ausgeführt wurde, worin die konkrete Gefährlichkeit der Verhältnisse bzw die besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gelegen haben soll, damit ist jedoch insoferne nichts zu gewinnen, als nunmehr innerhalb der gesetzlichen festgelegten Verfolgungsverjährungsfrist durch die Berufungsbehörde eine Spruchkonkretisierung vorgenommen wurde.

 

Der dem Bw in den angeführten Punkten zur Last gelegte Sachverhalt wurde sohin in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch, was die subjektive Tatseite anbelangt, keine Umstände hervorgekommen, welche den Bw entlasten würden.

 

Zu Faktum 2:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 52a Z10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometerzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Unbestritten war im Bereich des diesbezüglich vorgeworfenen Tatortes die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 80 km/h beschränkt. Laut Anzeige des LGK für Oö. wurde mittels eines Provida Messgerätes festgestellt, dass der Beschuldigte im vorgeworfenen Tatortbereich tatsächlich mit einer Geschwindigkeit von 114 km/h unterwegs gewesen ist, auch dieser Umstand konnte im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung durch Aussage des Gendarmeriebeamten einerseits und Vorführung des Videobandes andererseits verifiziert werden.

 

Die Erstbehörde hat auch in diesem Punkt als Strafnorm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 herangezogen. Wenn auch im gegenständlichen Baustellenbereich sich zwei Arbeiter aufgehalten haben, dies konnte auch anhand der Videoaufzeichnung festgestellt werden, so vermag dieser Umstand unter Berücksichtigung der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit für sich noch keine besondere Gefährdung oder besondere Rücksichtslosigkeit indizieren. Dass eine konkrete Gefährdung vorliegen würde, kann nicht festgestellt werden. Die Strafnorm war daher entsprechend zu korrigieren.

 

Auch in diesem Punkt sind, was die subjektive Tatseite anbelangt, keine Umstände hervorgekommen, welche eine Entlastung bewirken könnten.

 

Faktum 4

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Im vorliegenden Falle ergibt sich aus der Anzeige und auch aus der zeugenschaftlichen Aussage des Gendarmeriebeamten, dass die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung im Bereich der Landeshauptstadt Linz und damit im Zuständigkeitsbereich der BPD Linz erfolgte.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land war demnach in diesem Punkt zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses örtlich unzuständig, was zur Folge hat, dass diesbezüglich in Stattgebung der Berufung das Straferkenntnis zu beheben war. Eine Einstellung des Verfahrens ist jedoch mit dieser Entscheidung nicht verbunden.

 

Fakten 5 und 6:

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG begeht, wer ua diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Gemäß § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

 

Gemäß § 99 Abs.1 KFG 1967 sind während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder Nebel oder wenn es die Witterung sonst erfordert, die vorgeschriebenen Scheinwerfer und Leuchten (§§ 14 bis 17) einzuschalten, durch die anderen Straßenbenützern das Fahrzeug erkennbar gemacht, das richtige Abschätzen seiner Breite ermöglicht und die Straße, soweit erforderlich, insbesondere im Hinblick auf die Fahrgeschwindigkeit, ausreichend beleuchtet wird.

 

Was das Nichtausfolgen des Fahrzeugscheines (Faktum 5) anbelangt, so rechtfertigt sich der Bw sinngemäß dahingehend, er wäre sich nicht sicher gewesen, ob die beiden Gendarmeriebeamten, welche mit einem Zivilstreifenfahrzeug unterwegs gewesen sind, tatsächlich echte Gendarmeriebeamte waren.

 

Der Gendarmeriebeamte hat dazu im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme ausgesagt, es wäre am Zivildienstfahrzeug das angebrachte Blaulicht eingeschaltet worden. Nachdem der Beschuldigte überholt wurde, sei ihm mit der Winkerkelle das Haltezeichen gegeben worden und es sei weiters am Dienstfahrzeug ein Anhaltebord angebracht, welcher ebenfalls aktiviert wurde. Es handelt sich dabei um eine Leuchtschrift mit dem Wortlaut "Gendarmerie bitte folgen".

In der Berufung wurde überdies ausgeführt, der kontrollierende Beamte hätte erklärt, er sei von der Polizei bzw habe dieser den Bw einen sehr kleinen, schwer lesbaren Ausweis gezeigt.

 

Ferner wird in der Berufung ausgeführt, dass der Beschuldigte mit einer dreiköpfigen Reisegruppe der C GmbH unterwegs gewesen sei. Es wurde nicht behauptet, dass der Beschuldigte Verständigungsschwierigkeiten hatte, vielmehr geht aus dem Vorbringen hervor, dass eine ungehinderte Kommunikation zwischen den Gendarmeriebeamten und dem Beschuldigten gegeben war.

 

Die erkennende Berufungsbehörde geht davon aus, dass im Hinblick auf die von den Gendarmeriebeamten getroffenen Maßnahmen im Rahmen der Anhaltung es dem Beschuldigten durchaus klar sein musste, dass es sich hier um echte Gendarmeriebeamte handelt und er hätte daher der Aufforderung zum Aushändigen der Fahrzeugpapiere Folge leisten müssen. Wenn dazu in der Berufung argumentiert wird, es fehle jeglicher Vorsatz, so ist dem entgegen zu halten, dass auch eine fahrlässige Begehungsweise verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen nach sich zieht. Ein fahrlässiges Verhalten liegt im gegenständlichen Falle jedenfalls vor, zumal von einem ordnungsgemäß handelnden und besonnenen Verkehrsteilnehmer zu erwarten ist, dass er - bezogen auf den konkreten Fall - die Anordnungen der Gendarmeriebeamten befolgt. Es mag zutreffen, dass es Fälle gibt, in denen sich Zivilpersonen als Polizisten ausgeben, im vorliegenden Falle erachtet die Berufungsbehörde das Vorbringen des Beschuldigten als bloße Schutzbehauptung. Es wurde sohin auch dieser zur Last gelegte Sachverhalt verwirklicht, und es konnte der Beschuldigte auch nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Bezüglich Faktum 6 wird zunächst festgestellt, dass unbestritten bleibt, dass aufgrund der herrschenden Witterungsverhältnisse (starker Regen) die Beleuchtung des Fahrzeuges einzuschalten gewesen wäre. Auf dem im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vorgespielten Videoband ist deutlich zu ersehen, dass der Beschuldigte, entgegen seinem Berufungsvorbringen, bereits vor der Anhaltung durch die Gendarmeriebeamten das Licht nicht eingeschaltet hatte. Es wurde sohin auch dieser Sachverhalt sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Zur Straffestsetzung:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dazu wird festgestellt, dass generell das Nichteinhalten des gebotenen Sicherheitsabstandes einen gravierenden Verstoß gegen die Verkehrssicherheit und damit eine gravierende Gefährdung von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer darstellt. Es ist daher jedenfalls auch aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten.

 

In Anbetracht des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens (36 Euro bis 2.180 Euro) hat die Erstbehörde sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafen den Umständen entsprechend relativ milde bemessen. Die Berufungsbehörde vertritt daher die Auffassung, dass unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit einerseits und der persönlichen Verhältnisse des Bw andererseits ein Ermessensmissbrauch bei der Straffestsetzung nicht festgestellt werden kann.

 

Bezüglich Faktum 2 konnte nicht erwiesen werden, dass die Verwaltungsübertretung die Kriterien des § 99 Abs.2 lit.c erfüllt, dennoch erachtet es die Berufungsbehörde in Anbetracht des hiefür vorgesehenen Strafrahmens (Geldstrafe bis zu 726 Euro) nicht für geboten, eine Reduzierung der Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe vorzunehmen. Wenn auch die Anwesenheit der beiden Arbeiter schlechthin nicht dazu führt, dass eine besondere Gefährdung bzw besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern anzunehmen ist, so ist dieser Umstand bei der Strafbemessung dennoch zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass überhöhte Geschwindigkeiten auf Autobahnen, insbesondere in Baustellenbereichen, immer wieder zu Verkehrsunfällen mit gravierenden Folgen führen, weshalb auch in diesen Fällen generalpräventive Gründe mitzuberücksichtigen sind.

 

Bezüglich der Fakten 5 und 6 des angefochtenen Straferkenntnisses wurde in Anbetracht des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens ohnedies die bloße Ordnungswidrigkeit des Verhaltens gewertet.

 

Festgestellt wird, dass die festgelegten Strafen auch aus spezialpräventiven Gründen geboten sind, um den Bw einerseits das Unrechtmäßige seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn andererseits davon abzuhalten, künftig weitere Verwaltungsübertretungen gleicher Art zu begehen.

 

Die Erstbehörde hat demnach bei der Straffestsetzung vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, eine Herabsetzung erachtet die Berufungsbehörde in Anbetracht der konkreten Umstände für nicht vertretbar.

 

Zum Eventualantrag, es wolle eine Ermahnung ausgesprochen werden, wird festgestellt, dass gemäß § 21 Abs.1 VStG die Behörde dann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung der Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.

 

Im vorliegenden Falle kann jedoch in keinem der bestätigten Punkte gesagt werden, dass das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist, weshalb mangels Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ein Absehen von der Strafe nicht in Frage kommt.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass in den bestätigten Fakten der Bw weder durch den Schuldspruch noch durch die Strafbemessung in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb in diesen Punkten die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

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